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Die Bayerische Presse. Nr. 249. Würzburg, 17. Oktober 1850.

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[Spaltenumbruch] schaft gehaltenen Hände spielen soll. Wahrlich,
die politische Charlatanerie ist nie mit mehr Scham-
losigkeit getrieben worden. Wem soll nun das
Volk vertrauen? Es muß sehen, wie die Parteien,
gleich der bösen Mutter in Salomo's Urtheil, das
Kind eher tödten, als im Besitze eines Andern
wissen wollen. Am Egoismus scheitern alle Be-
rechnungen und Bündnisse. Es wird zuletzt nur
ein zerhauen des Knotens übrig bleiben. Wer
aber den großen Alexander spielen soll -- das
ist die Hauptfrage der politischen Zukunft Frank-
reichs und vielleicht ganz Europa's. ( Leider scheint
Frankreich und ganz Europa heuer eine sehr ale-
randerlose Gegend. )

Jtalien.

Die "Strega" von Genua enthält Folgendes:
"Die Demokratie wacht, sie wacht selbst in Rom;
auf den verlassenen Gräbern vor dem Thore San
Pancrazi schleift sie den Dolch der Rache: den
Dolch, welcher, wie ein neues Damoklesschwert,
kaum an einem Härchen gehalten, über dem Haupte
des Mastai hängt." Die "Armonia" bemerkt
dazu voll gerechter Entrüstung: Jn Sardinien,
wo man das Wort des Papstes verachtet, wo
man die Cense, die der Papst schleudern kann,
verlacht, wo man die Bischöfe einkerkert, und sie
dem Papste zum Trotze verbannt, gibt es auch
überdies noch Menschen, die sich vereinigen, um
gegen den Papst zu conspiriren, die den Entschluß
gefaßt haben, ihn zu ermorden, die die Neuigkeit
verbreiten: der Dolch der Rache ist über dem
Haupte des Papstes aufgehängt. Man scheut sich
nicht, solches mit lauter Stimme, -- öffentlich
auszusprechen, man druckt es, und zwar ungestraft
in ,einem katholischen Lande, welches den Papst
als legitimen Souverän und als Oberhaupt der
Kirche anerkennt. Die Worte sind von Leuten
geschrieben und gedruckt, welche die Abschaffung
der Todesstrafe verlangt, welche unaufhörlich ge-
gen die Jnquisition zu Felde zieht, welche die
Worte: Amnestie unaufhörlich auf ihren Lippen
trägt. Hiernach urtheile man über die Partei,
die solches angezettelt, und die Regierung, die es
duldet. -- Einer Correspondenz des "Cattolico"
von Genua aus Acqui zufolge bedroht den Hoch-
würdigsten Bischof von Aequi dasselbe Loos, wel-
ches den Erzbischöfen von Turin und Cagliari
bereits widerfahren ist. Die Ursache dieser neuen
Appellazione come d'abuso ist die vom ge-
nannten Bischofe ausgesprochene Suspension a
divinis
zweier Geistlichen, die sich an einer von
den Demokraten ins Leben gerufenen Subscrip-
tion betheiligt haben. -- Der König von Sar-
dinien hat am 7. Oktober eine große Heerschau
über die in dem Lager von St. Maurice versam-
melten Cavallerieregimenter abgehalten. -- Der
Gonfaloniere der Sadt Bagno Aripoli, der dem
Beispiel des Florenzer Gonfaloniere gefolgt ist,
und eine Adresse des Gemeinderathes dieser Stadt
zur Wiederherstellung der Verfassung an den Groß-
herzog von Toskana geschickt hat, ist seiner Stelle
entsetzt worden. -- Das "Univers" theilt Briefe
aus Rom vom 4. Okt. mit, denen zufolge die
von Sr. Heiligkeit im Consistorium vom 30.
Sept. gehaltene Allocution noch nicht veröffentlicht
ist. Jn Bezug auf die piemontesischen Angelegen-
heiten soll der hl. Vater erklärt haben, daß die
mit der Prüfung dieser delicaten und schwierigen
Frage beauftragte Commission den Bericht noch
nicht vollendet gehabt habe, und er werde das
heilige Colleg in einem nach dem öffentlichen
Consistorium zu haltenden geheimen Consistorium
damit unterhalten. Jn dem am 3. Okt. gehalte-
nen Consistorium scheint der hl. Vater gar keine
Allocution gehalten zu haben. Die piemontesische
Frage wird durch die jüngsten Maßregeln gegen
die Erzbischöfe von Cagliari und Turin noch viel
verwickelter. Diese neue Verurtheilung hat der hl.
Vater am 2. Okt. erfahren. Msgr. Morangiu=Nurra
ist schon seit 4 Tagen hier anwesend. Seine An-
kunft in Rom hat einen tiefen Eindruck hervor-
gerufen. -- Das "Giornala die Roma" kündigt
an, daß 461,210 römische Thaler, die von dem
Verkauf der Certifikate auf den Staatsschatz her-
[Spaltenumbruch] rühren, zur Einlösung des Papiergeldes verwandt
worden sind. -- Nach einer uns zugegangenen
Privatmeldung, die wir übrigens, so glaubwürdig
sie auch ist, nicht verbürgen können, haben sich
die Erscheinungen an dem Marienbilde zu Rimini
wesentlich verändert. Die Bewegung der Augen
soll aufgehört haben, dagegen aber ein anhaltendes
Thränen derselben bemerkt werden. Da die we-
gen des Hochwürdigsten Bischoft Laurent nach
Rom gesandten Deputation ihren Weg über Ri-
mini genommen hat, so hoffen wir bald von Lu-
xemburg aus einen genaueren Bericht über diese
wunderbare Erscheinungen zu erhalten.

Amerika.

New=York, 28. Sept. Gestern wurde nach
dem neuen Gesetze ein Sklave aus Baltimore,
der übrigens schon zwei Jahre hier lebte, verhaf-
tet und, nach richterlichem Erkenntnisse, sofort un-
ter Polizeibegleitung nach Baltimore geschafft.
Dieser Vorfall bewirkte eine große Aufregung un-
ter der farbigen Bevölkerung, welche zu blutigen
Auftritten Veranlassung gegeben haben würde,
wäre die Polizei, die zu dem Zwecke mit Revol-
vers bewaffnet war, nicht auf der Hut gewesen.
Die Schwarzen haben erklärt, sie würden mit be-
waffneter Hand ähnliche Gewaltthaten zurückweisen
und eher auf dem Blutgerüste sterben, als sich
wieder in die Sklaverei zurückbringen lassen. Es
leben hier Hunderte flüchtiger Sklaven, welche,
wie man leicht denken kann, durch die Abolitioni-
sten aufgehetzt und in ihrem verzweifelten Vorha-
ben bestärkt werden. Jn Pittsburg ist die Auf-
regung unter den flüchtigen Sklaven nicht minder
groß; viele derselben sind nach Canada ausgewandert.
Jn Boston ist das Jenny=Lind=Fieber wo möglich
noch toller, als hier. Sie gab gestern dort ihr
erstes Conzert, und es wird unerhört klingen, daß
ein Billet, das erste bei der Versteigerung aus-
gebotene, mit 925 Dollars bezahlt worden ist.
Ein gewisser C. Dodge, ein dortiger Gesanglehrer
war der glückliche Ankäufer, dessen Portrait schon
an allen Läden hängt. Durch eine solche Toll-
heit wird man bekannt und verschaft sich Kunden.
Bei uns ist Alles [unleserliches Material - 12 Zeichen fehlen]Spekualation, selbst der Jenny
Lind=Enthusiasmus. Jn dem Gasthofe, wo die
Sängerin abgestiegen, kostet die Einrichtung ihrer
fünf Zimmer nicht weniger als 13,000 Dollars.
Nach dem ersten Concerte waren, trotz des scheuß-
lichsten Wetters Tausende vor dem Gasthofe ver-
sammelt und gingen erst, als die Sängerin sich
gezeigt, aus einander.

Neuestes.

Frankfurt, 16. Okt Feldmarschall=Lieutenant
v. Schönhals verläßt schon Morgen Frankfurt
und begiebt sich direkt nach Wien.

Stuttgart, 15. Okt. Der Cassationshof hat
in seiner heutigen Sitzung die Nichtigkeitsklage
des Fürsten v. Waldburg=Zeil, welcher sich da-
rauf stützte, daß ein Geschworner geschlafen ha-
ben soll, aus dem Grunde abgewiesen, weil das
Gesetz blos die persönliche Anwesenheit der Ge-
schwornen erfordert, während es die Aufmerksam-
keit auf die Verhandlungen dem Gewissen des
Einzelnen überläßt. -- Eine Antwort, welche der
französische Staatsmann Thiers einem gekrönten
Haupte in Baden gab, ist unter den jetzigen Ver-
hältnissen wohl sehr beherzigenswerth. Auf die Frage,
was wohl die Franzosen thun würden, wenn es
in Deutschland zu einem Kriege käme? versetzte
der schlaue Franke: Wir Franzosen sind wie die
Kinder, die sogleich tanzen wollen, wenn sie ir-
gendwo eine Geige hören.

Leipzig, 14. Okt. Einer der am schwersten
gravirten Demokraten, dessen Betheiligung an den
Maiereignissen 1849 offenkundig ist und von ihm
selbst nicht geleugnet wurde, ist der Student Ju-
lius Schanz. Dieser Jüngling, durch lange Haft
mürbe gemacht und vielleicht auch überzeugt von
der Nutzlosigkeit seines frühern Wirkens, hat vor
einiger Zeit an den König ein poetisches Begna-
digungsgesuch gerichtet, von dem er sich große Er-
[Spaltenumbruch] folge verspricht und seitdem sehr umfassende Ge-
ständnisse gemacht, durch welche er viele ehemali-
ge Freunde sehr compromittirt hat. Jn Folge
dieser Geständnisse sind neuerdings wieder mehrere
Studenten, zwei Sprachlehrer, ein Turnlehrer u.
ein Schuhmacher verhaftet worden.

Wien, 12. Okt. Hr. Meyer in Hildburg-
hausen fängt jetzt an, auch in Oesterreich sein
Geschrei "Bildung für Alle" zu erheben. "Einigt
Euch," so ruft Hr. Meyer jetzt uns Oesterreichern
zu, einigt Euch in dem Ruf: "Bildung für Alle!"
Fragt nicht den Wiederhall Eurer Kreuzgänge,
fragt nicht Eure Priesterschaft, fragt nicht die Ver-
treter jener Gelehrsamkeit, welche auf Diplomen
und Doktorhüten einherstolziren, fragt die Leute
mit den Hasenherzen nicht, welche erschrocken ein
Kreuz schlagen, wenn der Ruf ertört: "Bildung
für Alle!" als wäre es ein Feuerruf der Empö-
rung; fragt auch nicht darnach, ob die Hüter und
Pfleger der Volksrohheit ein Anathema gegen mein
Beginnen schleudert; -- fragt einzig und allein
die Sttmme Eures Herzens, und prüft an Dem-
jenigen, was ich Euch biete, ob ich die Mittel
zum Zweck richtig erkenne und recht gebrauche. --
Ja, Ja, fragt nur Hrn. Meyer in Hildburghau-
sen, ob er die Mittel richtig erkannt hat, um sei-
nen Pafel bei uns zu verkaufen.

Genf, 13. Okt. Der hier erscheinende " Ob-
servateur " erklärt, nicht nur habe Bischof Ma-
rilley keinerlei Antheil am letzten Putsch gegen
Freiburg, sondern er habe auch unausgesetzt em-
pfohlen, niemals den gesetzlichen Weg zu verlas-
sen. Der "Observateur" verlangt genaue Unter-
suchung. ( Diesen Putsch=Versuch wurde von allen
ratikalen Zeitungen absichtlich dem Bischof in die
Schuhe geschoben. )

T. D. Rom, 10. Okt. Der außerordentliche
Gesandte Piemonts, Ritter Pinelli, hat seine Pässe
begehrt, weil der römische Hof in Bezug auf die
Differenzen mit Piemont Bedingungen gestellt, auf
die er nicht eingehen zu können glaubte.

Brüssel, 14. Okt. Der König und die Kö-
nigin Amalie treffen heute Mittags zu Laeken ein.
Alle Mitglieder der Familie, mit Ausnahme der
gestern Abends nach England abgereis'ten Herzo-
gin von Orleans und vielleicht des unpäßlichen
Herzogs von Nemours, werden sie dahin beglei-
ten. Unser König soll lebhaft den Wunsch he-
gen, daß seine Schwiegermutter ihren künftigen
Aufenthalt bei ihm nehme, damit die Erziehung
seiner Tochter unter ihrer Leitung vollendet
werde. -- Noch immer ist unsere Stadt das
Bild wahrhafter Trauer, welche sich am ge-
strigen Sonntage besonders bemerkbar machte.
Alle öffentlichen Vergnügungen sind eingestellt und
die meisten Läden und Magazine fortwährend ge-
schlossen. Heute werden dem Könige zu Laeken
Condolenz=Adressen des Gemeinderathes, der Bür-
gergarde ec. überreicht. Ein großer Theil der
Bevölkerung trägt Trauerkleider. Die Löwen-
Gesellschaft von Flandern hat beschlossen, daß alle
ihre Mitglieder Trauer tragen sollen. Das
hiesige diplomatische Corps hat durch den
päpstlichen Nuncius den Wunsch ausgedrückt, dem
Könige den Ausdruck seines Schmerzes und sei-
ner Theilnahme darbringen zu durfen; dasselbe
wird auch der heutigen traurigen Feierlichkeit zu
Laeken beiwohnen. Das Gewölbe, welches die
Königin dort aufnehmen wird, befindet sich vor
dem Altare der hl. Jungfrau, und es heißt auch,
daß die Leiche ihres im Jahre 1834 verstorbenen
Sohnes dort beigesetzt werden soll. Außer einem
Monumente für die Königin beabsichtigt man auch,
eine wohlthätige Anstalt zu ihrem Andenken zu
errichten.

Die F. O.=P.=Z. bringt in einer außeror-
dentlichen Beilage Nro. 246 die IV. Sitzung der
Bundesversammlung geschehen Frankfurt a. M. 21.
Sept. 1850, wie folgt: Jn Erwägung, daß nach dem
Geiste der Grundgesetze des Bundes sowohl als
auch nach positiven Bundesbeschlüssen, insbeson-
dere nach der authentischen Jnterpretation der Art.
57 und 58 der Wiener Schlußacte, wie sie in

[Spaltenumbruch] schaft gehaltenen Hände spielen soll. Wahrlich,
die politische Charlatanerie ist nie mit mehr Scham-
losigkeit getrieben worden. Wem soll nun das
Volk vertrauen? Es muß sehen, wie die Parteien,
gleich der bösen Mutter in Salomo's Urtheil, das
Kind eher tödten, als im Besitze eines Andern
wissen wollen. Am Egoismus scheitern alle Be-
rechnungen und Bündnisse. Es wird zuletzt nur
ein zerhauen des Knotens übrig bleiben. Wer
aber den großen Alexander spielen soll -- das
ist die Hauptfrage der politischen Zukunft Frank-
reichs und vielleicht ganz Europa's. ( Leider scheint
Frankreich und ganz Europa heuer eine sehr ale-
randerlose Gegend. )

Jtalien.

Die „Strega“ von Genua enthält Folgendes:
„Die Demokratie wacht, sie wacht selbst in Rom;
auf den verlassenen Gräbern vor dem Thore San
Pancrazi schleift sie den Dolch der Rache: den
Dolch, welcher, wie ein neues Damoklesschwert,
kaum an einem Härchen gehalten, über dem Haupte
des Mastai hängt.“ Die „Armonia“ bemerkt
dazu voll gerechter Entrüstung: Jn Sardinien,
wo man das Wort des Papstes verachtet, wo
man die Cense, die der Papst schleudern kann,
verlacht, wo man die Bischöfe einkerkert, und sie
dem Papste zum Trotze verbannt, gibt es auch
überdies noch Menschen, die sich vereinigen, um
gegen den Papst zu conspiriren, die den Entschluß
gefaßt haben, ihn zu ermorden, die die Neuigkeit
verbreiten: der Dolch der Rache ist über dem
Haupte des Papstes aufgehängt. Man scheut sich
nicht, solches mit lauter Stimme, -- öffentlich
auszusprechen, man druckt es, und zwar ungestraft
in ‚einem katholischen Lande, welches den Papst
als legitimen Souverän und als Oberhaupt der
Kirche anerkennt. Die Worte sind von Leuten
geschrieben und gedruckt, welche die Abschaffung
der Todesstrafe verlangt, welche unaufhörlich ge-
gen die Jnquisition zu Felde zieht, welche die
Worte: Amnestie unaufhörlich auf ihren Lippen
trägt. Hiernach urtheile man über die Partei,
die solches angezettelt, und die Regierung, die es
duldet. -- Einer Correspondenz des „Cattolico“
von Genua aus Acqui zufolge bedroht den Hoch-
würdigsten Bischof von Aequi dasselbe Loos, wel-
ches den Erzbischöfen von Turin und Cagliari
bereits widerfahren ist. Die Ursache dieser neuen
Appellazione come d'abuso ist die vom ge-
nannten Bischofe ausgesprochene Suspension a
divinis
zweier Geistlichen, die sich an einer von
den Demokraten ins Leben gerufenen Subscrip-
tion betheiligt haben. -- Der König von Sar-
dinien hat am 7. Oktober eine große Heerschau
über die in dem Lager von St. Maurice versam-
melten Cavallerieregimenter abgehalten. -- Der
Gonfaloniere der Sadt Bagno Aripoli, der dem
Beispiel des Florenzer Gonfaloniere gefolgt ist,
und eine Adresse des Gemeinderathes dieser Stadt
zur Wiederherstellung der Verfassung an den Groß-
herzog von Toskana geschickt hat, ist seiner Stelle
entsetzt worden. -- Das „Univers“ theilt Briefe
aus Rom vom 4. Okt. mit, denen zufolge die
von Sr. Heiligkeit im Consistorium vom 30.
Sept. gehaltene Allocution noch nicht veröffentlicht
ist. Jn Bezug auf die piemontesischen Angelegen-
heiten soll der hl. Vater erklärt haben, daß die
mit der Prüfung dieser delicaten und schwierigen
Frage beauftragte Commission den Bericht noch
nicht vollendet gehabt habe, und er werde das
heilige Colleg in einem nach dem öffentlichen
Consistorium zu haltenden geheimen Consistorium
damit unterhalten. Jn dem am 3. Okt. gehalte-
nen Consistorium scheint der hl. Vater gar keine
Allocution gehalten zu haben. Die piemontesische
Frage wird durch die jüngsten Maßregeln gegen
die Erzbischöfe von Cagliari und Turin noch viel
verwickelter. Diese neue Verurtheilung hat der hl.
Vater am 2. Okt. erfahren. Msgr. Morangiú=Nurra
ist schon seit 4 Tagen hier anwesend. Seine An-
kunft in Rom hat einen tiefen Eindruck hervor-
gerufen. -- Das „Giornala die Roma“ kündigt
an, daß 461,210 römische Thaler, die von dem
Verkauf der Certifikate auf den Staatsschatz her-
[Spaltenumbruch] rühren, zur Einlösung des Papiergeldes verwandt
worden sind. -- Nach einer uns zugegangenen
Privatmeldung, die wir übrigens, so glaubwürdig
sie auch ist, nicht verbürgen können, haben sich
die Erscheinungen an dem Marienbilde zu Rimini
wesentlich verändert. Die Bewegung der Augen
soll aufgehört haben, dagegen aber ein anhaltendes
Thränen derselben bemerkt werden. Da die we-
gen des Hochwürdigsten Bischoft Laurent nach
Rom gesandten Deputation ihren Weg über Ri-
mini genommen hat, so hoffen wir bald von Lu-
xemburg aus einen genaueren Bericht über diese
wunderbare Erscheinungen zu erhalten.

Amerika.

New=York, 28. Sept. Gestern wurde nach
dem neuen Gesetze ein Sklave aus Baltimore,
der übrigens schon zwei Jahre hier lebte, verhaf-
tet und, nach richterlichem Erkenntnisse, sofort un-
ter Polizeibegleitung nach Baltimore geschafft.
Dieser Vorfall bewirkte eine große Aufregung un-
ter der farbigen Bevölkerung, welche zu blutigen
Auftritten Veranlassung gegeben haben würde,
wäre die Polizei, die zu dem Zwecke mit Revol-
vers bewaffnet war, nicht auf der Hut gewesen.
Die Schwarzen haben erklärt, sie würden mit be-
waffneter Hand ähnliche Gewaltthaten zurückweisen
und eher auf dem Blutgerüste sterben, als sich
wieder in die Sklaverei zurückbringen lassen. Es
leben hier Hunderte flüchtiger Sklaven, welche,
wie man leicht denken kann, durch die Abolitioni-
sten aufgehetzt und in ihrem verzweifelten Vorha-
ben bestärkt werden. Jn Pittsburg ist die Auf-
regung unter den flüchtigen Sklaven nicht minder
groß; viele derselben sind nach Canada ausgewandert.
Jn Boston ist das Jenny=Lind=Fieber wo möglich
noch toller, als hier. Sie gab gestern dort ihr
erstes Conzert, und es wird unerhört klingen, daß
ein Billet, das erste bei der Versteigerung aus-
gebotene, mit 925 Dollars bezahlt worden ist.
Ein gewisser C. Dodge, ein dortiger Gesanglehrer
war der glückliche Ankäufer, dessen Portrait schon
an allen Läden hängt. Durch eine solche Toll-
heit wird man bekannt und verschaft sich Kunden.
Bei uns ist Alles [unleserliches Material – 12 Zeichen fehlen]Spekualation, selbst der Jenny
Lind=Enthusiasmus. Jn dem Gasthofe, wo die
Sängerin abgestiegen, kostet die Einrichtung ihrer
fünf Zimmer nicht weniger als 13,000 Dollars.
Nach dem ersten Concerte waren, trotz des scheuß-
lichsten Wetters Tausende vor dem Gasthofe ver-
sammelt und gingen erst, als die Sängerin sich
gezeigt, aus einander.

Neuestes.

Frankfurt, 16. Okt Feldmarschall=Lieutenant
v. Schönhals verläßt schon Morgen Frankfurt
und begiebt sich direkt nach Wien.

Stuttgart, 15. Okt. Der Cassationshof hat
in seiner heutigen Sitzung die Nichtigkeitsklage
des Fürsten v. Waldburg=Zeil, welcher sich da-
rauf stützte, daß ein Geschworner geschlafen ha-
ben soll, aus dem Grunde abgewiesen, weil das
Gesetz blos die persönliche Anwesenheit der Ge-
schwornen erfordert, während es die Aufmerksam-
keit auf die Verhandlungen dem Gewissen des
Einzelnen überläßt. -- Eine Antwort, welche der
französische Staatsmann Thiers einem gekrönten
Haupte in Baden gab, ist unter den jetzigen Ver-
hältnissen wohl sehr beherzigenswerth. Auf die Frage,
was wohl die Franzosen thun würden, wenn es
in Deutschland zu einem Kriege käme? versetzte
der schlaue Franke: Wir Franzosen sind wie die
Kinder, die sogleich tanzen wollen, wenn sie ir-
gendwo eine Geige hören.

Leipzig, 14. Okt. Einer der am schwersten
gravirten Demokraten, dessen Betheiligung an den
Maiereignissen 1849 offenkundig ist und von ihm
selbst nicht geleugnet wurde, ist der Student Ju-
lius Schanz. Dieser Jüngling, durch lange Haft
mürbe gemacht und vielleicht auch überzeugt von
der Nutzlosigkeit seines frühern Wirkens, hat vor
einiger Zeit an den König ein poetisches Begna-
digungsgesuch gerichtet, von dem er sich große Er-
[Spaltenumbruch] folge verspricht und seitdem sehr umfassende Ge-
ständnisse gemacht, durch welche er viele ehemali-
ge Freunde sehr compromittirt hat. Jn Folge
dieser Geständnisse sind neuerdings wieder mehrere
Studenten, zwei Sprachlehrer, ein Turnlehrer u.
ein Schuhmacher verhaftet worden.

Wien, 12. Okt. Hr. Meyer in Hildburg-
hausen fängt jetzt an, auch in Oesterreich sein
Geschrei „Bildung für Alle“ zu erheben. „Einigt
Euch,“ so ruft Hr. Meyer jetzt uns Oesterreichern
zu, einigt Euch in dem Ruf: „Bildung für Alle!“
Fragt nicht den Wiederhall Eurer Kreuzgänge,
fragt nicht Eure Priesterschaft, fragt nicht die Ver-
treter jener Gelehrsamkeit, welche auf Diplomen
und Doktorhüten einherstolziren, fragt die Leute
mit den Hasenherzen nicht, welche erschrocken ein
Kreuz schlagen, wenn der Ruf ertört: „Bildung
für Alle!“ als wäre es ein Feuerruf der Empö-
rung; fragt auch nicht darnach, ob die Hüter und
Pfleger der Volksrohheit ein Anathema gegen mein
Beginnen schleudert; -- fragt einzig und allein
die Sttmme Eures Herzens, und prüft an Dem-
jenigen, was ich Euch biete, ob ich die Mittel
zum Zweck richtig erkenne und recht gebrauche. --
Ja, Ja, fragt nur Hrn. Meyer in Hildburghau-
sen, ob er die Mittel richtig erkannt hat, um sei-
nen Pafel bei uns zu verkaufen.

Genf, 13. Okt. Der hier erscheinende „ Ob-
servateur “ erklärt, nicht nur habe Bischof Ma-
rilley keinerlei Antheil am letzten Putsch gegen
Freiburg, sondern er habe auch unausgesetzt em-
pfohlen, niemals den gesetzlichen Weg zu verlas-
sen. Der „Observateur“ verlangt genaue Unter-
suchung. ( Diesen Putsch=Versuch wurde von allen
ratikalen Zeitungen absichtlich dem Bischof in die
Schuhe geschoben. )

T. D. Rom, 10. Okt. Der außerordentliche
Gesandte Piemonts, Ritter Pinelli, hat seine Pässe
begehrt, weil der römische Hof in Bezug auf die
Differenzen mit Piemont Bedingungen gestellt, auf
die er nicht eingehen zu können glaubte.

Brüssel, 14. Okt. Der König und die Kö-
nigin Amalie treffen heute Mittags zu Laeken ein.
Alle Mitglieder der Familie, mit Ausnahme der
gestern Abends nach England abgereis'ten Herzo-
gin von Orleans und vielleicht des unpäßlichen
Herzogs von Nemours, werden sie dahin beglei-
ten. Unser König soll lebhaft den Wunsch he-
gen, daß seine Schwiegermutter ihren künftigen
Aufenthalt bei ihm nehme, damit die Erziehung
seiner Tochter unter ihrer Leitung vollendet
werde. -- Noch immer ist unsere Stadt das
Bild wahrhafter Trauer, welche sich am ge-
strigen Sonntage besonders bemerkbar machte.
Alle öffentlichen Vergnügungen sind eingestellt und
die meisten Läden und Magazine fortwährend ge-
schlossen. Heute werden dem Könige zu Laeken
Condolenz=Adressen des Gemeinderathes, der Bür-
gergarde ec. überreicht. Ein großer Theil der
Bevölkerung trägt Trauerkleider. Die Löwen-
Gesellschaft von Flandern hat beschlossen, daß alle
ihre Mitglieder Trauer tragen sollen. Das
hiesige diplomatische Corps hat durch den
päpstlichen Nuncius den Wunsch ausgedrückt, dem
Könige den Ausdruck seines Schmerzes und sei-
ner Theilnahme darbringen zu durfen; dasselbe
wird auch der heutigen traurigen Feierlichkeit zu
Laeken beiwohnen. Das Gewölbe, welches die
Königin dort aufnehmen wird, befindet sich vor
dem Altare der hl. Jungfrau, und es heißt auch,
daß die Leiche ihres im Jahre 1834 verstorbenen
Sohnes dort beigesetzt werden soll. Außer einem
Monumente für die Königin beabsichtigt man auch,
eine wohlthätige Anstalt zu ihrem Andenken zu
errichten.

Die F. O.=P.=Z. bringt in einer außeror-
dentlichen Beilage Nro. 246 die IV. Sitzung der
Bundesversammlung geschehen Frankfurt a. M. 21.
Sept. 1850, wie folgt: Jn Erwägung, daß nach dem
Geiste der Grundgesetze des Bundes sowohl als
auch nach positiven Bundesbeschlüssen, insbeson-
dere nach der authentischen Jnterpretation der Art.
57 und 58 der Wiener Schlußacte, wie sie in

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[0003] schaft gehaltenen Hände spielen soll. Wahrlich, die politische Charlatanerie ist nie mit mehr Scham- losigkeit getrieben worden. Wem soll nun das Volk vertrauen? Es muß sehen, wie die Parteien, gleich der bösen Mutter in Salomo's Urtheil, das Kind eher tödten, als im Besitze eines Andern wissen wollen. Am Egoismus scheitern alle Be- rechnungen und Bündnisse. Es wird zuletzt nur ein zerhauen des Knotens übrig bleiben. Wer aber den großen Alexander spielen soll -- das ist die Hauptfrage der politischen Zukunft Frank- reichs und vielleicht ganz Europa's. ( Leider scheint Frankreich und ganz Europa heuer eine sehr ale- randerlose Gegend. ) Jtalien. Die „Strega“ von Genua enthält Folgendes: „Die Demokratie wacht, sie wacht selbst in Rom; auf den verlassenen Gräbern vor dem Thore San Pancrazi schleift sie den Dolch der Rache: den Dolch, welcher, wie ein neues Damoklesschwert, kaum an einem Härchen gehalten, über dem Haupte des Mastai hängt.“ Die „Armonia“ bemerkt dazu voll gerechter Entrüstung: Jn Sardinien, wo man das Wort des Papstes verachtet, wo man die Cense, die der Papst schleudern kann, verlacht, wo man die Bischöfe einkerkert, und sie dem Papste zum Trotze verbannt, gibt es auch überdies noch Menschen, die sich vereinigen, um gegen den Papst zu conspiriren, die den Entschluß gefaßt haben, ihn zu ermorden, die die Neuigkeit verbreiten: der Dolch der Rache ist über dem Haupte des Papstes aufgehängt. Man scheut sich nicht, solches mit lauter Stimme, -- öffentlich auszusprechen, man druckt es, und zwar ungestraft in ‚einem katholischen Lande, welches den Papst als legitimen Souverän und als Oberhaupt der Kirche anerkennt. Die Worte sind von Leuten geschrieben und gedruckt, welche die Abschaffung der Todesstrafe verlangt, welche unaufhörlich ge- gen die Jnquisition zu Felde zieht, welche die Worte: Amnestie unaufhörlich auf ihren Lippen trägt. Hiernach urtheile man über die Partei, die solches angezettelt, und die Regierung, die es duldet. -- Einer Correspondenz des „Cattolico“ von Genua aus Acqui zufolge bedroht den Hoch- würdigsten Bischof von Aequi dasselbe Loos, wel- ches den Erzbischöfen von Turin und Cagliari bereits widerfahren ist. Die Ursache dieser neuen Appellazione come d'abuso ist die vom ge- nannten Bischofe ausgesprochene Suspension a divinis zweier Geistlichen, die sich an einer von den Demokraten ins Leben gerufenen Subscrip- tion betheiligt haben. -- Der König von Sar- dinien hat am 7. Oktober eine große Heerschau über die in dem Lager von St. Maurice versam- melten Cavallerieregimenter abgehalten. -- Der Gonfaloniere der Sadt Bagno Aripoli, der dem Beispiel des Florenzer Gonfaloniere gefolgt ist, und eine Adresse des Gemeinderathes dieser Stadt zur Wiederherstellung der Verfassung an den Groß- herzog von Toskana geschickt hat, ist seiner Stelle entsetzt worden. -- Das „Univers“ theilt Briefe aus Rom vom 4. Okt. mit, denen zufolge die von Sr. Heiligkeit im Consistorium vom 30. Sept. gehaltene Allocution noch nicht veröffentlicht ist. Jn Bezug auf die piemontesischen Angelegen- heiten soll der hl. Vater erklärt haben, daß die mit der Prüfung dieser delicaten und schwierigen Frage beauftragte Commission den Bericht noch nicht vollendet gehabt habe, und er werde das heilige Colleg in einem nach dem öffentlichen Consistorium zu haltenden geheimen Consistorium damit unterhalten. Jn dem am 3. Okt. gehalte- nen Consistorium scheint der hl. Vater gar keine Allocution gehalten zu haben. Die piemontesische Frage wird durch die jüngsten Maßregeln gegen die Erzbischöfe von Cagliari und Turin noch viel verwickelter. Diese neue Verurtheilung hat der hl. Vater am 2. Okt. erfahren. Msgr. Morangiú=Nurra ist schon seit 4 Tagen hier anwesend. Seine An- kunft in Rom hat einen tiefen Eindruck hervor- gerufen. -- Das „Giornala die Roma“ kündigt an, daß 461,210 römische Thaler, die von dem Verkauf der Certifikate auf den Staatsschatz her- rühren, zur Einlösung des Papiergeldes verwandt worden sind. -- Nach einer uns zugegangenen Privatmeldung, die wir übrigens, so glaubwürdig sie auch ist, nicht verbürgen können, haben sich die Erscheinungen an dem Marienbilde zu Rimini wesentlich verändert. Die Bewegung der Augen soll aufgehört haben, dagegen aber ein anhaltendes Thränen derselben bemerkt werden. Da die we- gen des Hochwürdigsten Bischoft Laurent nach Rom gesandten Deputation ihren Weg über Ri- mini genommen hat, so hoffen wir bald von Lu- xemburg aus einen genaueren Bericht über diese wunderbare Erscheinungen zu erhalten. Amerika. New=York, 28. Sept. Gestern wurde nach dem neuen Gesetze ein Sklave aus Baltimore, der übrigens schon zwei Jahre hier lebte, verhaf- tet und, nach richterlichem Erkenntnisse, sofort un- ter Polizeibegleitung nach Baltimore geschafft. Dieser Vorfall bewirkte eine große Aufregung un- ter der farbigen Bevölkerung, welche zu blutigen Auftritten Veranlassung gegeben haben würde, wäre die Polizei, die zu dem Zwecke mit Revol- vers bewaffnet war, nicht auf der Hut gewesen. Die Schwarzen haben erklärt, sie würden mit be- waffneter Hand ähnliche Gewaltthaten zurückweisen und eher auf dem Blutgerüste sterben, als sich wieder in die Sklaverei zurückbringen lassen. Es leben hier Hunderte flüchtiger Sklaven, welche, wie man leicht denken kann, durch die Abolitioni- sten aufgehetzt und in ihrem verzweifelten Vorha- ben bestärkt werden. Jn Pittsburg ist die Auf- regung unter den flüchtigen Sklaven nicht minder groß; viele derselben sind nach Canada ausgewandert. Jn Boston ist das Jenny=Lind=Fieber wo möglich noch toller, als hier. Sie gab gestern dort ihr erstes Conzert, und es wird unerhört klingen, daß ein Billet, das erste bei der Versteigerung aus- gebotene, mit 925 Dollars bezahlt worden ist. Ein gewisser C. Dodge, ein dortiger Gesanglehrer war der glückliche Ankäufer, dessen Portrait schon an allen Läden hängt. Durch eine solche Toll- heit wird man bekannt und verschaft sich Kunden. Bei uns ist Alles ____________Spekualation, selbst der Jenny Lind=Enthusiasmus. Jn dem Gasthofe, wo die Sängerin abgestiegen, kostet die Einrichtung ihrer fünf Zimmer nicht weniger als 13,000 Dollars. Nach dem ersten Concerte waren, trotz des scheuß- lichsten Wetters Tausende vor dem Gasthofe ver- sammelt und gingen erst, als die Sängerin sich gezeigt, aus einander. Neuestes. Frankfurt, 16. Okt Feldmarschall=Lieutenant v. Schönhals verläßt schon Morgen Frankfurt und begiebt sich direkt nach Wien. Stuttgart, 15. Okt. Der Cassationshof hat in seiner heutigen Sitzung die Nichtigkeitsklage des Fürsten v. Waldburg=Zeil, welcher sich da- rauf stützte, daß ein Geschworner geschlafen ha- ben soll, aus dem Grunde abgewiesen, weil das Gesetz blos die persönliche Anwesenheit der Ge- schwornen erfordert, während es die Aufmerksam- keit auf die Verhandlungen dem Gewissen des Einzelnen überläßt. -- Eine Antwort, welche der französische Staatsmann Thiers einem gekrönten Haupte in Baden gab, ist unter den jetzigen Ver- hältnissen wohl sehr beherzigenswerth. Auf die Frage, was wohl die Franzosen thun würden, wenn es in Deutschland zu einem Kriege käme? versetzte der schlaue Franke: Wir Franzosen sind wie die Kinder, die sogleich tanzen wollen, wenn sie ir- gendwo eine Geige hören. Leipzig, 14. Okt. Einer der am schwersten gravirten Demokraten, dessen Betheiligung an den Maiereignissen 1849 offenkundig ist und von ihm selbst nicht geleugnet wurde, ist der Student Ju- lius Schanz. Dieser Jüngling, durch lange Haft mürbe gemacht und vielleicht auch überzeugt von der Nutzlosigkeit seines frühern Wirkens, hat vor einiger Zeit an den König ein poetisches Begna- digungsgesuch gerichtet, von dem er sich große Er- folge verspricht und seitdem sehr umfassende Ge- ständnisse gemacht, durch welche er viele ehemali- ge Freunde sehr compromittirt hat. Jn Folge dieser Geständnisse sind neuerdings wieder mehrere Studenten, zwei Sprachlehrer, ein Turnlehrer u. ein Schuhmacher verhaftet worden. ( F. O.=Z. ) Wien, 12. Okt. Hr. Meyer in Hildburg- hausen fängt jetzt an, auch in Oesterreich sein Geschrei „Bildung für Alle“ zu erheben. „Einigt Euch,“ so ruft Hr. Meyer jetzt uns Oesterreichern zu, einigt Euch in dem Ruf: „Bildung für Alle!“ Fragt nicht den Wiederhall Eurer Kreuzgänge, fragt nicht Eure Priesterschaft, fragt nicht die Ver- treter jener Gelehrsamkeit, welche auf Diplomen und Doktorhüten einherstolziren, fragt die Leute mit den Hasenherzen nicht, welche erschrocken ein Kreuz schlagen, wenn der Ruf ertört: „Bildung für Alle!“ als wäre es ein Feuerruf der Empö- rung; fragt auch nicht darnach, ob die Hüter und Pfleger der Volksrohheit ein Anathema gegen mein Beginnen schleudert; -- fragt einzig und allein die Sttmme Eures Herzens, und prüft an Dem- jenigen, was ich Euch biete, ob ich die Mittel zum Zweck richtig erkenne und recht gebrauche. -- Ja, Ja, fragt nur Hrn. Meyer in Hildburghau- sen, ob er die Mittel richtig erkannt hat, um sei- nen Pafel bei uns zu verkaufen. Genf, 13. Okt. Der hier erscheinende „ Ob- servateur “ erklärt, nicht nur habe Bischof Ma- rilley keinerlei Antheil am letzten Putsch gegen Freiburg, sondern er habe auch unausgesetzt em- pfohlen, niemals den gesetzlichen Weg zu verlas- sen. Der „Observateur“ verlangt genaue Unter- suchung. ( Diesen Putsch=Versuch wurde von allen ratikalen Zeitungen absichtlich dem Bischof in die Schuhe geschoben. ) T. D. Rom, 10. Okt. Der außerordentliche Gesandte Piemonts, Ritter Pinelli, hat seine Pässe begehrt, weil der römische Hof in Bezug auf die Differenzen mit Piemont Bedingungen gestellt, auf die er nicht eingehen zu können glaubte. ( K. Z. ) Brüssel, 14. Okt. Der König und die Kö- nigin Amalie treffen heute Mittags zu Laeken ein. Alle Mitglieder der Familie, mit Ausnahme der gestern Abends nach England abgereis'ten Herzo- gin von Orleans und vielleicht des unpäßlichen Herzogs von Nemours, werden sie dahin beglei- ten. Unser König soll lebhaft den Wunsch he- gen, daß seine Schwiegermutter ihren künftigen Aufenthalt bei ihm nehme, damit die Erziehung seiner Tochter unter ihrer Leitung vollendet werde. -- Noch immer ist unsere Stadt das Bild wahrhafter Trauer, welche sich am ge- strigen Sonntage besonders bemerkbar machte. Alle öffentlichen Vergnügungen sind eingestellt und die meisten Läden und Magazine fortwährend ge- schlossen. Heute werden dem Könige zu Laeken Condolenz=Adressen des Gemeinderathes, der Bür- gergarde ec. überreicht. Ein großer Theil der Bevölkerung trägt Trauerkleider. Die Löwen- Gesellschaft von Flandern hat beschlossen, daß alle ihre Mitglieder Trauer tragen sollen. Das hiesige diplomatische Corps hat durch den päpstlichen Nuncius den Wunsch ausgedrückt, dem Könige den Ausdruck seines Schmerzes und sei- ner Theilnahme darbringen zu durfen; dasselbe wird auch der heutigen traurigen Feierlichkeit zu Laeken beiwohnen. Das Gewölbe, welches die Königin dort aufnehmen wird, befindet sich vor dem Altare der hl. Jungfrau, und es heißt auch, daß die Leiche ihres im Jahre 1834 verstorbenen Sohnes dort beigesetzt werden soll. Außer einem Monumente für die Königin beabsichtigt man auch, eine wohlthätige Anstalt zu ihrem Andenken zu errichten. Die F. O.=P.=Z. bringt in einer außeror- dentlichen Beilage Nro. 246 die IV. Sitzung der Bundesversammlung geschehen Frankfurt a. M. 21. Sept. 1850, wie folgt: Jn Erwägung, daß nach dem Geiste der Grundgesetze des Bundes sowohl als auch nach positiven Bundesbeschlüssen, insbeson- dere nach der authentischen Jnterpretation der Art. 57 und 58 der Wiener Schlußacte, wie sie in

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 249. Würzburg, 17. Oktober 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische249_1850/3>, abgerufen am 28.03.2024.