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Marburger Zeitung. Nr. 91, Marburg, 30.07.1912.

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Marburger Zeitung.

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Keiner Partei dienstbar.


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Freies Wort jedem Deutschen.




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lich 1 K. Bei Zustellung ins Haus monatlich 20 h mehr.

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Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und
Samstag abends.

Sprechstunden des Schriftleiters an allen Wochentagen von
11--12 Uhr und von 5--6 Uhr Edmund Schmidgasse 4.

Verwaltung: Edmund Schmidgasse 4. (Telephon Nr. 24.)


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Anzeigen werden im Verlage des Blattes und von
allen größeren Annoncen-Expeditionen entgegengenommen
und kostet die fünfmal gespaltene Kleinzeile 12 h

Schluß für Einschaltungen
Dienstag, Donnerstag Samstag 10 Uhr vormittags.

Die Einzelnummer kostet 10 Heller.




Nr. 91 Dienstag, 30. Juli 1912 51. Jahrgang.


[Spaltenumbruch]
Die endlose Schraube.


Die Staaten Europas werden unter einem
immer stärker werdenden Drucke dazu gezwungen,
ihr Geld buchstäblich aufs Wasser zu tragen. Wie
immer ist auch heute England der treibende Faktor
bei den wahnsinnigen Kriegsrüstungen zur See, die
nutzlos Milliarden verschlingen. Früher schon hatte
England die stärkste Seekriegsmacht der Welt; immer
stellte sie diese nach dem Grundsatze ein: England
müsse zur See stärker sein als die jeweilig zwei
nächstgrößten Seemächte Europas zusammen; um
allzeit die Beherrscherin aller Meeresstraßen zu sein.
Die also durch Englands Übermacht zur See be-
drohten Staaten verstärkten allmählig aus diesem
Grunde, aber auch um ihre kolonialen Interessen
zu schützen und ihre Seegeltung zu heben, ihre
Kriegsrüstung zur See; England aber beantwortete
die Legung jedes Schiffskieles mit der Erbauung
von zwei oder drei Kriegsschiffen. Mit einem Schlage
wurde aber dieser stille Kampf in ein wildes Tempo
gebracht und die finanzielle Leistungsfähigkeit der
Nationen noch gewalttätiger angespannt, als Eng-
land im Kriegsschiffbaue durch die Konstruktion der
Riesenkriegsschiffe, der Fürchtenichts, eine wahre
Revolution hervorrief. Gegen diese stählernen Kolosse
mit Riesengeschützen, deren Geschosse auf viele Kilo-
meter Entfernung ihre furchtbare Zerstörungskraft
ausüben, verschwand die Bedeutung der bisher
gebauten Panzerschiffe und alle Staaten wandten
sich nun, dem englichen Beispiele folgend, dem Baue
der Fürchtenichts zu. Ein einziges dieser stählernen
[Spaltenumbruch] Seeungeheuer verschlingt an Baukosten 60 Millionen
Kronen und wenn ein Staat nur einige dieser
Ungetüme baut, geht die Kostenrechnung bereits in
die hunderte von Millionen Kronen. Aber mit diesen
Meeresbeherrschern allein ist es nicht getan; sie
verlangen zu ihrem Schutze und zum Angriffe auf
den gleichgepanzerten Gegner neben den raschen
Kreuzern noch die unheimliche "Kleinwelt" der
Torpedoboote und der Zerstörer, dieser heimtückischen
Jagdhunde des Ozeans. Und dies alles verschlingt
im stetig wachsenden Tempo die Steuergelder der
Bevölkerung und schließlich genügt eine einzige See-
mine, um einen solchen Meeresschrecken mit hunderten
von Männern in wenigen Minuten auf den Grund
des Meeres zu versenken. Und nun schreitet England
wieder zu einer neuen gewaltigen Vermehrung seiner
Riesenkriegsschiffe; es will überall herrschen, auf
allen Meeren, will überall und an jedem Punkte
stärker sein als die anderen Mächte; es will gegen
Deutschland die Nordsee beherrschen, will im Mittel-
meere und in der Adria der Seegebieter sein und
im Atlantischen Ozean, auf allen Meeresstraßen
sollen seine Kriegsschiffe als Alleinherrscher gelten.
Schon kam England ab vom zwei Mächte-Standard;
es will jetzt den vereinten Kriegsflotten der drei
nächstgrößten Seemächte überlegen sein, obwohl an
eine solche physische Vereinigung im Kriegsfalle gar
nicht zu denken ist und England jeden einzelnen
Staat mit seiner ungeheueren Seemacht einzeln über-
fallen kann. England redet sich auf Österreich-Ungarn
aus; jetzt wird wieder unsere Kriegsverwaltung sich
auf England ausreden und wir stehen vor einer
Schraube ohne Ende!


[Spaltenumbruch]
Politische Umschau.
Detailbestimmungen des Wehrgesetzes,
betreffend den Einjährig-Freiwilligen-
dienst.

Das Kriegsministerium hat folgende Durch-
führungsbestimmungen erlassen, denen wir unter
anderem folgendes entnehmen:

1. Der Nachweis der wissenschaftlichen Befähi-
gung zum Einjährig-Freiwilligen erfolgt: Durch ein
Studienzeugnis über die vollständig absolvierte
Mittelschule, respektive einer der Ergänzungsschulen.
Durch Absolvierung einer Kadettenschule oder Mi-
litär-Oberrealschule (ehemalige Zöglinge) oder durch
abgelegte Kadettenprüfung (ehemalige Kadettaspi-
ranten). Durch Absolvierung der den österreichisch-
ungarischen Mittel-, respektive Spezialschulen gleich-
gestellten Schulen des Auslandes. Bewerber, welche
auf Grund ihrer hervorragenden Leistungen auf
dem Gebiete der Kunst, Wissenschaft, Literatur,
Technik, Kunstgewerbe das Einjährig-Freiwilligen-
recht erwerben wollen, müssen über diese ganz her-
vorragenden Leistungen Gutachten von Fachleuten,
Fachkörperschaften etc. beibringen, eventuell die be-
treffende Arbeit vorlegen. Durch Absolvierung von
sechs Klassen einer öffentlichen oder mit dem Offent-
lichkeitsrecht ausgestatteten mittleren Lehranstalt
(Realschule, Gymnasium, Bürgerschule) oder Lehrer-
bildungsanstalt und bei Ablegung einer Ergänzungs-
prüfung an einer Kadettenschule.

2. Ergänzungsprüfung für Absolventen von
sechs Klassen Mittelschule: Zweck der Ergänzungs-
prüfung ist, festzustellen, ob der Bewerber auf jener
Stufe wissenschaftlicher Befähigung steht, die den
absolvierten Mittelschülern entspricht. Im Gesuch ist
anzugeben, in welcher Sprache und an welcher Ka-
dettenschule man die Prüfung ablegen will, wobei
Absolventen von ungarischen Schulen, welche die




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Auf falscher Spur.

21 Nachdruck verboten.

Um es zu öffnen, mußte ich diese entfernen.
Dazu gebrauchte ich mein Taschenmesser. Es brach
zwar ab, aber was tat das, denn nach noch nicht
fünf Minuten hatte ich die oberste Schublade offen
und sah den Inhalt vor mir liegen.

"Donnerwetter, Assessor", konnte sich der
Bankier trotz aller Betroffenheit nicht enthalten
zu bemerken, "Sie haben tatsächlich alle Anlagen
zu einem Kapitalverbrecher".

"Danke", erwiderte ich mit einem Anflug
von Humor.

Der Kommerzienrat schwieg und ich setzte
meine Untersuchungen fort.

Gleich in dem zuerst geöffneten Fach fand ich,
was ich vermutete. Da blickte mir die Photographie
des Ermordeten entgegen, und so freundlich und
gewinnend sah er auf dem Bilde aus, als hätte er
nie ein Wässerchen getrübt, und doch war der
Tote einer der schlechtesten Menschen gewesen, die
mir je entgegengetreten. Nun ich die Photographie
gefunden, stand es also felsenfest, daß Fräulein
von Olenhusen Plock gekannt hatte.

Mittlerweile setzte sich der Bankier und schaute
neugierig meinem Beginnen zu. Als er mich un-
verwandt das Bild betrachten sah, trat auch er
näher und wich dann frappiert zurück.

"Du lieber Himmel, das ist ja ..."


[Spaltenumbruch]

"Plock", ergänzte ich. "Ja, das war es, was
ich hier erwartete".

"Was, Sie glaubten das Bild hier zu finden?"
Ein ungläubiges Staunen prägte sich auf seinem
Antlitze aus. "Was in aller Welt ..."

"Ich glaube, wir werden noch mehr entdecken,
denn beim Diebstahl allein dürfte es nicht ge-
blieben sein".

Langenheim war sehr bleich geworden und
höchstes Entsetzen zeigte sich in seinen weitgeöffneten
Augen.

"Herr", kam es heiser von seinen Lippen,
"Sie wollen doch nicht etwa sagen ..."

"Nun, wir werden ja sehen", erwiderte ich
nachdenklich. "Nach allem, was meine Untersuchungen
ergeben haben, glaube ich jetzt bestimmt, daß das
Verschwinden Ihres Geldes mit dem Tode Plocks
zusammenhängt, und daß Fräulein von Olen-
husen ... doch das wird die Zukunft lehren.
Hier in dieser Schublade befindet sich jedenfalls
nichts kompromittierendes mehr, aber vielleicht in
der nächsten".

Schon wollte ich das zweite Schloß von den
Schrauben befreien, da sah ich, wie Langenheims
Augen mit entsetztem Ausdruck an dem Schreibtische
hingen. Ich folgte dem Blicke und bemerkte sofort
den Grund der Aufregung. In dem Mittelfach
des Tisches lag ein zierlicher, mit Silber und
Elfenbein eingelegter Miniaturrevolver, ganz bestimmt
der Zwillingsbruder der Waffe, aus welcher der
tötliche Schuß auf den Baumeister abgefeuert
[Spaltenumbruch] worden war und den man seinerzeit bei der Leiche
gefunden hatte. Denn als ich den Revolver in
die Hand nahm und näher besichtigte, leuchtete
mir eine kleine, am Schaft befestigte Silberplatte
entgegen, auf welche die Worte in zierlichen Buch-
staben eingraviert waren: "W. J. Brandon,
London, Fleet Street".

Die Waffe bildete wohl den unantastbaren
Beweis von der Schuld der Frau, ihr mußte auch
der zweite Revolver gehört haben, der sich bei den
Akten befand, das würde leicht zu beweisen sein.

Ich steckte das kleine Mordinstrument ein und
sagte, nachdem ich wieder alles in Ordnung
gebracht und den Riegel von der Tür zurückge-
schoben hatte, zu dem stumm Dastehenden:

"Kommen Sie, Herr Kommerzienrat, meine
Aufgabe hier ist zu Ende".

Lautlos schloß sich die Stahlwand bei der
Rechtsdrehung des Knopfes wieder und wir
begaben uns auf demselben Wege, den wir ge-
kommen, zu dem Kontor des Bankiers zurück.

10. Kapitel.

Hier angekommen, blieb es eine ganze Weile
still. Ich mußte dem tief Erschütterten Zeit lassen,
die so plötzlich auf ihn eingestürmten Eindrücke im
Innern zu verarbeiten. Er ging einige Minuten im
Zimmer auf und ab und trat dann an das eine
Fenster, auf dessen Scheiben er nervös mit den
Fingern wirbelte. Dann wandte er sich mit einem
plötzlichen Ruck zu mir und fragte unvermittelt:


Marburger Zeitung.

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Keiner Partei dienſtbar.


[Spaltenumbruch]

Freies Wort jedem Deutſchen.




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Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg:
Ganzjährig 12 K, halbjährig 6 K, vierteljährig 3 K, monat-
lich 1 K. Bei Zuſtellung ins Haus monatlich 20 h mehr.

Mit Poſtverſendung:
Ganzjährig 14 K, halbjährig 7 K, vierteljährig 3 K 50 h.
Das Abonnement dauert bis zur ſchriftlichen Abbeſtellung.


[Spaltenumbruch]

Erſcheint jeden Dienstag, Donnerstag und
Samstag abends.

Sprechſtunden des Schriftleiters an allen Wochentagen von
11—12 Uhr und von 5—6 Uhr Edmund Schmidgaſſe 4.

Verwaltung: Edmund Schmidgaſſe 4. (Telephon Nr. 24.)


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Anzeigen werden im Verlage des Blattes und von
allen größeren Annoncen-Expeditionen entgegengenommen
und koſtet die fünfmal geſpaltene Kleinzeile 12 h

Schluß für Einſchaltungen
Dienstag, Donnerstag Samstag 10 Uhr vormittags.

Die Einzelnummer koſtet 10 Heller.




Nr. 91 Dienstag, 30. Juli 1912 51. Jahrgang.


[Spaltenumbruch]
Die endloſe Schraube.


Die Staaten Europas werden unter einem
immer ſtärker werdenden Drucke dazu gezwungen,
ihr Geld buchſtäblich aufs Waſſer zu tragen. Wie
immer iſt auch heute England der treibende Faktor
bei den wahnſinnigen Kriegsrüſtungen zur See, die
nutzlos Milliarden verſchlingen. Früher ſchon hatte
England die ſtärkſte Seekriegsmacht der Welt; immer
ſtellte ſie dieſe nach dem Grundſatze ein: England
müſſe zur See ſtärker ſein als die jeweilig zwei
nächſtgrößten Seemächte Europas zuſammen; um
allzeit die Beherrſcherin aller Meeresſtraßen zu ſein.
Die alſo durch Englands Übermacht zur See be-
drohten Staaten verſtärkten allmählig aus dieſem
Grunde, aber auch um ihre kolonialen Intereſſen
zu ſchützen und ihre Seegeltung zu heben, ihre
Kriegsrüſtung zur See; England aber beantwortete
die Legung jedes Schiffskieles mit der Erbauung
von zwei oder drei Kriegsſchiffen. Mit einem Schlage
wurde aber dieſer ſtille Kampf in ein wildes Tempo
gebracht und die finanzielle Leiſtungsfähigkeit der
Nationen noch gewalttätiger angeſpannt, als Eng-
land im Kriegsſchiffbaue durch die Konſtruktion der
Rieſenkriegsſchiffe, der Fürchtenichts, eine wahre
Revolution hervorrief. Gegen dieſe ſtählernen Koloſſe
mit Rieſengeſchützen, deren Geſchoſſe auf viele Kilo-
meter Entfernung ihre furchtbare Zerſtörungskraft
ausüben, verſchwand die Bedeutung der bisher
gebauten Panzerſchiffe und alle Staaten wandten
ſich nun, dem englichen Beiſpiele folgend, dem Baue
der Fürchtenichts zu. Ein einziges dieſer ſtählernen
[Spaltenumbruch] Seeungeheuer verſchlingt an Baukoſten 60 Millionen
Kronen und wenn ein Staat nur einige dieſer
Ungetüme baut, geht die Koſtenrechnung bereits in
die hunderte von Millionen Kronen. Aber mit dieſen
Meeresbeherrſchern allein iſt es nicht getan; ſie
verlangen zu ihrem Schutze und zum Angriffe auf
den gleichgepanzerten Gegner neben den raſchen
Kreuzern noch die unheimliche „Kleinwelt“ der
Torpedoboote und der Zerſtörer, dieſer heimtückiſchen
Jagdhunde des Ozeans. Und dies alles verſchlingt
im ſtetig wachſenden Tempo die Steuergelder der
Bevölkerung und ſchließlich genügt eine einzige See-
mine, um einen ſolchen Meeresſchrecken mit hunderten
von Männern in wenigen Minuten auf den Grund
des Meeres zu verſenken. Und nun ſchreitet England
wieder zu einer neuen gewaltigen Vermehrung ſeiner
Rieſenkriegsſchiffe; es will überall herrſchen, auf
allen Meeren, will überall und an jedem Punkte
ſtärker ſein als die anderen Mächte; es will gegen
Deutſchland die Nordſee beherrſchen, will im Mittel-
meere und in der Adria der Seegebieter ſein und
im Atlantiſchen Ozean, auf allen Meeresſtraßen
ſollen ſeine Kriegsſchiffe als Alleinherrſcher gelten.
Schon kam England ab vom zwei Mächte-Standard;
es will jetzt den vereinten Kriegsflotten der drei
nächſtgrößten Seemächte überlegen ſein, obwohl an
eine ſolche phyſiſche Vereinigung im Kriegsfalle gar
nicht zu denken iſt und England jeden einzelnen
Staat mit ſeiner ungeheueren Seemacht einzeln über-
fallen kann. England redet ſich auf Öſterreich-Ungarn
aus; jetzt wird wieder unſere Kriegsverwaltung ſich
auf England ausreden und wir ſtehen vor einer
Schraube ohne Ende!


[Spaltenumbruch]
Politiſche Umſchau.
Detailbeſtimmungen des Wehrgeſetzes,
betreffend den Einjährig-Freiwilligen-
dienſt.

Das Kriegsminiſterium hat folgende Durch-
führungsbeſtimmungen erlaſſen, denen wir unter
anderem folgendes entnehmen:

1. Der Nachweis der wiſſenſchaftlichen Befähi-
gung zum Einjährig-Freiwilligen erfolgt: Durch ein
Studienzeugnis über die vollſtändig abſolvierte
Mittelſchule, reſpektive einer der Ergänzungsſchulen.
Durch Abſolvierung einer Kadettenſchule oder Mi-
litär-Oberrealſchule (ehemalige Zöglinge) oder durch
abgelegte Kadettenprüfung (ehemalige Kadettaſpi-
ranten). Durch Abſolvierung der den öſterreichiſch-
ungariſchen Mittel-, reſpektive Spezialſchulen gleich-
geſtellten Schulen des Auslandes. Bewerber, welche
auf Grund ihrer hervorragenden Leiſtungen auf
dem Gebiete der Kunſt, Wiſſenſchaft, Literatur,
Technik, Kunſtgewerbe das Einjährig-Freiwilligen-
recht erwerben wollen, müſſen über dieſe ganz her-
vorragenden Leiſtungen Gutachten von Fachleuten,
Fachkörperſchaften ꝛc. beibringen, eventuell die be-
treffende Arbeit vorlegen. Durch Abſolvierung von
ſechs Klaſſen einer öffentlichen oder mit dem Offent-
lichkeitsrecht ausgeſtatteten mittleren Lehranſtalt
(Realſchule, Gymnaſium, Bürgerſchule) oder Lehrer-
bildungsanſtalt und bei Ablegung einer Ergänzungs-
prüfung an einer Kadettenſchule.

2. Ergänzungsprüfung für Abſolventen von
ſechs Klaſſen Mittelſchule: Zweck der Ergänzungs-
prüfung iſt, feſtzuſtellen, ob der Bewerber auf jener
Stufe wiſſenſchaftlicher Befähigung ſteht, die den
abſolvierten Mittelſchülern entſpricht. Im Geſuch iſt
anzugeben, in welcher Sprache und an welcher Ka-
dettenſchule man die Prüfung ablegen will, wobei
Abſolventen von ungariſchen Schulen, welche die




[Spaltenumbruch]
Auf falſcher Spur.

21 Nachdruck verboten.

Um es zu öffnen, mußte ich dieſe entfernen.
Dazu gebrauchte ich mein Taſchenmeſſer. Es brach
zwar ab, aber was tat das, denn nach noch nicht
fünf Minuten hatte ich die oberſte Schublade offen
und ſah den Inhalt vor mir liegen.

„Donnerwetter, Aſſeſſor“, konnte ſich der
Bankier trotz aller Betroffenheit nicht enthalten
zu bemerken, „Sie haben tatſächlich alle Anlagen
zu einem Kapitalverbrecher“.

„Danke“, erwiderte ich mit einem Anflug
von Humor.

Der Kommerzienrat ſchwieg und ich ſetzte
meine Unterſuchungen fort.

Gleich in dem zuerſt geöffneten Fach fand ich,
was ich vermutete. Da blickte mir die Photographie
des Ermordeten entgegen, und ſo freundlich und
gewinnend ſah er auf dem Bilde aus, als hätte er
nie ein Wäſſerchen getrübt, und doch war der
Tote einer der ſchlechteſten Menſchen geweſen, die
mir je entgegengetreten. Nun ich die Photographie
gefunden, ſtand es alſo felſenfeſt, daß Fräulein
von Olenhuſen Plock gekannt hatte.

Mittlerweile ſetzte ſich der Bankier und ſchaute
neugierig meinem Beginnen zu. Als er mich un-
verwandt das Bild betrachten ſah, trat auch er
näher und wich dann frappiert zurück.

„Du lieber Himmel, das iſt ja ...“


[Spaltenumbruch]

„Plock“, ergänzte ich. „Ja, das war es, was
ich hier erwartete“.

„Was, Sie glaubten das Bild hier zu finden?“
Ein ungläubiges Staunen prägte ſich auf ſeinem
Antlitze aus. „Was in aller Welt ...“

„Ich glaube, wir werden noch mehr entdecken,
denn beim Diebſtahl allein dürfte es nicht ge-
blieben ſein“.

Langenheim war ſehr bleich geworden und
höchſtes Entſetzen zeigte ſich in ſeinen weitgeöffneten
Augen.

„Herr“, kam es heiſer von ſeinen Lippen,
„Sie wollen doch nicht etwa ſagen ...“

„Nun, wir werden ja ſehen“, erwiderte ich
nachdenklich. „Nach allem, was meine Unterſuchungen
ergeben haben, glaube ich jetzt beſtimmt, daß das
Verſchwinden Ihres Geldes mit dem Tode Plocks
zuſammenhängt, und daß Fräulein von Olen-
huſen ... doch das wird die Zukunft lehren.
Hier in dieſer Schublade befindet ſich jedenfalls
nichts kompromittierendes mehr, aber vielleicht in
der nächſten“.

Schon wollte ich das zweite Schloß von den
Schrauben befreien, da ſah ich, wie Langenheims
Augen mit entſetztem Ausdruck an dem Schreibtiſche
hingen. Ich folgte dem Blicke und bemerkte ſofort
den Grund der Aufregung. In dem Mittelfach
des Tiſches lag ein zierlicher, mit Silber und
Elfenbein eingelegter Miniaturrevolver, ganz beſtimmt
der Zwillingsbruder der Waffe, aus welcher der
tötliche Schuß auf den Baumeiſter abgefeuert
[Spaltenumbruch] worden war und den man ſeinerzeit bei der Leiche
gefunden hatte. Denn als ich den Revolver in
die Hand nahm und näher beſichtigte, leuchtete
mir eine kleine, am Schaft befeſtigte Silberplatte
entgegen, auf welche die Worte in zierlichen Buch-
ſtaben eingraviert waren: „W. J. Brandon,
London, Fleet Street“.

Die Waffe bildete wohl den unantaſtbaren
Beweis von der Schuld der Frau, ihr mußte auch
der zweite Revolver gehört haben, der ſich bei den
Akten befand, das würde leicht zu beweiſen ſein.

Ich ſteckte das kleine Mordinſtrument ein und
ſagte, nachdem ich wieder alles in Ordnung
gebracht und den Riegel von der Tür zurückge-
ſchoben hatte, zu dem ſtumm Daſtehenden:

„Kommen Sie, Herr Kommerzienrat, meine
Aufgabe hier iſt zu Ende“.

Lautlos ſchloß ſich die Stahlwand bei der
Rechtsdrehung des Knopfes wieder und wir
begaben uns auf demſelben Wege, den wir ge-
kommen, zu dem Kontor des Bankiers zurück.

10. Kapitel.

Hier angekommen, blieb es eine ganze Weile
ſtill. Ich mußte dem tief Erſchütterten Zeit laſſen,
die ſo plötzlich auf ihn eingeſtürmten Eindrücke im
Innern zu verarbeiten. Er ging einige Minuten im
Zimmer auf und ab und trat dann an das eine
Fenſter, auf deſſen Scheiben er nervös mit den
Fingern wirbelte. Dann wandte er ſich mit einem
plötzlichen Ruck zu mir und fragte unvermittelt:


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Die Staaten Europas werden unter einem immer ſtärker werdenden Drucke dazu gezwungen, ihr Geld buchſtäblich aufs Waſſer zu tragen. Wie immer iſt auch heute England der treibende Faktor bei den wahnſinnigen Kriegsrüſtungen zur See, die nutzlos Milliarden verſchlingen. Früher ſchon hatte England die ſtärkſte Seekriegsmacht der Welt; immer ſtellte ſie dieſe nach dem Grundſatze ein: England müſſe zur See ſtärker ſein als die jeweilig zwei nächſtgrößten Seemächte Europas zuſammen; um allzeit die Beherrſcherin aller Meeresſtraßen zu ſein. Die alſo durch Englands Übermacht zur See be- drohten Staaten verſtärkten allmählig aus dieſem Grunde, aber auch um ihre kolonialen Intereſſen zu ſchützen und ihre Seegeltung zu heben, ihre Kriegsrüſtung zur See; England aber beantwortete die Legung jedes Schiffskieles mit der Erbauung von zwei oder drei Kriegsſchiffen. Mit einem Schlage wurde aber dieſer ſtille Kampf in ein wildes Tempo gebracht und die finanzielle Leiſtungsfähigkeit der Nationen noch gewalttätiger angeſpannt, als Eng- land im Kriegsſchiffbaue durch die Konſtruktion der Rieſenkriegsſchiffe, der Fürchtenichts, eine wahre Revolution hervorrief. Gegen dieſe ſtählernen Koloſſe mit Rieſengeſchützen, deren Geſchoſſe auf viele Kilo- meter Entfernung ihre furchtbare Zerſtörungskraft ausüben, verſchwand die Bedeutung der bisher gebauten Panzerſchiffe und alle Staaten wandten ſich nun, dem englichen Beiſpiele folgend, dem Baue der Fürchtenichts zu. Ein einziges dieſer ſtählernen Seeungeheuer verſchlingt an Baukoſten 60 Millionen Kronen und wenn ein Staat nur einige dieſer Ungetüme baut, geht die Koſtenrechnung bereits in die hunderte von Millionen Kronen. Aber mit dieſen Meeresbeherrſchern allein iſt es nicht getan; ſie verlangen zu ihrem Schutze und zum Angriffe auf den gleichgepanzerten Gegner neben den raſchen Kreuzern noch die unheimliche „Kleinwelt“ der Torpedoboote und der Zerſtörer, dieſer heimtückiſchen Jagdhunde des Ozeans. Und dies alles verſchlingt im ſtetig wachſenden Tempo die Steuergelder der Bevölkerung und ſchließlich genügt eine einzige See- mine, um einen ſolchen Meeresſchrecken mit hunderten von Männern in wenigen Minuten auf den Grund des Meeres zu verſenken. Und nun ſchreitet England wieder zu einer neuen gewaltigen Vermehrung ſeiner Rieſenkriegsſchiffe; es will überall herrſchen, auf allen Meeren, will überall und an jedem Punkte ſtärker ſein als die anderen Mächte; es will gegen Deutſchland die Nordſee beherrſchen, will im Mittel- meere und in der Adria der Seegebieter ſein und im Atlantiſchen Ozean, auf allen Meeresſtraßen ſollen ſeine Kriegsſchiffe als Alleinherrſcher gelten. Schon kam England ab vom zwei Mächte-Standard; es will jetzt den vereinten Kriegsflotten der drei nächſtgrößten Seemächte überlegen ſein, obwohl an eine ſolche phyſiſche Vereinigung im Kriegsfalle gar nicht zu denken iſt und England jeden einzelnen Staat mit ſeiner ungeheueren Seemacht einzeln über- fallen kann. England redet ſich auf Öſterreich-Ungarn aus; jetzt wird wieder unſere Kriegsverwaltung ſich auf England ausreden und wir ſtehen vor einer Schraube ohne Ende! Politiſche Umſchau. Detailbeſtimmungen des Wehrgeſetzes, betreffend den Einjährig-Freiwilligen- dienſt. Das Kriegsminiſterium hat folgende Durch- führungsbeſtimmungen erlaſſen, denen wir unter anderem folgendes entnehmen: 1. Der Nachweis der wiſſenſchaftlichen Befähi- gung zum Einjährig-Freiwilligen erfolgt: Durch ein Studienzeugnis über die vollſtändig abſolvierte Mittelſchule, reſpektive einer der Ergänzungsſchulen. Durch Abſolvierung einer Kadettenſchule oder Mi- litär-Oberrealſchule (ehemalige Zöglinge) oder durch abgelegte Kadettenprüfung (ehemalige Kadettaſpi- ranten). Durch Abſolvierung der den öſterreichiſch- ungariſchen Mittel-, reſpektive Spezialſchulen gleich- geſtellten Schulen des Auslandes. Bewerber, welche auf Grund ihrer hervorragenden Leiſtungen auf dem Gebiete der Kunſt, Wiſſenſchaft, Literatur, Technik, Kunſtgewerbe das Einjährig-Freiwilligen- recht erwerben wollen, müſſen über dieſe ganz her- vorragenden Leiſtungen Gutachten von Fachleuten, Fachkörperſchaften ꝛc. beibringen, eventuell die be- treffende Arbeit vorlegen. Durch Abſolvierung von ſechs Klaſſen einer öffentlichen oder mit dem Offent- lichkeitsrecht ausgeſtatteten mittleren Lehranſtalt (Realſchule, Gymnaſium, Bürgerſchule) oder Lehrer- bildungsanſtalt und bei Ablegung einer Ergänzungs- prüfung an einer Kadettenſchule. 2. Ergänzungsprüfung für Abſolventen von ſechs Klaſſen Mittelſchule: Zweck der Ergänzungs- prüfung iſt, feſtzuſtellen, ob der Bewerber auf jener Stufe wiſſenſchaftlicher Befähigung ſteht, die den abſolvierten Mittelſchülern entſpricht. Im Geſuch iſt anzugeben, in welcher Sprache und an welcher Ka- dettenſchule man die Prüfung ablegen will, wobei Abſolventen von ungariſchen Schulen, welche die Auf falſcher Spur. Roman von Hans Bayſen. 21 Nachdruck verboten. Um es zu öffnen, mußte ich dieſe entfernen. Dazu gebrauchte ich mein Taſchenmeſſer. Es brach zwar ab, aber was tat das, denn nach noch nicht fünf Minuten hatte ich die oberſte Schublade offen und ſah den Inhalt vor mir liegen. „Donnerwetter, Aſſeſſor“, konnte ſich der Bankier trotz aller Betroffenheit nicht enthalten zu bemerken, „Sie haben tatſächlich alle Anlagen zu einem Kapitalverbrecher“. „Danke“, erwiderte ich mit einem Anflug von Humor. Der Kommerzienrat ſchwieg und ich ſetzte meine Unterſuchungen fort. Gleich in dem zuerſt geöffneten Fach fand ich, was ich vermutete. Da blickte mir die Photographie des Ermordeten entgegen, und ſo freundlich und gewinnend ſah er auf dem Bilde aus, als hätte er nie ein Wäſſerchen getrübt, und doch war der Tote einer der ſchlechteſten Menſchen geweſen, die mir je entgegengetreten. Nun ich die Photographie gefunden, ſtand es alſo felſenfeſt, daß Fräulein von Olenhuſen Plock gekannt hatte. Mittlerweile ſetzte ſich der Bankier und ſchaute neugierig meinem Beginnen zu. Als er mich un- verwandt das Bild betrachten ſah, trat auch er näher und wich dann frappiert zurück. „Du lieber Himmel, das iſt ja ...“ „Plock“, ergänzte ich. „Ja, das war es, was ich hier erwartete“. „Was, Sie glaubten das Bild hier zu finden?“ Ein ungläubiges Staunen prägte ſich auf ſeinem Antlitze aus. „Was in aller Welt ...“ „Ich glaube, wir werden noch mehr entdecken, denn beim Diebſtahl allein dürfte es nicht ge- blieben ſein“. Langenheim war ſehr bleich geworden und höchſtes Entſetzen zeigte ſich in ſeinen weitgeöffneten Augen. „Herr“, kam es heiſer von ſeinen Lippen, „Sie wollen doch nicht etwa ſagen ...“ „Nun, wir werden ja ſehen“, erwiderte ich nachdenklich. „Nach allem, was meine Unterſuchungen ergeben haben, glaube ich jetzt beſtimmt, daß das Verſchwinden Ihres Geldes mit dem Tode Plocks zuſammenhängt, und daß Fräulein von Olen- huſen ... doch das wird die Zukunft lehren. Hier in dieſer Schublade befindet ſich jedenfalls nichts kompromittierendes mehr, aber vielleicht in der nächſten“. Schon wollte ich das zweite Schloß von den Schrauben befreien, da ſah ich, wie Langenheims Augen mit entſetztem Ausdruck an dem Schreibtiſche hingen. Ich folgte dem Blicke und bemerkte ſofort den Grund der Aufregung. In dem Mittelfach des Tiſches lag ein zierlicher, mit Silber und Elfenbein eingelegter Miniaturrevolver, ganz beſtimmt der Zwillingsbruder der Waffe, aus welcher der tötliche Schuß auf den Baumeiſter abgefeuert worden war und den man ſeinerzeit bei der Leiche gefunden hatte. Denn als ich den Revolver in die Hand nahm und näher beſichtigte, leuchtete mir eine kleine, am Schaft befeſtigte Silberplatte entgegen, auf welche die Worte in zierlichen Buch- ſtaben eingraviert waren: „W. J. Brandon, London, Fleet Street“. Die Waffe bildete wohl den unantaſtbaren Beweis von der Schuld der Frau, ihr mußte auch der zweite Revolver gehört haben, der ſich bei den Akten befand, das würde leicht zu beweiſen ſein. Ich ſteckte das kleine Mordinſtrument ein und ſagte, nachdem ich wieder alles in Ordnung gebracht und den Riegel von der Tür zurückge- ſchoben hatte, zu dem ſtumm Daſtehenden: „Kommen Sie, Herr Kommerzienrat, meine Aufgabe hier iſt zu Ende“. Lautlos ſchloß ſich die Stahlwand bei der Rechtsdrehung des Knopfes wieder und wir begaben uns auf demſelben Wege, den wir ge- kommen, zu dem Kontor des Bankiers zurück. 10. Kapitel. Hier angekommen, blieb es eine ganze Weile ſtill. Ich mußte dem tief Erſchütterten Zeit laſſen, die ſo plötzlich auf ihn eingeſtürmten Eindrücke im Innern zu verarbeiten. Er ging einige Minuten im Zimmer auf und ab und trat dann an das eine Fenſter, auf deſſen Scheiben er nervös mit den Fingern wirbelte. Dann wandte er ſich mit einem plötzlichen Ruck zu mir und fragte unvermittelt:

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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 91, Marburg, 30.07.1912, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger91_1912/1>, abgerufen am 28.03.2024.