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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 91. Köln, 1. September 1848.

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wendig haben, und er kann es nur dadurch erlangen, daß er von den Wehrmännern selbst gewählt wird.

Abg. Berends: Als uns in Folge der Märzereignisse die Volksbewaffnung gewährt wurde, ist uns durch kön. Kabinetsordre ausdrücklich: "Volksbewaffnung mit freier Wahl der Führer" verheißen worden. Die Führer der Bürgerwehr bedürfen vor Allem deren Vertrauen. Die Bürgerwehr soll ein Institut der Gemeinden sein. Nach einer neuern Gesetzvorlage sollen diese Ersatz zu leisten haben für allen Schaden, der bei einem Aufruhr entstehen könnte. Sie müssen daher auch berechtigt sein, diejenigen zu wählen, in deren Händen sie die Abwehr des Schadens gesichert halten.

Abg. Bergemann: Freie Wahl und indirekte Wahl scheine man als Gegensätze zu betrachten. Eben so scheine man durch Annahme dieses Paragraphen Mangel an Vertrauen zum Volke zu indentifiziren. Ich muß mich gegen beide Voraussetzungen verwahren.

Abg. Dahmen erklärt sich für die unveränderte Annahme des Paragraphen, weil der Major hauptsächlich das Vertrauen der Zug- und Rottenführer bedürfe.

Abg. d'Ester: Die Einen sagen, der Major bedürfe das Vertrauen der Offiziere, die Andern halten das Vertrauen der Wehrmänner für erforderlich. Direkte Wahl wird beiden Meinungen genügen. Man spricht von der Bürgerwehr als einer gehorchenden Macht; Gehorsam ohne Vertrauen ist aber eine Unmöglichkeit.

Justizminister: Es ist in keiner Weise der Befürchtung Raum zu geben, als habe die Regierung die Wahl der Majore irgendwie beschränken wollen. Die Regierung hatte nur örtliche Schwierigkeiten im Auge und in großen Städten sind diese allerdings nicht vorhanden. Allein die Zerstreutheit der ländlichen Bevölkerung würde deren viele bieten. An sich hat die Regierung gegen das direkte Wahlsystem nichts zu erinnern, dennoch wünsche er die unveränderte Annahme des § 44.

Berichterstatter Euler erklärt sich für das Berend'sche Amendement.

Abg. Siebert trägt auf namentliche Abstimmung an, welche auch mehr als hinlänglich unterstützt wird. Das Berend'sche Amendement als das Weiteste kommt zuerst zur Abstimmung und wird mit 204 gegen 84 Stimmen angenommen. Mit der Minorität stimmten: die anwesenden Minister, der Exminister Auerswald und die ganze rechte Seite. Die beiden Centren stimmten mit der Linken für das Prinzip der direkten Wahlen.

Nach Annahme des Amendements ist es noch nothwendig über den so amendirten Paragraphen abzustimmen, es stellte sich aber heraus, daß die Versammlung nicht mehr in beschlußfähiger Anzahl zusammen war und diese Abstimmung wird in der nächsten Sitzung statt finden.

Schließlich bemerkt der Präsident, daß das Gesetz wegen Erhöhung der Rübenzucker- und Maischsteuer nächsten Freitag werde berathen werden müssen, da der Herr Finanzminister darum gebeten, indem er am 1. Sept. den Zollvereinsstaaten seine Erklärung abzugeben habe.

43 Aus dem Kreise Wittgenstein, den 24. August.

Die Lasten, welche auf dem Grundbesitze des hiesigen Kreises ruhen, wurden vor sieben Jahren in eine Geldrente verwandelt, welche bisher schon manchen Landmann zur Subhastation geführt hat und erst 1881 aufhört. Die Landbewohner haben sich deshalb in einer Adresse an die Vereinbarungsversammlung gewandt, der wir einige Stellen entnehmen, um unseren Lesern zu beweisen, wie tief Deutschland, trotz der "großartigen" Reformen von 1807-15, trotz der 1815 glorreich wieder erkämpften Freiheit und trotz der ironisch sogenannten Märzrevolution noch im Schlamm des Mittelalters steckt. Die Adresse erzählt wie Napoleon den kleinen mediatisirten Fürsten als Entschädigung für ihre Souverainetätsrechte eine Masse Privatvortheile zukommen ließ, und fährt dann fort:

Freigebig rechnete die Bundesakte vom 12. Juli 1806 denselben zu: sämmtliche Domainen, so wie alle Grundherrlichkeits- und Feudalrechte, nicht berücksichtigend, daß alles dieses wahres Staatseigenthum war, aus welchem die Regierungskosten von jeher bestritten worden waren und außer Acht setzend, daß das ganze gothische Gebäude des alten Reichs und seiner Partikularstaaten auf Lehnrecht und Gutsherrlichkeit geruhet hatte. War doch die ganze deutsche Staatsverfassung von dem Fuße an bis zu dem Gipfel -- dem die Weltherrschaft ansprechenden Kaiser -- nur eine Ausbildung des von Tacitus schon erwähnten Komitats! Die Standesherrschaft hat großes Wehe über Millionen Deutsche gebracht. Die Bewohner der standesherrlichen Bezirke, sonst Reichsbürger, nun Hörige, waren und sind mit den doppelten Pflichten dieser und der Staatsbürger beladen. Was sie als Hörige thun und leisten, rechnet ihnen der Staat nicht an, es kommt nicht zur Computation! -- Sie müssen alle Staatssteuern und Abgaben prästiren und doch sollte bedacht werden, daß das, was dem Standesherren gezahlt werden muß, die Steuern des alten aufgelößten Territorialstaates ausmacht. -- Eins muß aufhören; entweder müssen die Einsassen der Standesherrschaften der übrigen Nation völlig gleichgestellt, von dem Drucke der längst hingeschwundenen Feudalherrschaft entbunden oder es müssen doch die modernen Staatslasten ihnen abgenommen werden.

Das zwischen der Krone Preußens und den Fürsten zu Wittgenstein abgeschlossene, in Form eines Ablösegesetzes gebrachte, Abkommen, dessen wohlmeinende Intension wir nicht verkennen, hat seinen Zweck nicht erfüllt. Unsere Lasten sind in der Wirklichkeit nicht erleichtert, vielmehr in eine unerschwingliche jährliche Geldrente umgewandelt worden, welche den Landmann ruinirt. Sie soll mit dem Jahre 1881 aufhören; allein bis dahin würde auch der Bauernstand vernichtet sein!

Die ganze Ablöse, behaupten wir mit Recht, begreift nur steuerartige Prästationen, sie kann, sie darf daher auch nicht mehr beansprucht werden und geht unser gehorsamstes Bitten dahin:

eine hohe Nationalversammlung wolle die Aufhebung der Ablösungsrenten im Kreise Wittgenstein dekretiren.
Der Druck der längst hingeschwundenen Feudalherrschaften muß aufhören, ehe wir das Mittelalter für beseitigt halten und eine neue Zeit beginnen können.

133 Düsseldorf, 30. Aug.

Ferdinand Freiligrath ist eingeerkert worden. Vorgestern erhielt er einen Erscheinungsbefehl, wonach er sich gestern Morgen um 9 Uhr vor den Instruktionsrichter zu stellen. Er erschien um die bestimmte Zeit. Der Instruktionsrichter beschuldigte ihn, durch sein Gedicht: "die Todten an die Lebenden", den Artikel 102 des Code penal übertreten, d. h. die Bürger unmittelbar zum Bürgerkriege, zur Verheerung, Plünderung u. dgl. angereizt zu haben, und ließ ihn nach dem Verhöre in das hiesige Arresthaus abführen. Die durch den Artikel 102 angedrohte Strafe ist, je nach dem Erfolge, welcher der Aufreizung beigemessen wird, entweder Tod oder Verbannung aus dem preußischen Staate, (welche letztere Strafe, nebenbei gesagt, sich ertragen ließe) also entweder eine Leibes- oder entehrende Strafe. Nach Artikel 91 des Code d'instr. crim. mußte ein Vorführungsbefehl wider Freiligrath erlassen werden; ein Erscheinungsbefehl kann nur erlassen werden, wenn die That eine zuchtpolizeiliche Strafe nach sich zieht. Doch was geht das Düsseldorfer Parket die Kriminal-Prozeß-Ordnung an? Es handelte sich darum, durch Erlaß eines Erscheinungsbefehles den Angeklagten sicherer zu machen, und hat Herr Oberprokurator Schnaase, Literat und Redakteur einer unbekannten Niederrheinischen Zeitung, nicht ein zweiffelhaftes Vorbild in Köln?

Was den zweiten politischen Gefangenen in Düsseldorf, den Bürger Julius Wulff, anbelangt, so ist vorgestern von der Strafrathskammer seine Sache an den Anklagesenat in Köln verwiesen worden, und zwar aus folgenden zwei Gründen: 1) hat Wulff durch Vorlesung und Verbreitung des republikanischen Katechismus ein Verbrechen begangen (Artikel 102); 2) hat er als Mitarbeiter an einer vom Volksklub an das Ministerium Camphausen beschlossenen Adresse sich einer Beleidigung dieses Ministeriums, also eines Vergehens schuldig gemacht. Der Oberprok. Schnaase hat gegen diesen Beschluß der Rathskammer Opposition eingelegt, insofern als Nr. 2 nicht vor die Assisen, sondern vor das Zuchtpolizeigericht gehöre. Sprechen die Geschwornen den Angeklagten frei, dann finden ihn die königlich-preußischen Richter vielleicht schuldig.

Wäre es nicht zweckmäßig, ein Verzeichniß von sämmtlichen, unter dem Ministerium der That eingekerkerten Demokraten nebst Gründen ihrer Verhaftung zu entwerfen?

Schleswig-Holstein.

Die noch in den letzten Tagen einander mehrfach widerstreitenden Berichte über das Ergebniß der Waffenstillstandsunterhandlungen in Malmö haben jetzt dahin ihre Erledigung gefunden, daß jene Unterhandlungen mit Erfolg zu Ende geführt worden sind und die Ratifikation des abgeschlossenen Waffenstillstandes in wenigen Tagen mit Zuversicht erwartet werden darf. Mündliche, durch zuverlässige Vermittelung überlieferte Mittheilungen des aus Malmö zurückgekehrten preußischen Unterhändlers, des Generals v. Below und übereinstimmende Berichte aus Wismar und Lübeck verbürgen die Nachricht.

Eine Cirkularnote des schwedischen Ministers des Auswärtigen aus Malmö vom 25. an sämmtliche schwedische Geschäftsträger im Auslande drückt seine Freude darüber aus, mittheilen zu können, daß ein Waffenstillstand zwischen Deutschland und Dänemark so gut wie abgeschlossen sei, und äußert die Hoffnung, ehestens den definitiven Abschluß anzeigen zu können.

15 Prag, 26. August.

Sie werden glauben, daß Ihr Prager Korrespondent verschollen oder eines schönen Morgens auf den Hradschin gesetzt worden ist, um dort ein Sommerlogis einzunehmen; dem ist jedoch glücklicherweise nicht so, sondern die "Ruhe" der Soldatenordnung, die Kirchhofruhe, in der wir hier leben, trägt daran die Schuld. In Ermangelung politischer Ereignisse, ergehen sich die Prager noch immerfort mit Protesten; gestern wurde der sehr kräftig abgefaßte der Juristen zur Unterschrift in der Stadt ausgelegt, in welchem alle Gründe des Fürsten widerlegt und demselben dargethan wurde, daß die Gehässigkeit, der er sich als allbekannter Träger aristokratischer und reaktionärer Tendenzen erfreue, die einzige Ursache der Juniereignisse gewesen sei. Außerdem verlangte man noch, daß die Untersuchung der Gefangenen auf freiem Fuße und von Schwurgerichten fortgesetzt, das Tragen der Waffen wieder erlaubt werde und jede Art von Absolutismus des s. Windisch-Grätz aufhöre. Der Protest wird nach Sammlung der Unterschriften sogleich nach Wien befördert.

Der in der Damenversammlung zum Erzherzog Stephan gefaßte Beschluß der Damen, ihren Dienstmädchen zu verbieten, mit Grenadieren Umgang zu haben, hätte denselben beinahe eine Katzenmusik seitens der letztern eingebracht. Bei der zweiten Versammlung hatten sich die Grenadiere in großen Haufen auf dem Roßmarkte eingefunden und würden ohne Zweifel ihrem Heldenmuth Luft gemacht haben, wenn sie nicht durch Offiziere davon zurückgehalten worden wären. Ein Haufe von ihnen wurde von einem Trupp Gamins mit Steinwürfen bis an's Moldauufer begleitet.

Wir sehen mit Erwartung auf den Wiener Reichstag, was er für Prag thun werde und ob wir bald wieder in den Vollgenuß unserer verheißenen Rechte kommen, denn faktisch besteht immer noch eine Art Belagerungszustand. Die Höhen sind noch fortwährend mit Geschütz und Truppen besetzt; unter den letztern soll sich ein vorzüglich widerspenstiger Geist zeigen, indem sie durch das fast zwei Monate anhaltende Campiren unter freiem Himmel, äußerst ermüdet und von Krankheiten bedroht sind. Unter den Grenadieren soll am 23. das Standrecht mehrer Excesse halber publicirt worden sein.

Schweiz.
Bern, 27. Aug.

Laut der "Suisse" hat der östreichische Gesandte, Hr. Kaisersfeld, verlangt, daß die lombardischen Flüchtlinge von der Gränze entfernt werden sollen. -- Nach einer Mittheilung des General Thiard, Gesandten der französischen Republik, wird in Zukunft den lombardischen Flüchtlingen der Eintritt in Frankreich nicht weiter verweigert. Die französische Regierung gibt jedem Flüchtling 75 Cent. täglich und sorgt überdies dafür, daß die Flüchtlinge bei ihrer Durchreise von den Einwohnern beherbergt werden.

Italien.
*
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* Verona, 22. August.
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Verona, 21. Aug.
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27 Neapel, 14. August.
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Französische Republik.
16 Paris, 29. Aug.

Das Entweichen Louis Blanc's und Marc Caussidiere's hat die Konservativen außerordentlich verblüfft. Der "Corsaire" hilft sich mit einer Impertinenz: das Entweichen bekunde das böse Gewissen der Beiden u. s. w. Mit affektirter Kälte drechselt der "Siecle" eine kleine Phrase. Die pochende Herzensangst steht aber dahinter, denn es sind, wie Ohrenzeugen versichern, gar "spitze und brennende" Worte privatim vor, während und nach der achtzehnstündigen Sitzung gewechselt worden; Bac und Demosthenes Olivier erklärten im Gespräch: "der Terrorismus sei hiemit de jure eröffnet, de facto werde er bald losgehen, und mit Repressalien sonder Beispiel." Ein Deputirter des Berges sagte: "Im Jahr 1794 ist das Eis gebrochen, wir werden es nicht wieder gefrieren lassen;" ein anderer: "Die Kröten und Frösche des Sumpfes (Centrum) sind munter wie nach dem Sturz des Robespierre, aber noch ist er nicht gekommen der moderne Maximilian, das wird ein hunderttausendköpfiger Riese sein; die Dummköpfe (imbecilles) der Rechten quäcken nach einem Thron; gut, wie Jupiter den Fröschen als König einen Holzblock herunterwarf, wollen wir ihnen auch wieder einen Block geben." Der Haß wüthet fürchterlich im Stillen, man schreibt schon in Gedanken die rothen Listen, um mit "La Republik" zu reden. Daß Caussidiere, dieser kerngesunde, naive Volksmensch (ehemals Handelskommis) nächstens Präsident der Republik wird, scheint Vielen unausbleiblich. Die innerliche Spaltung der Bourgeoisie wächst täglich; mancher ist demokratisch seit die verrückte Austheilung der Juni-Ehrenkreuze stattgefunden. "Diese Thoren sind reif für's Irrenhaus," sagte mir noch kürzlich ein fanatischer Bourgeois, "sie nähen sich Orden auf die Rippen um desto besser den Blitz anzuziehen; auch ist das unrecht nach einem Bürgerkriege." Er hatte das Kreuz abgelehnt. Die Familie des bourgeois-republikanischen Deputirten Dornes hat die Scherpe, mit der er an der Spitze der Mobile vor den Barrikaden der Vorstadt St. Martin auf den Tod verwundet stürzte, der Kompagnie geschenkt; sie ist jetzt an der Fahne befestigt und man hat der Familie eine den Insurgenten abgenommene Muskete zum Gegengeschenk gemacht. Also ganz wie im Beduinenfeldzuge. -- Die Munizipalität des Montmartre ist vom Präfekten der Seine aufgelöst worden; sie war zu "sozialistisch." Sechsundsiebenzig schwere Geschütze stehen in der Stadt vertheilt, z. B. im Hofe der Nationalversammlung allein 14, im Temple 40, ferner 80 in der Militärschule am Marsfeld, und die Kanonen vieler Forts sind auf die Stadt gerichtet. Cavaignac hat wieder eine befremdende Thorheit begangen: als die Journalisten ihm die Protestation wegen seiner Preßverletzungen überreichten, sagte er: "Bürger, hätten Sie nicht protestirt, so könnte ich Sie nicht achten; ich freue mich, in Ihnen Männer zu finden; übrigens kann ich nichts ändern." Der "Impartial du Nord" ruft: "Wo soll das hinaus? Eugen, Du vergißt was Godefroy, Dein Bruder, so oft gelehrt hat. Flocon, Freund des großen Todten, hat Dich aus Algier kommen lassen, weil Du der einzige republikanische General warest, (Schande genug für das Vaterland St. Just's!) aber wir hoffen, Du wirst anders noch als mit Kanonen und Polizeimandaten die Republik halten wollen."

Die Polizei ist beireits sehr mißlaunig gegen die paar neu eröffneten Klubs, die sich "Lehrkourse" nennen und somit auch Damen zu lassen; gestern war ich in dem der Fourieristen, wo Toussenel unter ungeheurem Beifall herbe Angriffe gegen die Geldaristokratie machte und ganz einfach verlangte, der Staat solle die Bank, die Eisenbahnen, den Gütertransport (Roulage), die Courtage (aber mit gründlicher Statistik der Handelsverhältnisse) und die Versicherungsanstalten übernehmen. Unfehlbar kommt bald ein neues Antiklubgesetz, wenn das Ding so fortgeht; der protestantische Herr Pastor Athanasius Coquerel hat ja auf diese Art ganz umsonst die Frauen ausschließen lassen? Durch die Polizeiplackereien wird ein Theil der Bourgeoisie auf's Neue erbittert, und die heiligen Heerschaaren der Ordnungskämpfer werden dermal einst nicht so vollzählg sein als im Juni. Die Mobile wird ganz zu einer Municipalgarde dressirt, man vertheilt an sie den Abschaum der Tagespresse: "Assemblee Nationale" und "Constitutionnel" insonderheit. "Der Ouvrier ist meist ein Faulenzer", dozirte ein 14jähriges Bürschchen von der Mobile in einem Tanzlokale einer Gruppe

wendig haben, und er kann es nur dadurch erlangen, daß er von den Wehrmännern selbst gewählt wird.

Abg. Berends: Als uns in Folge der Märzereignisse die Volksbewaffnung gewährt wurde, ist uns durch kön. Kabinetsordre ausdrücklich: „Volksbewaffnung mit freier Wahl der Führer“ verheißen worden. Die Führer der Bürgerwehr bedürfen vor Allem deren Vertrauen. Die Bürgerwehr soll ein Institut der Gemeinden sein. Nach einer neuern Gesetzvorlage sollen diese Ersatz zu leisten haben für allen Schaden, der bei einem Aufruhr entstehen könnte. Sie müssen daher auch berechtigt sein, diejenigen zu wählen, in deren Händen sie die Abwehr des Schadens gesichert halten.

Abg. Bergemann: Freie Wahl und indirekte Wahl scheine man als Gegensätze zu betrachten. Eben so scheine man durch Annahme dieses Paragraphen Mangel an Vertrauen zum Volke zu indentifiziren. Ich muß mich gegen beide Voraussetzungen verwahren.

Abg. Dahmen erklärt sich für die unveränderte Annahme des Paragraphen, weil der Major hauptsächlich das Vertrauen der Zug- und Rottenführer bedürfe.

Abg. d'Ester: Die Einen sagen, der Major bedürfe das Vertrauen der Offiziere, die Andern halten das Vertrauen der Wehrmänner für erforderlich. Direkte Wahl wird beiden Meinungen genügen. Man spricht von der Bürgerwehr als einer gehorchenden Macht; Gehorsam ohne Vertrauen ist aber eine Unmöglichkeit.

Justizminister: Es ist in keiner Weise der Befürchtung Raum zu geben, als habe die Regierung die Wahl der Majore irgendwie beschränken wollen. Die Regierung hatte nur örtliche Schwierigkeiten im Auge und in großen Städten sind diese allerdings nicht vorhanden. Allein die Zerstreutheit der ländlichen Bevölkerung würde deren viele bieten. An sich hat die Regierung gegen das direkte Wahlsystem nichts zu erinnern, dennoch wünsche er die unveränderte Annahme des § 44.

Berichterstatter Euler erklärt sich für das Berend'sche Amendement.

Abg. Siebert trägt auf namentliche Abstimmung an, welche auch mehr als hinlänglich unterstützt wird. Das Berend'sche Amendement als das Weiteste kommt zuerst zur Abstimmung und wird mit 204 gegen 84 Stimmen angenommen. Mit der Minorität stimmten: die anwesenden Minister, der Exminister Auerswald und die ganze rechte Seite. Die beiden Centren stimmten mit der Linken für das Prinzip der direkten Wahlen.

Nach Annahme des Amendements ist es noch nothwendig über den so amendirten Paragraphen abzustimmen, es stellte sich aber heraus, daß die Versammlung nicht mehr in beschlußfähiger Anzahl zusammen war und diese Abstimmung wird in der nächsten Sitzung statt finden.

Schließlich bemerkt der Präsident, daß das Gesetz wegen Erhöhung der Rübenzucker- und Maischsteuer nächsten Freitag werde berathen werden müssen, da der Herr Finanzminister darum gebeten, indem er am 1. Sept. den Zollvereinsstaaten seine Erklärung abzugeben habe.

43 Aus dem Kreise Wittgenstein, den 24. August.

Die Lasten, welche auf dem Grundbesitze des hiesigen Kreises ruhen, wurden vor sieben Jahren in eine Geldrente verwandelt, welche bisher schon manchen Landmann zur Subhastation geführt hat und erst 1881 aufhört. Die Landbewohner haben sich deshalb in einer Adresse an die Vereinbarungsversammlung gewandt, der wir einige Stellen entnehmen, um unseren Lesern zu beweisen, wie tief Deutschland, trotz der „großartigen“ Reformen von 1807-15, trotz der 1815 glorreich wieder erkämpften Freiheit und trotz der ironisch sogenannten Märzrevolution noch im Schlamm des Mittelalters steckt. Die Adresse erzählt wie Napoleon den kleinen mediatisirten Fürsten als Entschädigung für ihre Souverainetätsrechte eine Masse Privatvortheile zukommen ließ, und fährt dann fort:

Freigebig rechnete die Bundesakte vom 12. Juli 1806 denselben zu: sämmtliche Domainen, so wie alle Grundherrlichkeits- und Feudalrechte, nicht berücksichtigend, daß alles dieses wahres Staatseigenthum war, aus welchem die Regierungskosten von jeher bestritten worden waren und außer Acht setzend, daß das ganze gothische Gebäude des alten Reichs und seiner Partikularstaaten auf Lehnrecht und Gutsherrlichkeit geruhet hatte. War doch die ganze deutsche Staatsverfassung von dem Fuße an bis zu dem Gipfel — dem die Weltherrschaft ansprechenden Kaiser — nur eine Ausbildung des von Tacitus schon erwähnten Komitats! Die Standesherrschaft hat großes Wehe über Millionen Deutsche gebracht. Die Bewohner der standesherrlichen Bezirke, sonst Reichsbürger, nun Hörige, waren und sind mit den doppelten Pflichten dieser und der Staatsbürger beladen. Was sie als Hörige thun und leisten, rechnet ihnen der Staat nicht an, es kommt nicht zur Computation! — Sie müssen alle Staatssteuern und Abgaben prästiren und doch sollte bedacht werden, daß das, was dem Standesherren gezahlt werden muß, die Steuern des alten aufgelößten Territorialstaates ausmacht. — Eins muß aufhören; entweder müssen die Einsassen der Standesherrschaften der übrigen Nation völlig gleichgestellt, von dem Drucke der längst hingeschwundenen Feudalherrschaft entbunden oder es müssen doch die modernen Staatslasten ihnen abgenommen werden.

Das zwischen der Krone Preußens und den Fürsten zu Wittgenstein abgeschlossene, in Form eines Ablösegesetzes gebrachte, Abkommen, dessen wohlmeinende Intension wir nicht verkennen, hat seinen Zweck nicht erfüllt. Unsere Lasten sind in der Wirklichkeit nicht erleichtert, vielmehr in eine unerschwingliche jährliche Geldrente umgewandelt worden, welche den Landmann ruinirt. Sie soll mit dem Jahre 1881 aufhören; allein bis dahin würde auch der Bauernstand vernichtet sein!

Die ganze Ablöse, behaupten wir mit Recht, begreift nur steuerartige Prästationen, sie kann, sie darf daher auch nicht mehr beansprucht werden und geht unser gehorsamstes Bitten dahin:

eine hohe Nationalversammlung wolle die Aufhebung der Ablösungsrenten im Kreise Wittgenstein dekretiren.
Der Druck der längst hingeschwundenen Feudalherrschaften muß aufhören, ehe wir das Mittelalter für beseitigt halten und eine neue Zeit beginnen können.

133 Düsseldorf, 30. Aug.

Ferdinand Freiligrath ist eingeerkert worden. Vorgestern erhielt er einen Erscheinungsbefehl, wonach er sich gestern Morgen um 9 Uhr vor den Instruktionsrichter zu stellen. Er erschien um die bestimmte Zeit. Der Instruktionsrichter beschuldigte ihn, durch sein Gedicht: „die Todten an die Lebenden“, den Artikel 102 des Code pénal übertreten, d. h. die Bürger unmittelbar zum Bürgerkriege, zur Verheerung, Plünderung u. dgl. angereizt zu haben, und ließ ihn nach dem Verhöre in das hiesige Arresthaus abführen. Die durch den Artikel 102 angedrohte Strafe ist, je nach dem Erfolge, welcher der Aufreizung beigemessen wird, entweder Tod oder Verbannung aus dem preußischen Staate, (welche letztere Strafe, nebenbei gesagt, sich ertragen ließe) also entweder eine Leibes- oder entehrende Strafe. Nach Artikel 91 des Code d'instr. crim. mußte ein Vorführungsbefehl wider Freiligrath erlassen werden; ein Erscheinungsbefehl kann nur erlassen werden, wenn die That eine zuchtpolizeiliche Strafe nach sich zieht. Doch was geht das Düsseldorfer Parket die Kriminal-Prozeß-Ordnung an? Es handelte sich darum, durch Erlaß eines Erscheinungsbefehles den Angeklagten sicherer zu machen, und hat Herr Oberprokurator Schnaase, Literat und Redakteur einer unbekannten Niederrheinischen Zeitung, nicht ein zweiffelhaftes Vorbild in Köln?

Was den zweiten politischen Gefangenen in Düsseldorf, den Bürger Julius Wulff, anbelangt, so ist vorgestern von der Strafrathskammer seine Sache an den Anklagesenat in Köln verwiesen worden, und zwar aus folgenden zwei Gründen: 1) hat Wulff durch Vorlesung und Verbreitung des republikanischen Katechismus ein Verbrechen begangen (Artikel 102); 2) hat er als Mitarbeiter an einer vom Volksklub an das Ministerium Camphausen beschlossenen Adresse sich einer Beleidigung dieses Ministeriums, also eines Vergehens schuldig gemacht. Der Oberprok. Schnaase hat gegen diesen Beschluß der Rathskammer Opposition eingelegt, insofern als Nr. 2 nicht vor die Assisen, sondern vor das Zuchtpolizeigericht gehöre. Sprechen die Geschwornen den Angeklagten frei, dann finden ihn die königlich-preußischen Richter vielleicht schuldig.

Wäre es nicht zweckmäßig, ein Verzeichniß von sämmtlichen, unter dem Ministerium der That eingekerkerten Demokraten nebst Gründen ihrer Verhaftung zu entwerfen?

Schleswig-Holstein.

Die noch in den letzten Tagen einander mehrfach widerstreitenden Berichte über das Ergebniß der Waffenstillstandsunterhandlungen in Malmö haben jetzt dahin ihre Erledigung gefunden, daß jene Unterhandlungen mit Erfolg zu Ende geführt worden sind und die Ratifikation des abgeschlossenen Waffenstillstandes in wenigen Tagen mit Zuversicht erwartet werden darf. Mündliche, durch zuverlässige Vermittelung überlieferte Mittheilungen des aus Malmö zurückgekehrten preußischen Unterhändlers, des Generals v. Below und übereinstimmende Berichte aus Wismar und Lübeck verbürgen die Nachricht.

Eine Cirkularnote des schwedischen Ministers des Auswärtigen aus Malmö vom 25. an sämmtliche schwedische Geschäftsträger im Auslande drückt seine Freude darüber aus, mittheilen zu können, daß ein Waffenstillstand zwischen Deutschland und Dänemark so gut wie abgeschlossen sei, und äußert die Hoffnung, ehestens den definitiven Abschluß anzeigen zu können.

15 Prag, 26. August.

Sie werden glauben, daß Ihr Prager Korrespondent verschollen oder eines schönen Morgens auf den Hradschin gesetzt worden ist, um dort ein Sommerlogis einzunehmen; dem ist jedoch glücklicherweise nicht so, sondern die „Ruhe“ der Soldatenordnung, die Kirchhofruhe, in der wir hier leben, trägt daran die Schuld. In Ermangelung politischer Ereignisse, ergehen sich die Prager noch immerfort mit Protesten; gestern wurde der sehr kräftig abgefaßte der Juristen zur Unterschrift in der Stadt ausgelegt, in welchem alle Gründe des Fürsten widerlegt und demselben dargethan wurde, daß die Gehässigkeit, der er sich als allbekannter Träger aristokratischer und reaktionärer Tendenzen erfreue, die einzige Ursache der Juniereignisse gewesen sei. Außerdem verlangte man noch, daß die Untersuchung der Gefangenen auf freiem Fuße und von Schwurgerichten fortgesetzt, das Tragen der Waffen wieder erlaubt werde und jede Art von Absolutismus des s. Windisch-Grätz aufhöre. Der Protest wird nach Sammlung der Unterschriften sogleich nach Wien befördert.

Der in der Damenversammlung zum Erzherzog Stephan gefaßte Beschluß der Damen, ihren Dienstmädchen zu verbieten, mit Grenadieren Umgang zu haben, hätte denselben beinahe eine Katzenmusik seitens der letztern eingebracht. Bei der zweiten Versammlung hatten sich die Grenadiere in großen Haufen auf dem Roßmarkte eingefunden und würden ohne Zweifel ihrem Heldenmuth Luft gemacht haben, wenn sie nicht durch Offiziere davon zurückgehalten worden wären. Ein Haufe von ihnen wurde von einem Trupp Gamins mit Steinwürfen bis an's Moldauufer begleitet.

Wir sehen mit Erwartung auf den Wiener Reichstag, was er für Prag thun werde und ob wir bald wieder in den Vollgenuß unserer verheißenen Rechte kommen, denn faktisch besteht immer noch eine Art Belagerungszustand. Die Höhen sind noch fortwährend mit Geschütz und Truppen besetzt; unter den letztern soll sich ein vorzüglich widerspenstiger Geist zeigen, indem sie durch das fast zwei Monate anhaltende Campiren unter freiem Himmel, äußerst ermüdet und von Krankheiten bedroht sind. Unter den Grenadieren soll am 23. das Standrecht mehrer Excesse halber publicirt worden sein.

Schweiz.
Bern, 27. Aug.

Laut der „Suisse“ hat der östreichische Gesandte, Hr. Kaisersfeld, verlangt, daß die lombardischen Flüchtlinge von der Gränze entfernt werden sollen. — Nach einer Mittheilung des General Thiard, Gesandten der französischen Republik, wird in Zukunft den lombardischen Flüchtlingen der Eintritt in Frankreich nicht weiter verweigert. Die französische Regierung gibt jedem Flüchtling 75 Cent. täglich und sorgt überdies dafür, daß die Flüchtlinge bei ihrer Durchreise von den Einwohnern beherbergt werden.

Italien.
*
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* Verona, 22. August.
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Verona, 21. Aug.
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27 Neapel, 14. August.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Französische Republik.
16 Paris, 29. Aug.

Das Entweichen Louis Blanc's und Marc Caussidière's hat die Konservativen außerordentlich verblüfft. Der „Corsaire“ hilft sich mit einer Impertinenz: das Entweichen bekunde das böse Gewissen der Beiden u. s. w. Mit affektirter Kälte drechselt der „Siecle“ eine kleine Phrase. Die pochende Herzensangst steht aber dahinter, denn es sind, wie Ohrenzeugen versichern, gar „spitze und brennende“ Worte privatim vor, während und nach der achtzehnstündigen Sitzung gewechselt worden; Bac und Demosthenes Olivier erklärten im Gespräch: „der Terrorismus sei hiemit de jure eröffnet, de facto werde er bald losgehen, und mit Repressalien sonder Beispiel.“ Ein Deputirter des Berges sagte: „Im Jahr 1794 ist das Eis gebrochen, wir werden es nicht wieder gefrieren lassen;“ ein anderer: „Die Kröten und Frösche des Sumpfes (Centrum) sind munter wie nach dem Sturz des Robespierre, aber noch ist er nicht gekommen der moderne Maximilian, das wird ein hunderttausendköpfiger Riese sein; die Dummköpfe (imbécilles) der Rechten quäcken nach einem Thron; gut, wie Jupiter den Fröschen als König einen Holzblock herunterwarf, wollen wir ihnen auch wieder einen Block geben.“ Der Haß wüthet fürchterlich im Stillen, man schreibt schon in Gedanken die rothen Listen, um mit „La Republik“ zu reden. Daß Caussidière, dieser kerngesunde, naive Volksmensch (ehemals Handelskommis) nächstens Präsident der Republik wird, scheint Vielen unausbleiblich. Die innerliche Spaltung der Bourgeoisie wächst täglich; mancher ist demokratisch seit die verrückte Austheilung der Juni-Ehrenkreuze stattgefunden. „Diese Thoren sind reif für's Irrenhaus,“ sagte mir noch kürzlich ein fanatischer Bourgeois, „sie nähen sich Orden auf die Rippen um desto besser den Blitz anzuziehen; auch ist das unrecht nach einem Bürgerkriege.“ Er hatte das Kreuz abgelehnt. Die Familie des bourgeois-republikanischen Deputirten Dornes hat die Scherpe, mit der er an der Spitze der Mobile vor den Barrikaden der Vorstadt St. Martin auf den Tod verwundet stürzte, der Kompagnie geschenkt; sie ist jetzt an der Fahne befestigt und man hat der Familie eine den Insurgenten abgenommene Muskete zum Gegengeschenk gemacht. Also ganz wie im Beduinenfeldzuge. — Die Munizipalität des Montmartre ist vom Präfekten der Seine aufgelöst worden; sie war zu „sozialistisch.“ Sechsundsiebenzig schwere Geschütze stehen in der Stadt vertheilt, z. B. im Hofe der Nationalversammlung allein 14, im Temple 40, ferner 80 in der Militärschule am Marsfeld, und die Kanonen vieler Forts sind auf die Stadt gerichtet. Cavaignac hat wieder eine befremdende Thorheit begangen: als die Journalisten ihm die Protestation wegen seiner Preßverletzungen überreichten, sagte er: „Bürger, hätten Sie nicht protestirt, so könnte ich Sie nicht achten; ich freue mich, in Ihnen Männer zu finden; übrigens kann ich nichts ändern.“ Der „Impartial du Nord“ ruft: „Wo soll das hinaus? Eugen, Du vergißt was Godefroy, Dein Bruder, so oft gelehrt hat. Flocon, Freund des großen Todten, hat Dich aus Algier kommen lassen, weil Du der einzige republikanische General warest, (Schande genug für das Vaterland St. Just's!) aber wir hoffen, Du wirst anders noch als mit Kanonen und Polizeimandaten die Republik halten wollen.“

Die Polizei ist beireits sehr mißlaunig gegen die paar neu eröffneten Klubs, die sich „Lehrkourse“ nennen und somit auch Damen zu lassen; gestern war ich in dem der Fourieristen, wo Toussenel unter ungeheurem Beifall herbe Angriffe gegen die Geldaristokratie machte und ganz einfach verlangte, der Staat solle die Bank, die Eisenbahnen, den Gütertransport (Roulage), die Courtage (aber mit gründlicher Statistik der Handelsverhältnisse) und die Versicherungsanstalten übernehmen. Unfehlbar kommt bald ein neues Antiklubgesetz, wenn das Ding so fortgeht; der protestantische Herr Pastor Athanasius Coquerel hat ja auf diese Art ganz umsonst die Frauen ausschließen lassen? Durch die Polizeiplackereien wird ein Theil der Bourgeoisie auf's Neue erbittert, und die heiligen Heerschaaren der Ordnungskämpfer werden dermal einst nicht so vollzählg sein als im Juni. Die Mobile wird ganz zu einer Municipalgarde dressirt, man vertheilt an sie den Abschaum der Tagespresse: „Assemblée Nationale“ und „Constitutionnel“ insonderheit. „Der Ouvrier ist meist ein Faulenzer“, dozirte ein 14jähriges Bürschchen von der Mobile in einem Tanzlokale einer Gruppe

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      <div n="1">
        <div xml:id="ar091_008" type="jArticle">
          <p><pb facs="#f0003" n="0461"/>
wendig haben, und er kann es nur dadurch                         erlangen, daß er von den Wehrmännern selbst gewählt wird.</p>
          <p>Abg. <hi rendition="#g">Berends:</hi> Als uns in Folge der Märzereignisse die                         Volksbewaffnung gewährt wurde, ist uns durch kön. Kabinetsordre                         ausdrücklich: &#x201E;Volksbewaffnung mit freier Wahl der Führer&#x201C; verheißen worden.                         Die Führer der Bürgerwehr bedürfen vor Allem deren Vertrauen. Die Bürgerwehr                         soll ein Institut der Gemeinden sein. Nach einer neuern Gesetzvorlage sollen                         diese Ersatz zu leisten haben für allen Schaden, der bei einem Aufruhr                         entstehen könnte. Sie müssen daher auch berechtigt sein, diejenigen zu                         wählen, in deren Händen sie die Abwehr des Schadens gesichert halten.</p>
          <p>Abg. <hi rendition="#g">Bergemann:</hi> Freie Wahl und indirekte Wahl scheine                         man als Gegensätze zu betrachten. Eben so scheine man durch Annahme dieses                         Paragraphen Mangel an Vertrauen zum Volke zu indentifiziren. Ich muß mich                         gegen beide Voraussetzungen verwahren.</p>
          <p>Abg. <hi rendition="#g">Dahmen</hi> erklärt sich für die unveränderte Annahme                         des Paragraphen, weil der Major hauptsächlich das Vertrauen der Zug- und                         Rottenführer bedürfe.</p>
          <p>Abg. <hi rendition="#g">d'Ester:</hi> Die Einen sagen, der Major bedürfe das                         Vertrauen der Offiziere, die Andern halten das Vertrauen der Wehrmänner für                         erforderlich. Direkte Wahl wird beiden Meinungen genügen. Man spricht von                         der Bürgerwehr als einer gehorchenden Macht; Gehorsam ohne Vertrauen ist                         aber eine Unmöglichkeit.</p>
          <p><hi rendition="#g">Justizminister:</hi> Es ist in keiner Weise der                         Befürchtung Raum zu geben, als habe die Regierung die Wahl der Majore                         irgendwie beschränken wollen. Die Regierung hatte nur örtliche                         Schwierigkeiten im Auge und in großen Städten sind diese allerdings nicht                         vorhanden. Allein die Zerstreutheit der ländlichen Bevölkerung würde deren                         viele bieten. An sich hat die Regierung gegen das direkte Wahlsystem nichts                         zu erinnern, dennoch wünsche er die unveränderte Annahme des § 44.</p>
          <p>Berichterstatter <hi rendition="#g">Euler</hi> erklärt sich für das                         Berend'sche Amendement.</p>
          <p>Abg. <hi rendition="#g">Siebert</hi> trägt auf namentliche Abstimmung an,                         welche auch mehr als hinlänglich unterstützt wird. Das Berend'sche                         Amendement als das Weiteste kommt zuerst zur Abstimmung und wird mit 204                         gegen 84 Stimmen angenommen. Mit der Minorität stimmten: die anwesenden                         Minister, der Exminister Auerswald und die ganze rechte Seite. Die beiden                         Centren stimmten mit der Linken für das Prinzip der direkten Wahlen.</p>
          <p>Nach Annahme des Amendements ist es noch nothwendig über den so amendirten                         Paragraphen abzustimmen, es stellte sich aber heraus, daß die Versammlung                         nicht mehr in beschlußfähiger Anzahl zusammen war und diese Abstimmung wird                         in der nächsten Sitzung statt finden.</p>
          <p>Schließlich bemerkt der Präsident, daß das Gesetz wegen Erhöhung der                         Rübenzucker- und Maischsteuer nächsten Freitag werde berathen werden müssen,                         da der Herr Finanzminister darum gebeten, indem er am 1. Sept. den                         Zollvereinsstaaten seine Erklärung abzugeben habe.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar091_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>43</author></bibl> Aus dem Kreise Wittgenstein, den                         24. August.</head>
          <p>Die Lasten, welche auf dem Grundbesitze des hiesigen Kreises ruhen, wurden                         vor sieben Jahren in eine Geldrente verwandelt, welche bisher schon manchen                         Landmann zur Subhastation geführt hat und erst 1881 aufhört. Die                         Landbewohner haben sich deshalb in einer Adresse an die                         Vereinbarungsversammlung gewandt, der wir einige Stellen entnehmen, um                         unseren Lesern zu beweisen, wie tief Deutschland, trotz der &#x201E;großartigen&#x201C;                         Reformen von 1807-15, trotz der 1815 glorreich wieder erkämpften Freiheit                         und trotz der ironisch sogenannten Märzrevolution noch im Schlamm des                         Mittelalters steckt. Die Adresse erzählt wie Napoleon den kleinen                         mediatisirten Fürsten als Entschädigung für ihre Souverainetätsrechte eine                         Masse Privatvortheile zukommen ließ, und fährt dann fort:</p>
          <p>Freigebig rechnete die Bundesakte vom 12. Juli 1806 denselben zu: sämmtliche                         Domainen, so wie alle Grundherrlichkeits- und Feudalrechte, nicht                         berücksichtigend, daß alles dieses wahres Staatseigenthum war, aus welchem                         die Regierungskosten von jeher bestritten worden waren und außer Acht                         setzend, daß das ganze gothische Gebäude des alten Reichs und seiner                         Partikularstaaten auf Lehnrecht und Gutsherrlichkeit geruhet hatte. War doch                         die ganze deutsche Staatsverfassung von dem Fuße an bis zu dem Gipfel &#x2014; dem                         die Weltherrschaft ansprechenden Kaiser &#x2014; nur eine Ausbildung des von                         Tacitus schon erwähnten Komitats! Die Standesherrschaft hat großes Wehe über                         Millionen Deutsche gebracht. Die Bewohner der standesherrlichen Bezirke,                         sonst Reichsbürger, nun Hörige, waren und sind mit den doppelten Pflichten                         dieser und der Staatsbürger beladen. Was sie als Hörige thun und leisten,                         rechnet ihnen der Staat nicht an, es kommt nicht zur Computation! &#x2014; Sie                         müssen alle Staatssteuern und Abgaben prästiren und doch sollte bedacht                         werden, daß das, was dem Standesherren gezahlt werden muß, die Steuern des                         alten aufgelößten Territorialstaates ausmacht. &#x2014; Eins muß aufhören; entweder                         müssen die Einsassen der Standesherrschaften der übrigen Nation völlig                         gleichgestellt, von dem Drucke der längst hingeschwundenen Feudalherrschaft                         entbunden oder es müssen doch die modernen Staatslasten ihnen abgenommen                         werden.</p>
          <p>Das zwischen der Krone Preußens und den Fürsten zu Wittgenstein                         abgeschlossene, in Form eines Ablösegesetzes gebrachte, Abkommen, dessen                         wohlmeinende Intension wir nicht verkennen, hat seinen Zweck nicht erfüllt.                         Unsere Lasten sind in der Wirklichkeit nicht erleichtert, vielmehr in eine                         unerschwingliche jährliche Geldrente umgewandelt worden, welche den Landmann                         ruinirt. Sie soll mit dem Jahre 1881 aufhören; allein bis dahin würde auch                         der Bauernstand vernichtet sein!</p>
          <p>Die ganze Ablöse, behaupten wir mit Recht, begreift nur steuerartige                         Prästationen, sie kann, sie darf daher auch nicht mehr beansprucht werden                         und geht unser gehorsamstes Bitten dahin:</p>
          <p rendition="#et">eine hohe Nationalversammlung wolle die Aufhebung der                         Ablösungsrenten im Kreise Wittgenstein dekretiren.<lb/>
Der Druck der längst                         hingeschwundenen Feudalherrschaften muß aufhören, ehe wir das Mittelalter                         für beseitigt halten und eine neue Zeit beginnen können.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar091_010" type="jArticle">
          <head><bibl><author>133</author></bibl> Düsseldorf, 30. Aug.</head>
          <p>Ferdinand Freiligrath ist eingeerkert worden. Vorgestern erhielt er einen                         Erscheinungsbefehl, wonach er sich gestern Morgen um 9 Uhr vor den                         Instruktionsrichter zu stellen. Er erschien um die bestimmte Zeit. Der                         Instruktionsrichter beschuldigte ihn, durch sein Gedicht: &#x201E;die Todten an die                         Lebenden&#x201C;, den Artikel 102 des Code pénal übertreten, d. h. die Bürger <hi rendition="#g">unmittelbar</hi> zum Bürgerkriege, zur Verheerung,                         Plünderung u. dgl. angereizt zu haben, und ließ ihn nach dem Verhöre in das                         hiesige Arresthaus abführen. Die durch den Artikel 102 angedrohte Strafe                         ist, je nach dem Erfolge, welcher der Aufreizung beigemessen wird, entweder                         Tod oder Verbannung aus dem preußischen Staate, (welche letztere Strafe,                         nebenbei gesagt, sich ertragen ließe) also entweder eine Leibes- oder                         entehrende Strafe. Nach Artikel 91 des Code d'instr. crim. mußte ein                         Vorführungsbefehl wider Freiligrath erlassen werden; ein Erscheinungsbefehl                         kann nur erlassen werden, wenn die That eine zuchtpolizeiliche Strafe nach                         sich zieht. Doch was geht das Düsseldorfer Parket die                         Kriminal-Prozeß-Ordnung an? Es handelte sich darum, durch Erlaß eines                         Erscheinungsbefehles den Angeklagten <hi rendition="#g">sicherer</hi> zu                         machen, und hat Herr Oberprokurator Schnaase, Literat und Redakteur einer                         unbekannten Niederrheinischen Zeitung, nicht ein zweiffelhaftes Vorbild in                         Köln?</p>
          <p>Was den zweiten politischen Gefangenen in Düsseldorf, den Bürger Julius                         Wulff, anbelangt, so ist vorgestern von der Strafrathskammer seine Sache an                         den Anklagesenat in Köln verwiesen worden, und zwar aus folgenden zwei                         Gründen: 1) hat Wulff durch Vorlesung und Verbreitung des republikanischen                         Katechismus ein <hi rendition="#g">Verbrechen</hi> begangen (Artikel 102);                         2) hat er als Mitarbeiter an einer vom Volksklub an das Ministerium <hi rendition="#g">Camphausen</hi> beschlossenen Adresse sich einer                         Beleidigung dieses Ministeriums, also eines Vergehens schuldig gemacht. Der                         Oberprok. Schnaase hat gegen diesen Beschluß der Rathskammer Opposition                         eingelegt, insofern als Nr. 2 nicht vor die Assisen, sondern vor das                         Zuchtpolizeigericht gehöre. Sprechen die Geschwornen den Angeklagten frei,                         dann finden ihn die königlich-preußischen Richter vielleicht schuldig.</p>
          <p>Wäre es nicht zweckmäßig, ein Verzeichniß von sämmtlichen, unter dem                         Ministerium der That eingekerkerten Demokraten nebst Gründen ihrer                         Verhaftung zu entwerfen?</p>
        </div>
        <div xml:id="ar091_011" type="jArticle">
          <head>Schleswig-Holstein.</head>
          <p>Die noch in den letzten Tagen einander mehrfach widerstreitenden Berichte                         über das Ergebniß der Waffenstillstandsunterhandlungen in Malmö haben jetzt                         dahin ihre Erledigung gefunden, daß jene Unterhandlungen mit Erfolg zu Ende                         geführt worden sind und die Ratifikation des abgeschlossenen                         Waffenstillstandes in wenigen Tagen mit Zuversicht erwartet werden darf.                         Mündliche, durch zuverlässige Vermittelung überlieferte Mittheilungen des                         aus Malmö zurückgekehrten preußischen Unterhändlers, des Generals v. Below                         und übereinstimmende Berichte aus Wismar und Lübeck verbürgen die                         Nachricht.</p>
          <p>Eine Cirkularnote des schwedischen Ministers des Auswärtigen aus Malmö vom                         25. an sämmtliche schwedische Geschäftsträger im Auslande drückt seine                         Freude darüber aus, mittheilen zu können, daß ein Waffenstillstand zwischen                         Deutschland und Dänemark so gut wie abgeschlossen sei, und äußert die                         Hoffnung, ehestens den definitiven Abschluß anzeigen zu können.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar091_012" type="jArticle">
          <head><bibl><author>15</author></bibl> Prag, 26. August.</head>
          <p>Sie werden glauben, daß Ihr Prager Korrespondent verschollen oder eines                         schönen Morgens auf den Hradschin gesetzt worden ist, um dort ein                         Sommerlogis einzunehmen; dem ist jedoch glücklicherweise nicht so, sondern                         die &#x201E;Ruhe&#x201C; der Soldatenordnung, die Kirchhofruhe, in der wir hier leben,                         trägt daran die Schuld. In Ermangelung politischer Ereignisse, ergehen sich                         die Prager noch immerfort mit Protesten; gestern wurde der sehr kräftig                         abgefaßte der Juristen zur Unterschrift in der Stadt ausgelegt, in welchem                         alle Gründe des Fürsten widerlegt und demselben dargethan wurde, daß die                         Gehässigkeit, der er sich als allbekannter Träger aristokratischer und                         reaktionärer Tendenzen erfreue, die einzige Ursache der Juniereignisse                         gewesen sei. Außerdem verlangte man noch, daß die Untersuchung der                         Gefangenen auf freiem Fuße und von Schwurgerichten fortgesetzt, das Tragen                         der Waffen wieder erlaubt werde und jede Art von Absolutismus des s.                         Windisch-Grätz aufhöre. Der Protest wird nach Sammlung der Unterschriften                         sogleich nach Wien befördert.</p>
          <p>Der in der Damenversammlung zum Erzherzog Stephan gefaßte Beschluß der Damen,                         ihren Dienstmädchen zu verbieten, mit Grenadieren Umgang zu haben, hätte                         denselben beinahe eine Katzenmusik seitens der letztern eingebracht. Bei der                         zweiten Versammlung hatten sich die Grenadiere in großen Haufen auf dem                         Roßmarkte eingefunden und würden ohne Zweifel ihrem Heldenmuth Luft gemacht                         haben, wenn sie nicht durch Offiziere davon zurückgehalten worden wären. Ein                         Haufe von ihnen wurde von einem Trupp Gamins mit Steinwürfen bis an's                         Moldauufer begleitet.</p>
          <p>Wir sehen mit Erwartung auf den Wiener Reichstag, was er für Prag thun werde                         und ob wir bald wieder in den Vollgenuß unserer verheißenen Rechte kommen,                         denn faktisch besteht immer noch eine Art Belagerungszustand. Die Höhen sind                         noch fortwährend mit Geschütz und Truppen besetzt; unter den letztern soll                         sich ein vorzüglich widerspenstiger Geist zeigen, indem sie durch das fast                         zwei Monate anhaltende Campiren unter freiem Himmel, äußerst ermüdet und von                         Krankheiten bedroht sind. Unter den Grenadieren soll am 23. das Standrecht                         mehrer Excesse halber publicirt worden sein.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Schweiz.</head>
        <div xml:id="ar091_013" type="jArticle">
          <head>Bern, 27. Aug.</head>
          <p>Laut der &#x201E;Suisse&#x201C; <hi rendition="#g">hat</hi> der östreichische Gesandte, Hr.                         Kaisersfeld, verlangt, daß die lombardischen Flüchtlinge von der Gränze                         entfernt werden sollen. &#x2014; Nach einer Mittheilung des General Thiard,                         Gesandten der französischen Republik, wird in Zukunft den lombardischen                         Flüchtlingen der <hi rendition="#g">Eintritt in Frankreich nicht weiter                             verweigert</hi>. Die französische Regierung gibt jedem Flüchtling 75                         Cent. täglich und sorgt überdies dafür, daß die Flüchtlinge bei ihrer                         Durchreise von den Einwohnern beherbergt werden.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Italien.</head>
        <div xml:id="ar091_014_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 1. September 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 636.</bibl>                </note>
          <head>
            <bibl>
              <author>*</author>
            </bibl>
          </head>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
        <div xml:id="ar091_015_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 1. September 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 636.</bibl>                </note>
          <head>
            <bibl>
              <author>*</author>
            </bibl>
          </head>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
        <div xml:id="ar091_016_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 1. September 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 636.</bibl>                </note>
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Verona, 22. August.</head>
          <gap reason="copyright"/>
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          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 1. September 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 636.</bibl>                </note>
          <head>Verona, 21. Aug.</head>
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          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 1. September 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 636.</bibl>                </note>
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              <author>*</author>
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          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 1. September 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 636.</bibl>                </note>
          <head><bibl><author>27</author></bibl> Neapel, 14. August.</head>
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        <head>Französische Republik.</head>
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          <head><bibl><author>16</author></bibl> Paris, 29. Aug.</head>
          <p>Das Entweichen Louis Blanc's und Marc Caussidière's hat die Konservativen                         außerordentlich verblüfft. Der &#x201E;Corsaire&#x201C; hilft sich mit einer Impertinenz:                         das Entweichen bekunde das böse Gewissen der Beiden u. s. w. Mit affektirter                         Kälte drechselt der &#x201E;Siecle&#x201C; eine kleine Phrase. Die pochende Herzensangst                         steht aber dahinter, denn es sind, wie Ohrenzeugen versichern, gar &#x201E;spitze                         und brennende&#x201C; Worte privatim vor, während und nach der achtzehnstündigen                         Sitzung gewechselt worden; Bac und Demosthenes Olivier erklärten im                         Gespräch: &#x201E;der Terrorismus sei hiemit de jure eröffnet, de facto werde er                         bald losgehen, und mit Repressalien sonder Beispiel.&#x201C; Ein Deputirter des                         Berges sagte: &#x201E;Im Jahr 1794 ist das Eis gebrochen, wir werden es nicht                         wieder gefrieren lassen;&#x201C; ein anderer: &#x201E;Die Kröten und Frösche des Sumpfes                         (Centrum) sind munter wie nach dem Sturz des Robespierre, aber noch ist er                         nicht gekommen der moderne Maximilian, das wird ein hunderttausendköpfiger                         Riese sein; die Dummköpfe (imbécilles) der Rechten quäcken nach einem Thron;                         gut, wie Jupiter den Fröschen als König einen Holzblock herunterwarf, wollen                         wir ihnen auch wieder einen <hi rendition="#g">Block</hi> geben.&#x201C; Der Haß                         wüthet fürchterlich im Stillen, man schreibt schon in Gedanken die rothen                         Listen, um mit &#x201E;La Republik&#x201C; zu reden. Daß Caussidière, dieser kerngesunde,                         naive Volksmensch (ehemals Handelskommis) nächstens Präsident der Republik                         wird, scheint Vielen unausbleiblich. Die innerliche Spaltung der Bourgeoisie                         wächst täglich; mancher ist demokratisch seit die verrückte Austheilung der                         Juni-Ehrenkreuze stattgefunden. &#x201E;Diese Thoren sind reif für's Irrenhaus,&#x201C;                         sagte mir noch kürzlich ein fanatischer Bourgeois, &#x201E;sie nähen sich Orden auf                         die Rippen um desto besser den Blitz anzuziehen; auch ist das unrecht nach                         einem Bürgerkriege.&#x201C; Er hatte das Kreuz abgelehnt. Die Familie des                         bourgeois-republikanischen Deputirten Dornes hat die Scherpe, mit der er an                         der Spitze der Mobile vor den Barrikaden der Vorstadt St. Martin auf den Tod                         verwundet stürzte, der Kompagnie geschenkt; sie ist jetzt an der Fahne                         befestigt und man hat der Familie eine den Insurgenten abgenommene Muskete                         zum Gegengeschenk gemacht. Also ganz wie im Beduinenfeldzuge. &#x2014; Die                         Munizipalität des Montmartre ist vom Präfekten der Seine aufgelöst worden;                         sie war zu &#x201E;sozialistisch.&#x201C; Sechsundsiebenzig schwere Geschütze stehen in                         der Stadt vertheilt, z. B. im Hofe der Nationalversammlung allein 14, im                         Temple 40, ferner 80 in der Militärschule am Marsfeld, und die Kanonen                         vieler Forts sind auf die Stadt gerichtet. Cavaignac hat wieder eine                         befremdende Thorheit begangen: als die Journalisten ihm die Protestation                         wegen seiner Preßverletzungen überreichten, sagte er: &#x201E;Bürger, hätten Sie                         nicht protestirt, so könnte ich Sie nicht achten; ich freue mich, in Ihnen                         Männer zu finden; übrigens kann ich nichts ändern.&#x201C; Der &#x201E;Impartial du Nord&#x201C;                         ruft: &#x201E;Wo soll das hinaus? Eugen, Du vergißt was Godefroy, Dein Bruder, so                         oft gelehrt hat. Flocon, Freund des großen Todten, hat Dich aus Algier                         kommen lassen, weil Du der <hi rendition="#g">einzige</hi> republikanische                         General warest, (Schande genug für das Vaterland St. Just's!) aber wir                         hoffen, Du wirst anders noch als mit Kanonen und Polizeimandaten die                         Republik halten wollen.&#x201C;</p>
          <p>Die Polizei ist beireits sehr mißlaunig gegen die paar neu eröffneten Klubs,                         die sich &#x201E;Lehrkourse&#x201C; nennen und somit auch Damen zu lassen; gestern war ich                         in dem der Fourieristen, wo Toussenel unter ungeheurem Beifall herbe                         Angriffe gegen die Geldaristokratie machte und ganz einfach verlangte, der                         Staat solle die Bank, die Eisenbahnen, den Gütertransport (Roulage), die                         Courtage (aber mit gründlicher Statistik der Handelsverhältnisse) und die                         Versicherungsanstalten übernehmen. Unfehlbar kommt bald ein neues                         Antiklubgesetz, wenn das Ding so fortgeht; der protestantische Herr Pastor                         Athanasius Coquerel hat ja auf diese Art ganz umsonst die Frauen                         ausschließen lassen? Durch die Polizeiplackereien wird ein Theil der                         Bourgeoisie auf's Neue erbittert, und die heiligen Heerschaaren der                         Ordnungskämpfer werden dermal einst nicht so vollzählg sein als im Juni. Die                         Mobile wird ganz zu einer Municipalgarde dressirt, man vertheilt an sie den                         Abschaum der Tagespresse: &#x201E;Assemblée Nationale&#x201C; und &#x201E;Constitutionnel&#x201C;                         insonderheit. &#x201E;Der Ouvrier ist meist ein Faulenzer&#x201C;, dozirte ein 14jähriges                         Bürschchen von der Mobile in einem Tanzlokale einer Gruppe
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[0461/0003] wendig haben, und er kann es nur dadurch erlangen, daß er von den Wehrmännern selbst gewählt wird. Abg. Berends: Als uns in Folge der Märzereignisse die Volksbewaffnung gewährt wurde, ist uns durch kön. Kabinetsordre ausdrücklich: „Volksbewaffnung mit freier Wahl der Führer“ verheißen worden. Die Führer der Bürgerwehr bedürfen vor Allem deren Vertrauen. Die Bürgerwehr soll ein Institut der Gemeinden sein. Nach einer neuern Gesetzvorlage sollen diese Ersatz zu leisten haben für allen Schaden, der bei einem Aufruhr entstehen könnte. Sie müssen daher auch berechtigt sein, diejenigen zu wählen, in deren Händen sie die Abwehr des Schadens gesichert halten. Abg. Bergemann: Freie Wahl und indirekte Wahl scheine man als Gegensätze zu betrachten. Eben so scheine man durch Annahme dieses Paragraphen Mangel an Vertrauen zum Volke zu indentifiziren. Ich muß mich gegen beide Voraussetzungen verwahren. Abg. Dahmen erklärt sich für die unveränderte Annahme des Paragraphen, weil der Major hauptsächlich das Vertrauen der Zug- und Rottenführer bedürfe. Abg. d'Ester: Die Einen sagen, der Major bedürfe das Vertrauen der Offiziere, die Andern halten das Vertrauen der Wehrmänner für erforderlich. Direkte Wahl wird beiden Meinungen genügen. Man spricht von der Bürgerwehr als einer gehorchenden Macht; Gehorsam ohne Vertrauen ist aber eine Unmöglichkeit. Justizminister: Es ist in keiner Weise der Befürchtung Raum zu geben, als habe die Regierung die Wahl der Majore irgendwie beschränken wollen. Die Regierung hatte nur örtliche Schwierigkeiten im Auge und in großen Städten sind diese allerdings nicht vorhanden. Allein die Zerstreutheit der ländlichen Bevölkerung würde deren viele bieten. An sich hat die Regierung gegen das direkte Wahlsystem nichts zu erinnern, dennoch wünsche er die unveränderte Annahme des § 44. Berichterstatter Euler erklärt sich für das Berend'sche Amendement. Abg. Siebert trägt auf namentliche Abstimmung an, welche auch mehr als hinlänglich unterstützt wird. Das Berend'sche Amendement als das Weiteste kommt zuerst zur Abstimmung und wird mit 204 gegen 84 Stimmen angenommen. Mit der Minorität stimmten: die anwesenden Minister, der Exminister Auerswald und die ganze rechte Seite. Die beiden Centren stimmten mit der Linken für das Prinzip der direkten Wahlen. Nach Annahme des Amendements ist es noch nothwendig über den so amendirten Paragraphen abzustimmen, es stellte sich aber heraus, daß die Versammlung nicht mehr in beschlußfähiger Anzahl zusammen war und diese Abstimmung wird in der nächsten Sitzung statt finden. Schließlich bemerkt der Präsident, daß das Gesetz wegen Erhöhung der Rübenzucker- und Maischsteuer nächsten Freitag werde berathen werden müssen, da der Herr Finanzminister darum gebeten, indem er am 1. Sept. den Zollvereinsstaaten seine Erklärung abzugeben habe. 43 Aus dem Kreise Wittgenstein, den 24. August. Die Lasten, welche auf dem Grundbesitze des hiesigen Kreises ruhen, wurden vor sieben Jahren in eine Geldrente verwandelt, welche bisher schon manchen Landmann zur Subhastation geführt hat und erst 1881 aufhört. Die Landbewohner haben sich deshalb in einer Adresse an die Vereinbarungsversammlung gewandt, der wir einige Stellen entnehmen, um unseren Lesern zu beweisen, wie tief Deutschland, trotz der „großartigen“ Reformen von 1807-15, trotz der 1815 glorreich wieder erkämpften Freiheit und trotz der ironisch sogenannten Märzrevolution noch im Schlamm des Mittelalters steckt. Die Adresse erzählt wie Napoleon den kleinen mediatisirten Fürsten als Entschädigung für ihre Souverainetätsrechte eine Masse Privatvortheile zukommen ließ, und fährt dann fort: Freigebig rechnete die Bundesakte vom 12. Juli 1806 denselben zu: sämmtliche Domainen, so wie alle Grundherrlichkeits- und Feudalrechte, nicht berücksichtigend, daß alles dieses wahres Staatseigenthum war, aus welchem die Regierungskosten von jeher bestritten worden waren und außer Acht setzend, daß das ganze gothische Gebäude des alten Reichs und seiner Partikularstaaten auf Lehnrecht und Gutsherrlichkeit geruhet hatte. War doch die ganze deutsche Staatsverfassung von dem Fuße an bis zu dem Gipfel — dem die Weltherrschaft ansprechenden Kaiser — nur eine Ausbildung des von Tacitus schon erwähnten Komitats! Die Standesherrschaft hat großes Wehe über Millionen Deutsche gebracht. Die Bewohner der standesherrlichen Bezirke, sonst Reichsbürger, nun Hörige, waren und sind mit den doppelten Pflichten dieser und der Staatsbürger beladen. Was sie als Hörige thun und leisten, rechnet ihnen der Staat nicht an, es kommt nicht zur Computation! — Sie müssen alle Staatssteuern und Abgaben prästiren und doch sollte bedacht werden, daß das, was dem Standesherren gezahlt werden muß, die Steuern des alten aufgelößten Territorialstaates ausmacht. — Eins muß aufhören; entweder müssen die Einsassen der Standesherrschaften der übrigen Nation völlig gleichgestellt, von dem Drucke der längst hingeschwundenen Feudalherrschaft entbunden oder es müssen doch die modernen Staatslasten ihnen abgenommen werden. Das zwischen der Krone Preußens und den Fürsten zu Wittgenstein abgeschlossene, in Form eines Ablösegesetzes gebrachte, Abkommen, dessen wohlmeinende Intension wir nicht verkennen, hat seinen Zweck nicht erfüllt. Unsere Lasten sind in der Wirklichkeit nicht erleichtert, vielmehr in eine unerschwingliche jährliche Geldrente umgewandelt worden, welche den Landmann ruinirt. Sie soll mit dem Jahre 1881 aufhören; allein bis dahin würde auch der Bauernstand vernichtet sein! Die ganze Ablöse, behaupten wir mit Recht, begreift nur steuerartige Prästationen, sie kann, sie darf daher auch nicht mehr beansprucht werden und geht unser gehorsamstes Bitten dahin: eine hohe Nationalversammlung wolle die Aufhebung der Ablösungsrenten im Kreise Wittgenstein dekretiren. Der Druck der längst hingeschwundenen Feudalherrschaften muß aufhören, ehe wir das Mittelalter für beseitigt halten und eine neue Zeit beginnen können. 133 Düsseldorf, 30. Aug. Ferdinand Freiligrath ist eingeerkert worden. Vorgestern erhielt er einen Erscheinungsbefehl, wonach er sich gestern Morgen um 9 Uhr vor den Instruktionsrichter zu stellen. Er erschien um die bestimmte Zeit. Der Instruktionsrichter beschuldigte ihn, durch sein Gedicht: „die Todten an die Lebenden“, den Artikel 102 des Code pénal übertreten, d. h. die Bürger unmittelbar zum Bürgerkriege, zur Verheerung, Plünderung u. dgl. angereizt zu haben, und ließ ihn nach dem Verhöre in das hiesige Arresthaus abführen. Die durch den Artikel 102 angedrohte Strafe ist, je nach dem Erfolge, welcher der Aufreizung beigemessen wird, entweder Tod oder Verbannung aus dem preußischen Staate, (welche letztere Strafe, nebenbei gesagt, sich ertragen ließe) also entweder eine Leibes- oder entehrende Strafe. Nach Artikel 91 des Code d'instr. crim. mußte ein Vorführungsbefehl wider Freiligrath erlassen werden; ein Erscheinungsbefehl kann nur erlassen werden, wenn die That eine zuchtpolizeiliche Strafe nach sich zieht. Doch was geht das Düsseldorfer Parket die Kriminal-Prozeß-Ordnung an? Es handelte sich darum, durch Erlaß eines Erscheinungsbefehles den Angeklagten sicherer zu machen, und hat Herr Oberprokurator Schnaase, Literat und Redakteur einer unbekannten Niederrheinischen Zeitung, nicht ein zweiffelhaftes Vorbild in Köln? Was den zweiten politischen Gefangenen in Düsseldorf, den Bürger Julius Wulff, anbelangt, so ist vorgestern von der Strafrathskammer seine Sache an den Anklagesenat in Köln verwiesen worden, und zwar aus folgenden zwei Gründen: 1) hat Wulff durch Vorlesung und Verbreitung des republikanischen Katechismus ein Verbrechen begangen (Artikel 102); 2) hat er als Mitarbeiter an einer vom Volksklub an das Ministerium Camphausen beschlossenen Adresse sich einer Beleidigung dieses Ministeriums, also eines Vergehens schuldig gemacht. Der Oberprok. Schnaase hat gegen diesen Beschluß der Rathskammer Opposition eingelegt, insofern als Nr. 2 nicht vor die Assisen, sondern vor das Zuchtpolizeigericht gehöre. Sprechen die Geschwornen den Angeklagten frei, dann finden ihn die königlich-preußischen Richter vielleicht schuldig. Wäre es nicht zweckmäßig, ein Verzeichniß von sämmtlichen, unter dem Ministerium der That eingekerkerten Demokraten nebst Gründen ihrer Verhaftung zu entwerfen? Schleswig-Holstein. Die noch in den letzten Tagen einander mehrfach widerstreitenden Berichte über das Ergebniß der Waffenstillstandsunterhandlungen in Malmö haben jetzt dahin ihre Erledigung gefunden, daß jene Unterhandlungen mit Erfolg zu Ende geführt worden sind und die Ratifikation des abgeschlossenen Waffenstillstandes in wenigen Tagen mit Zuversicht erwartet werden darf. Mündliche, durch zuverlässige Vermittelung überlieferte Mittheilungen des aus Malmö zurückgekehrten preußischen Unterhändlers, des Generals v. Below und übereinstimmende Berichte aus Wismar und Lübeck verbürgen die Nachricht. Eine Cirkularnote des schwedischen Ministers des Auswärtigen aus Malmö vom 25. an sämmtliche schwedische Geschäftsträger im Auslande drückt seine Freude darüber aus, mittheilen zu können, daß ein Waffenstillstand zwischen Deutschland und Dänemark so gut wie abgeschlossen sei, und äußert die Hoffnung, ehestens den definitiven Abschluß anzeigen zu können. 15 Prag, 26. August. Sie werden glauben, daß Ihr Prager Korrespondent verschollen oder eines schönen Morgens auf den Hradschin gesetzt worden ist, um dort ein Sommerlogis einzunehmen; dem ist jedoch glücklicherweise nicht so, sondern die „Ruhe“ der Soldatenordnung, die Kirchhofruhe, in der wir hier leben, trägt daran die Schuld. In Ermangelung politischer Ereignisse, ergehen sich die Prager noch immerfort mit Protesten; gestern wurde der sehr kräftig abgefaßte der Juristen zur Unterschrift in der Stadt ausgelegt, in welchem alle Gründe des Fürsten widerlegt und demselben dargethan wurde, daß die Gehässigkeit, der er sich als allbekannter Träger aristokratischer und reaktionärer Tendenzen erfreue, die einzige Ursache der Juniereignisse gewesen sei. Außerdem verlangte man noch, daß die Untersuchung der Gefangenen auf freiem Fuße und von Schwurgerichten fortgesetzt, das Tragen der Waffen wieder erlaubt werde und jede Art von Absolutismus des s. Windisch-Grätz aufhöre. Der Protest wird nach Sammlung der Unterschriften sogleich nach Wien befördert. Der in der Damenversammlung zum Erzherzog Stephan gefaßte Beschluß der Damen, ihren Dienstmädchen zu verbieten, mit Grenadieren Umgang zu haben, hätte denselben beinahe eine Katzenmusik seitens der letztern eingebracht. Bei der zweiten Versammlung hatten sich die Grenadiere in großen Haufen auf dem Roßmarkte eingefunden und würden ohne Zweifel ihrem Heldenmuth Luft gemacht haben, wenn sie nicht durch Offiziere davon zurückgehalten worden wären. Ein Haufe von ihnen wurde von einem Trupp Gamins mit Steinwürfen bis an's Moldauufer begleitet. Wir sehen mit Erwartung auf den Wiener Reichstag, was er für Prag thun werde und ob wir bald wieder in den Vollgenuß unserer verheißenen Rechte kommen, denn faktisch besteht immer noch eine Art Belagerungszustand. Die Höhen sind noch fortwährend mit Geschütz und Truppen besetzt; unter den letztern soll sich ein vorzüglich widerspenstiger Geist zeigen, indem sie durch das fast zwei Monate anhaltende Campiren unter freiem Himmel, äußerst ermüdet und von Krankheiten bedroht sind. Unter den Grenadieren soll am 23. das Standrecht mehrer Excesse halber publicirt worden sein. Schweiz. Bern, 27. Aug. Laut der „Suisse“ hat der östreichische Gesandte, Hr. Kaisersfeld, verlangt, daß die lombardischen Flüchtlinge von der Gränze entfernt werden sollen. — Nach einer Mittheilung des General Thiard, Gesandten der französischen Republik, wird in Zukunft den lombardischen Flüchtlingen der Eintritt in Frankreich nicht weiter verweigert. Die französische Regierung gibt jedem Flüchtling 75 Cent. täglich und sorgt überdies dafür, daß die Flüchtlinge bei ihrer Durchreise von den Einwohnern beherbergt werden. Italien. * _ * _ * Verona, 22. August. _ Verona, 21. Aug. _ * _ 27 Neapel, 14. August. _ Französische Republik. 16 Paris, 29. Aug. Das Entweichen Louis Blanc's und Marc Caussidière's hat die Konservativen außerordentlich verblüfft. Der „Corsaire“ hilft sich mit einer Impertinenz: das Entweichen bekunde das böse Gewissen der Beiden u. s. w. Mit affektirter Kälte drechselt der „Siecle“ eine kleine Phrase. Die pochende Herzensangst steht aber dahinter, denn es sind, wie Ohrenzeugen versichern, gar „spitze und brennende“ Worte privatim vor, während und nach der achtzehnstündigen Sitzung gewechselt worden; Bac und Demosthenes Olivier erklärten im Gespräch: „der Terrorismus sei hiemit de jure eröffnet, de facto werde er bald losgehen, und mit Repressalien sonder Beispiel.“ Ein Deputirter des Berges sagte: „Im Jahr 1794 ist das Eis gebrochen, wir werden es nicht wieder gefrieren lassen;“ ein anderer: „Die Kröten und Frösche des Sumpfes (Centrum) sind munter wie nach dem Sturz des Robespierre, aber noch ist er nicht gekommen der moderne Maximilian, das wird ein hunderttausendköpfiger Riese sein; die Dummköpfe (imbécilles) der Rechten quäcken nach einem Thron; gut, wie Jupiter den Fröschen als König einen Holzblock herunterwarf, wollen wir ihnen auch wieder einen Block geben.“ Der Haß wüthet fürchterlich im Stillen, man schreibt schon in Gedanken die rothen Listen, um mit „La Republik“ zu reden. Daß Caussidière, dieser kerngesunde, naive Volksmensch (ehemals Handelskommis) nächstens Präsident der Republik wird, scheint Vielen unausbleiblich. Die innerliche Spaltung der Bourgeoisie wächst täglich; mancher ist demokratisch seit die verrückte Austheilung der Juni-Ehrenkreuze stattgefunden. „Diese Thoren sind reif für's Irrenhaus,“ sagte mir noch kürzlich ein fanatischer Bourgeois, „sie nähen sich Orden auf die Rippen um desto besser den Blitz anzuziehen; auch ist das unrecht nach einem Bürgerkriege.“ Er hatte das Kreuz abgelehnt. Die Familie des bourgeois-republikanischen Deputirten Dornes hat die Scherpe, mit der er an der Spitze der Mobile vor den Barrikaden der Vorstadt St. Martin auf den Tod verwundet stürzte, der Kompagnie geschenkt; sie ist jetzt an der Fahne befestigt und man hat der Familie eine den Insurgenten abgenommene Muskete zum Gegengeschenk gemacht. Also ganz wie im Beduinenfeldzuge. — Die Munizipalität des Montmartre ist vom Präfekten der Seine aufgelöst worden; sie war zu „sozialistisch.“ Sechsundsiebenzig schwere Geschütze stehen in der Stadt vertheilt, z. B. im Hofe der Nationalversammlung allein 14, im Temple 40, ferner 80 in der Militärschule am Marsfeld, und die Kanonen vieler Forts sind auf die Stadt gerichtet. Cavaignac hat wieder eine befremdende Thorheit begangen: als die Journalisten ihm die Protestation wegen seiner Preßverletzungen überreichten, sagte er: „Bürger, hätten Sie nicht protestirt, so könnte ich Sie nicht achten; ich freue mich, in Ihnen Männer zu finden; übrigens kann ich nichts ändern.“ Der „Impartial du Nord“ ruft: „Wo soll das hinaus? Eugen, Du vergißt was Godefroy, Dein Bruder, so oft gelehrt hat. Flocon, Freund des großen Todten, hat Dich aus Algier kommen lassen, weil Du der einzige republikanische General warest, (Schande genug für das Vaterland St. Just's!) aber wir hoffen, Du wirst anders noch als mit Kanonen und Polizeimandaten die Republik halten wollen.“ Die Polizei ist beireits sehr mißlaunig gegen die paar neu eröffneten Klubs, die sich „Lehrkourse“ nennen und somit auch Damen zu lassen; gestern war ich in dem der Fourieristen, wo Toussenel unter ungeheurem Beifall herbe Angriffe gegen die Geldaristokratie machte und ganz einfach verlangte, der Staat solle die Bank, die Eisenbahnen, den Gütertransport (Roulage), die Courtage (aber mit gründlicher Statistik der Handelsverhältnisse) und die Versicherungsanstalten übernehmen. Unfehlbar kommt bald ein neues Antiklubgesetz, wenn das Ding so fortgeht; der protestantische Herr Pastor Athanasius Coquerel hat ja auf diese Art ganz umsonst die Frauen ausschließen lassen? Durch die Polizeiplackereien wird ein Theil der Bourgeoisie auf's Neue erbittert, und die heiligen Heerschaaren der Ordnungskämpfer werden dermal einst nicht so vollzählg sein als im Juni. Die Mobile wird ganz zu einer Municipalgarde dressirt, man vertheilt an sie den Abschaum der Tagespresse: „Assemblée Nationale“ und „Constitutionnel“ insonderheit. „Der Ouvrier ist meist ein Faulenzer“, dozirte ein 14jähriges Bürschchen von der Mobile in einem Tanzlokale einer Gruppe

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 91. Köln, 1. September 1848, S. 0461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz091_1848/3>, abgerufen am 28.03.2024.