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[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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eine physische Erdbeschreibung, in der vortreffliche Beobachtungen enthalten sind.

Plinius 37 Bücher gehören zu den großartigsten Unternehmungen
der alten Welt, in wissenschaftlicher Hinsicht. Der Plan des Werks war jedoch zu
umfassend angelegt, um in allen Theilen auf gleiche Vollendung Anspruch ma-
chen zu können. Ich will hier nur erwähnen, daß Plinius unter andern die
Meinung bestimmt ausspricht: daß ein gemäßigtes Klima die Ausbildung des
menschlichen Geistes am meisten begünstige, während zu große Kälte an den
Polen ihn austrockne, zu große Hitze unter den Tropen ihn versenge.

Unter Hadrian kam der ganze Wust der morgenländischen Theosophie, mit
den Neuplatonikern und Gnostikern nach Rom, während vom Kaiser beson-
ders die aegyptischen Religionen begünstigt wurden. - Von den Gnostikern
kann man annehmen, daß sie wieder auf die Idee von der Einheit der Na-
tur zurückführten. Es ist gewiß daß sie Chemie studirten, und manche schö-
ne Entdeckung machten. Sie lernten hierin von den Phöniziern und Aegyptern,
von denen es bekannt ist, daß sie sich ganz besonders mit dem Studium der
Natur der Stoffe beschäftigten: so wie denn auch vieles was man in den
aegyptischen Gräbern findet, eine tiefe chemische Kenntniß verräth, wovon
wir uns durch die schöne Sammlung des Herrn Passalaqua überzeugen kön-
nen, deren Besitz wir der Munifizenz des Königs danken.

Vom Caligula weiß man, daß er eine große Neigung zur Goldmacherei
hatte, und aus dem Schwefelarsenik das edle Metall herzustellen glaubte.

Beiläufig möge hier die Etymologie des Wortes Chemie eine Stelle finden.
Plutarch erwähnt zuerst khemeia, indem er damit Aegypten bezeichnet, als das

Land

eine physische Erdbeschreibung, in der vortreffliche Beobachtungen enthalten sind.

Plinius 37 Bücher gehören zu den großartigsten Unternehmungen
der alten Welt, in wissenschaftlicher Hinsicht. Der Plan des Werks war jedoch zu
umfassend angelegt, um in allen Theilen auf gleiche Vollendung Anspruch ma-
chen zu können. Ich will hier nur erwähnen, daß Plinius unter andern die
Meinung bestimmt ausspricht: daß ein gemäßigtes Klima die Ausbildung des
menschlichen Geistes am meisten begünstige, während zu große Kälte an den
Polen ihn austrockne, zu große Hitze unter den Tropen ihn versenge.

Unter Hadrian kam der ganze Wust der morgenländischen Theosophie, mit
den Neuplatonikern und Gnostikern nach Rom, während vom Kaiser beson-
ders die aegyptischen Religionen begünstigt wurden. – Von den Gnostikern
kann man annehmen, daß sie wieder auf die Idee von der Einheit der Na-
tur zurückführten. Es ist gewiß daß sie Chemie studirten, und manche schö-
ne Entdeckung machten. Sie lernten hierin von den Phöniziern und Aegyptern,
von denen es bekannt ist, daß sie sich ganz besonders mit dem Studium der
Natur der Stoffe beschäftigten: so wie denn auch vieles was man in den
aegyptischen Gräbern findet, eine tiefe chemische Kenntniß verräth, wovon
wir uns durch die schöne Sammlung des Herrn Passalaqua überzeugen kön-
nen, deren Besitz wir der Munifizenz des Königs danken.

Vom Caligula weiß man, daß er eine große Neigung zur Goldmacherei
hatte, und aus dem Schwefelarsenik das edle Metall herzustellen glaubte.

Beiläufig möge hier die Etymologie des Wortes Chemie eine Stelle finden.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

Abweichungen dieser Druckedition von der Manuskriptvorlage werden im Text an der entsprechenden Stelle in editorischen Kommentaren ausgewiesen.

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Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 56v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/116>, abgerufen am 24.04.2024.