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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 2667, Czernowitz, 28.10.1912.

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"Czernowitzer Allgemeine Zeitung" 28. Oktober 1912.

[Spaltenumbruch]
Ankunft der Züge in Czernowitz aus der
Richtung von:

[] [Spaltenumbruch]
[]
Czernowitzer Angelegenheiten.


Gemeinderat.
Sitzung vom 26. Oktober 1912.

Vorsitzender: Vizebürgermeister Dr. Weißel-
berger.

Schriftführer: Oberoffizial Blaukopf.

Nach Eröffnung der Sitzung ersucht der Vorsitzende
die Rechtssektion, die Angelegenheit betreffend die Regu-
lierung der Bezüge der Straßen meister
in
der Sektion möglichst rasch zu erledigen, da der Gemeinde-
rat noch vor den eFrien beschlossen habe, diese Frage so-
fort bei Wiederaufnahme der Sitzungen im Herbste zu er-
ledigen. Wenn die Sektion dem Gemeinderate ein dies-
bezügliches Operat binnen 14 Tagen nicht vorlege, werde
die Angelegenheit ex präsidio vor den Gemeinderat kom-
men.

In Erledigung der Tagesordnung werden in die
Spezialkommission zur Beratung einer neuen Dienst-
pragmatik
an Stelle von zwei ausscheidenden Mit-
gliedern die Gemeinderäte Dr. Hostiuk und Tell-
mann
gewählt. Als nächster Punkt steht auf der Tages-
ordnung der

Schlachthausneubau.

GR. Dr. Hostiuk, dem die Sektion dieses Referat
zugewiesen hat, erklärt, daß das jetzt vorliegende Operat
für den Schlachthausneubau noch aus einer Zeit stamme,
in welcher ein Handelsvertrag mit Rumänien nicht bestan-
denden hat. Da nun gegenwärtig mit Rumänien ein Han-
delsvertrag bestehe, hätten sich die Verhältnisse stark ge-
ändert und man müsse erwägen, ob das Projekt in seiner
früher angenommenen Größe und Lage zur Ausführung
gelangen solle. Diese Frage könne vom juristischen Stand-
punkt allein nicht gelöst werden; es käme noch hinzu das
wirtschaftliche und bautechnische Moment. Redner sei aus
diesen Gründen nicht in der Lage, schon jetzt das Referat
darüber zu erstatten. Diese Frage müsse vorerst in einer
Enquete tüchtiger Fachleuten durchberaten werden. Auf
Grund dieser Beratung werde Redner der Bäusektion dies-
bezügliche Anträge stellen.

GR. Leo betont, daß bezüglich der Platzfrage ein
fachmännisechs Gutachten bereits vorliege und meint, daß
durch die neuerliche Einholung eines Gutachtens die In-
angriffnahme des Schlachthausbanes werde verzögert wer-
den. (GR. Dr. Hostiuc: "Ich meine nicht so sehr die
Platzfrage, als vielmehr die Größe und Art des Baues.)
Schon seit vierzehn Jahren werde von einem neu zu erbau-
enden Schlachthaus gesprochen. Bis heute sei jedoch nichts
geschehen, obwohl sich bekanntlich das Schlachthaus in ei-
nem so elenden Zustand befindet, daß die sanitären Zu-
stände jeder Beschreibung spotten.

GR. Zalodek meint, es werde genügen, mit einem
entsprechenden Kostenaufwande das alte Schlachthaus zu
renovieren.

Nachdem noch die Gemeinderäte Dr. Norst, Weg-
ner
und Wallstein zu diesem Gegenstand gesprochen
und um dessen schleunigste Erledigung baten, wird der Be-
richt des GR. Dr. Hostiuc vom Gemeinderate zur
Kenntnis genommen.

Hierauf erstattet GR. Kampelmacher ein aus-
führliches Referat über die Erlassung sanitätspoli-
zeilicher Vorschriften
für das Raseur- und
[Spaltenumbruch] Friseurgewerbe. Die diesbezüglichen Bestimmun-
gen gelangen zur Annahme.

GR. Wegner beantragt namens der Sektion dem
"Kolo Polskie" zur Erhaltung des polnischen Privat-
gymnasiums über Ansuchen eine Subvention in der Höhe
von 2000 Kronen zu bewilligen. Die Gemeinderäte Bar-
leon,
Elias Wender, Jasienicki, Kampel-
macher, Cotlarciuc, Wallstein
und Bochner
sprechen sich für die Annahme dieses Antrages aus, GR.
Zalodek dagegen, mit der Begründung, daß man vor-
erst den Hunger der Armen stillen und nachher, wenn noch
Geld übrig bleibe, den kulturellen Forderungen der Natio-
nen Rechnung tragen möge.

Der Antrag des GR. Wegner wird angenommen
mit einem Zusatzantrag des GR. Dr. Hostiuc, daß durch
diese Subventionierung noch kein Präjudiz für künftige
Zeiten geschaffen werde.

GR. Kampelmacher referiert über den Verkauf
eines Grundstückes hinter dem Stadttheater an den jü-
disch-humanitären Verein, "Bene Bris". Nach einer län-
geren Debatte wird der diesbezügliche Antrag des Refe-
renten angenommen und dem Verein zur Pflicht gemacht,
spätestens am 1. Mai 1914 mit dem Bau zu beginnen.

Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.




Große jüdische Volksver-
sammlung.

Die jüdischen Landtagsabgeordneten -- mit Aus-
nahme des Abgeordneten Dr. Straucher -- beriefen
für gestern 4 Uhr nachmittags in den "Bierpalast" eine
Versammlung ein, die von zirka 2000 Personen besucht
war. Die Versammlung, deren Vorsitz Abg. KR. Hecht
führte, nahm einen sehr stürmischen Verlauf, da
mehrere Agitatoren des Abg. Dr. Straucher sie wie-
derholt zu sprengen versuchten. Die kleine, aber gut ge-
drillte Schaar unternahm es, jeden Redner durch ohren-
betäubenden Lärm am Sprechen zu hindern. An der
Spitze der Schreier, die sich aus einigen Kultusgemeinde-
beamten, Zeitungsausträgern und fragwürdigen Indi-
vidren zusammengesetzten, standen die Gemeinderäte Fle-
minger
und Harth, sowie ein Herr Donnensaft.
Die Oberregie führte Dr. Straucher persönlich. Ihm
galten die verabredungsgemäß von den Agitatoren von
Zeit zu Zeit ausgebrachten Hochrufe. Daß solche Ovatio-
nen energische Gegendemonstrationen seitens der erdrü-
ckenden Mehrheit der Versammlungsteilnehmer hervor-
rufen mußten, ist klar. Zeitweilig herrschte demzufolge ein
ohrenbetäubender Lärm. Trotzdem gelang es den Einberu-
fern, immer wieder die Ruhe im Saale herzustellen,
so daß die Versammlung nicht aufgelöst werden mußte.

An der Versammlung nahmen u. a. teil: die Land-
tagsabgeordneten Dr. Neumann Wender, Professor
Dr. Kellner, Vizebürgermeister Dr. Weißelber-
ger,
Dr. Fokschaner, Jancu Fischer und Blum,
die Gemeinderäte Dr. Leo Kiesler, Dr. Billig,
Wallstein, Füllenbaum,
Stadtrat Brunstein
u. v. a.

Nachstehend der Bericht:

Nach Eröffnung der Versammlung und Begrüßung
der Teilnehmer, sowie des Regierungsvertreters Doktor
Herzog durch den Vorsitzenden Abg. KR. Hecht er-
greift als erster Redner Abg. Dr. Wender das Wort,
der, wiederholt von Zwischenrufen unterbochen, die Tä-
tigkeit der jüdischen Landtagsabgeordneten in der abge-




[Spaltenumbruch]
Bis auf den letzten Heller.

29] (Nachdruck verboten.)

Aber kämpfte er nicht jetzt für Margaret Pargeter?
Für das, was sie, wie erwrßte, höher schätzte als das Leben
-- für ihre Ehre? Was er vorhatte, war ihm verhaßt --
er wußte, wie sehr er etwas Derartiges an andern ver-
urteilt haben würde -- aber es war der einzige Ausweg
-- der durch Tom Pargeters Aberglauben wunderbarer-
weise ermöglicht wurde.

Das Anerbieten, das Vanderlyn Madame d'Elphis zu
machen beabsichtigte, war ganz einfach; für ein paar Worte
zu Tom Pargeter -- Worte, die des Millionärs Glauben
an ihre außergewöhnliche Begabung unendlich verstärken
würden, sollte die Wahrsagerin zehntausend Franks
empfangen.

Sogar der Wortlaut dessen, was sie zur Aufklärung
der Wahrheit sagen sollte, würde keine Schwierigkeit be-
reiten; Vanderlyn hatte den Paragraphen, der die seltsame
Entdeckung, die vor drei Tagen in Orange gemacht wor-
den war, berichtete, aus dem Petit Journal herausge-
schnitten.

Er würde ihr sagen, daß Pargeters Freunde, nach-
dem sie sich überzeugt hatten, daß die Unbekannte Frau
Pargeter sei, ihm die traurige Kunde durch sie, anstatt auf
gewöhnliche Weise, zugehen zu lassen wünschten.

Vanderlyn kannte die merkwürdige Unterwelt von
Paris, die auf Fremde so tiefen Eindruck macht, genü-
gend, um zu wissen, daß er wohl nicht der erste sein würde,
der Madame d'Elphis überredete, einer ihrer Weissa-
gungen die angenehme Zutat der Wahrheit hinzuzufügen.
Der Diplomat glaubte auch, daß er die Unterhandlungen
würde führen können, ohne dabei der Wahrsagerin weder
seine Identität zu enthüllen, noch ihr Aufschluß zu geben
[Spaltenumbruch] über die Gründe, die ihn zu diesem seltsamen Vorschlag
bewogen.

Nachdem er seinen Plan gemacht hatte, fand er die
Ausführung außerordentlich leicht.

In London würde es einem Manne wie ihm schwer
gefallen sein, so ohne weiteres die Adresse einer berühmten
Wahrsagerin ausfindig zu machen. Aber an allem, was
sich auf das soziale Leben bezieht, ist Paris großartig orga-
nisiert, während in London ein Chaos herrscht.

Zu Hause angekommen, entdeckte er sofort, mit einer
Art bitteren Vergnügens, daß Madame d'Elphis die Mit-
tel verschmähte, mit denen sie ihr geheimnisvolles Ge-
werbe mit Fug und Recht hätte umgeben können. Nicht
nur, daß in "Tout Paris" ihr Name, ihre Adresse und
ihre Sprechstunden angegeben waren, nein, sogar ihre Te-
lephonnumer war dort zu finden.

Vanderlyn haßte das Telephon. Er benutzte es nur,
wenn er mußte, aber jetzt ließ er die ermüdenden, unan-
genehmen Präliminarien mit einem gewissen Eifer über
sich ergehen. -- "Hallo! Hallo! Hallo!"

Endlich antwortete eine weibliche Stimme: "Ja --
ja. Wer dort?"

"Kann Madame d'Elphis heute abend einen Klienten
empfangen?"

Es entstand eine Pause. Dann hörte er, wie eine
Frage gestellt, eine Antwort gemurmelt wurde, deren Sinn
ihn entging und dann hörte er deutlich eine Ablehnung,
der ein vorsichtiger Versuch, seinen Namen, seine Natio-
nalität, seine Adresse zu entdecken, folgte.

Endlich kam dann der Bescheid, daß Madame d'Elphis
ihm morgen früh zur Verfügung stehe.

Eine leise Unsicherheit in der schnellen und doch zö-
gernden Antwort der unsichtbaren Frau ermutigte Van-
derlyn. Er sagte höflich und deutlich, daß er bereit sei,
für die Gunst, die er erbat, einen außergewöhnlich hohen
Preis zu zahlen, und obgleich ihm gesagt sei, der Preis
für eine Seance betrage fünfzig Franks, sei doch der Un-
bekannte, der jetzt durchs Telephon zu Madame d'Elphis


„Czernowitzer Allgemeine Zeitung“ 28. Oktober 1912.

[Spaltenumbruch]
Ankunft der Züge in Czernowitz aus der
Richtung von:

[] [Spaltenumbruch]
[]
Czernowitzer Angelegenheiten.


Gemeinderat.
Sitzung vom 26. Oktober 1912.

Vorſitzender: Vizebürgermeiſter Dr. Weißel-
berger.

Schriftführer: Oberoffizial Blaukopf.

Nach Eröffnung der Sitzung erſucht der Vorſitzende
die Rechtsſektion, die Angelegenheit betreffend die Regu-
lierung der Bezüge der Straßen meiſter
in
der Sektion möglichſt raſch zu erledigen, da der Gemeinde-
rat noch vor den eFrien beſchloſſen habe, dieſe Frage ſo-
fort bei Wiederaufnahme der Sitzungen im Herbſte zu er-
ledigen. Wenn die Sektion dem Gemeinderate ein dies-
bezügliches Operat binnen 14 Tagen nicht vorlege, werde
die Angelegenheit ex präſidio vor den Gemeinderat kom-
men.

In Erledigung der Tagesordnung werden in die
Spezialkommiſſion zur Beratung einer neuen Dienſt-
pragmatik
an Stelle von zwei ausſcheidenden Mit-
gliedern die Gemeinderäte Dr. Hoſtiuk und Tell-
mann
gewählt. Als nächſter Punkt ſteht auf der Tages-
ordnung der

Schlachthausneubau.

GR. Dr. Hoſtiuk, dem die Sektion dieſes Referat
zugewieſen hat, erklärt, daß das jetzt vorliegende Operat
für den Schlachthausneubau noch aus einer Zeit ſtamme,
in welcher ein Handelsvertrag mit Rumänien nicht beſtan-
denden hat. Da nun gegenwärtig mit Rumänien ein Han-
delsvertrag beſtehe, hätten ſich die Verhältniſſe ſtark ge-
ändert und man müſſe erwägen, ob das Projekt in ſeiner
früher angenommenen Größe und Lage zur Ausführung
gelangen ſolle. Dieſe Frage könne vom juriſtiſchen Stand-
punkt allein nicht gelöſt werden; es käme noch hinzu das
wirtſchaftliche und bautechniſche Moment. Redner ſei aus
dieſen Gründen nicht in der Lage, ſchon jetzt das Referat
darüber zu erſtatten. Dieſe Frage müſſe vorerſt in einer
Enquete tüchtiger Fachleuten durchberaten werden. Auf
Grund dieſer Beratung werde Redner der Bäuſektion dies-
bezügliche Anträge ſtellen.

GR. Leo betont, daß bezüglich der Platzfrage ein
fachmänniſechs Gutachten bereits vorliege und meint, daß
durch die neuerliche Einholung eines Gutachtens die In-
angriffnahme des Schlachthausbanes werde verzögert wer-
den. (GR. Dr. Hoſtiuc: „Ich meine nicht ſo ſehr die
Platzfrage, als vielmehr die Größe und Art des Baues.)
Schon ſeit vierzehn Jahren werde von einem neu zu erbau-
enden Schlachthaus geſprochen. Bis heute ſei jedoch nichts
geſchehen, obwohl ſich bekanntlich das Schlachthaus in ei-
nem ſo elenden Zuſtand befindet, daß die ſanitären Zu-
ſtände jeder Beſchreibung ſpotten.

GR. Zalodek meint, es werde genügen, mit einem
entſprechenden Koſtenaufwande das alte Schlachthaus zu
renovieren.

Nachdem noch die Gemeinderäte Dr. Norſt, Weg-
ner
und Wallſtein zu dieſem Gegenſtand geſprochen
und um deſſen ſchleunigſte Erledigung baten, wird der Be-
richt des GR. Dr. Hoſtiuc vom Gemeinderate zur
Kenntnis genommen.

Hierauf erſtattet GR. Kampelmacher ein aus-
führliches Referat über die Erlaſſung ſanitätspoli-
zeilicher Vorſchriften
für das Raſeur- und
[Spaltenumbruch] Friſeurgewerbe. Die diesbezüglichen Beſtimmun-
gen gelangen zur Annahme.

GR. Wegner beantragt namens der Sektion dem
„Kolo Polskie“ zur Erhaltung des polniſchen Privat-
gymnaſiums über Anſuchen eine Subvention in der Höhe
von 2000 Kronen zu bewilligen. Die Gemeinderäte Bar-
leon,
Elias Wender, Jaſienicki, Kampel-
macher, Cotlarciuc, Wallſtein
und Bochner
ſprechen ſich für die Annahme dieſes Antrages aus, GR.
Zalodek dagegen, mit der Begründung, daß man vor-
erſt den Hunger der Armen ſtillen und nachher, wenn noch
Geld übrig bleibe, den kulturellen Forderungen der Natio-
nen Rechnung tragen möge.

Der Antrag des GR. Wegner wird angenommen
mit einem Zuſatzantrag des GR. Dr. Hoſtiuc, daß durch
dieſe Subventionierung noch kein Präjudiz für künftige
Zeiten geſchaffen werde.

GR. Kampelmacher referiert über den Verkauf
eines Grundſtückes hinter dem Stadttheater an den jü-
diſch-humanitären Verein, „Bene Bris“. Nach einer län-
geren Debatte wird der diesbezügliche Antrag des Refe-
renten angenommen und dem Verein zur Pflicht gemacht,
ſpäteſtens am 1. Mai 1914 mit dem Bau zu beginnen.

Hierauf wurde die Sitzung geſchloſſen.




Große jüdiſche Volksver-
ſammlung.

Die jüdiſchen Landtagsabgeordneten — mit Aus-
nahme des Abgeordneten Dr. Straucher — beriefen
für geſtern 4 Uhr nachmittags in den „Bierpalaſt“ eine
Verſammlung ein, die von zirka 2000 Perſonen beſucht
war. Die Verſammlung, deren Vorſitz Abg. KR. Hecht
führte, nahm einen ſehr ſtürmiſchen Verlauf, da
mehrere Agitatoren des Abg. Dr. Straucher ſie wie-
derholt zu ſprengen verſuchten. Die kleine, aber gut ge-
drillte Schaar unternahm es, jeden Redner durch ohren-
betäubenden Lärm am Sprechen zu hindern. An der
Spitze der Schreier, die ſich aus einigen Kultusgemeinde-
beamten, Zeitungsausträgern und fragwürdigen Indi-
vidren zuſammengeſetzten, ſtanden die Gemeinderäte Fle-
minger
und Harth, ſowie ein Herr Donnenſaft.
Die Oberregie führte Dr. Straucher perſönlich. Ihm
galten die verabredungsgemäß von den Agitatoren von
Zeit zu Zeit ausgebrachten Hochrufe. Daß ſolche Ovatio-
nen energiſche Gegendemonſtrationen ſeitens der erdrü-
ckenden Mehrheit der Verſammlungsteilnehmer hervor-
rufen mußten, iſt klar. Zeitweilig herrſchte demzufolge ein
ohrenbetäubender Lärm. Trotzdem gelang es den Einberu-
fern, immer wieder die Ruhe im Saale herzuſtellen,
ſo daß die Verſammlung nicht aufgelöſt werden mußte.

An der Verſammlung nahmen u. a. teil: die Land-
tagsabgeordneten Dr. Neumann Wender, Profeſſor
Dr. Kellner, Vizebürgermeiſter Dr. Weißelber-
ger,
Dr. Fokſchaner, Jancu Fiſcher und Blum,
die Gemeinderäte Dr. Leo Kiesler, Dr. Billig,
Wallſtein, Füllenbaum,
Stadtrat Brunſtein
u. v. a.

Nachſtehend der Bericht:

Nach Eröffnung der Verſammlung und Begrüßung
der Teilnehmer, ſowie des Regierungsvertreters Doktor
Herzog durch den Vorſitzenden Abg. KR. Hecht er-
greift als erſter Redner Abg. Dr. Wender das Wort,
der, wiederholt von Zwiſchenrufen unterbochen, die Tä-
tigkeit der jüdiſchen Landtagsabgeordneten in der abge-




[Spaltenumbruch]
Bis auf den letzten Heller.

29] (Nachdruck verboten.)

Aber kämpfte er nicht jetzt für Margaret Pargeter?
Für das, was ſie, wie erwrßte, höher ſchätzte als das Leben
— für ihre Ehre? Was er vorhatte, war ihm verhaßt —
er wußte, wie ſehr er etwas Derartiges an andern ver-
urteilt haben würde — aber es war der einzige Ausweg
— der durch Tom Pargeters Aberglauben wunderbarer-
weiſe ermöglicht wurde.

Das Anerbieten, das Vanderlyn Madame d’Elphis zu
machen beabſichtigte, war ganz einfach; für ein paar Worte
zu Tom Pargeter — Worte, die des Millionärs Glauben
an ihre außergewöhnliche Begabung unendlich verſtärken
würden, ſollte die Wahrſagerin zehntauſend Franks
empfangen.

Sogar der Wortlaut deſſen, was ſie zur Aufklärung
der Wahrheit ſagen ſollte, würde keine Schwierigkeit be-
reiten; Vanderlyn hatte den Paragraphen, der die ſeltſame
Entdeckung, die vor drei Tagen in Orange gemacht wor-
den war, berichtete, aus dem Petit Journal herausge-
ſchnitten.

Er würde ihr ſagen, daß Pargeters Freunde, nach-
dem ſie ſich überzeugt hatten, daß die Unbekannte Frau
Pargeter ſei, ihm die traurige Kunde durch ſie, anſtatt auf
gewöhnliche Weiſe, zugehen zu laſſen wünſchten.

Vanderlyn kannte die merkwürdige Unterwelt von
Paris, die auf Fremde ſo tiefen Eindruck macht, genü-
gend, um zu wiſſen, daß er wohl nicht der erſte ſein würde,
der Madame d’Elphis überredete, einer ihrer Weisſa-
gungen die angenehme Zutat der Wahrheit hinzuzufügen.
Der Diplomat glaubte auch, daß er die Unterhandlungen
würde führen können, ohne dabei der Wahrſagerin weder
ſeine Identität zu enthüllen, noch ihr Aufſchluß zu geben
[Spaltenumbruch] über die Gründe, die ihn zu dieſem ſeltſamen Vorſchlag
bewogen.

Nachdem er ſeinen Plan gemacht hatte, fand er die
Ausführung außerordentlich leicht.

In London würde es einem Manne wie ihm ſchwer
gefallen ſein, ſo ohne weiteres die Adreſſe einer berühmten
Wahrſagerin ausfindig zu machen. Aber an allem, was
ſich auf das ſoziale Leben bezieht, iſt Paris großartig orga-
niſiert, während in London ein Chaos herrſcht.

Zu Hauſe angekommen, entdeckte er ſofort, mit einer
Art bitteren Vergnügens, daß Madame d’Elphis die Mit-
tel verſchmähte, mit denen ſie ihr geheimnisvolles Ge-
werbe mit Fug und Recht hätte umgeben können. Nicht
nur, daß in „Tout Paris“ ihr Name, ihre Adreſſe und
ihre Sprechſtunden angegeben waren, nein, ſogar ihre Te-
lephonnumer war dort zu finden.

Vanderlyn haßte das Telephon. Er benutzte es nur,
wenn er mußte, aber jetzt ließ er die ermüdenden, unan-
genehmen Präliminarien mit einem gewiſſen Eifer über
ſich ergehen. — „Hallo! Hallo! Hallo!“

Endlich antwortete eine weibliche Stimme: „Ja —
ja. Wer dort?“

„Kann Madame d’Elphis heute abend einen Klienten
empfangen?“

Es entſtand eine Pauſe. Dann hörte er, wie eine
Frage geſtellt, eine Antwort gemurmelt wurde, deren Sinn
ihn entging und dann hörte er deutlich eine Ablehnung,
der ein vorſichtiger Verſuch, ſeinen Namen, ſeine Natio-
nalität, ſeine Adreſſe zu entdecken, folgte.

Endlich kam dann der Beſcheid, daß Madame d’Elphis
ihm morgen früh zur Verfügung ſtehe.

Eine leiſe Unſicherheit in der ſchnellen und doch zö-
gernden Antwort der unſichtbaren Frau ermutigte Van-
derlyn. Er ſagte höflich und deutlich, daß er bereit ſei,
für die Gunſt, die er erbat, einen außergewöhnlich hohen
Preis zu zahlen, und obgleich ihm geſagt ſei, der Preis
für eine Seance betrage fünfzig Franks, ſei doch der Un-
bekannte, der jetzt durchs Telephon zu Madame d’Elphis


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[2/0002] „Czernowitzer Allgemeine Zeitung“ 28. Oktober 1912. Ankunft der Züge in Czernowitz aus der Richtung von: _ _ Czernowitzer Angelegenheiten. Czernowitz, 28. Oktober. Gemeinderat. Sitzung vom 26. Oktober 1912. Vorſitzender: Vizebürgermeiſter Dr. Weißel- berger. Schriftführer: Oberoffizial Blaukopf. Nach Eröffnung der Sitzung erſucht der Vorſitzende die Rechtsſektion, die Angelegenheit betreffend die Regu- lierung der Bezüge der Straßen meiſter in der Sektion möglichſt raſch zu erledigen, da der Gemeinde- rat noch vor den eFrien beſchloſſen habe, dieſe Frage ſo- fort bei Wiederaufnahme der Sitzungen im Herbſte zu er- ledigen. Wenn die Sektion dem Gemeinderate ein dies- bezügliches Operat binnen 14 Tagen nicht vorlege, werde die Angelegenheit ex präſidio vor den Gemeinderat kom- men. In Erledigung der Tagesordnung werden in die Spezialkommiſſion zur Beratung einer neuen Dienſt- pragmatik an Stelle von zwei ausſcheidenden Mit- gliedern die Gemeinderäte Dr. Hoſtiuk und Tell- mann gewählt. Als nächſter Punkt ſteht auf der Tages- ordnung der Schlachthausneubau. GR. Dr. Hoſtiuk, dem die Sektion dieſes Referat zugewieſen hat, erklärt, daß das jetzt vorliegende Operat für den Schlachthausneubau noch aus einer Zeit ſtamme, in welcher ein Handelsvertrag mit Rumänien nicht beſtan- denden hat. Da nun gegenwärtig mit Rumänien ein Han- delsvertrag beſtehe, hätten ſich die Verhältniſſe ſtark ge- ändert und man müſſe erwägen, ob das Projekt in ſeiner früher angenommenen Größe und Lage zur Ausführung gelangen ſolle. Dieſe Frage könne vom juriſtiſchen Stand- punkt allein nicht gelöſt werden; es käme noch hinzu das wirtſchaftliche und bautechniſche Moment. Redner ſei aus dieſen Gründen nicht in der Lage, ſchon jetzt das Referat darüber zu erſtatten. Dieſe Frage müſſe vorerſt in einer Enquete tüchtiger Fachleuten durchberaten werden. Auf Grund dieſer Beratung werde Redner der Bäuſektion dies- bezügliche Anträge ſtellen. GR. Leo betont, daß bezüglich der Platzfrage ein fachmänniſechs Gutachten bereits vorliege und meint, daß durch die neuerliche Einholung eines Gutachtens die In- angriffnahme des Schlachthausbanes werde verzögert wer- den. (GR. Dr. Hoſtiuc: „Ich meine nicht ſo ſehr die Platzfrage, als vielmehr die Größe und Art des Baues.) Schon ſeit vierzehn Jahren werde von einem neu zu erbau- enden Schlachthaus geſprochen. Bis heute ſei jedoch nichts geſchehen, obwohl ſich bekanntlich das Schlachthaus in ei- nem ſo elenden Zuſtand befindet, daß die ſanitären Zu- ſtände jeder Beſchreibung ſpotten. GR. Zalodek meint, es werde genügen, mit einem entſprechenden Koſtenaufwande das alte Schlachthaus zu renovieren. Nachdem noch die Gemeinderäte Dr. Norſt, Weg- ner und Wallſtein zu dieſem Gegenſtand geſprochen und um deſſen ſchleunigſte Erledigung baten, wird der Be- richt des GR. Dr. Hoſtiuc vom Gemeinderate zur Kenntnis genommen. Hierauf erſtattet GR. Kampelmacher ein aus- führliches Referat über die Erlaſſung ſanitätspoli- zeilicher Vorſchriften für das Raſeur- und Friſeurgewerbe. Die diesbezüglichen Beſtimmun- gen gelangen zur Annahme. GR. Wegner beantragt namens der Sektion dem „Kolo Polskie“ zur Erhaltung des polniſchen Privat- gymnaſiums über Anſuchen eine Subvention in der Höhe von 2000 Kronen zu bewilligen. Die Gemeinderäte Bar- leon, Elias Wender, Jaſienicki, Kampel- macher, Cotlarciuc, Wallſtein und Bochner ſprechen ſich für die Annahme dieſes Antrages aus, GR. Zalodek dagegen, mit der Begründung, daß man vor- erſt den Hunger der Armen ſtillen und nachher, wenn noch Geld übrig bleibe, den kulturellen Forderungen der Natio- nen Rechnung tragen möge. Der Antrag des GR. Wegner wird angenommen mit einem Zuſatzantrag des GR. Dr. Hoſtiuc, daß durch dieſe Subventionierung noch kein Präjudiz für künftige Zeiten geſchaffen werde. GR. Kampelmacher referiert über den Verkauf eines Grundſtückes hinter dem Stadttheater an den jü- diſch-humanitären Verein, „Bene Bris“. Nach einer län- geren Debatte wird der diesbezügliche Antrag des Refe- renten angenommen und dem Verein zur Pflicht gemacht, ſpäteſtens am 1. Mai 1914 mit dem Bau zu beginnen. Hierauf wurde die Sitzung geſchloſſen. Große jüdiſche Volksver- ſammlung. Die jüdiſchen Landtagsabgeordneten — mit Aus- nahme des Abgeordneten Dr. Straucher — beriefen für geſtern 4 Uhr nachmittags in den „Bierpalaſt“ eine Verſammlung ein, die von zirka 2000 Perſonen beſucht war. Die Verſammlung, deren Vorſitz Abg. KR. Hecht führte, nahm einen ſehr ſtürmiſchen Verlauf, da mehrere Agitatoren des Abg. Dr. Straucher ſie wie- derholt zu ſprengen verſuchten. Die kleine, aber gut ge- drillte Schaar unternahm es, jeden Redner durch ohren- betäubenden Lärm am Sprechen zu hindern. An der Spitze der Schreier, die ſich aus einigen Kultusgemeinde- beamten, Zeitungsausträgern und fragwürdigen Indi- vidren zuſammengeſetzten, ſtanden die Gemeinderäte Fle- minger und Harth, ſowie ein Herr Donnenſaft. Die Oberregie führte Dr. Straucher perſönlich. Ihm galten die verabredungsgemäß von den Agitatoren von Zeit zu Zeit ausgebrachten Hochrufe. Daß ſolche Ovatio- nen energiſche Gegendemonſtrationen ſeitens der erdrü- ckenden Mehrheit der Verſammlungsteilnehmer hervor- rufen mußten, iſt klar. Zeitweilig herrſchte demzufolge ein ohrenbetäubender Lärm. Trotzdem gelang es den Einberu- fern, immer wieder die Ruhe im Saale herzuſtellen, ſo daß die Verſammlung nicht aufgelöſt werden mußte. An der Verſammlung nahmen u. a. teil: die Land- tagsabgeordneten Dr. Neumann Wender, Profeſſor Dr. Kellner, Vizebürgermeiſter Dr. Weißelber- ger, Dr. Fokſchaner, Jancu Fiſcher und Blum, die Gemeinderäte Dr. Leo Kiesler, Dr. Billig, Wallſtein, Füllenbaum, Stadtrat Brunſtein u. v. a. Nachſtehend der Bericht: Nach Eröffnung der Verſammlung und Begrüßung der Teilnehmer, ſowie des Regierungsvertreters Doktor Herzog durch den Vorſitzenden Abg. KR. Hecht er- greift als erſter Redner Abg. Dr. Wender das Wort, der, wiederholt von Zwiſchenrufen unterbochen, die Tä- tigkeit der jüdiſchen Landtagsabgeordneten in der abge- Bis auf den letzten Heller. Von Mrs. Belloc Lowndes. Autoriſierte Ueberſetzung aus dem Engliſchen von Berta Pogſon. 29] (Nachdruck verboten.) Aber kämpfte er nicht jetzt für Margaret Pargeter? Für das, was ſie, wie erwrßte, höher ſchätzte als das Leben — für ihre Ehre? Was er vorhatte, war ihm verhaßt — er wußte, wie ſehr er etwas Derartiges an andern ver- urteilt haben würde — aber es war der einzige Ausweg — der durch Tom Pargeters Aberglauben wunderbarer- weiſe ermöglicht wurde. Das Anerbieten, das Vanderlyn Madame d’Elphis zu machen beabſichtigte, war ganz einfach; für ein paar Worte zu Tom Pargeter — Worte, die des Millionärs Glauben an ihre außergewöhnliche Begabung unendlich verſtärken würden, ſollte die Wahrſagerin zehntauſend Franks empfangen. Sogar der Wortlaut deſſen, was ſie zur Aufklärung der Wahrheit ſagen ſollte, würde keine Schwierigkeit be- reiten; Vanderlyn hatte den Paragraphen, der die ſeltſame Entdeckung, die vor drei Tagen in Orange gemacht wor- den war, berichtete, aus dem Petit Journal herausge- ſchnitten. Er würde ihr ſagen, daß Pargeters Freunde, nach- dem ſie ſich überzeugt hatten, daß die Unbekannte Frau Pargeter ſei, ihm die traurige Kunde durch ſie, anſtatt auf gewöhnliche Weiſe, zugehen zu laſſen wünſchten. Vanderlyn kannte die merkwürdige Unterwelt von Paris, die auf Fremde ſo tiefen Eindruck macht, genü- gend, um zu wiſſen, daß er wohl nicht der erſte ſein würde, der Madame d’Elphis überredete, einer ihrer Weisſa- gungen die angenehme Zutat der Wahrheit hinzuzufügen. Der Diplomat glaubte auch, daß er die Unterhandlungen würde führen können, ohne dabei der Wahrſagerin weder ſeine Identität zu enthüllen, noch ihr Aufſchluß zu geben über die Gründe, die ihn zu dieſem ſeltſamen Vorſchlag bewogen. Nachdem er ſeinen Plan gemacht hatte, fand er die Ausführung außerordentlich leicht. In London würde es einem Manne wie ihm ſchwer gefallen ſein, ſo ohne weiteres die Adreſſe einer berühmten Wahrſagerin ausfindig zu machen. Aber an allem, was ſich auf das ſoziale Leben bezieht, iſt Paris großartig orga- niſiert, während in London ein Chaos herrſcht. Zu Hauſe angekommen, entdeckte er ſofort, mit einer Art bitteren Vergnügens, daß Madame d’Elphis die Mit- tel verſchmähte, mit denen ſie ihr geheimnisvolles Ge- werbe mit Fug und Recht hätte umgeben können. Nicht nur, daß in „Tout Paris“ ihr Name, ihre Adreſſe und ihre Sprechſtunden angegeben waren, nein, ſogar ihre Te- lephonnumer war dort zu finden. Vanderlyn haßte das Telephon. Er benutzte es nur, wenn er mußte, aber jetzt ließ er die ermüdenden, unan- genehmen Präliminarien mit einem gewiſſen Eifer über ſich ergehen. — „Hallo! Hallo! Hallo!“ Endlich antwortete eine weibliche Stimme: „Ja — ja. Wer dort?“ „Kann Madame d’Elphis heute abend einen Klienten empfangen?“ Es entſtand eine Pauſe. Dann hörte er, wie eine Frage geſtellt, eine Antwort gemurmelt wurde, deren Sinn ihn entging und dann hörte er deutlich eine Ablehnung, der ein vorſichtiger Verſuch, ſeinen Namen, ſeine Natio- nalität, ſeine Adreſſe zu entdecken, folgte. Endlich kam dann der Beſcheid, daß Madame d’Elphis ihm morgen früh zur Verfügung ſtehe. Eine leiſe Unſicherheit in der ſchnellen und doch zö- gernden Antwort der unſichtbaren Frau ermutigte Van- derlyn. Er ſagte höflich und deutlich, daß er bereit ſei, für die Gunſt, die er erbat, einen außergewöhnlich hohen Preis zu zahlen, und obgleich ihm geſagt ſei, der Preis für eine Seance betrage fünfzig Franks, ſei doch der Un- bekannte, der jetzt durchs Telephon zu Madame d’Elphis

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 2667, Czernowitz, 28.10.1912, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer2667_1912/2>, abgerufen am 29.03.2024.