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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 141. Köln, 12. November 1848.

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schafft ihn nie; sie ist nie revolutionär, aber sie provocirt die Revolution; ihre Taktik ist, den Sieger zu plündern, wenn er ihr nicht mit Gewalt entgegentritt... Nicht das Volk, sondern die Bourgeoisie ist verantwortlich zu machen für die Fehler unserer ersten Revolution. Die Bourgeoisie war es, die der Reaktion vom Jahr III sekundirte, wie sie dem Wohlfahrtsausschusse sekundirt hatte; die Bourgeoisie war es, die dem Ehrgeiz des ersten Konsul huldigte, das Kaiserthum einräucherte und den Kaiser verrieth; sie war es, welche die mit Gewaltthätigkeiten und Schandthaten besudelten Generale der Restauration einführte; sie war es, die alle jene Beamten lieferte, die aus der Gerechtigkeit eine Metze der Polizei machten; sie war es, die aus Furcht vor den Folgen ihres eigenen Egoismus und aus Rache über ihre Zurücksetzung in Aemtern und Würden (1830) das Volk zu Hülfe rief; sie war es, welche den Sieg des Proletariats stahl, um sich der von ihr selbst verurtheilten Privilegien zu bemächtigen; sie war es, welche eine unerhörte Civilliste dem Volke auf die Schultern wälzen ließ und den Staat an den Abgrund des Verderbens treibt... Die Bourgeoisie ist feig; die Gewalt und die Brutalität bezeichnen ihre Spuren. Die Toaste der demokratischen Banketts sind ein sanftes Säuseln neben diesem groben Donnerwetter, und vieleicht war dies der Grund, weshalb der geliebte Benjamin der Bourgeoisie an jenem Tage nicht präsidiren wollte, wo Hr. Denjoy, der kühne Neffe des Hrn. Salvandy, das Gouvernement wegen der Banketts von Toulouse und Bourges interpellirte.

Und die Juni-Insurrektion? Man weiß, wie Felix Pyat vor 4 Tagen in seiner vortrefflichen Rede über das droit au travail von dem Präsidenten Marrast dreimal zur Ordnung gerufen wurde, weil er - unerhörter Frevel! - "die Juni-Insurgenten in Schutz zu nehmen wagte." Hören wir, wie der ehemalige Redakteur des National bei Gelegenheit der ersten Juni-Insurrektion unter Louis Philipp (Kloster St. Mery) die Insurrektion legitimisirte und verherrlichte. "Wißt ihr," sagte Hr. Marrast in dem Prozest der zweiundzwanzig Angeklagten, "wißt ihr, wer diese Leute sind, die hier vor Gericht stehen, und die, welche bereits fehlen? Es sind dieselben, deren Herzen und Arme ihr in der Juli- (Februar-) Revolution annahmet, dieselben, welche sich damals wie heute, voll Unerschrockenheit, groß im Heldenmuth, größer noch durch Aufopferung zeigten. Wenn der Sieg sie gekrönt hätte, ihr würdet ihre Namen in die ehernen Tafeln des Pantheons graben. Aber das Gesetz! Ja wohl, das Gesetz ist immer für den Sieger, denn er macht es. Lassen wir das Gesetz. Um was handelt es sich in diesem Prozeß? Um eine Insurrektion. Um was handelte es sich im Juli (Februar) ? Um eine Insurrektion. Welches waren damals die handelnden Personen? Diejenigen, welche die honette Gesellschaft verstößt, verläugnet, unterdrückt. Welches sind sie heute? Lest ihre Geschichte: es ist die nämliche Veranlassung, das nämliche Interesse, das nämliche Prinzip. Die Juni-Insurrektion wurde provocirt durch ein System, welches Polen, Italien, Belgien verrathen, und dieselbe Revolution, der das Gouvernement sein Dasein verdankt, beschimpft und verleugnet hat!"

Nichts fehlt an diesem Bild als die Jahreszahl 1848. Und als die biedern Geschworenen, die in allen Ländern gleich verächtliche Bourgeois-Jury, über die gefangenen Demokraten ihr Schuldig gesprochen, schrieb Herr Marrast weiter: "Edles Gesetz, das immer bereit ist, wenn es das Volk zu ermorden gilt, immer lügenhaft, wenn es von seiner Beschützung spricht! Verspricht das Gesetz nicht, die Angeklagten durch ihres Gleichen richten zu lassen? Und wer sind hier ihres Gleichen? Es sind diejenigen, welche arbeiten, um sich jeden Tag um die Früchte ihres Fleißes betrogen zu sehen. Es sind die in allen Ateliers, überall im Lande und in den Städten zerstreuten Proletarier, die wahren Triebfedern alles dessen, was man die Civilisation nennt, die Männer des Volks, welche ihr überall findet, wo es Leiden zu erdulden giebt, überall geächtet, wo die Frucht der Arbeit gesammelt wird..... Das Gesetz bestraft die Anstifter und Anfacher des Bürgerkriegs: aber bedenkt, daß es noch eine Art von Bürgerkrieg giebt, einen stillen, geräuschlosen, mörderischen Bürgerkrieg, der Tag für Tag seine Opfer verschlingt; einen Verwüstungskrieg, der den Hunger und die Pest zur Seite hat, und dessen Schlachtfeld ihr nie übersehen werdet; einen Bürgerkrieg, der begonnen hat mit der Usurpation, und sich fortpflanzt durch die Schacherwuth und den Egoismus; einen Kannibalenkrieg, den ein Theil der Gesellschaft unaufhörlich, unerbittlich gegen den andern führt!" Und Herr Marrast rief den jungen Montagnard Pyat zur Ordnung, weil er von "Klassenunterschieden spreche, und die Klassen gegen einanderhetze!" Es hat sich seit jener Verurtheilung der Demokraten vom Kloster St. Mery nichts geändert; die Besiegten des Juni sind gemordet, geächtet, auf die Galeeren geschmiedet, transportirt, und Hr. Marrast, für den die Februarrevolution gemacht wurde. Hr. Marrast tanzt mit Frau von Lamoriciere.

Wenn man weiß, wie Hr. Marrast schon vor der Februarrevolution allmählig zu Odillon-Barrot desertirte, dann der dynastischdoktrinären Alliance Maleville und Hauranne schmeichelte und endlich dem "unnachahmlichen Redner" Thiers sein Kompliment machte, wenn man weiß, wie der "National" vor dem 22. Februar die Bankettbewegung mehr als zweideutig behandelte, so wird man nicht erstaunen, daß der "zahnlose Löwe," der Angeklagte von 1834, die Stimmen des Hrn. Thiers und Falloux, Odillon-Barrot und Duvergnier de Hauranne zur Präsidentschaft der Assemblee erhielt.

Aber der "Marquis der Republik" fühlt sich trotz dieser Glorie nicht glücklich. Hr. Marrast hat eine Ahnung von dem baldigen Ende seines Glanzes: der 10. Dezember, der Tag der Erwählung des Präsidenten, könnte auch für ihn verhängnißvoll sein. Und die Versammlung selbst, fast scheint es, als ob auch sie die nahende Katastrophe des alten Löwen fühle, denn sie hat seine Aufopferung zu belohnen verschmäht, und man betrachtet ihn bereits wie ein Möbel, dem man einen andern, unscheinbaren Platz anweisen muß. In der That, die Präsidentschaft ist eine Last, und Herr Marrast gleicht in ihr einem Gymnasiasten, der zum Erstenmal eine steife Halsbinde angelegt hat, und Jedem, der ihn von der Seite anredet, seine ganze Figur zuwendet.

Großbritannien.
* London, 9. Nov.

Die Parlamentswahl der West-Riding von Yorkshire veranlaßt die Times zu einigen Bemerkungen über diesen reichsten und bedeudendtsten Wahlbezirk von ganz England. Sie erinnert daran, wie die fleißigen Bewohner von Leeds, Wakefield, Sheffield, Bradford und ähnlichen Sitzen der Industrie, stets die hervorragendsten Männer auf den Schild gehoben und wie es diesen ein besonderer Triumph gewesen sei, wenn sie schließlich im Wahlkampf gesiegt hätten.

So habe die West-Riding mit Hintansetzung aller aristokratischen Namen einen Henry Brougham und einen Cobden in's Parlament gesandt und wohl stehe es ihr zu, sich auch heute als Ersatz für den scheidenden Lord Morpeth, nach den bedeutendsten Männern des Landes umzusehen. Wenn die Bevölkerung der West-Riding daher in diesem Augenblick den zwar talentvollen, aber noch sehr jungen und unerfahrenen Charles Fitzwilliam in den Vordergrund stellt, so sieht die Times hierin nicht die richtige Wahl für einen Distrikt, der mit seinen 20,000 Kaufleuten, Fabrikanten und Pächtern, mehr als jeder Andere, wirkliche Kenntnisse und Erfahrungen über einen alten Namen entscheiden lassen müßte.

Diese Bemerkungen der Times erinnern uns lebhaft an die Wahlkämpfe, die in frühern Jahren unter unseren eigenen Augen in der WestRiding vorgingen. Sie boten das interessanteste und belehrendste Schauspiel dar, was man in England haben konnte. Wie die WestRiding seiner Zeit der eigentliche Herd der Reform und katholischen Emancipations-Agitation war, so wurden in ihr auch die Hauptschlachten des Freihandel-Feldzuges geschlagen.

Bei der Wahl Lord Morpeths, sehen wir einst auf dem Markte von Wakefield, einen der gewaltigsten dieser Kämpfe. Die ganze West-Riding hatte ihre Politiker gesandt; alle Straßen, die zu dem Marktplatz führten, waren gedrängt voll von Menschen und ob es auch vom Himmel in Strömen herabregnete, so verließ doch von 10 Uhr Morgens bis 5 Uhr Nachmittags Niemand seinen Platz. Die riesigen Fabrikanten von Bradford und Halifax, die gewandteren Kaufleute von Leeds und die stämmigen Farmer aller zwischen Hull, York und Normantan liegenden Gehöfte waren in dichten Massen zugegen, um für uns wider die Wahl eines Kandidaten zu streiten, dessen Ernennung man von seinem Auftreten für den Freihandel abhängig machte.

Mit aller Energie hatten die Protektionisten ihr Feld vertheidigt, aber die Schüler Cobden's und Bright's gewannen mit jedem Augenblicke mehr an Terrain.

Da kam den Protektionisten plötzlich die beste Freundin, die Kirche zu Hülfe. Der Vikar von Wakefield ließ nämlich mit einem Male alle Glocken der nahen Hochkirche läuten und mit dem fürchterlichsten Lärm übertönten sie die Stimmen der unglücklichen Redner. Aber die Lungen der Freetrader waren ausdauernder als die Glocken der Kirche. Während drei vollen Stunden wetteiferten sie mit dem Geläut des Thurmes; da verstummten endlich die Glocken, die Freetrader hatten gesiegt und Lord Morpeth wurde gewählt.

* Dublin, 9. November.

Darcy Magee, einer der Chefs der letzten irischen Insurrektion, der glücklich nach New-York entkam, hat kürzlich einen Brief in amerikanischen Blättern veröffentlicht der die genausten Details über das gescheiterte Unternehmen enthüllt. Wir geben denselben wörtlich:

"Drei Data muß man in Betreff der letzten irischen Bewegung festhalten: den Monat Februar, wo die Revolutionen des Kontinents ihren Anfang nehmen - den 24 July, wo die Habeas-Corpus-Acte suspendirt wurde - und die Zeit der Erndte, die in Irland erst im September beginnt.

Im vergangenen Februar gab es zwei Parteien in Irland, die eine Aenderung des Gouvernements verlangten, die Moralforce Repealer und Jung-Irland." Diese Parteien entstanden im July 1846, als die Jung-Irländer gestützt darauf, daß es gesetzlich sei Blut zu vergießen um politische Rechte zu erringen, sich von der Repeal Association trennten.

Vor dieser Zeit war Daniel O'Connell ein eben so unumschränkter Herrscher in Irland, als es Nicolaus Romanoff in Rußland ist. Die Alten verehrten ihn seiner Vorsichtigkeit wegen; die Jungen weil England ihn fürchtete und haßte. Viele Protestanten unterstützten ihn aufrichtig, weil er liberal war; die Kotholiken vergötterten ihn als den Mann, der ihre Altäre wieder aufbaute und den Arm und die Zunge der Geistlichkeit löste. Zwei tausend katholische Geistliche, in jedem Dorfe, in jedem Kreuzweg, waren seine Kapitäne und Magistratspersonen. Sein Wort war einzig und allein Gesetz im Lande und Kinder wurden nach seinem Namen getauft wie nach dem Namen eines Heiligen.

Dieser mächtige und beliebte Mann lehrte während seiner letzten Lebensjahre, daß die Freiheit auch nicht einen Blutstropfen werth sei und die große Majorität der Geistlichen und des Volkes nahm diese Lehre an. Aber eine neue Generation war in Irland entstanden, die ihr eigenes Gouvernement wünschte und dasselbe nöhigenfalls mit den Waffen in der Hund zu erobern beschloß.

Als O'Connell daher im July 1846 der Repeal Association seine "Friedens-Resolutionen" einreichte, trennte sich Jung-Irland von seinen bisherigen Alliirten und gründete im Januar 1847 "die irische Konföderation," aus der, veranlaßt durch die Bewegung des Kontinents, die jüngste Insurrektion entsprang. Im Jahre 1847 machte Jung-Irland in allen Städten Propaganda und zwar mit Erfolg, da das Beispiel Pius IX. und die Revolutionen des vergangenen Frühjahrs zu Thaten anspornten. Ueberall während der letzten 6 Monate verbanden sich die Bewohner der Städte zu einem gewaltsamen Sturz der britischen Herrschaft.

Diese Organisation der Städte bestand aus 500 Klubs, mit ungefähr 30,000 waffenfähigen Menschen. Von diesen war beinahe die Hälfte im July mehr oder weniger im Besitz von Waffen; die andre Hälfte verschaffte sich dieselben so rasch als möglich. In Gegenden, wo das Geld rar war und wo die Waffen viel kosteten, habe ich halbbeschäftigte Arbeiter gesehen, die es sich am Munde absparten, um ein Gewehr zu kaufen. Jeder Klub war in Sektionen von 10 Mann getheilt, mit einem Anführer an der Spitze jeder Sektion, der seine zehn Mann persönlich kannte. Viele dieser Klubs wurden entwaffnet; eine große Menge Gewehre rettete man aber und Klubs und Sektionen bestehen noch bis auf den heutigen Tag, so daß also bei der ersten Gelegenheit, ein neuer Aufstand rasch zu organisiren ist.

Die Agitation der Konföderirten drang indeß nicht bis in die Landbevölkerung hinein. Manche Gründe lassen sich hierfür anführen. Vor allen Dingen hatte die Hungersnoth von 1846 u. 47 die Leute entsetzlich erschlafft. Die glühende Beredsamkeit eines Mitchell, Duffy und Meagher rührte die Landbewohner wohl, aber sie riß dieselben nicht zu Thaten hin.

Das Gouvernement sah, daß wir die Städte organisirten und in unsere Gewalt bekamen, daß wir aber noch nicht das Herz des Landes getroffen. Es wußte, daß das Klub-System höchst wirksam ist, wo die Bevölkerung dicht aufeinander wohnt, daß es aber unpassend für die Landdistrickte ist. Das Gouvernement sorgte daher für sich in zweierlei Weise, indem es seine Streitkräfte in Städten koncentrirte, und alle Mittel aufbot, um die Vereinigung der katholischen Geistlichkeit mit den revolutionären Leitern zu verhindern.

In diesem letztern Punkte fand das Gouvernement eine Hauptstütze in der Weise, wie John O'Connell sich der Bildung einer "Irischen League" widersetzte. Diese League wurde von den besten Geistlichen und Bürgern gegründet, und sollte sowohl die Repeal-Association, wie die Conföderirten, in sich aufnehmen. Ihr wirkliches Resultat würde gewesen setn, daß Jung-Irland und die Geistlichkeit, die beiden Elemente der irischen Politik, sich miteinander vereinigt hätten. O'Connell griff aber diese League auf jede Weise und in der unwürdigsten Manier an, und brandmarkte sie als unkatholisch, so daß die katholische Geistlichkeit, mit Ausnahme des muthigen und beredten Bischof von Derry, die kaum gebildete League aufgab und sie dem Gouvernement gegenüber durchaus im Stich ließ.

Die irische Geistlichkeit hatte ihre guten Gründe für dieses Verfahren. Die blutigen Junitage in Paris, die in Rom herrschende Anarchie, das mehr oder weniger Nichtvorbereitetsein des Volkes, die Metzelei, die man erwartete, und das theilweise Mißrathen der Erndte, alles das konnte sie für ihre Maßregeln anführen. Jedenfalls vereitelte sie aber dadurch die Revolution, daß sie fortwährend ihr Mißlingen predigte. In Carrick, Castlereagh, Tipperary und Clare predigte sie gegen ein Ergreifen der Waffen und zwar mit Erfolg.

Die Koncentration der Truppen in den Städten und Flecken zwang nun die Conföderirten zu einem Guerillakrieg. Die Situation einer irischen Stadt, im vorigen August, mag aus folgendem Beispiele hervorgehen. In Dublin ist, wie in den meisten irischen Städten, eine Alt- und eine Neu-Stadt. Die Leute des Gouvernements wohnen in der Neu-Stadt, und beherrschen ihre offenen und regulären Straßen von öffentlichen, sehr festen Gebäuden aus. In der Alt-Stadt leben dagegen die Rebellen, welche man leicht mit Kartätschen und Bomben vernichten kann, ohne auch nur den übrigen Quartiers zu schaden. In Dublin war die Garnison im Durchschnitt 10,000, am 22. Juli aber 15,000 Mann stark. Um diese zu schlagen, hätte man sie, wie einst die Spanier die Napoleonischen Soldaten, entweder auf solche Punkte locken müssen, wo nur Infanterie agiren konnte und wo die rohe Masse des Volkes mehr auf demselben Fuße mit den Truppen stand, oder man hätte hintereinander, wie die Athener Athen und die Russen Moskau, die Städte in Brand stecken müssen.

Sicher würde dies auch geschehen sein, wenn aus dem Innern des Landes, wohin die Leiter der Partei sich der Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte wegen verfügt hatten, die Nachricht eingetroffen wäre, daß der Kampf begonnen habe. Aber die Landdistrikte wollten sich nicht ohne die Geistlichkeit erheben, und die Geistlichkeit war entweder geradezu feindlich gesinnt, oder doch wenigstens dem ganzen Unternehmen zuwider."

So weit Magee. Unsre Leser wissen bereits das Resultat der ganzen Bewegung. Smith O'Brien, der hervorragendste unter den Jung-Irländern, suchte trotz der Abneigung der Land-Bevölkerung die Provinz Tipperary zum Aufstande hinzureißen. Seine und seiner Kollegen Anstrengungen gelangen aber nur theilweise und scheiterten deßwegen. Nicht allein Smith O'Brien, sondern auch fast alle andern Führer der Insurgenten, Duffy, O'Donohoe, Martin, Meagher u. s. w. wurden theils bei dem Zusammenstoß der Truppen und der Insurgenten, theils auf der Flucht gefangen und bei den noch fortdauernden Prozessen in Clonmel zum Tode verurtheilt.

Der Brief Magee's, in dem er die hochverrätherischen Plane seiner Genossen zugesteht, dürfte bei den noch schwebenden Prozessen für die Angeklagten eben nicht von Nutzen sein und so sehr wir uns auch freuen, die obigen Details aus der Feder eines bei der Insurrektion sehr betheiligten zu besitzen, so müssen wir doch gestehen, daß wir den Brief Magee's lieber nicht veröffentlicht gesehen hätten.

Italien.
* Turin, 4. November.

Die italienische Konföderation hat heute Behufs der Bildung einer konstituirenden Versammlung der italienischen Staaten, einen Wahlgesetzentwurf veröffentlicht. Außerdem publizirt sie einen Akt, in welchem die Prinzipien der Verträge und der Reglements der Union niedergelegt sind. Aus Mailand hört man unterm 2. d., daß der Aufstand des Intelri-Thales kein so günstiges Resultat gehabt hat, wie man Anfangs dachte.

Die Insurgenten, die sich Como näherten, sollen geschlagen und zur Flucht gezwungen worden sein. Die Nachrichten aus Venedig vom 27. Okt. lauten dagegen bei weitem besser. Die italienischen Waffen errangen bei einem Ausfalle den vollständigsten Sieg. Die Kroaten wichen dem Enthusiasmus der Italiener; man machte 500 Mann zu Gefangenen; etwa 200 blieben auf dem Platze.


Verhandlungen des Gemeinderaths zu Cöln.
Sitzung vom 6. November 1848, Abends 6 Uhr.

Der Vorsitzende theilte eine Eingabe des Beigeordneten Sonore mit, worin dieser, unter Verzichtleistung auf die ihm zustehende büdgetmäßige Jahres-Gratification von 787 Thlr. 15 Sgr. darauf anträgt, ihm die auf die Arbeiter-Angelegenheiten bezüglichen Geschäfte abzunehmen und damit einen besondern Mann zu beauftragen, andern Falls er sich zur Niederlegung seiner Stelle veranlaßt sehe. Der Gemeinderath beschloß, daß die Verwaltung in Bezug auf diese Eingabe einen bestimmten und motivirten Antrag stellen möge, welcher in nächster Sitzung, nachdem er von der durch drei Mitglieder verstärkten Commission für die öffentlichen Arbeiten geprüft worden, zur Berathung zu bringen sei.

Die unterm. 18 September d. J. ernannte gemeinderäthliche Commission erstattete Bericht über die hiesigen Theater-Verhältnisse, worauf die von derselben gestellten Anträge vom Gemeinderathe angenommen wurden, als:

1) Die Armenabgabe für rein theatralische Vorstellungen, Behufs Controle für das Theater-Comite auf 1% herabzusetzen. Bälle, Conzerte und sonstige nicht theatralische Vorstellungen und Productionen sind hiervon ausgenommen und verfallen der gesetzlichen Abgabe. Die Controle ist dem Theater-Comite gegenüber beizubehalten, indem dasselbe nach der Einnahme Quote seine Anforderungen zu stellen hat. Diese Begünstigung soll vorläufig für ein Jahr eingeräumt werden und nach Ablauf desselben dem Gemeinderathe freistehen, dieselbe nach Umständen fortbestehen zu lassen oder aufzuheben.

2) Zur Deckung der Armenabgabe giebt der Theater-Direktor drei Vorstellungen, deren Unkosten er ganz zu tragen hat, so daß die volle Brutto Einnahme der Armenverwaltung eingehändigt werden kann. Diese drei Vorstellungen, so wie der Tag derselben werden vom Theater-Comite bestimmt.

3) Diese Begünstigung soll in Kraft treten, wenn von Seiten der Actionäre des Schauspielhauses die Miethe desselben auf mindestens zwei drittel des seitherigen Betrages reduzirt wird.

Nachdem der Oberbürgermeister die Sitzung verlassen, theilte der den Vortzni übernommene erste Beigeordnete dem Gemeinderathe ein Reskript der Königlichen Regierung mit, wonach der Herr Appellationsgerichtsrath Gräff hierselst zum Kommissarischen Oberbürgermeister von Köln ernannt worden ist.

Erklärung.

Es haben sich auf dem zweiten Demokraten-Congresse in Folge der Verhandlungen unzweifelhaft zwei Parteien gebildet, welche trotzdem sie beide die Lösung der socialen Frage erst in der demokratischen Republik für möglich halten, sich doch in Bezug hierauf wesentlich von einander unterscheiden.

Die eine Partei, die idealen Demokraten, hielten nicht nur die Lösung, sondern sogar jeden Angriff der socialen Frage für unstatthaft und erfolglos vor der hergestellten demokratischen Republik.

Die zweite Partei, die praktischen Demokraten, hielten einen Angriff dieser Frage vor der Herstellung Republik nicht nur für nützlich und Erfolg versprechend, sondern auch bei der steigenden Noth und Verarmung des kleinern Bürger- und Arbeiterstandes für geboten. Als wesentliche Mittel dazu erkannten sie die sofortige Einführung einer demokratischen Gemeinde-Ordnung eines minder drückenden Steuerwesens und einer naturgemäßen Verbesserung der Ackerbau-Arbeiter und Industrie-Verhältnisse.

Die Unterzeichneten sehen sich durch ihr Mandat sowohl, wie durch den Vorrang, welchen sie der socialen Frage vor einer bloßen Verfassungsform gewähren, zu erklären veranlast.

Daß sie, dieser zweiten Partie anhörend, den politischen Weg, soweit es in ihren Kräften steht, unerschrocken einschlagen und verfolgen werden.

Berlin den 1. November 1848.

A. Kaulfuß für den demokratischen Bürgerverein zu Merseburg.

J. V. Maßalvup für den Volksverein zu Roßleben.

Dr. E. Grosse für den demokratischen Verein in Mücheln.

Dortu für den politischen Verein in Potsdam.

Däumer für den demoktischen Verein in Weißenfels.

Stockmann für den demok. Zweigverein in Bibra und Memmleben.

Dedeking für den demok. Verein in Lauchstädt.

H. Berlepsch dito in Erfurt.

H. Berlepsch für den Bürgerverein daselbst.

Th. Peitmann für den demok. Verein in Münster.

Saß für den demok. Urwähler-Verein in Berlin.

Rohlfs dito dito

Annecke II. für den demok. Verein in Guben.

Schweitzer für den demok. Verein der Königstadt in Berlin.

Rockmann für den Volksklub in Düsseldorf und für den demok. Verein in Mühlhausen an der Ruhr.

(Nachträge folgen.)

Der Gerant: Korff.
Druck von J. W. Dietz, unter Hutmacher Nr. 17.

schafft ihn nie; sie ist nie revolutionär, aber sie provocirt die Revolution; ihre Taktik ist, den Sieger zu plündern, wenn er ihr nicht mit Gewalt entgegentritt… Nicht das Volk, sondern die Bourgeoisie ist verantwortlich zu machen für die Fehler unserer ersten Revolution. Die Bourgeoisie war es, die der Reaktion vom Jahr III sekundirte, wie sie dem Wohlfahrtsausschusse sekundirt hatte; die Bourgeoisie war es, die dem Ehrgeiz des ersten Konsul huldigte, das Kaiserthum einräucherte und den Kaiser verrieth; sie war es, welche die mit Gewaltthätigkeiten und Schandthaten besudelten Generale der Restauration einführte; sie war es, die alle jene Beamten lieferte, die aus der Gerechtigkeit eine Metze der Polizei machten; sie war es, die aus Furcht vor den Folgen ihres eigenen Egoismus und aus Rache über ihre Zurücksetzung in Aemtern und Würden (1830) das Volk zu Hülfe rief; sie war es, welche den Sieg des Proletariats stahl, um sich der von ihr selbst verurtheilten Privilegien zu bemächtigen; sie war es, welche eine unerhörte Civilliste dem Volke auf die Schultern wälzen ließ und den Staat an den Abgrund des Verderbens treibt… Die Bourgeoisie ist feig; die Gewalt und die Brutalität bezeichnen ihre Spuren. Die Toaste der demokratischen Banketts sind ein sanftes Säuseln neben diesem groben Donnerwetter, und vieleicht war dies der Grund, weshalb der geliebte Benjamin der Bourgeoisie an jenem Tage nicht präsidiren wollte, wo Hr. Denjoy, der kühne Neffe des Hrn. Salvandy, das Gouvernement wegen der Banketts von Toulouse und Bourges interpellirte.

Und die Juni-Insurrektion? Man weiß, wie Felix Pyat vor 4 Tagen in seiner vortrefflichen Rede über das droit au travail von dem Präsidenten Marrast dreimal zur Ordnung gerufen wurde, weil er ‒ unerhörter Frevel! ‒ „die Juni-Insurgenten in Schutz zu nehmen wagte.“ Hören wir, wie der ehemalige Redakteur des National bei Gelegenheit der ersten Juni-Insurrektion unter Louis Philipp (Kloster St. Mery) die Insurrektion legitimisirte und verherrlichte. „Wißt ihr,“ sagte Hr. Marrast in dem Prozest der zweiundzwanzig Angeklagten, „wißt ihr, wer diese Leute sind, die hier vor Gericht stehen, und die, welche bereits fehlen? Es sind dieselben, deren Herzen und Arme ihr in der Juli- (Februar-) Revolution annahmet, dieselben, welche sich damals wie heute, voll Unerschrockenheit, groß im Heldenmuth, größer noch durch Aufopferung zeigten. Wenn der Sieg sie gekrönt hätte, ihr würdet ihre Namen in die ehernen Tafeln des Pantheons graben. Aber das Gesetz! Ja wohl, das Gesetz ist immer für den Sieger, denn er macht es. Lassen wir das Gesetz. Um was handelt es sich in diesem Prozeß? Um eine Insurrektion. Um was handelte es sich im Juli (Februar) ? Um eine Insurrektion. Welches waren damals die handelnden Personen? Diejenigen, welche die honette Gesellschaft verstößt, verläugnet, unterdrückt. Welches sind sie heute? Lest ihre Geschichte: es ist die nämliche Veranlassung, das nämliche Interesse, das nämliche Prinzip. Die Juni-Insurrektion wurde provocirt durch ein System, welches Polen, Italien, Belgien verrathen, und dieselbe Revolution, der das Gouvernement sein Dasein verdankt, beschimpft und verleugnet hat!“

Nichts fehlt an diesem Bild als die Jahreszahl 1848. Und als die biedern Geschworenen, die in allen Ländern gleich verächtliche Bourgeois-Jury, über die gefangenen Demokraten ihr Schuldig gesprochen, schrieb Herr Marrast weiter: „Edles Gesetz, das immer bereit ist, wenn es das Volk zu ermorden gilt, immer lügenhaft, wenn es von seiner Beschützung spricht! Verspricht das Gesetz nicht, die Angeklagten durch ihres Gleichen richten zu lassen? Und wer sind hier ihres Gleichen? Es sind diejenigen, welche arbeiten, um sich jeden Tag um die Früchte ihres Fleißes betrogen zu sehen. Es sind die in allen Ateliers, überall im Lande und in den Städten zerstreuten Proletarier, die wahren Triebfedern alles dessen, was man die Civilisation nennt, die Männer des Volks, welche ihr überall findet, wo es Leiden zu erdulden giebt, überall geächtet, wo die Frucht der Arbeit gesammelt wird‥‥. Das Gesetz bestraft die Anstifter und Anfacher des Bürgerkriegs: aber bedenkt, daß es noch eine Art von Bürgerkrieg giebt, einen stillen, geräuschlosen, mörderischen Bürgerkrieg, der Tag für Tag seine Opfer verschlingt; einen Verwüstungskrieg, der den Hunger und die Pest zur Seite hat, und dessen Schlachtfeld ihr nie übersehen werdet; einen Bürgerkrieg, der begonnen hat mit der Usurpation, und sich fortpflanzt durch die Schacherwuth und den Egoismus; einen Kannibalenkrieg, den ein Theil der Gesellschaft unaufhörlich, unerbittlich gegen den andern führt!“ Und Herr Marrast rief den jungen Montagnard Pyat zur Ordnung, weil er von „Klassenunterschieden spreche, und die Klassen gegen einanderhetze!“ Es hat sich seit jener Verurtheilung der Demokraten vom Kloster St. Mery nichts geändert; die Besiegten des Juni sind gemordet, geächtet, auf die Galeeren geschmiedet, transportirt, und Hr. Marrast, für den die Februarrevolution gemacht wurde. Hr. Marrast tanzt mit Frau von Lamoriciere.

Wenn man weiß, wie Hr. Marrast schon vor der Februarrevolution allmählig zu Odillon-Barrot desertirte, dann der dynastischdoktrinären Alliance Maleville und Hauranne schmeichelte und endlich dem „unnachahmlichen Redner“ Thiers sein Kompliment machte, wenn man weiß, wie der „National“ vor dem 22. Februar die Bankettbewegung mehr als zweideutig behandelte, so wird man nicht erstaunen, daß der „zahnlose Löwe,“ der Angeklagte von 1834, die Stimmen des Hrn. Thiers und Falloux, Odillon-Barrot und Duvergnier de Hauranne zur Präsidentschaft der Assemblee erhielt.

Aber der „Marquis der Republik“ fühlt sich trotz dieser Glorie nicht glücklich. Hr. Marrast hat eine Ahnung von dem baldigen Ende seines Glanzes: der 10. Dezember, der Tag der Erwählung des Präsidenten, könnte auch für ihn verhängnißvoll sein. Und die Versammlung selbst, fast scheint es, als ob auch sie die nahende Katastrophe des alten Löwen fühle, denn sie hat seine Aufopferung zu belohnen verschmäht, und man betrachtet ihn bereits wie ein Möbel, dem man einen andern, unscheinbaren Platz anweisen muß. In der That, die Präsidentschaft ist eine Last, und Herr Marrast gleicht in ihr einem Gymnasiasten, der zum Erstenmal eine steife Halsbinde angelegt hat, und Jedem, der ihn von der Seite anredet, seine ganze Figur zuwendet.

Großbritannien.
* London, 9. Nov.

Die Parlamentswahl der West-Riding von Yorkshire veranlaßt die Times zu einigen Bemerkungen über diesen reichsten und bedeudendtsten Wahlbezirk von ganz England. Sie erinnert daran, wie die fleißigen Bewohner von Leeds, Wakefield, Sheffield, Bradford und ähnlichen Sitzen der Industrie, stets die hervorragendsten Männer auf den Schild gehoben und wie es diesen ein besonderer Triumph gewesen sei, wenn sie schließlich im Wahlkampf gesiegt hätten.

So habe die West-Riding mit Hintansetzung aller aristokratischen Namen einen Henry Brougham und einen Cobden in's Parlament gesandt und wohl stehe es ihr zu, sich auch heute als Ersatz für den scheidenden Lord Morpeth, nach den bedeutendsten Männern des Landes umzusehen. Wenn die Bevölkerung der West-Riding daher in diesem Augenblick den zwar talentvollen, aber noch sehr jungen und unerfahrenen Charles Fitzwilliam in den Vordergrund stellt, so sieht die Times hierin nicht die richtige Wahl für einen Distrikt, der mit seinen 20,000 Kaufleuten, Fabrikanten und Pächtern, mehr als jeder Andere, wirkliche Kenntnisse und Erfahrungen über einen alten Namen entscheiden lassen müßte.

Diese Bemerkungen der Times erinnern uns lebhaft an die Wahlkämpfe, die in frühern Jahren unter unseren eigenen Augen in der WestRiding vorgingen. Sie boten das interessanteste und belehrendste Schauspiel dar, was man in England haben konnte. Wie die WestRiding seiner Zeit der eigentliche Herd der Reform und katholischen Emancipations-Agitation war, so wurden in ihr auch die Hauptschlachten des Freihandel-Feldzuges geschlagen.

Bei der Wahl Lord Morpeths, sehen wir einst auf dem Markte von Wakefield, einen der gewaltigsten dieser Kämpfe. Die ganze West-Riding hatte ihre Politiker gesandt; alle Straßen, die zu dem Marktplatz führten, waren gedrängt voll von Menschen und ob es auch vom Himmel in Strömen herabregnete, so verließ doch von 10 Uhr Morgens bis 5 Uhr Nachmittags Niemand seinen Platz. Die riesigen Fabrikanten von Bradford und Halifax, die gewandteren Kaufleute von Leeds und die stämmigen Farmer aller zwischen Hull, York und Normantan liegenden Gehöfte waren in dichten Massen zugegen, um für uns wider die Wahl eines Kandidaten zu streiten, dessen Ernennung man von seinem Auftreten für den Freihandel abhängig machte.

Mit aller Energie hatten die Protektionisten ihr Feld vertheidigt, aber die Schüler Cobden's und Bright's gewannen mit jedem Augenblicke mehr an Terrain.

Da kam den Protektionisten plötzlich die beste Freundin, die Kirche zu Hülfe. Der Vikar von Wakefield ließ nämlich mit einem Male alle Glocken der nahen Hochkirche läuten und mit dem fürchterlichsten Lärm übertönten sie die Stimmen der unglücklichen Redner. Aber die Lungen der Freetrader waren ausdauernder als die Glocken der Kirche. Während drei vollen Stunden wetteiferten sie mit dem Geläut des Thurmes; da verstummten endlich die Glocken, die Freetrader hatten gesiegt und Lord Morpeth wurde gewählt.

* Dublin, 9. November.

Darcy Magee, einer der Chefs der letzten irischen Insurrektion, der glücklich nach New-York entkam, hat kürzlich einen Brief in amerikanischen Blättern veröffentlicht der die genausten Details über das gescheiterte Unternehmen enthüllt. Wir geben denselben wörtlich:

„Drei Data muß man in Betreff der letzten irischen Bewegung festhalten: den Monat Februar, wo die Revolutionen des Kontinents ihren Anfang nehmen ‒ den 24 July, wo die Habeas-Corpus-Acte suspendirt wurde ‒ und die Zeit der Erndte, die in Irland erst im September beginnt.

Im vergangenen Februar gab es zwei Parteien in Irland, die eine Aenderung des Gouvernements verlangten, die Moralforce Repealer und Jung-Irland.“ Diese Parteien entstanden im July 1846, als die Jung-Irländer gestützt darauf, daß es gesetzlich sei Blut zu vergießen um politische Rechte zu erringen, sich von der Repeal Association trennten.

Vor dieser Zeit war Daniel O'Connell ein eben so unumschränkter Herrscher in Irland, als es Nicolaus Romanoff in Rußland ist. Die Alten verehrten ihn seiner Vorsichtigkeit wegen; die Jungen weil England ihn fürchtete und haßte. Viele Protestanten unterstützten ihn aufrichtig, weil er liberal war; die Kotholiken vergötterten ihn als den Mann, der ihre Altäre wieder aufbaute und den Arm und die Zunge der Geistlichkeit löste. Zwei tausend katholische Geistliche, in jedem Dorfe, in jedem Kreuzweg, waren seine Kapitäne und Magistratspersonen. Sein Wort war einzig und allein Gesetz im Lande und Kinder wurden nach seinem Namen getauft wie nach dem Namen eines Heiligen.

Dieser mächtige und beliebte Mann lehrte während seiner letzten Lebensjahre, daß die Freiheit auch nicht einen Blutstropfen werth sei und die große Majorität der Geistlichen und des Volkes nahm diese Lehre an. Aber eine neue Generation war in Irland entstanden, die ihr eigenes Gouvernement wünschte und dasselbe nöhigenfalls mit den Waffen in der Hund zu erobern beschloß.

Als O'Connell daher im July 1846 der Repeal Association seine „Friedens-Resolutionen“ einreichte, trennte sich Jung-Irland von seinen bisherigen Alliirten und gründete im Januar 1847 „die irische Konföderation,“ aus der, veranlaßt durch die Bewegung des Kontinents, die jüngste Insurrektion entsprang. Im Jahre 1847 machte Jung-Irland in allen Städten Propaganda und zwar mit Erfolg, da das Beispiel Pius IX. und die Revolutionen des vergangenen Frühjahrs zu Thaten anspornten. Ueberall während der letzten 6 Monate verbanden sich die Bewohner der Städte zu einem gewaltsamen Sturz der britischen Herrschaft.

Diese Organisation der Städte bestand aus 500 Klubs, mit ungefähr 30,000 waffenfähigen Menschen. Von diesen war beinahe die Hälfte im July mehr oder weniger im Besitz von Waffen; die andre Hälfte verschaffte sich dieselben so rasch als möglich. In Gegenden, wo das Geld rar war und wo die Waffen viel kosteten, habe ich halbbeschäftigte Arbeiter gesehen, die es sich am Munde absparten, um ein Gewehr zu kaufen. Jeder Klub war in Sektionen von 10 Mann getheilt, mit einem Anführer an der Spitze jeder Sektion, der seine zehn Mann persönlich kannte. Viele dieser Klubs wurden entwaffnet; eine große Menge Gewehre rettete man aber und Klubs und Sektionen bestehen noch bis auf den heutigen Tag, so daß also bei der ersten Gelegenheit, ein neuer Aufstand rasch zu organisiren ist.

Die Agitation der Konföderirten drang indeß nicht bis in die Landbevölkerung hinein. Manche Gründe lassen sich hierfür anführen. Vor allen Dingen hatte die Hungersnoth von 1846 u. 47 die Leute entsetzlich erschlafft. Die glühende Beredsamkeit eines Mitchell, Duffy und Meagher rührte die Landbewohner wohl, aber sie riß dieselben nicht zu Thaten hin.

Das Gouvernement sah, daß wir die Städte organisirten und in unsere Gewalt bekamen, daß wir aber noch nicht das Herz des Landes getroffen. Es wußte, daß das Klub-System höchst wirksam ist, wo die Bevölkerung dicht aufeinander wohnt, daß es aber unpassend für die Landdistrickte ist. Das Gouvernement sorgte daher für sich in zweierlei Weise, indem es seine Streitkräfte in Städten koncentrirte, und alle Mittel aufbot, um die Vereinigung der katholischen Geistlichkeit mit den revolutionären Leitern zu verhindern.

In diesem letztern Punkte fand das Gouvernement eine Hauptstütze in der Weise, wie John O'Connell sich der Bildung einer „Irischen League“ widersetzte. Diese League wurde von den besten Geistlichen und Bürgern gegründet, und sollte sowohl die Repeal-Association, wie die Conföderirten, in sich aufnehmen. Ihr wirkliches Resultat würde gewesen setn, daß Jung-Irland und die Geistlichkeit, die beiden Elemente der irischen Politik, sich miteinander vereinigt hätten. O'Connell griff aber diese League auf jede Weise und in der unwürdigsten Manier an, und brandmarkte sie als unkatholisch, so daß die katholische Geistlichkeit, mit Ausnahme des muthigen und beredten Bischof von Derry, die kaum gebildete League aufgab und sie dem Gouvernement gegenüber durchaus im Stich ließ.

Die irische Geistlichkeit hatte ihre guten Gründe für dieses Verfahren. Die blutigen Junitage in Paris, die in Rom herrschende Anarchie, das mehr oder weniger Nichtvorbereitetsein des Volkes, die Metzelei, die man erwartete, und das theilweise Mißrathen der Erndte, alles das konnte sie für ihre Maßregeln anführen. Jedenfalls vereitelte sie aber dadurch die Revolution, daß sie fortwährend ihr Mißlingen predigte. In Carrick, Castlereagh, Tipperary und Clare predigte sie gegen ein Ergreifen der Waffen und zwar mit Erfolg.

Die Koncentration der Truppen in den Städten und Flecken zwang nun die Conföderirten zu einem Guerillakrieg. Die Situation einer irischen Stadt, im vorigen August, mag aus folgendem Beispiele hervorgehen. In Dublin ist, wie in den meisten irischen Städten, eine Alt- und eine Neu-Stadt. Die Leute des Gouvernements wohnen in der Neu-Stadt, und beherrschen ihre offenen und regulären Straßen von öffentlichen, sehr festen Gebäuden aus. In der Alt-Stadt leben dagegen die Rebellen, welche man leicht mit Kartätschen und Bomben vernichten kann, ohne auch nur den übrigen Quartiers zu schaden. In Dublin war die Garnison im Durchschnitt 10,000, am 22. Juli aber 15,000 Mann stark. Um diese zu schlagen, hätte man sie, wie einst die Spanier die Napoleonischen Soldaten, entweder auf solche Punkte locken müssen, wo nur Infanterie agiren konnte und wo die rohe Masse des Volkes mehr auf demselben Fuße mit den Truppen stand, oder man hätte hintereinander, wie die Athener Athen und die Russen Moskau, die Städte in Brand stecken müssen.

Sicher würde dies auch geschehen sein, wenn aus dem Innern des Landes, wohin die Leiter der Partei sich der Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte wegen verfügt hatten, die Nachricht eingetroffen wäre, daß der Kampf begonnen habe. Aber die Landdistrikte wollten sich nicht ohne die Geistlichkeit erheben, und die Geistlichkeit war entweder geradezu feindlich gesinnt, oder doch wenigstens dem ganzen Unternehmen zuwider.“

So weit Magee. Unsre Leser wissen bereits das Resultat der ganzen Bewegung. Smith O'Brien, der hervorragendste unter den Jung-Irländern, suchte trotz der Abneigung der Land-Bevölkerung die Provinz Tipperary zum Aufstande hinzureißen. Seine und seiner Kollegen Anstrengungen gelangen aber nur theilweise und scheiterten deßwegen. Nicht allein Smith O'Brien, sondern auch fast alle andern Führer der Insurgenten, Duffy, O'Donohoe, Martin, Meagher u. s. w. wurden theils bei dem Zusammenstoß der Truppen und der Insurgenten, theils auf der Flucht gefangen und bei den noch fortdauernden Prozessen in Clonmel zum Tode verurtheilt.

Der Brief Magee's, in dem er die hochverrätherischen Plane seiner Genossen zugesteht, dürfte bei den noch schwebenden Prozessen für die Angeklagten eben nicht von Nutzen sein und so sehr wir uns auch freuen, die obigen Details aus der Feder eines bei der Insurrektion sehr betheiligten zu besitzen, so müssen wir doch gestehen, daß wir den Brief Magee's lieber nicht veröffentlicht gesehen hätten.

Italien.
* Turin, 4. November.

Die italienische Konföderation hat heute Behufs der Bildung einer konstituirenden Versammlung der italienischen Staaten, einen Wahlgesetzentwurf veröffentlicht. Außerdem publizirt sie einen Akt, in welchem die Prinzipien der Verträge und der Reglements der Union niedergelegt sind. Aus Mailand hört man unterm 2. d., daß der Aufstand des Intelri-Thales kein so günstiges Resultat gehabt hat, wie man Anfangs dachte.

Die Insurgenten, die sich Como näherten, sollen geschlagen und zur Flucht gezwungen worden sein. Die Nachrichten aus Venedig vom 27. Okt. lauten dagegen bei weitem besser. Die italienischen Waffen errangen bei einem Ausfalle den vollständigsten Sieg. Die Kroaten wichen dem Enthusiasmus der Italiener; man machte 500 Mann zu Gefangenen; etwa 200 blieben auf dem Platze.


Verhandlungen des Gemeinderaths zu Cöln.
Sitzung vom 6. November 1848, Abends 6 Uhr.

Der Vorsitzende theilte eine Eingabe des Beigeordneten Sonoré mit, worin dieser, unter Verzichtleistung auf die ihm zustehende büdgetmäßige Jahres-Gratification von 787 Thlr. 15 Sgr. darauf anträgt, ihm die auf die Arbeiter-Angelegenheiten bezüglichen Geschäfte abzunehmen und damit einen besondern Mann zu beauftragen, andern Falls er sich zur Niederlegung seiner Stelle veranlaßt sehe. Der Gemeinderath beschloß, daß die Verwaltung in Bezug auf diese Eingabe einen bestimmten und motivirten Antrag stellen möge, welcher in nächster Sitzung, nachdem er von der durch drei Mitglieder verstärkten Commission für die öffentlichen Arbeiten geprüft worden, zur Berathung zu bringen sei.

Die unterm. 18 September d. J. ernannte gemeinderäthliche Commission erstattete Bericht über die hiesigen Theater-Verhältnisse, worauf die von derselben gestellten Anträge vom Gemeinderathe angenommen wurden, als:

1) Die Armenabgabe für rein theatralische Vorstellungen, Behufs Controle für das Theater-Comite auf 1% herabzusetzen. Bälle, Conzerte und sonstige nicht theatralische Vorstellungen und Productionen sind hiervon ausgenommen und verfallen der gesetzlichen Abgabe. Die Controle ist dem Theater-Comite gegenüber beizubehalten, indem dasselbe nach der Einnahme Quote seine Anforderungen zu stellen hat. Diese Begünstigung soll vorläufig für ein Jahr eingeräumt werden und nach Ablauf desselben dem Gemeinderathe freistehen, dieselbe nach Umständen fortbestehen zu lassen oder aufzuheben.

2) Zur Deckung der Armenabgabe giebt der Theater-Direktor drei Vorstellungen, deren Unkosten er ganz zu tragen hat, so daß die volle Brutto Einnahme der Armenverwaltung eingehändigt werden kann. Diese drei Vorstellungen, so wie der Tag derselben werden vom Theater-Comite bestimmt.

3) Diese Begünstigung soll in Kraft treten, wenn von Seiten der Actionäre des Schauspielhauses die Miethe desselben auf mindestens zwei drittel des seitherigen Betrages reduzirt wird.

Nachdem der Oberbürgermeister die Sitzung verlassen, theilte der den Vortzni übernommene erste Beigeordnete dem Gemeinderathe ein Reskript der Königlichen Regierung mit, wonach der Herr Appellationsgerichtsrath Gräff hierselst zum Kommissarischen Oberbürgermeister von Köln ernannt worden ist.

Erklärung.

Es haben sich auf dem zweiten Demokraten-Congresse in Folge der Verhandlungen unzweifelhaft zwei Parteien gebildet, welche trotzdem sie beide die Lösung der socialen Frage erst in der demokratischen Republik für möglich halten, sich doch in Bezug hierauf wesentlich von einander unterscheiden.

Die eine Partei, die idealen Demokraten, hielten nicht nur die Lösung, sondern sogar jeden Angriff der socialen Frage für unstatthaft und erfolglos vor der hergestellten demokratischen Republik.

Die zweite Partei, die praktischen Demokraten, hielten einen Angriff dieser Frage vor der Herstellung Republik nicht nur für nützlich und Erfolg versprechend, sondern auch bei der steigenden Noth und Verarmung des kleinern Bürger- und Arbeiterstandes für geboten. Als wesentliche Mittel dazu erkannten sie die sofortige Einführung einer demokratischen Gemeinde-Ordnung eines minder drückenden Steuerwesens und einer naturgemäßen Verbesserung der Ackerbau-Arbeiter und Industrie-Verhältnisse.

Die Unterzeichneten sehen sich durch ihr Mandat sowohl, wie durch den Vorrang, welchen sie der socialen Frage vor einer bloßen Verfassungsform gewähren, zu erklären veranlast.

Daß sie, dieser zweiten Partie anhörend, den politischen Weg, soweit es in ihren Kräften steht, unerschrocken einschlagen und verfolgen werden.

Berlin den 1. November 1848.

A. Kaulfuß für den demokratischen Bürgerverein zu Merseburg.

J. V. Maßalvup für den Volksverein zu Roßleben.

Dr. E. Grosse für den demokratischen Verein in Mücheln.

Dortu für den politischen Verein in Potsdam.

Däumer für den demoktischen Verein in Weißenfels.

Stockmann für den demok. Zweigverein in Bibra und Memmleben.

Dedeking für den demok. Verein in Lauchstädt.

H. Berlepsch dito in Erfurt.

H. Berlepsch für den Bürgerverein daselbst.

Th. Peitmann für den demok. Verein in Münster.

Saß für den demok. Urwähler-Verein in Berlin.

Rohlfs dito dito

Annecke II. für den demok. Verein in Guben.

Schweitzer für den demok. Verein der Königstadt in Berlin.

Rockmann für den Volksklub in Düsseldorf und für den demok. Verein in Mühlhausen an der Ruhr.

(Nachträge folgen.)

Der Gerant: Korff.
Druck von J. W. Dietz, unter Hutmacher Nr. 17.

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schafft ihn nie; sie ist nie revolutionär, aber sie provocirt die Revolution; ihre Taktik ist, den Sieger zu plündern, wenn er ihr nicht mit Gewalt entgegentritt&#x2026; Nicht das Volk, sondern die Bourgeoisie ist verantwortlich zu machen für die Fehler unserer ersten Revolution. Die Bourgeoisie war es, die der Reaktion vom Jahr III sekundirte, wie sie dem Wohlfahrtsausschusse sekundirt hatte; die Bourgeoisie war es, die dem Ehrgeiz des ersten Konsul huldigte, das Kaiserthum einräucherte und den Kaiser verrieth; sie war es, welche die mit Gewaltthätigkeiten und Schandthaten besudelten Generale der Restauration einführte; sie war es, die alle jene Beamten lieferte, die aus der Gerechtigkeit eine Metze der Polizei machten; sie war es, die aus Furcht vor den Folgen ihres eigenen Egoismus und aus Rache über ihre Zurücksetzung in Aemtern und Würden (1830) das Volk zu Hülfe rief; sie war es, welche den Sieg des Proletariats stahl, um sich der von ihr selbst verurtheilten Privilegien zu bemächtigen; sie war es, welche eine unerhörte Civilliste dem Volke auf die Schultern wälzen ließ und den Staat an den Abgrund des Verderbens treibt&#x2026; <hi rendition="#g">Die Bourgeoisie ist feig; die Gewalt und die Brutalität bezeichnen ihre Spuren.</hi> Die Toaste der demokratischen Banketts sind ein sanftes Säuseln neben diesem groben Donnerwetter, und vieleicht war dies der Grund, weshalb der geliebte Benjamin der Bourgeoisie an jenem Tage nicht präsidiren wollte, wo Hr. Denjoy, der kühne Neffe des Hrn. Salvandy, das Gouvernement wegen der Banketts von Toulouse und Bourges interpellirte.</p>
          <p>Und die Juni-Insurrektion? Man weiß, wie Felix Pyat vor 4 Tagen in seiner vortrefflichen Rede über das droit au travail von dem Präsidenten Marrast dreimal zur Ordnung gerufen wurde, weil er &#x2012; unerhörter Frevel! &#x2012; &#x201E;die Juni-Insurgenten in Schutz zu nehmen wagte.&#x201C; Hören wir, wie der ehemalige Redakteur des National bei Gelegenheit der ersten Juni-Insurrektion unter Louis Philipp (Kloster St. Mery) die Insurrektion legitimisirte und verherrlichte. &#x201E;Wißt ihr,&#x201C; sagte Hr. Marrast in dem Prozest der zweiundzwanzig Angeklagten, &#x201E;wißt ihr, wer diese Leute sind, die hier vor Gericht stehen, und die, welche bereits fehlen? Es sind dieselben, deren Herzen und Arme ihr in der Juli- (Februar-) Revolution annahmet, dieselben, welche sich damals wie heute, voll Unerschrockenheit, groß im Heldenmuth, größer noch durch Aufopferung zeigten. Wenn der Sieg sie gekrönt hätte, ihr würdet ihre Namen in die ehernen Tafeln des Pantheons graben. Aber das Gesetz! Ja wohl, das Gesetz ist immer für den Sieger, denn er macht es. Lassen wir das Gesetz. Um was handelt es sich in diesem Prozeß? Um eine Insurrektion. Um was handelte es sich im Juli (Februar) ? Um eine Insurrektion. Welches waren damals die handelnden Personen? Diejenigen, welche die <hi rendition="#g">honette</hi> Gesellschaft verstößt, verläugnet, unterdrückt. Welches sind sie heute? Lest ihre Geschichte: es ist die nämliche Veranlassung, das nämliche Interesse, das nämliche Prinzip. Die Juni-Insurrektion wurde provocirt durch ein System, <hi rendition="#g">welches Polen, Italien, Belgien verrathen,</hi> und dieselbe Revolution, der das Gouvernement sein Dasein verdankt, beschimpft und verleugnet hat!&#x201C;</p>
          <p>Nichts fehlt an diesem Bild als die Jahreszahl 1848. Und als die biedern Geschworenen, die in allen Ländern gleich verächtliche Bourgeois-Jury, über die gefangenen Demokraten ihr Schuldig gesprochen, schrieb Herr Marrast weiter: &#x201E;Edles Gesetz, das immer bereit ist, wenn es das Volk zu ermorden gilt, immer lügenhaft, wenn es von seiner Beschützung spricht! Verspricht das Gesetz nicht, die Angeklagten durch ihres Gleichen richten zu lassen? Und wer sind hier ihres Gleichen? Es sind diejenigen, welche arbeiten, um sich jeden Tag um die Früchte ihres Fleißes betrogen zu sehen. Es sind die in allen Ateliers, überall im Lande und in den Städten zerstreuten Proletarier, die wahren Triebfedern alles dessen, was man die Civilisation nennt, die Männer des Volks, welche ihr überall findet, wo es Leiden zu erdulden giebt, überall geächtet, wo die Frucht der Arbeit gesammelt wird&#x2025;&#x2025;. Das Gesetz bestraft die Anstifter und Anfacher des Bürgerkriegs: aber bedenkt, daß es noch eine Art von Bürgerkrieg giebt, einen stillen, geräuschlosen, mörderischen Bürgerkrieg, der Tag für Tag seine Opfer verschlingt; einen Verwüstungskrieg, der den Hunger und die Pest zur Seite hat, und dessen Schlachtfeld ihr nie übersehen werdet; einen Bürgerkrieg, der begonnen hat mit der Usurpation, und sich fortpflanzt durch die Schacherwuth und den Egoismus; einen <hi rendition="#g">Kannibalenkrieg, den ein Theil der Gesellschaft unaufhörlich, unerbittlich gegen den andern führt!</hi>&#x201C; Und Herr Marrast rief den jungen Montagnard Pyat zur Ordnung, weil er von &#x201E;Klassenunterschieden spreche, und die Klassen gegen einanderhetze!&#x201C; Es hat sich seit jener Verurtheilung der Demokraten vom Kloster St. Mery nichts geändert; die Besiegten des Juni sind gemordet, geächtet, auf die Galeeren geschmiedet, transportirt, und Hr. Marrast, für den die Februarrevolution gemacht wurde. Hr. Marrast tanzt mit Frau von Lamoriciere.</p>
          <p>Wenn man weiß, wie Hr. Marrast schon vor der Februarrevolution allmählig zu Odillon-Barrot desertirte, dann der dynastischdoktrinären Alliance Maleville und Hauranne schmeichelte und endlich dem &#x201E;unnachahmlichen Redner&#x201C; Thiers sein Kompliment machte, wenn man weiß, wie der &#x201E;National&#x201C; vor dem 22. Februar die Bankettbewegung mehr als zweideutig behandelte, so wird man nicht erstaunen, daß der &#x201E;zahnlose Löwe,&#x201C; der Angeklagte von 1834, die Stimmen des Hrn. Thiers und Falloux, Odillon-Barrot und Duvergnier de Hauranne zur Präsidentschaft der Assemblee erhielt.</p>
          <p>Aber der &#x201E;Marquis der Republik&#x201C; fühlt sich trotz dieser Glorie nicht glücklich. Hr. Marrast hat eine Ahnung von dem baldigen Ende seines Glanzes: der 10. Dezember, der Tag der Erwählung des Präsidenten, könnte auch für ihn verhängnißvoll sein. Und die Versammlung selbst, fast scheint es, als ob auch sie die nahende Katastrophe des alten Löwen fühle, denn sie hat seine Aufopferung zu belohnen verschmäht, und man betrachtet ihn bereits wie ein Möbel, dem man einen andern, unscheinbaren Platz anweisen muß. In der That, die Präsidentschaft ist eine Last, und Herr Marrast gleicht in ihr einem Gymnasiasten, der zum Erstenmal eine steife Halsbinde angelegt hat, und Jedem, der ihn von der Seite anredet, seine ganze Figur zuwendet.</p>
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        <head>Großbritannien.</head>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 9. Nov.</head>
          <p>Die Parlamentswahl der West-Riding von Yorkshire veranlaßt die Times zu einigen Bemerkungen über diesen reichsten und bedeudendtsten Wahlbezirk von ganz England. Sie erinnert daran, wie die fleißigen Bewohner von Leeds, Wakefield, Sheffield, Bradford und ähnlichen Sitzen der Industrie, stets die hervorragendsten Männer auf den Schild gehoben und wie es diesen ein besonderer Triumph gewesen sei, wenn sie schließlich im Wahlkampf gesiegt hätten.</p>
          <p>So habe die West-Riding mit Hintansetzung aller aristokratischen Namen einen Henry Brougham und einen Cobden in's Parlament gesandt und wohl stehe es ihr zu, sich auch heute als Ersatz für den scheidenden Lord Morpeth, nach den bedeutendsten Männern des Landes umzusehen. Wenn die Bevölkerung der West-Riding daher in diesem Augenblick den zwar talentvollen, aber noch sehr jungen und unerfahrenen Charles Fitzwilliam in den Vordergrund stellt, so sieht die Times hierin nicht die richtige Wahl für einen Distrikt, der mit seinen 20,000 Kaufleuten, Fabrikanten und Pächtern, mehr als jeder Andere, wirkliche Kenntnisse und Erfahrungen über einen alten Namen entscheiden lassen müßte.</p>
          <p>Diese Bemerkungen der Times erinnern uns lebhaft an die Wahlkämpfe, die in frühern Jahren unter unseren eigenen Augen in der WestRiding vorgingen. Sie boten das interessanteste und belehrendste Schauspiel dar, was man in England haben konnte. Wie die WestRiding seiner Zeit der eigentliche Herd der Reform und katholischen Emancipations-Agitation war, so wurden in ihr auch die Hauptschlachten des Freihandel-Feldzuges geschlagen.</p>
          <p>Bei der Wahl Lord Morpeths, sehen wir einst auf dem Markte von Wakefield, einen der gewaltigsten dieser Kämpfe. Die ganze West-Riding hatte ihre Politiker gesandt; alle Straßen, die zu dem Marktplatz führten, waren gedrängt voll von Menschen und ob es auch vom Himmel in Strömen herabregnete, so verließ doch von 10 Uhr Morgens bis 5 Uhr Nachmittags Niemand seinen Platz. Die riesigen Fabrikanten von Bradford und Halifax, die gewandteren Kaufleute von Leeds und die stämmigen Farmer aller zwischen Hull, York und Normantan liegenden Gehöfte waren in dichten Massen zugegen, um für uns wider die Wahl eines Kandidaten zu streiten, dessen Ernennung man von seinem Auftreten für den Freihandel abhängig machte.</p>
          <p>Mit aller Energie hatten die Protektionisten ihr Feld vertheidigt, aber die Schüler Cobden's und Bright's gewannen mit jedem Augenblicke mehr an Terrain.</p>
          <p>Da kam den Protektionisten plötzlich die beste Freundin, die Kirche zu Hülfe. Der Vikar von Wakefield ließ nämlich mit einem Male alle Glocken der nahen Hochkirche läuten und mit dem fürchterlichsten Lärm übertönten sie die Stimmen der unglücklichen Redner. Aber die Lungen der Freetrader waren ausdauernder als die Glocken der Kirche. Während drei vollen Stunden wetteiferten sie mit dem Geläut des Thurmes; da verstummten endlich die Glocken, die Freetrader hatten gesiegt und Lord Morpeth wurde gewählt.</p>
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        <div xml:id="ar141_025" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Dublin, 9. November.</head>
          <p>Darcy Magee, einer der Chefs der letzten irischen Insurrektion, der glücklich nach New-York entkam, hat kürzlich einen Brief in amerikanischen Blättern veröffentlicht der die genausten Details über das gescheiterte Unternehmen enthüllt. Wir geben denselben wörtlich:</p>
          <p>&#x201E;Drei Data muß man in Betreff der letzten irischen Bewegung festhalten: den Monat Februar, wo die Revolutionen des Kontinents ihren Anfang nehmen &#x2012; den 24 July, wo die Habeas-Corpus-Acte suspendirt wurde &#x2012; und die Zeit der Erndte, die in Irland erst im September beginnt.</p>
          <p>Im vergangenen Februar gab es zwei Parteien in Irland, die eine Aenderung des Gouvernements verlangten, die Moralforce Repealer und Jung-Irland.&#x201C; Diese Parteien entstanden im July 1846, als die Jung-Irländer gestützt darauf, daß es gesetzlich sei Blut zu vergießen um politische Rechte zu erringen, sich von der Repeal Association trennten.</p>
          <p>Vor dieser Zeit war Daniel O'Connell ein eben so unumschränkter Herrscher in Irland, als es Nicolaus Romanoff in Rußland ist. Die Alten verehrten ihn seiner Vorsichtigkeit wegen; die Jungen weil England ihn fürchtete und haßte. Viele Protestanten unterstützten ihn aufrichtig, weil er liberal war; die Kotholiken vergötterten ihn als den Mann, der ihre Altäre wieder aufbaute und den Arm und die Zunge der Geistlichkeit löste. Zwei tausend katholische Geistliche, in jedem Dorfe, in jedem Kreuzweg, waren seine Kapitäne und Magistratspersonen. Sein Wort war einzig und allein Gesetz im Lande und Kinder wurden nach seinem Namen getauft wie nach dem Namen eines Heiligen.</p>
          <p>Dieser mächtige und beliebte Mann lehrte während seiner letzten Lebensjahre, daß die Freiheit auch nicht einen Blutstropfen werth sei und die große Majorität der Geistlichen und des Volkes nahm diese Lehre an. Aber eine neue Generation war in Irland entstanden, die ihr eigenes Gouvernement wünschte und dasselbe nöhigenfalls mit den Waffen in der Hund zu erobern beschloß.</p>
          <p>Als O'Connell daher im July 1846 der Repeal Association seine &#x201E;Friedens-Resolutionen&#x201C; einreichte, trennte sich Jung-Irland von seinen bisherigen Alliirten und gründete im Januar 1847 &#x201E;die irische Konföderation,&#x201C; aus der, veranlaßt durch die Bewegung des Kontinents, die jüngste Insurrektion entsprang. Im Jahre 1847 machte Jung-Irland in allen Städten Propaganda und zwar mit Erfolg, da das Beispiel Pius IX. und die Revolutionen des vergangenen Frühjahrs zu Thaten anspornten. Ueberall während der letzten 6 Monate verbanden sich die Bewohner der Städte zu einem gewaltsamen Sturz der britischen Herrschaft.</p>
          <p>Diese Organisation der Städte bestand aus 500 Klubs, mit ungefähr 30,000 waffenfähigen Menschen. Von diesen war beinahe die Hälfte im July mehr oder weniger im Besitz von Waffen; die andre Hälfte verschaffte sich dieselben so rasch als möglich. In Gegenden, wo das Geld rar war und wo die Waffen viel kosteten, habe ich halbbeschäftigte Arbeiter gesehen, die es sich am Munde absparten, um ein Gewehr zu kaufen. Jeder Klub war in Sektionen von 10 Mann getheilt, mit einem Anführer an der Spitze jeder Sektion, der seine zehn Mann persönlich kannte. Viele dieser Klubs wurden entwaffnet; eine große Menge Gewehre rettete man aber und Klubs und Sektionen bestehen noch bis auf den heutigen Tag, so daß also bei der ersten Gelegenheit, ein neuer Aufstand rasch zu organisiren ist.</p>
          <p>Die Agitation der Konföderirten drang indeß nicht bis in die Landbevölkerung hinein. Manche Gründe lassen sich hierfür anführen. Vor allen Dingen hatte die Hungersnoth von 1846 u. 47 die Leute entsetzlich erschlafft. Die glühende Beredsamkeit eines Mitchell, Duffy und Meagher rührte die Landbewohner wohl, aber sie riß dieselben nicht zu Thaten hin.</p>
          <p>Das Gouvernement sah, daß wir die Städte organisirten und in unsere Gewalt bekamen, daß wir aber noch nicht das Herz des Landes getroffen. Es wußte, daß das Klub-System höchst wirksam ist, wo die Bevölkerung dicht aufeinander wohnt, daß es aber unpassend für die Landdistrickte ist. Das Gouvernement sorgte daher für sich in zweierlei Weise, indem es seine Streitkräfte in Städten koncentrirte, und alle Mittel aufbot, um die Vereinigung der katholischen Geistlichkeit mit den revolutionären Leitern zu verhindern.</p>
          <p>In diesem letztern Punkte fand das Gouvernement eine Hauptstütze in der Weise, wie John O'Connell sich der Bildung einer &#x201E;Irischen League&#x201C; widersetzte. Diese League wurde von den besten Geistlichen und Bürgern gegründet, und sollte sowohl die Repeal-Association, wie die Conföderirten, in sich aufnehmen. Ihr wirkliches Resultat würde gewesen setn, daß Jung-Irland und die Geistlichkeit, die beiden Elemente der irischen Politik, sich miteinander vereinigt hätten. O'Connell griff aber diese League auf jede Weise und in der unwürdigsten Manier an, und brandmarkte sie als unkatholisch, so daß die katholische Geistlichkeit, mit Ausnahme des muthigen und beredten Bischof von Derry, die kaum gebildete League aufgab und sie dem Gouvernement gegenüber durchaus im Stich ließ.</p>
          <p>Die irische Geistlichkeit hatte ihre guten Gründe für dieses Verfahren. Die blutigen Junitage in Paris, die in Rom herrschende Anarchie, das mehr oder weniger Nichtvorbereitetsein des Volkes, die Metzelei, die man erwartete, und das theilweise Mißrathen der Erndte, alles das konnte sie für ihre Maßregeln anführen. Jedenfalls vereitelte sie aber dadurch die Revolution, daß sie fortwährend ihr Mißlingen predigte. In Carrick, Castlereagh, Tipperary und Clare predigte sie gegen ein Ergreifen der Waffen und zwar mit Erfolg.</p>
          <p>Die Koncentration der Truppen in den Städten und Flecken zwang nun die Conföderirten zu einem Guerillakrieg. Die Situation einer irischen Stadt, im vorigen August, mag aus folgendem Beispiele hervorgehen. In Dublin ist, wie in den meisten irischen Städten, eine Alt- und eine Neu-Stadt. Die Leute des Gouvernements wohnen in der Neu-Stadt, und beherrschen ihre offenen und regulären Straßen von öffentlichen, sehr festen Gebäuden aus. In der Alt-Stadt leben dagegen die Rebellen, welche man leicht mit Kartätschen und Bomben vernichten kann, ohne auch nur den übrigen Quartiers zu schaden. In Dublin war die Garnison im Durchschnitt 10,000, am 22. Juli aber 15,000 Mann stark. Um diese zu schlagen, hätte man sie, wie einst die Spanier die Napoleonischen Soldaten, entweder auf solche Punkte locken müssen, wo nur Infanterie agiren konnte und wo die rohe Masse des Volkes mehr auf demselben Fuße mit den Truppen stand, oder man hätte hintereinander, wie die Athener Athen und die Russen Moskau, die Städte in Brand stecken müssen.</p>
          <p>Sicher würde dies auch geschehen sein, wenn aus dem Innern des Landes, wohin die Leiter der Partei sich der Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte wegen verfügt hatten, die Nachricht eingetroffen wäre, daß der Kampf begonnen habe. Aber die Landdistrikte wollten sich nicht ohne die Geistlichkeit erheben, und die Geistlichkeit war entweder geradezu feindlich gesinnt, oder doch wenigstens dem ganzen Unternehmen zuwider.&#x201C;</p>
          <p>So weit Magee. Unsre Leser wissen bereits das Resultat der ganzen Bewegung. Smith O'Brien, der hervorragendste unter den Jung-Irländern, suchte trotz der Abneigung der Land-Bevölkerung die Provinz Tipperary zum Aufstande hinzureißen. Seine und seiner Kollegen Anstrengungen gelangen aber nur theilweise und scheiterten deßwegen. Nicht allein Smith O'Brien, sondern auch fast alle andern Führer der Insurgenten, Duffy, O'Donohoe, Martin, Meagher u. s. w. wurden theils bei dem Zusammenstoß der Truppen und der Insurgenten, theils auf der Flucht gefangen und bei den noch fortdauernden Prozessen in Clonmel zum Tode verurtheilt.</p>
          <p>Der Brief Magee's, in dem er die hochverrätherischen Plane seiner Genossen zugesteht, dürfte bei den noch schwebenden Prozessen für die Angeklagten eben nicht von Nutzen sein und so sehr wir uns auch freuen, die obigen Details aus der Feder eines bei der Insurrektion sehr betheiligten zu besitzen, so müssen wir doch gestehen, daß wir den Brief Magee's lieber nicht veröffentlicht gesehen hätten.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Turin, 4. November.</head>
          <p>Die italienische Konföderation hat heute Behufs der Bildung einer konstituirenden Versammlung der italienischen Staaten, einen Wahlgesetzentwurf veröffentlicht. Außerdem publizirt sie einen Akt, in welchem die Prinzipien der Verträge und der Reglements der Union niedergelegt sind. Aus Mailand hört man unterm 2. d., daß der Aufstand des Intelri-Thales kein so günstiges Resultat gehabt hat, wie man Anfangs dachte.</p>
          <p>Die Insurgenten, die sich Como näherten, sollen geschlagen und zur Flucht gezwungen worden sein. Die Nachrichten aus Venedig vom 27. Okt. lauten dagegen bei weitem besser. Die italienischen Waffen errangen bei einem Ausfalle den vollständigsten Sieg. Die Kroaten wichen dem Enthusiasmus der Italiener; man machte 500 Mann zu Gefangenen; etwa 200 blieben auf dem Platze.</p>
        </div><lb/>
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        <head>Verhandlungen des Gemeinderaths zu Cöln.</head>
        <div xml:id="ar141_027" type="jArticle">
          <head>Sitzung vom 6. November 1848, Abends 6 Uhr.</head>
          <p>Der Vorsitzende theilte eine Eingabe des Beigeordneten Sonoré mit, worin dieser, unter Verzichtleistung auf die ihm zustehende büdgetmäßige Jahres-Gratification von 787 Thlr. 15 Sgr. darauf anträgt, ihm die auf die Arbeiter-Angelegenheiten bezüglichen Geschäfte abzunehmen und damit einen besondern Mann zu beauftragen, andern Falls er sich zur Niederlegung seiner Stelle veranlaßt sehe. Der Gemeinderath beschloß, daß die Verwaltung in Bezug auf diese Eingabe einen bestimmten und motivirten Antrag stellen möge, welcher in nächster Sitzung, nachdem er von der durch drei Mitglieder verstärkten Commission für die öffentlichen Arbeiten geprüft worden, zur Berathung zu bringen sei.</p>
          <p>Die unterm. 18 September d. J. ernannte gemeinderäthliche Commission erstattete Bericht über die hiesigen Theater-Verhältnisse, worauf die von derselben gestellten Anträge vom Gemeinderathe angenommen wurden, als:</p>
          <p>1) Die Armenabgabe für rein theatralische Vorstellungen, Behufs Controle für das Theater-Comite auf 1% herabzusetzen. Bälle, Conzerte und sonstige nicht theatralische Vorstellungen und Productionen sind hiervon ausgenommen und verfallen der gesetzlichen Abgabe. Die Controle ist dem Theater-Comite gegenüber beizubehalten, indem dasselbe nach der Einnahme Quote seine Anforderungen zu stellen hat. Diese Begünstigung soll vorläufig für ein Jahr eingeräumt werden und nach Ablauf desselben dem Gemeinderathe freistehen, dieselbe nach Umständen fortbestehen zu lassen oder aufzuheben.</p>
          <p>2) Zur Deckung der Armenabgabe giebt der Theater-Direktor drei Vorstellungen, deren Unkosten er ganz zu tragen hat, so daß die volle Brutto Einnahme der Armenverwaltung eingehändigt werden kann. Diese drei Vorstellungen, so wie der Tag derselben werden vom Theater-Comite bestimmt.</p>
          <p>3) Diese Begünstigung soll in Kraft treten, wenn von Seiten der Actionäre des Schauspielhauses die Miethe desselben auf mindestens zwei drittel des seitherigen Betrages reduzirt wird.</p>
          <p>Nachdem der Oberbürgermeister die Sitzung verlassen, theilte der den Vortzni übernommene erste Beigeordnete dem Gemeinderathe ein Reskript der Königlichen Regierung mit, wonach der Herr Appellationsgerichtsrath <hi rendition="#g">Gräff</hi> hierselst zum Kommissarischen Oberbürgermeister von Köln ernannt worden ist.</p>
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        <head>Erklärung.</head>
        <div xml:id="ar141_028" type="jArticle">
          <p>Es haben sich auf dem zweiten Demokraten-Congresse in Folge der Verhandlungen unzweifelhaft zwei Parteien gebildet, welche trotzdem sie beide die Lösung der socialen Frage erst in der demokratischen Republik für möglich halten, sich doch in Bezug hierauf wesentlich von einander unterscheiden.</p>
          <p>Die eine Partei, die idealen Demokraten, hielten nicht nur die Lösung, sondern sogar jeden Angriff der socialen Frage für unstatthaft und erfolglos vor der hergestellten demokratischen Republik.</p>
          <p>Die zweite Partei, die praktischen Demokraten, hielten einen Angriff dieser Frage <hi rendition="#g">vor</hi> der Herstellung Republik nicht nur für nützlich und Erfolg versprechend, sondern auch bei der steigenden Noth und Verarmung des kleinern Bürger- und Arbeiterstandes für geboten. Als wesentliche Mittel dazu erkannten sie die sofortige Einführung einer demokratischen Gemeinde-Ordnung eines minder drückenden Steuerwesens und einer naturgemäßen Verbesserung der Ackerbau-Arbeiter und Industrie-Verhältnisse.</p>
          <p>Die Unterzeichneten sehen sich durch ihr Mandat sowohl, wie durch den Vorrang, welchen sie der socialen Frage vor einer bloßen Verfassungsform gewähren, zu erklären veranlast.</p>
          <p>Daß sie, dieser zweiten Partie anhörend, den politischen Weg, soweit es in ihren Kräften steht, unerschrocken einschlagen und verfolgen werden.</p>
          <p>Berlin den 1. November 1848.</p>
          <p>A. Kaulfuß für den demokratischen Bürgerverein zu Merseburg.</p>
          <p>J. V. Maßalvup für den Volksverein zu Roßleben.</p>
          <p>Dr. E. Grosse für den demokratischen Verein in Mücheln.</p>
          <p>Dortu für den politischen Verein in Potsdam.</p>
          <p>Däumer für den demoktischen Verein in Weißenfels.</p>
          <p>Stockmann für den demok. Zweigverein in Bibra und Memmleben.</p>
          <p>Dedeking für den demok. Verein in Lauchstädt.</p>
          <p>H. Berlepsch dito in Erfurt.</p>
          <p>H. Berlepsch für den Bürgerverein daselbst.</p>
          <p>Th. Peitmann für den demok. Verein in Münster.</p>
          <p>Saß für den demok. Urwähler-Verein in Berlin.</p>
          <p>Rohlfs dito dito</p>
          <p>Annecke II. für den demok. Verein in Guben.</p>
          <p>Schweitzer für den demok. Verein der Königstadt in Berlin.</p>
          <p>Rockmann für den Volksklub in Düsseldorf und für den demok. Verein in Mühlhausen an der Ruhr.</p>
          <p>(Nachträge folgen.)</p>
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          <p>Der Gerant: Korff.<lb/>
Druck von J. W. <hi rendition="#g">Dietz,</hi> unter Hutmacher Nr. 17.</p>
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</TEI>
[0726/0005] schafft ihn nie; sie ist nie revolutionär, aber sie provocirt die Revolution; ihre Taktik ist, den Sieger zu plündern, wenn er ihr nicht mit Gewalt entgegentritt… Nicht das Volk, sondern die Bourgeoisie ist verantwortlich zu machen für die Fehler unserer ersten Revolution. Die Bourgeoisie war es, die der Reaktion vom Jahr III sekundirte, wie sie dem Wohlfahrtsausschusse sekundirt hatte; die Bourgeoisie war es, die dem Ehrgeiz des ersten Konsul huldigte, das Kaiserthum einräucherte und den Kaiser verrieth; sie war es, welche die mit Gewaltthätigkeiten und Schandthaten besudelten Generale der Restauration einführte; sie war es, die alle jene Beamten lieferte, die aus der Gerechtigkeit eine Metze der Polizei machten; sie war es, die aus Furcht vor den Folgen ihres eigenen Egoismus und aus Rache über ihre Zurücksetzung in Aemtern und Würden (1830) das Volk zu Hülfe rief; sie war es, welche den Sieg des Proletariats stahl, um sich der von ihr selbst verurtheilten Privilegien zu bemächtigen; sie war es, welche eine unerhörte Civilliste dem Volke auf die Schultern wälzen ließ und den Staat an den Abgrund des Verderbens treibt… Die Bourgeoisie ist feig; die Gewalt und die Brutalität bezeichnen ihre Spuren. Die Toaste der demokratischen Banketts sind ein sanftes Säuseln neben diesem groben Donnerwetter, und vieleicht war dies der Grund, weshalb der geliebte Benjamin der Bourgeoisie an jenem Tage nicht präsidiren wollte, wo Hr. Denjoy, der kühne Neffe des Hrn. Salvandy, das Gouvernement wegen der Banketts von Toulouse und Bourges interpellirte. Und die Juni-Insurrektion? Man weiß, wie Felix Pyat vor 4 Tagen in seiner vortrefflichen Rede über das droit au travail von dem Präsidenten Marrast dreimal zur Ordnung gerufen wurde, weil er ‒ unerhörter Frevel! ‒ „die Juni-Insurgenten in Schutz zu nehmen wagte.“ Hören wir, wie der ehemalige Redakteur des National bei Gelegenheit der ersten Juni-Insurrektion unter Louis Philipp (Kloster St. Mery) die Insurrektion legitimisirte und verherrlichte. „Wißt ihr,“ sagte Hr. Marrast in dem Prozest der zweiundzwanzig Angeklagten, „wißt ihr, wer diese Leute sind, die hier vor Gericht stehen, und die, welche bereits fehlen? Es sind dieselben, deren Herzen und Arme ihr in der Juli- (Februar-) Revolution annahmet, dieselben, welche sich damals wie heute, voll Unerschrockenheit, groß im Heldenmuth, größer noch durch Aufopferung zeigten. Wenn der Sieg sie gekrönt hätte, ihr würdet ihre Namen in die ehernen Tafeln des Pantheons graben. Aber das Gesetz! Ja wohl, das Gesetz ist immer für den Sieger, denn er macht es. Lassen wir das Gesetz. Um was handelt es sich in diesem Prozeß? Um eine Insurrektion. Um was handelte es sich im Juli (Februar) ? Um eine Insurrektion. Welches waren damals die handelnden Personen? Diejenigen, welche die honette Gesellschaft verstößt, verläugnet, unterdrückt. Welches sind sie heute? Lest ihre Geschichte: es ist die nämliche Veranlassung, das nämliche Interesse, das nämliche Prinzip. Die Juni-Insurrektion wurde provocirt durch ein System, welches Polen, Italien, Belgien verrathen, und dieselbe Revolution, der das Gouvernement sein Dasein verdankt, beschimpft und verleugnet hat!“ Nichts fehlt an diesem Bild als die Jahreszahl 1848. Und als die biedern Geschworenen, die in allen Ländern gleich verächtliche Bourgeois-Jury, über die gefangenen Demokraten ihr Schuldig gesprochen, schrieb Herr Marrast weiter: „Edles Gesetz, das immer bereit ist, wenn es das Volk zu ermorden gilt, immer lügenhaft, wenn es von seiner Beschützung spricht! Verspricht das Gesetz nicht, die Angeklagten durch ihres Gleichen richten zu lassen? Und wer sind hier ihres Gleichen? Es sind diejenigen, welche arbeiten, um sich jeden Tag um die Früchte ihres Fleißes betrogen zu sehen. Es sind die in allen Ateliers, überall im Lande und in den Städten zerstreuten Proletarier, die wahren Triebfedern alles dessen, was man die Civilisation nennt, die Männer des Volks, welche ihr überall findet, wo es Leiden zu erdulden giebt, überall geächtet, wo die Frucht der Arbeit gesammelt wird‥‥. Das Gesetz bestraft die Anstifter und Anfacher des Bürgerkriegs: aber bedenkt, daß es noch eine Art von Bürgerkrieg giebt, einen stillen, geräuschlosen, mörderischen Bürgerkrieg, der Tag für Tag seine Opfer verschlingt; einen Verwüstungskrieg, der den Hunger und die Pest zur Seite hat, und dessen Schlachtfeld ihr nie übersehen werdet; einen Bürgerkrieg, der begonnen hat mit der Usurpation, und sich fortpflanzt durch die Schacherwuth und den Egoismus; einen Kannibalenkrieg, den ein Theil der Gesellschaft unaufhörlich, unerbittlich gegen den andern führt!“ Und Herr Marrast rief den jungen Montagnard Pyat zur Ordnung, weil er von „Klassenunterschieden spreche, und die Klassen gegen einanderhetze!“ Es hat sich seit jener Verurtheilung der Demokraten vom Kloster St. Mery nichts geändert; die Besiegten des Juni sind gemordet, geächtet, auf die Galeeren geschmiedet, transportirt, und Hr. Marrast, für den die Februarrevolution gemacht wurde. Hr. Marrast tanzt mit Frau von Lamoriciere. Wenn man weiß, wie Hr. Marrast schon vor der Februarrevolution allmählig zu Odillon-Barrot desertirte, dann der dynastischdoktrinären Alliance Maleville und Hauranne schmeichelte und endlich dem „unnachahmlichen Redner“ Thiers sein Kompliment machte, wenn man weiß, wie der „National“ vor dem 22. Februar die Bankettbewegung mehr als zweideutig behandelte, so wird man nicht erstaunen, daß der „zahnlose Löwe,“ der Angeklagte von 1834, die Stimmen des Hrn. Thiers und Falloux, Odillon-Barrot und Duvergnier de Hauranne zur Präsidentschaft der Assemblee erhielt. Aber der „Marquis der Republik“ fühlt sich trotz dieser Glorie nicht glücklich. Hr. Marrast hat eine Ahnung von dem baldigen Ende seines Glanzes: der 10. Dezember, der Tag der Erwählung des Präsidenten, könnte auch für ihn verhängnißvoll sein. Und die Versammlung selbst, fast scheint es, als ob auch sie die nahende Katastrophe des alten Löwen fühle, denn sie hat seine Aufopferung zu belohnen verschmäht, und man betrachtet ihn bereits wie ein Möbel, dem man einen andern, unscheinbaren Platz anweisen muß. In der That, die Präsidentschaft ist eine Last, und Herr Marrast gleicht in ihr einem Gymnasiasten, der zum Erstenmal eine steife Halsbinde angelegt hat, und Jedem, der ihn von der Seite anredet, seine ganze Figur zuwendet. Großbritannien. * London, 9. Nov. Die Parlamentswahl der West-Riding von Yorkshire veranlaßt die Times zu einigen Bemerkungen über diesen reichsten und bedeudendtsten Wahlbezirk von ganz England. Sie erinnert daran, wie die fleißigen Bewohner von Leeds, Wakefield, Sheffield, Bradford und ähnlichen Sitzen der Industrie, stets die hervorragendsten Männer auf den Schild gehoben und wie es diesen ein besonderer Triumph gewesen sei, wenn sie schließlich im Wahlkampf gesiegt hätten. So habe die West-Riding mit Hintansetzung aller aristokratischen Namen einen Henry Brougham und einen Cobden in's Parlament gesandt und wohl stehe es ihr zu, sich auch heute als Ersatz für den scheidenden Lord Morpeth, nach den bedeutendsten Männern des Landes umzusehen. Wenn die Bevölkerung der West-Riding daher in diesem Augenblick den zwar talentvollen, aber noch sehr jungen und unerfahrenen Charles Fitzwilliam in den Vordergrund stellt, so sieht die Times hierin nicht die richtige Wahl für einen Distrikt, der mit seinen 20,000 Kaufleuten, Fabrikanten und Pächtern, mehr als jeder Andere, wirkliche Kenntnisse und Erfahrungen über einen alten Namen entscheiden lassen müßte. Diese Bemerkungen der Times erinnern uns lebhaft an die Wahlkämpfe, die in frühern Jahren unter unseren eigenen Augen in der WestRiding vorgingen. Sie boten das interessanteste und belehrendste Schauspiel dar, was man in England haben konnte. Wie die WestRiding seiner Zeit der eigentliche Herd der Reform und katholischen Emancipations-Agitation war, so wurden in ihr auch die Hauptschlachten des Freihandel-Feldzuges geschlagen. Bei der Wahl Lord Morpeths, sehen wir einst auf dem Markte von Wakefield, einen der gewaltigsten dieser Kämpfe. Die ganze West-Riding hatte ihre Politiker gesandt; alle Straßen, die zu dem Marktplatz führten, waren gedrängt voll von Menschen und ob es auch vom Himmel in Strömen herabregnete, so verließ doch von 10 Uhr Morgens bis 5 Uhr Nachmittags Niemand seinen Platz. Die riesigen Fabrikanten von Bradford und Halifax, die gewandteren Kaufleute von Leeds und die stämmigen Farmer aller zwischen Hull, York und Normantan liegenden Gehöfte waren in dichten Massen zugegen, um für uns wider die Wahl eines Kandidaten zu streiten, dessen Ernennung man von seinem Auftreten für den Freihandel abhängig machte. Mit aller Energie hatten die Protektionisten ihr Feld vertheidigt, aber die Schüler Cobden's und Bright's gewannen mit jedem Augenblicke mehr an Terrain. Da kam den Protektionisten plötzlich die beste Freundin, die Kirche zu Hülfe. Der Vikar von Wakefield ließ nämlich mit einem Male alle Glocken der nahen Hochkirche läuten und mit dem fürchterlichsten Lärm übertönten sie die Stimmen der unglücklichen Redner. Aber die Lungen der Freetrader waren ausdauernder als die Glocken der Kirche. Während drei vollen Stunden wetteiferten sie mit dem Geläut des Thurmes; da verstummten endlich die Glocken, die Freetrader hatten gesiegt und Lord Morpeth wurde gewählt. * Dublin, 9. November. Darcy Magee, einer der Chefs der letzten irischen Insurrektion, der glücklich nach New-York entkam, hat kürzlich einen Brief in amerikanischen Blättern veröffentlicht der die genausten Details über das gescheiterte Unternehmen enthüllt. Wir geben denselben wörtlich: „Drei Data muß man in Betreff der letzten irischen Bewegung festhalten: den Monat Februar, wo die Revolutionen des Kontinents ihren Anfang nehmen ‒ den 24 July, wo die Habeas-Corpus-Acte suspendirt wurde ‒ und die Zeit der Erndte, die in Irland erst im September beginnt. Im vergangenen Februar gab es zwei Parteien in Irland, die eine Aenderung des Gouvernements verlangten, die Moralforce Repealer und Jung-Irland.“ Diese Parteien entstanden im July 1846, als die Jung-Irländer gestützt darauf, daß es gesetzlich sei Blut zu vergießen um politische Rechte zu erringen, sich von der Repeal Association trennten. Vor dieser Zeit war Daniel O'Connell ein eben so unumschränkter Herrscher in Irland, als es Nicolaus Romanoff in Rußland ist. Die Alten verehrten ihn seiner Vorsichtigkeit wegen; die Jungen weil England ihn fürchtete und haßte. Viele Protestanten unterstützten ihn aufrichtig, weil er liberal war; die Kotholiken vergötterten ihn als den Mann, der ihre Altäre wieder aufbaute und den Arm und die Zunge der Geistlichkeit löste. Zwei tausend katholische Geistliche, in jedem Dorfe, in jedem Kreuzweg, waren seine Kapitäne und Magistratspersonen. Sein Wort war einzig und allein Gesetz im Lande und Kinder wurden nach seinem Namen getauft wie nach dem Namen eines Heiligen. Dieser mächtige und beliebte Mann lehrte während seiner letzten Lebensjahre, daß die Freiheit auch nicht einen Blutstropfen werth sei und die große Majorität der Geistlichen und des Volkes nahm diese Lehre an. Aber eine neue Generation war in Irland entstanden, die ihr eigenes Gouvernement wünschte und dasselbe nöhigenfalls mit den Waffen in der Hund zu erobern beschloß. Als O'Connell daher im July 1846 der Repeal Association seine „Friedens-Resolutionen“ einreichte, trennte sich Jung-Irland von seinen bisherigen Alliirten und gründete im Januar 1847 „die irische Konföderation,“ aus der, veranlaßt durch die Bewegung des Kontinents, die jüngste Insurrektion entsprang. Im Jahre 1847 machte Jung-Irland in allen Städten Propaganda und zwar mit Erfolg, da das Beispiel Pius IX. und die Revolutionen des vergangenen Frühjahrs zu Thaten anspornten. Ueberall während der letzten 6 Monate verbanden sich die Bewohner der Städte zu einem gewaltsamen Sturz der britischen Herrschaft. Diese Organisation der Städte bestand aus 500 Klubs, mit ungefähr 30,000 waffenfähigen Menschen. Von diesen war beinahe die Hälfte im July mehr oder weniger im Besitz von Waffen; die andre Hälfte verschaffte sich dieselben so rasch als möglich. In Gegenden, wo das Geld rar war und wo die Waffen viel kosteten, habe ich halbbeschäftigte Arbeiter gesehen, die es sich am Munde absparten, um ein Gewehr zu kaufen. Jeder Klub war in Sektionen von 10 Mann getheilt, mit einem Anführer an der Spitze jeder Sektion, der seine zehn Mann persönlich kannte. Viele dieser Klubs wurden entwaffnet; eine große Menge Gewehre rettete man aber und Klubs und Sektionen bestehen noch bis auf den heutigen Tag, so daß also bei der ersten Gelegenheit, ein neuer Aufstand rasch zu organisiren ist. Die Agitation der Konföderirten drang indeß nicht bis in die Landbevölkerung hinein. Manche Gründe lassen sich hierfür anführen. Vor allen Dingen hatte die Hungersnoth von 1846 u. 47 die Leute entsetzlich erschlafft. Die glühende Beredsamkeit eines Mitchell, Duffy und Meagher rührte die Landbewohner wohl, aber sie riß dieselben nicht zu Thaten hin. Das Gouvernement sah, daß wir die Städte organisirten und in unsere Gewalt bekamen, daß wir aber noch nicht das Herz des Landes getroffen. Es wußte, daß das Klub-System höchst wirksam ist, wo die Bevölkerung dicht aufeinander wohnt, daß es aber unpassend für die Landdistrickte ist. Das Gouvernement sorgte daher für sich in zweierlei Weise, indem es seine Streitkräfte in Städten koncentrirte, und alle Mittel aufbot, um die Vereinigung der katholischen Geistlichkeit mit den revolutionären Leitern zu verhindern. In diesem letztern Punkte fand das Gouvernement eine Hauptstütze in der Weise, wie John O'Connell sich der Bildung einer „Irischen League“ widersetzte. Diese League wurde von den besten Geistlichen und Bürgern gegründet, und sollte sowohl die Repeal-Association, wie die Conföderirten, in sich aufnehmen. Ihr wirkliches Resultat würde gewesen setn, daß Jung-Irland und die Geistlichkeit, die beiden Elemente der irischen Politik, sich miteinander vereinigt hätten. O'Connell griff aber diese League auf jede Weise und in der unwürdigsten Manier an, und brandmarkte sie als unkatholisch, so daß die katholische Geistlichkeit, mit Ausnahme des muthigen und beredten Bischof von Derry, die kaum gebildete League aufgab und sie dem Gouvernement gegenüber durchaus im Stich ließ. Die irische Geistlichkeit hatte ihre guten Gründe für dieses Verfahren. Die blutigen Junitage in Paris, die in Rom herrschende Anarchie, das mehr oder weniger Nichtvorbereitetsein des Volkes, die Metzelei, die man erwartete, und das theilweise Mißrathen der Erndte, alles das konnte sie für ihre Maßregeln anführen. Jedenfalls vereitelte sie aber dadurch die Revolution, daß sie fortwährend ihr Mißlingen predigte. In Carrick, Castlereagh, Tipperary und Clare predigte sie gegen ein Ergreifen der Waffen und zwar mit Erfolg. Die Koncentration der Truppen in den Städten und Flecken zwang nun die Conföderirten zu einem Guerillakrieg. Die Situation einer irischen Stadt, im vorigen August, mag aus folgendem Beispiele hervorgehen. In Dublin ist, wie in den meisten irischen Städten, eine Alt- und eine Neu-Stadt. Die Leute des Gouvernements wohnen in der Neu-Stadt, und beherrschen ihre offenen und regulären Straßen von öffentlichen, sehr festen Gebäuden aus. In der Alt-Stadt leben dagegen die Rebellen, welche man leicht mit Kartätschen und Bomben vernichten kann, ohne auch nur den übrigen Quartiers zu schaden. In Dublin war die Garnison im Durchschnitt 10,000, am 22. Juli aber 15,000 Mann stark. Um diese zu schlagen, hätte man sie, wie einst die Spanier die Napoleonischen Soldaten, entweder auf solche Punkte locken müssen, wo nur Infanterie agiren konnte und wo die rohe Masse des Volkes mehr auf demselben Fuße mit den Truppen stand, oder man hätte hintereinander, wie die Athener Athen und die Russen Moskau, die Städte in Brand stecken müssen. Sicher würde dies auch geschehen sein, wenn aus dem Innern des Landes, wohin die Leiter der Partei sich der Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte wegen verfügt hatten, die Nachricht eingetroffen wäre, daß der Kampf begonnen habe. Aber die Landdistrikte wollten sich nicht ohne die Geistlichkeit erheben, und die Geistlichkeit war entweder geradezu feindlich gesinnt, oder doch wenigstens dem ganzen Unternehmen zuwider.“ So weit Magee. Unsre Leser wissen bereits das Resultat der ganzen Bewegung. Smith O'Brien, der hervorragendste unter den Jung-Irländern, suchte trotz der Abneigung der Land-Bevölkerung die Provinz Tipperary zum Aufstande hinzureißen. Seine und seiner Kollegen Anstrengungen gelangen aber nur theilweise und scheiterten deßwegen. Nicht allein Smith O'Brien, sondern auch fast alle andern Führer der Insurgenten, Duffy, O'Donohoe, Martin, Meagher u. s. w. wurden theils bei dem Zusammenstoß der Truppen und der Insurgenten, theils auf der Flucht gefangen und bei den noch fortdauernden Prozessen in Clonmel zum Tode verurtheilt. Der Brief Magee's, in dem er die hochverrätherischen Plane seiner Genossen zugesteht, dürfte bei den noch schwebenden Prozessen für die Angeklagten eben nicht von Nutzen sein und so sehr wir uns auch freuen, die obigen Details aus der Feder eines bei der Insurrektion sehr betheiligten zu besitzen, so müssen wir doch gestehen, daß wir den Brief Magee's lieber nicht veröffentlicht gesehen hätten. Italien. * Turin, 4. November. Die italienische Konföderation hat heute Behufs der Bildung einer konstituirenden Versammlung der italienischen Staaten, einen Wahlgesetzentwurf veröffentlicht. Außerdem publizirt sie einen Akt, in welchem die Prinzipien der Verträge und der Reglements der Union niedergelegt sind. Aus Mailand hört man unterm 2. d., daß der Aufstand des Intelri-Thales kein so günstiges Resultat gehabt hat, wie man Anfangs dachte. Die Insurgenten, die sich Como näherten, sollen geschlagen und zur Flucht gezwungen worden sein. Die Nachrichten aus Venedig vom 27. Okt. lauten dagegen bei weitem besser. Die italienischen Waffen errangen bei einem Ausfalle den vollständigsten Sieg. Die Kroaten wichen dem Enthusiasmus der Italiener; man machte 500 Mann zu Gefangenen; etwa 200 blieben auf dem Platze. Verhandlungen des Gemeinderaths zu Cöln. Sitzung vom 6. November 1848, Abends 6 Uhr.Der Vorsitzende theilte eine Eingabe des Beigeordneten Sonoré mit, worin dieser, unter Verzichtleistung auf die ihm zustehende büdgetmäßige Jahres-Gratification von 787 Thlr. 15 Sgr. darauf anträgt, ihm die auf die Arbeiter-Angelegenheiten bezüglichen Geschäfte abzunehmen und damit einen besondern Mann zu beauftragen, andern Falls er sich zur Niederlegung seiner Stelle veranlaßt sehe. Der Gemeinderath beschloß, daß die Verwaltung in Bezug auf diese Eingabe einen bestimmten und motivirten Antrag stellen möge, welcher in nächster Sitzung, nachdem er von der durch drei Mitglieder verstärkten Commission für die öffentlichen Arbeiten geprüft worden, zur Berathung zu bringen sei. Die unterm. 18 September d. J. ernannte gemeinderäthliche Commission erstattete Bericht über die hiesigen Theater-Verhältnisse, worauf die von derselben gestellten Anträge vom Gemeinderathe angenommen wurden, als: 1) Die Armenabgabe für rein theatralische Vorstellungen, Behufs Controle für das Theater-Comite auf 1% herabzusetzen. Bälle, Conzerte und sonstige nicht theatralische Vorstellungen und Productionen sind hiervon ausgenommen und verfallen der gesetzlichen Abgabe. Die Controle ist dem Theater-Comite gegenüber beizubehalten, indem dasselbe nach der Einnahme Quote seine Anforderungen zu stellen hat. Diese Begünstigung soll vorläufig für ein Jahr eingeräumt werden und nach Ablauf desselben dem Gemeinderathe freistehen, dieselbe nach Umständen fortbestehen zu lassen oder aufzuheben. 2) Zur Deckung der Armenabgabe giebt der Theater-Direktor drei Vorstellungen, deren Unkosten er ganz zu tragen hat, so daß die volle Brutto Einnahme der Armenverwaltung eingehändigt werden kann. Diese drei Vorstellungen, so wie der Tag derselben werden vom Theater-Comite bestimmt. 3) Diese Begünstigung soll in Kraft treten, wenn von Seiten der Actionäre des Schauspielhauses die Miethe desselben auf mindestens zwei drittel des seitherigen Betrages reduzirt wird. Nachdem der Oberbürgermeister die Sitzung verlassen, theilte der den Vortzni übernommene erste Beigeordnete dem Gemeinderathe ein Reskript der Königlichen Regierung mit, wonach der Herr Appellationsgerichtsrath Gräff hierselst zum Kommissarischen Oberbürgermeister von Köln ernannt worden ist. Erklärung. Es haben sich auf dem zweiten Demokraten-Congresse in Folge der Verhandlungen unzweifelhaft zwei Parteien gebildet, welche trotzdem sie beide die Lösung der socialen Frage erst in der demokratischen Republik für möglich halten, sich doch in Bezug hierauf wesentlich von einander unterscheiden. Die eine Partei, die idealen Demokraten, hielten nicht nur die Lösung, sondern sogar jeden Angriff der socialen Frage für unstatthaft und erfolglos vor der hergestellten demokratischen Republik. Die zweite Partei, die praktischen Demokraten, hielten einen Angriff dieser Frage vor der Herstellung Republik nicht nur für nützlich und Erfolg versprechend, sondern auch bei der steigenden Noth und Verarmung des kleinern Bürger- und Arbeiterstandes für geboten. Als wesentliche Mittel dazu erkannten sie die sofortige Einführung einer demokratischen Gemeinde-Ordnung eines minder drückenden Steuerwesens und einer naturgemäßen Verbesserung der Ackerbau-Arbeiter und Industrie-Verhältnisse. Die Unterzeichneten sehen sich durch ihr Mandat sowohl, wie durch den Vorrang, welchen sie der socialen Frage vor einer bloßen Verfassungsform gewähren, zu erklären veranlast. Daß sie, dieser zweiten Partie anhörend, den politischen Weg, soweit es in ihren Kräften steht, unerschrocken einschlagen und verfolgen werden. Berlin den 1. November 1848. A. Kaulfuß für den demokratischen Bürgerverein zu Merseburg. J. V. Maßalvup für den Volksverein zu Roßleben. Dr. E. Grosse für den demokratischen Verein in Mücheln. Dortu für den politischen Verein in Potsdam. Däumer für den demoktischen Verein in Weißenfels. Stockmann für den demok. Zweigverein in Bibra und Memmleben. Dedeking für den demok. Verein in Lauchstädt. H. Berlepsch dito in Erfurt. H. Berlepsch für den Bürgerverein daselbst. Th. Peitmann für den demok. Verein in Münster. Saß für den demok. Urwähler-Verein in Berlin. Rohlfs dito dito Annecke II. für den demok. Verein in Guben. Schweitzer für den demok. Verein der Königstadt in Berlin. Rockmann für den Volksklub in Düsseldorf und für den demok. Verein in Mühlhausen an der Ruhr. (Nachträge folgen.) Der Gerant: Korff. Druck von J. W. Dietz, unter Hutmacher Nr. 17.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 141. Köln, 12. November 1848, S. 0726. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz141i_1848/5>, abgerufen am 28.03.2024.