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Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 63. Rudolstadt, 13. Dezember 1847.

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[Spaltenumbruch] des Titels vermuthen läßt, welcher das Haus des Europäers dem
Jndianerheerde gegenüberstellt, hat es der Erzähler besonders
darauf abgesehen, durch interessante Schilderungen aus den Lebens-
kreisen der beiden unendlich von einander verschiedenen Hälften
der amerikanischen Bevölkerung, der eingebornen und der einge-
wanderten, in wechselnden Färbungen, und durch Vorführung eigen-
thümlicher Situationen und anziehender Scenen bei der mannich-
faltigen Berührung beider dem Leser ein getreues Bild von dem
Leben in jenen Gegenden zu verschaffen. Und, wir müssen es
gestehen, der Verf. weiß so gut und treffend zu zeichnen, daß wir
seine Novellen eben so sehr zu einer unterhaltenden, als nützlichen
Lectüre empfehlen können, indem Auswanderungslustige hier im
Voraus über mancherlei Verhältnisse des transatlantischen Lebens
Kenntniß erhalten können, die ihnen vielleicht dereinst jenseits des
Meeres sehr zu statten kommen wird.   91.

Deutsches Leben in Brasilien.

Je häufiger uns in neuerer Zeit die erfreulichsten Nachrichten
über den Zustand der deutschen Ansiedelungen in Brasilien zu-
kommen, um so mehr steigert sich das Jnteresse für das Land,
dem es vielleicht in nächster Zukunft gelingen dürfte, in höherem
Grade, wie bisher, Zielpunkt der deutschen Emigration zu werden.
Wir täuschen uns daher wohl nicht, wenn wir den Dank unserer
Leser ganz besonders zu verdienen meinen durch Mittheilung eines
trefflichen Berichtes von dorther, welchen wir dem schätzbaren Sonn-
tagsblatte der Weserzeitung entnehmen, deren verdienstvoller Wirk-
samkeit im Fache der Auswanderung wir schon oft unsere auf-
richtigste Anerkennung gezollt haben.

Unsere Leser wissen, daß wir stets den deutschen Auswanderungs-
lustigen als das empfehlenswertheste Ansiedelungsterrain die nördlichen
Bezirke der nordamerikanischen Freistaaten bezeichnet und unablässig vor
allen Kolonisationsprojecten in anderen, namentlich in tropischen und
sclavenhaltenden Gegenden ernstlich gewarnt haben. Die Vereinigten
Staaten bieten mit ihrem Klima, ihren Producten und ihrer gesell-
schaftlichen Ordnung dem auswandernden Europäer Bürgschaften der
Wohlfahrt, welche er in solchem Maße in keinem andern überseeischen
Lande wiederfindet. Von allen deutschen Ansiedlungen in Amerika außer-
halb der Vereinigten Staaten ist nur eine zu nennen, welche einiger-
maßen mit den nordamerikanischen einen Vergleich aushält, obwohl auch
sie sich durch manche Schattenseiten unvortheilhaft von ihnen unterschei-
det, -- wir meinen San Leopoldo in der brasilianischen Pro-
vinz Rio Grande do Sul. Wenn Deutsche durchaus einmal nach Bra-
silien gehen wollen, so sollten sie keinen andern Zielpunkt wählen als
San Leopoldo. Meistentheils erhalten wir über derartige Kolonien
nur von solchen Leuten Aufschlüsse, welche bei der Ansiedelung selbst
ein mehr oder minder unmittelbares Jnteresse haben; um so erfreu-
licher ist es uns daher, von einem durchaus unparteiischen Manne,
einem französischen Naturforscher, welcher Brasilien in wissenschaftlicher
Absicht bereiste, einen ausführlichen und höchst lehrreichen Bericht über
San Leopoldo zu erhalten, welcher neben den allerdings ausgezeichneten
Vorzügen dieser deutschen Kolonie doch auch die Nachtheile nicht ver-
schweigt. Das Bild welches er entwirft, bleibt auch so anziehend genug.
Wir lassen seine Schilderung in ihren Hauptzügen folgen.

Jn der Provinz Rio Grande do Sul zwischen dem Rio Sinos,
der Grenze von Santa Catharina, erstreckt sich ein weites Gebirgs-
land, theils mit Prärien ( Grasland ) , theils mit Waldungen bedeckt.
Die Prärien oder Campos, welche besonders auf dem hohen Tafel-
lande ( cima da serra ) vorherrschen, bilden ein freies, von zahlrei-
chen Bächen und kleinen Gehölzen durchschnittenes Hügelland Die
[Spaltenumbruch] Waldungen, welche noch einen guten Theil des von den Ansiedlern
bewohnten Gebietes bedecken, entfalten in dem Reichthum ihrer Thier-
und Pflanzenwelt bereits die ganze Fülle eines tropischen Himmels-
striches, obwohl die Provinz schon der gemäßigten Zone angehört. Jn
den riesigen Zedern, Palmen und wilden Feigenbäumen, welche von
grünen Lianen und anderen Schmarotzerpflanzen dicht umwoben sind,
nisten zahllose Vögel; Heerden von Affen versammeln sich auf den
Zweigen und erfüllen die Einsamkeit mit ihrem Geschrei; die Unze,
der Jaguar, der schwarze Tiger, die wilde Katze durchstreifen die
entlegeneren Wildnisse; in dem dichten Gestrüpp, welches den Boden
überwuchert, höhlt sich das Wildschwein sein Lager; das Reh weidet
die Spitzen der Blätter ab; der Tapir, welcher den Tag über sich
in das dichteste Gebüsch verbirgt, kommt in der Dunkelheit aus sei-
nem Schlupfwinkel hervor, Zweige und junge Bäume abbrechend, von
denen er sich nährt; große Eidechsen, Schlangen aller Art schlüpfen
über den feuchten Boden; in den hohlen Baumstämmen haust der
Ameisenbär; auf dem Laube entfaltet der Schmetterling seine pracht-
vollen Flügel, und die Flüsse wimmeln von Wasserschweinen, Fischottern und
Kaimans. So lange die Sonne glüht, ist in diesen Einöden alles
todt und still, aber so wie die kühle Dämmerung eintritt, wird die
Wildniß lebendig, die Thiere regen sich, und gehen aus, ihre Nah-
rung zu suchen.

Mitten in diese Urwälder wurden im Jahr 1824 einige deutsche
Familien geworfen, welche durch die Versprechungen der brasilianischen
Regierung angelockt worden waren. Sie bildeten den ersten Kern der
Kolonie San Leopoldo, die gegenwärtig beide Ufer des Rio Sines
einnimmt, im Osten bis an die Gebirge, welche das Becken dieses
Flusses bilden, reicht und im Nordwesten bereits das ganze Hochland
umfaßt, welches den Rio Sinos von Rio Cahy trennt. Trotz der
zahlreichen Niederlassungen hat das Land noch immer seinen wilden
ursprünglichen Charakter behauptet; es theilt sich in zwei verschiedene
Regionen, in Prärien oder Campos und in Urwald. Auf den Prä-
rien, welche sich einige Meilen an den Flußufern hinaufziehen, wei-
deten vor dem Ausbruche des zehnjährigen Bürgerkrieges zahllose Heer-
den, welche sich in Folge der Verwüstungen stark vermindert haben;
erst seit einigen Jahren wieder widmen sich die Ansiedler der Viehzucht,
welche mit keinen Mühen verknüpft ist, da bei dem milden Klima die
Heerden das ganze Jahr über auf der Weide bleiben. Die Ueppig-
keit der Prärien soll übrigens nicht mehr die frühere sein; sie gleichen
an Fruchtbarkeit den guten deutschen Wiesen; dafür aber ermangeln
sie auch jedweder landwirthschaftlicher Pflege. Schon jetzt sind verschie-
dene Düngungsversuche vom besten Erfolg begleitet gewesen.

Hinter den Campos erhebt sich auf bergigem Terrain der Ur-
wald, durch welchen sich parallel in der Hauptrichtung von Süden
nach Norden drei "Schneiße" oder Picades hinziehen. "Schneiß"
bedeutet einen durch den Wald gelichteten Pfad. An beiden Seiten
dieser Lichtung liegen die Ländereien der Ansiedler, die "Kolonien",
die meistens 100 Klafter breit und 1600 Klafter lang sind, die
breite Seite dem Wege zugekehrt. Dies vom tiefen Urwald einge-
schlossene, von Thälern und Bächen durchschnittene, wild und düster
aussohende Terrain eignet sich vortrefflich zum Landbau; aber schon
die Natur selbst bietet eine Fülle von Lebensmitteln. Jn den Wal-
dungen findet man Wildschweine, Rehe, Tapire, Quatis, welche einen
schmackhaften Braten liefern, und die Jagd auf diese Thiere wird,
schon um die Maisfelder vor ihnen zu schützen, zur Nothwendigkeit.
Früher schoß ein Ansiedler in einer Woche elf Eber; jetzt zieht sich
das Wild vor der zunehmenden Cultur allmählich weiter ins Jnnere
zurück, und Tapire gehören schon zu den Seltenheiten. Dagegen
stürzen sich fortwährend ganze Wolken von Papageien auf die Mais-
felder und richten wahrhafte Verwüstungen an. Die Bauern ver-
schmähen es, auf sie zu schießen, obwohl ihr Fleisch nahrhaft und wohl-
schmeckend ist. Außerdem liefert der Wald Früchte, wilden Honig,
Viehfutter, Lianen und Nutzhölzer. Von den Früchten sind nur zwei

[Spaltenumbruch] des Titels vermuthen läßt, welcher das Haus des Europäers dem
Jndianerheerde gegenüberstellt, hat es der Erzähler besonders
darauf abgesehen, durch interessante Schilderungen aus den Lebens-
kreisen der beiden unendlich von einander verschiedenen Hälften
der amerikanischen Bevölkerung, der eingebornen und der einge-
wanderten, in wechselnden Färbungen, und durch Vorführung eigen-
thümlicher Situationen und anziehender Scenen bei der mannich-
faltigen Berührung beider dem Leser ein getreues Bild von dem
Leben in jenen Gegenden zu verschaffen. Und, wir müssen es
gestehen, der Verf. weiß so gut und treffend zu zeichnen, daß wir
seine Novellen eben so sehr zu einer unterhaltenden, als nützlichen
Lectüre empfehlen können, indem Auswanderungslustige hier im
Voraus über mancherlei Verhältnisse des transatlantischen Lebens
Kenntniß erhalten können, die ihnen vielleicht dereinst jenseits des
Meeres sehr zu statten kommen wird.   91.

Deutsches Leben in Brasilien.

Je häufiger uns in neuerer Zeit die erfreulichsten Nachrichten
über den Zustand der deutschen Ansiedelungen in Brasilien zu-
kommen, um so mehr steigert sich das Jnteresse für das Land,
dem es vielleicht in nächster Zukunft gelingen dürfte, in höherem
Grade, wie bisher, Zielpunkt der deutschen Emigration zu werden.
Wir täuschen uns daher wohl nicht, wenn wir den Dank unserer
Leser ganz besonders zu verdienen meinen durch Mittheilung eines
trefflichen Berichtes von dorther, welchen wir dem schätzbaren Sonn-
tagsblatte der Weserzeitung entnehmen, deren verdienstvoller Wirk-
samkeit im Fache der Auswanderung wir schon oft unsere auf-
richtigste Anerkennung gezollt haben.

Unsere Leser wissen, daß wir stets den deutschen Auswanderungs-
lustigen als das empfehlenswertheste Ansiedelungsterrain die nördlichen
Bezirke der nordamerikanischen Freistaaten bezeichnet und unablässig vor
allen Kolonisationsprojecten in anderen, namentlich in tropischen und
sclavenhaltenden Gegenden ernstlich gewarnt haben. Die Vereinigten
Staaten bieten mit ihrem Klima, ihren Producten und ihrer gesell-
schaftlichen Ordnung dem auswandernden Europäer Bürgschaften der
Wohlfahrt, welche er in solchem Maße in keinem andern überseeischen
Lande wiederfindet. Von allen deutschen Ansiedlungen in Amerika außer-
halb der Vereinigten Staaten ist nur eine zu nennen, welche einiger-
maßen mit den nordamerikanischen einen Vergleich aushält, obwohl auch
sie sich durch manche Schattenseiten unvortheilhaft von ihnen unterschei-
det, -- wir meinen San Leopoldo in der brasilianischen Pro-
vinz Rio Grande do Sul. Wenn Deutsche durchaus einmal nach Bra-
silien gehen wollen, so sollten sie keinen andern Zielpunkt wählen als
San Leopoldo. Meistentheils erhalten wir über derartige Kolonien
nur von solchen Leuten Aufschlüsse, welche bei der Ansiedelung selbst
ein mehr oder minder unmittelbares Jnteresse haben; um so erfreu-
licher ist es uns daher, von einem durchaus unparteiischen Manne,
einem französischen Naturforscher, welcher Brasilien in wissenschaftlicher
Absicht bereiste, einen ausführlichen und höchst lehrreichen Bericht über
San Leopoldo zu erhalten, welcher neben den allerdings ausgezeichneten
Vorzügen dieser deutschen Kolonie doch auch die Nachtheile nicht ver-
schweigt. Das Bild welches er entwirft, bleibt auch so anziehend genug.
Wir lassen seine Schilderung in ihren Hauptzügen folgen.

Jn der Provinz Rio Grande do Sul zwischen dem Rio Sinos,
der Grenze von Santa Catharina, erstreckt sich ein weites Gebirgs-
land, theils mit Prärien ( Grasland ) , theils mit Waldungen bedeckt.
Die Prärien oder Campos, welche besonders auf dem hohen Tafel-
lande ( cima da serra ) vorherrschen, bilden ein freies, von zahlrei-
chen Bächen und kleinen Gehölzen durchschnittenes Hügelland Die
[Spaltenumbruch] Waldungen, welche noch einen guten Theil des von den Ansiedlern
bewohnten Gebietes bedecken, entfalten in dem Reichthum ihrer Thier-
und Pflanzenwelt bereits die ganze Fülle eines tropischen Himmels-
striches, obwohl die Provinz schon der gemäßigten Zone angehört. Jn
den riesigen Zedern, Palmen und wilden Feigenbäumen, welche von
grünen Lianen und anderen Schmarotzerpflanzen dicht umwoben sind,
nisten zahllose Vögel; Heerden von Affen versammeln sich auf den
Zweigen und erfüllen die Einsamkeit mit ihrem Geschrei; die Unze,
der Jaguar, der schwarze Tiger, die wilde Katze durchstreifen die
entlegeneren Wildnisse; in dem dichten Gestrüpp, welches den Boden
überwuchert, höhlt sich das Wildschwein sein Lager; das Reh weidet
die Spitzen der Blätter ab; der Tapir, welcher den Tag über sich
in das dichteste Gebüsch verbirgt, kommt in der Dunkelheit aus sei-
nem Schlupfwinkel hervor, Zweige und junge Bäume abbrechend, von
denen er sich nährt; große Eidechsen, Schlangen aller Art schlüpfen
über den feuchten Boden; in den hohlen Baumstämmen haust der
Ameisenbär; auf dem Laube entfaltet der Schmetterling seine pracht-
vollen Flügel, und die Flüsse wimmeln von Wasserschweinen, Fischottern und
Kaimans. So lange die Sonne glüht, ist in diesen Einöden alles
todt und still, aber so wie die kühle Dämmerung eintritt, wird die
Wildniß lebendig, die Thiere regen sich, und gehen aus, ihre Nah-
rung zu suchen.

Mitten in diese Urwälder wurden im Jahr 1824 einige deutsche
Familien geworfen, welche durch die Versprechungen der brasilianischen
Regierung angelockt worden waren. Sie bildeten den ersten Kern der
Kolonie San Leopoldo, die gegenwärtig beide Ufer des Rio Sines
einnimmt, im Osten bis an die Gebirge, welche das Becken dieses
Flusses bilden, reicht und im Nordwesten bereits das ganze Hochland
umfaßt, welches den Rio Sinos von Rio Cahy trennt. Trotz der
zahlreichen Niederlassungen hat das Land noch immer seinen wilden
ursprünglichen Charakter behauptet; es theilt sich in zwei verschiedene
Regionen, in Prärien oder Campos und in Urwald. Auf den Prä-
rien, welche sich einige Meilen an den Flußufern hinaufziehen, wei-
deten vor dem Ausbruche des zehnjährigen Bürgerkrieges zahllose Heer-
den, welche sich in Folge der Verwüstungen stark vermindert haben;
erst seit einigen Jahren wieder widmen sich die Ansiedler der Viehzucht,
welche mit keinen Mühen verknüpft ist, da bei dem milden Klima die
Heerden das ganze Jahr über auf der Weide bleiben. Die Ueppig-
keit der Prärien soll übrigens nicht mehr die frühere sein; sie gleichen
an Fruchtbarkeit den guten deutschen Wiesen; dafür aber ermangeln
sie auch jedweder landwirthschaftlicher Pflege. Schon jetzt sind verschie-
dene Düngungsversuche vom besten Erfolg begleitet gewesen.

Hinter den Campos erhebt sich auf bergigem Terrain der Ur-
wald, durch welchen sich parallel in der Hauptrichtung von Süden
nach Norden drei „Schneiße“ oder Picades hinziehen. „Schneiß“
bedeutet einen durch den Wald gelichteten Pfad. An beiden Seiten
dieser Lichtung liegen die Ländereien der Ansiedler, die „Kolonien“,
die meistens 100 Klafter breit und 1600 Klafter lang sind, die
breite Seite dem Wege zugekehrt. Dies vom tiefen Urwald einge-
schlossene, von Thälern und Bächen durchschnittene, wild und düster
aussohende Terrain eignet sich vortrefflich zum Landbau; aber schon
die Natur selbst bietet eine Fülle von Lebensmitteln. Jn den Wal-
dungen findet man Wildschweine, Rehe, Tapire, Quatis, welche einen
schmackhaften Braten liefern, und die Jagd auf diese Thiere wird,
schon um die Maisfelder vor ihnen zu schützen, zur Nothwendigkeit.
Früher schoß ein Ansiedler in einer Woche elf Eber; jetzt zieht sich
das Wild vor der zunehmenden Cultur allmählich weiter ins Jnnere
zurück, und Tapire gehören schon zu den Seltenheiten. Dagegen
stürzen sich fortwährend ganze Wolken von Papageien auf die Mais-
felder und richten wahrhafte Verwüstungen an. Die Bauern ver-
schmähen es, auf sie zu schießen, obwohl ihr Fleisch nahrhaft und wohl-
schmeckend ist. Außerdem liefert der Wald Früchte, wilden Honig,
Viehfutter, Lianen und Nutzhölzer. Von den Früchten sind nur zwei

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Je häufiger uns in neuerer Zeit die erfreulichsten Nachrichten über den Zustand der deutschen Ansiedelungen in Brasilien zu- kommen, um so mehr steigert sich das Jnteresse für das Land, dem es vielleicht in nächster Zukunft gelingen dürfte, in höherem Grade, wie bisher, Zielpunkt der deutschen Emigration zu werden. Wir täuschen uns daher wohl nicht, wenn wir den Dank unserer Leser ganz besonders zu verdienen meinen durch Mittheilung eines trefflichen Berichtes von dorther, welchen wir dem schätzbaren Sonn- tagsblatte der Weserzeitung entnehmen, deren verdienstvoller Wirk- samkeit im Fache der Auswanderung wir schon oft unsere auf- richtigste Anerkennung gezollt haben. Unsere Leser wissen, daß wir stets den deutschen Auswanderungs- lustigen als das empfehlenswertheste Ansiedelungsterrain die nördlichen Bezirke der nordamerikanischen Freistaaten bezeichnet und unablässig vor allen Kolonisationsprojecten in anderen, namentlich in tropischen und sclavenhaltenden Gegenden ernstlich gewarnt haben. Die Vereinigten Staaten bieten mit ihrem Klima, ihren Producten und ihrer gesell- schaftlichen Ordnung dem auswandernden Europäer Bürgschaften der Wohlfahrt, welche er in solchem Maße in keinem andern überseeischen Lande wiederfindet. Von allen deutschen Ansiedlungen in Amerika außer- halb der Vereinigten Staaten ist nur eine zu nennen, welche einiger- maßen mit den nordamerikanischen einen Vergleich aushält, obwohl auch sie sich durch manche Schattenseiten unvortheilhaft von ihnen unterschei- det, -- wir meinen San Leopoldo in der brasilianischen Pro- vinz Rio Grande do Sul. Wenn Deutsche durchaus einmal nach Bra- silien gehen wollen, so sollten sie keinen andern Zielpunkt wählen als San Leopoldo. Meistentheils erhalten wir über derartige Kolonien nur von solchen Leuten Aufschlüsse, welche bei der Ansiedelung selbst ein mehr oder minder unmittelbares Jnteresse haben; um so erfreu- licher ist es uns daher, von einem durchaus unparteiischen Manne, einem französischen Naturforscher, welcher Brasilien in wissenschaftlicher Absicht bereiste, einen ausführlichen und höchst lehrreichen Bericht über San Leopoldo zu erhalten, welcher neben den allerdings ausgezeichneten Vorzügen dieser deutschen Kolonie doch auch die Nachtheile nicht ver- schweigt. Das Bild welches er entwirft, bleibt auch so anziehend genug. Wir lassen seine Schilderung in ihren Hauptzügen folgen. Jn der Provinz Rio Grande do Sul zwischen dem Rio Sinos, der Grenze von Santa Catharina, erstreckt sich ein weites Gebirgs- land, theils mit Prärien ( Grasland ) , theils mit Waldungen bedeckt. Die Prärien oder Campos, welche besonders auf dem hohen Tafel- lande ( cima da serra ) vorherrschen, bilden ein freies, von zahlrei- chen Bächen und kleinen Gehölzen durchschnittenes Hügelland Die Waldungen, welche noch einen guten Theil des von den Ansiedlern bewohnten Gebietes bedecken, entfalten in dem Reichthum ihrer Thier- und Pflanzenwelt bereits die ganze Fülle eines tropischen Himmels- striches, obwohl die Provinz schon der gemäßigten Zone angehört. Jn den riesigen Zedern, Palmen und wilden Feigenbäumen, welche von grünen Lianen und anderen Schmarotzerpflanzen dicht umwoben sind, nisten zahllose Vögel; Heerden von Affen versammeln sich auf den Zweigen und erfüllen die Einsamkeit mit ihrem Geschrei; die Unze, der Jaguar, der schwarze Tiger, die wilde Katze durchstreifen die entlegeneren Wildnisse; in dem dichten Gestrüpp, welches den Boden überwuchert, höhlt sich das Wildschwein sein Lager; das Reh weidet die Spitzen der Blätter ab; der Tapir, welcher den Tag über sich in das dichteste Gebüsch verbirgt, kommt in der Dunkelheit aus sei- nem Schlupfwinkel hervor, Zweige und junge Bäume abbrechend, von denen er sich nährt; große Eidechsen, Schlangen aller Art schlüpfen über den feuchten Boden; in den hohlen Baumstämmen haust der Ameisenbär; auf dem Laube entfaltet der Schmetterling seine pracht- vollen Flügel, und die Flüsse wimmeln von Wasserschweinen, Fischottern und Kaimans. So lange die Sonne glüht, ist in diesen Einöden alles todt und still, aber so wie die kühle Dämmerung eintritt, wird die Wildniß lebendig, die Thiere regen sich, und gehen aus, ihre Nah- rung zu suchen. Mitten in diese Urwälder wurden im Jahr 1824 einige deutsche Familien geworfen, welche durch die Versprechungen der brasilianischen Regierung angelockt worden waren. Sie bildeten den ersten Kern der Kolonie San Leopoldo, die gegenwärtig beide Ufer des Rio Sines einnimmt, im Osten bis an die Gebirge, welche das Becken dieses Flusses bilden, reicht und im Nordwesten bereits das ganze Hochland umfaßt, welches den Rio Sinos von Rio Cahy trennt. Trotz der zahlreichen Niederlassungen hat das Land noch immer seinen wilden ursprünglichen Charakter behauptet; es theilt sich in zwei verschiedene Regionen, in Prärien oder Campos und in Urwald. Auf den Prä- rien, welche sich einige Meilen an den Flußufern hinaufziehen, wei- deten vor dem Ausbruche des zehnjährigen Bürgerkrieges zahllose Heer- den, welche sich in Folge der Verwüstungen stark vermindert haben; erst seit einigen Jahren wieder widmen sich die Ansiedler der Viehzucht, welche mit keinen Mühen verknüpft ist, da bei dem milden Klima die Heerden das ganze Jahr über auf der Weide bleiben. Die Ueppig- keit der Prärien soll übrigens nicht mehr die frühere sein; sie gleichen an Fruchtbarkeit den guten deutschen Wiesen; dafür aber ermangeln sie auch jedweder landwirthschaftlicher Pflege. Schon jetzt sind verschie- dene Düngungsversuche vom besten Erfolg begleitet gewesen. Hinter den Campos erhebt sich auf bergigem Terrain der Ur- wald, durch welchen sich parallel in der Hauptrichtung von Süden nach Norden drei „Schneiße“ oder Picades hinziehen. „Schneiß“ bedeutet einen durch den Wald gelichteten Pfad. An beiden Seiten dieser Lichtung liegen die Ländereien der Ansiedler, die „Kolonien“, die meistens 100 Klafter breit und 1600 Klafter lang sind, die breite Seite dem Wege zugekehrt. Dies vom tiefen Urwald einge- schlossene, von Thälern und Bächen durchschnittene, wild und düster aussohende Terrain eignet sich vortrefflich zum Landbau; aber schon die Natur selbst bietet eine Fülle von Lebensmitteln. Jn den Wal- dungen findet man Wildschweine, Rehe, Tapire, Quatis, welche einen schmackhaften Braten liefern, und die Jagd auf diese Thiere wird, schon um die Maisfelder vor ihnen zu schützen, zur Nothwendigkeit. Früher schoß ein Ansiedler in einer Woche elf Eber; jetzt zieht sich das Wild vor der zunehmenden Cultur allmählich weiter ins Jnnere zurück, und Tapire gehören schon zu den Seltenheiten. Dagegen stürzen sich fortwährend ganze Wolken von Papageien auf die Mais- felder und richten wahrhafte Verwüstungen an. Die Bauern ver- schmähen es, auf sie zu schießen, obwohl ihr Fleisch nahrhaft und wohl- schmeckend ist. Außerdem liefert der Wald Früchte, wilden Honig, Viehfutter, Lianen und Nutzhölzer. Von den Früchten sind nur zwei

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Zitationshilfe: Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 63. Rudolstadt, 13. Dezember 1847, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer63_1847/5>, abgerufen am 25.04.2024.