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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 143. Köln, 15. November 1848.

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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No. 143. Köln, Mittwoch den 15. November. 1848.

Um mehrfach geäußerten Wünschen entgegenzukommen und dem Theile des Publikums, welcher ohne längeres Abonnement den jetzigen wichtigen Zeitereignissen folgen möchte, alle möglichen Erleichterungen zu gewähren, nehmen wir Bestellungen auf die Neue Reinische Zeitung vor Ende des Quartals zu 1 Thlr. bei Vorausbezahlung in hiesiger Stadt und Deutz an; einzelne Nummern sind fortwährend an der Expedition des Blattes -- unter Hutmacher Nr. 17 -- zu einem (1) Sgr. zu haben. Die einlaufenden Nachrichten sind wir, unterstützt von tüchtigen Corespondenten, im Stande wie seither unsern Lesern auf das Schleunigste zu überliefern.

Köln, 13. November 1848. Die Expedition der Neuen Rheinischen Zeitung.

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Aufforderung des demokratischen Kreisausschusses der Rheinprovinz. -- K. Marx). Koblenz. (Die "Rh.- u. M.-Ztg." über das "Ministerium der thierischen Soldateska." -- Adresse an die National-Versammlung. -- Censur der Plakate). Berlin. (Rüstungen. -- Die Kommission für Steuerverweigerung. -- Grabow. -- Wrangels Verfügungen).

Donaufürstenthümer. Agram. (Schreiben Jellachichs an seine Landsleute).

Schweiz. Bern. (Die neuen Behörden. -- Fortschritt in der Schweiz. -- Antwort des Vororts an die deutsche Centralgewalt).

Italien. (Die Insurgenten am Comer-See. -- Die Ungarn in Mantua und Alexandrien. -- Neue Revolten. -- Auflösung des toskanischen Parlaments. -- Ein Brief Radetzky's).

Franz. Republik. Paris. (Die Wahlagitation. -- Das Verfassungsfest. -- Das Cavaignac'sche Manifest -- To[unleserliches Material]ianski).

Türkei. Kostantinopel. (Nachwehen der Feuersbrunst. -- Opiumhandel).

Die Steuerverweigerung in England im Jahre 1832.

(Schluß).

Deutschland.
Aufruf.
* Köln, 14. November.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
* Köln, 14. November.

Auf die Nachricht hin, daß der Redakteur en chef der "N. Rh. Z.", Karl Marx, für heute Morgen einen Erscheinungsbefehl von dem Instruktionsgerichte erhalten, hatte sich eine ansehnliche Volksmasse im Appelhofe eingefunden, um ihre Theilnahme zu bekunden und das Resultat abzuwarten. K. Marx wurde bei seinem Wiedererscheinen mit lauten Beifallsbezeugungen begrüßt und nach dem Eiser'schen Saale begleitet, wo er einige Worte des Dankes für die Volkstheilnahme aussprach und erklärte, daß er nur zum Schlußverhör in der Hecker'schen Angelegenheit vernommen worden sei. Der ehemalige Staatsprokurator, jetzige Oberprokurator Herr Hecker glaube nämlich durch ein in der "N. Rh. Z." abgedrucktes und "Hecker" unterzeichnetes Aktenstück von K. Marx als Republikaner denuncirt worden zu sein.

Koblenz, 11. Nov.

Mit welchem Vergnügen werden nicht die, wie Hr. Schlink sich ausdrückt, liberalen Abgeordneten des allgemeinen Landtags den kleinen Manteuffel, den Hauptpartisan des Ministeriums Bodelschwingh, den für den Fall der Erkrankung Bodelschwinghs designirten Landtagskommissarius und Abgeordneten der Niederlausitz, auf den Schatzkammerbänken sehen? Mit welcher Freude werden nicht die katholischen Abgeordneten der Rheinprovinz und Westphalens, die sich gerade vor allen andern haben gebrauchen lassen, ihre kirchlichen und Schulinteressen definitiv in die Hände des ihnen von Trier und Köln her noch bekannten Hrn. v. Ladenberg, dieser Personifikation der preußisch-protestant Bureaukratie, gelegt sehen? Wie herzlich werden nicht die Urheuler, die bergischen, märkischen und niederrheinischen Fabrikanten dem Freihandelsmann Kühne die Hände drücken? Was wird endlich Hr. Scheidt, der konstitutionelle Romantiker, sagen? wird er auch in Anbetracht des vorigjährigen Verhaltens des Hrn. v. Manteuffel von diesem den konstitutionellen Eid verlangen oder etwa der Ansicht sein, daß die Mitglieder des Ministeriums einen solchen besser leisten könnten, als etwa Hr. d'Ester, Hr. Borchardt oder Graf Reichenbach? wird selbst er daran zweifeln, daß man einerseits und andererseits die Sache in gleicher Weise begreift, nach dem alten Sprichwort, daß das Beste der größte Feind des Guten sei, es mit der konstitutionellen Monarchie so lange hält, als man nichts Besseres hat, die konstitutionelle Monarchie als das Schild und die Republik oder absolute Monarchie als das Schwert betrachtet? Bei Lesung der Ministerernennungen konnten wir nicht umhin, an Etwas zu denken, was Le Sage in seinem hinkenden Teufel erzählt. Er spricht dort davon, daß zwei Männer zusammengekommen, sich umarmt und geküßt hätten und seitdem unversöhnliche Feinde geworden seien. So können auch wir Angesichts dessen, was in Wien, Berlin und anderwärts vorgeht, die Ansicht nicht unterdrücken, daß es vielleicht, seitdem Könige und Völker in Deutschland in den konstitutionellen und Vereinbarungsversuchen sich gegenseitig umarmt, gepriesen und geküßt haben, dazu kommen könnte, daß sie eben als unversöhnliche Feinde auseinandergingen.

(Rh. u. M.-Z.)
Koblenz, 12. Nov.

In der Volksversammlung, welche heute auf Veranlassung des vereinigten Ausschusses des demokratischen Vereins und des politischen Klubs im Schauspielhause statt gehabt, ist folgende Adresse an die Volksvertreter zu Berlin vorgeschlagen und angenommen, sofort auch mit mehr als 1500 Unterschriften versehen worden:

"Vertreter des Volkes!

Das Ministerium hat das von der Versammlung ausgesprochene Mißtrauensvotum durch die Absicht einer Vertagung und Verlegung desselben erwidert. Die Versammlung, in voller Freiheit der Berathung, unter Versöhnung getrennter Ansichten, hat ihr Ansehen durch Beschlüsse gewahrt, deren Würde, Kraft und Mäßigung ihr dauernden Ruhm und volle Anerkennung des Landes gesichert haben. Das Volk, in dem die Versammlung wurzelt und in welchem sie ihre Stütze findet, ist berechtigt und verpflichtet, in diesem entscheidenden Momente des Kampfes zwischen Regierung und Volksvertreter seine Ansicht kund zu geben. In Ausübung dieses Rechtes und in Vollziehung dieser Pflicht erklären die unterzeichneten Bewohner von Koblenz, daß wir in diesem Streite der Gewalten die Beschlüsse der Volksvertreter als allein maßgebend, jede Zuwiderhandlung gegen dieselben als ungesetzlich, jeden Angriff auf die Versammlung als Verrath am Vaterlande, und die Räthe der Krone dafür in vollem Maße verantwortlich erachten.

Koblenz, 12. Nov. 1848.

Folgen die Unterschriften."

Koblenz, 12. Nov.

Gestern gegen Abend wurde das Schreiben unseres Abgeordneten Raffauff (der Protest der Linken) an den Straßenecken angeschlagen, Seitens des Festungskommando's aber sofort der Befehl ertheilt, dasselbe zu beseitigen!! Sind wir vielleicht schon, ohne es zu wissen, im Belagerungszustande?

(Rh.- u. M.-Z.)

Wir bemerken hierzu, daß der Belagerungszustand sich in diesem Augenblicke in der ganzen Monarchie von selbst versteht. So wurden gestern (13. November) von allen Straßenecken Köln's zwei Plakate, ein Extrablatt der "Neuen Rheinischen Zeitung" und ein gelber Anschlagzettel "An die Soldaten", amtlich abgerissen von zwei Gensd'armen, in deren Gefolge sich 6 Soldaten befanden. Wer hat zu diesem gewaltthätigen Angriffe auf fremdes Eigenthum den Befehl ertheilt? Etwa der Kommiß.-Polizeidirektor Geiger? Hat das Ministerium Brandenburg Hrn. Geiger (aus Koblenz) etwa schon geheime Vollmachten als Censor ertheilt?

X Berlin, 12. Nov.

Die hiesige Bürgerwehr sowohl, als die fliegenden Korps der Studenten, des Handwerkervereins, der jungen Kaufleute und der Maschinenbauer, sowie der Künstler, haben dem Ministerium entschieden erklärt, daß sie in Folge der von der Nationalversammlung gefaßten Beschlüsse, die Waffen nicht ablegen würden.

Seit heute Morgen acht Uhr bivouakiren die kgl. Truppen auf den öffentlichen Plätzen und den Hauptpunkten der Stadt. Ihnen gegenüber stehen die fliegenden Korps gleichfalls bewaffnet. Das Korps der Maschinenbauer besteht aus 4000 und einigen hundert Mann, lauter entschlossene handfeste Gesellen, von denen ein jeder nicht blos mit einer Büchse oder Flinte, sondern auch noch mit einem großen Beile bewaffnet ist. Die Bürgerwehr hält sich zurück in den Häusern, bis das Signal zum Allarm erfolgt. Die Weiber sorgen für brennendes Wasser, Vitriol und andere Spritzmittel. Man erwartet jeden Augenblick den Anfang des Kampfes.

Unzählige Adressen und Deputationen kommen aus den Provinzen an die Nationalversammlung. Auch sind heute 8 Deputirte wieder eingetreten, die von ihren Wählern wieder nach Berlin expedirt worden sind.

Ueber den Antrag, die Steuerverweigerung betreffend, wird in der heutigen Nachmittagssitzung verhandelt werden, da die Kommission gestern mit ihrem Berichte nicht fertig geworden ist.

Grabow hat heute der Nationalversammlung angezeigt, daß er in diesen Tagen, sobald er ganz genesen sei, seinen Sitz in der Nationalversammlung wieder einnehmen werde.

Berlin, 12. November.

Im Verfolg des Erlasses des königlichen Staats-Ministeriums vom heutigen Tage, wodurch die Stadt Berlin und ihr zweimeiliger Umkreis in Belagerungs-Zustand versetzt worden ist, verordne ich hiermit:

1) Alle Clubs und Vereine zu politischen Zwecken sind geschlossen.
2) Bei Tage darf keine Versammlung von mehr als 20 Personen bei Nacht keine von mehr als 10 Personen auf Straßen und öffentlichen Plätzen Statt finden.
3) Alle Wirtshäuser sind um 10 Uhr Abends zu schließen.
4) Plakate, Zeitungen und andere Schriften dürfen nur dann gedruckt, öffentlicht verkauft, oder durch Anschlag verbreitet werden, nachdem das hiesige Polizei - Präsidium die Erlaubniß dazu ertheilt hat.
5) Alle Fremden, welche sich über den Zweck ihres hiesigen Aufenthalts nicht gehörig legitimiren können, haben bei Vermeidung der Ausweisung binnen 24 Stunden die Stadt und deren Gebiet zu verlassen.
6) Fremden, welche bewaffnet ankommen, sind von den Wachen die Waffen abzunehmen.
7) Die Bürgerwehr ist nach der königlichen Bestimmung von 11. d. M., vorbehaltlich ihrer Reorganisation, aufgelös't; während des Belagerungs-Zustandes kann diese Reorganisation nicht erfolgen.
8) Während des Belagerungs-Zustandes dürfen Civil-Personen nur dann Waffen tragen, wenn es ihnen von mir oder dem Polizei-Präsidio ausdrücklich gestattet ist. Wer sich mit Waffen betreffen läßt, ohne eine solche Erlaubniß erhalten zu haben, wird sofort entwaffnet.
9) Die gesetzlich bestehenden Behörden verbleiben in ihren Funktionen und werden bei Ausführung der von ihnen zu treffenden Maßregeln, in so fern sie den vorstehenden Bestimmungen entsprechen, von mir aufs kräftigste unterstützt werden.
10) Die Stadt Berlin haftet für allen Schaden, welcher bei Unterdrückung eines offenen oder bewaffneten Widerstandes gegen die bewaffnete Macht an öffentlichem oder Privat-Eigenthum verübt wird.
11) Der Betrieb der bürgerlichen Geschäfte, der königlichen und Privat-Arbeiten, des Handels und der Gewerbe wird durch Erklärung des Belagerungs-Zustandes nicht weiter beschränkt.

Berlin, 12. November 1848.

Der Ober-Befehlshaber der Truppen in den Marken.

General der Cavallerie, v. Wrangel.

Donaufürstenthümer.
Agram.

Jelachich hat folgendes Sendschreiben eingeschickt: "An meine Landsleute! Ihr habt bis jetzt unter allen -- dem Scepter unseres großen Oesterreich angehörigen Nationen hinsichtlich Eurer Liebe, Anhänglichkeit und Treue für Eueren Monarchen in die ersten Reihen Euch gestellt, Ihr waret Diejenigen, welche in den schwierigsten Momenten der allgemeinen Aufregung, ungeachtet aller an Euch fruchtlos angewandten Mittel der Verführung nicht gewankt, sondern unerschütterlich gleich einem Fels dagestanden, und an Euren unserem geliebten Monarchen geleisteten Schwüren festgehalten habt. -- Somit steht Ihr als ein glänzendes Beispiel für die andern Völker da. Wenn sie auch theilweise gleich Euch unerschütterlich gewesen sind, so wurdet Ihr doch von keinem übertroffen. -- Leider hat jedoch während der Zeit meiner Abwesenheit die aufrührerische, Alles zerstören wollende Partei der Ungarn sich neuerdings erhoben, um die Fahne der Rebellion in unserem bisher hiervon rein gehaltenen Vaterlande aufzupflanzen, wozu selbe kein was immer für Namen führendes Mittel unversucht läßt, ja selbst den Namen unseres Monarchen zu mißbrauchen sich erkühnt, um ihren unlautern Zweck ins Leben zu rufen. -- Ich verständige Euch vor allem, daß Se. Maj. der Kaiser selbst Ungarn als eine aufrührerische Provinz bezeichnen, und mich wegen Herstellung der gesetzlichen Ordnung zum königl. bevollmächtigten Kommissär zu ernennen geruhet haben, woraus Ihr die zureichenden Beweise entnehmen könnt, daß alle Bestrebungen der Ungarn keinen andern Zweck haben, als Euch in der Treue zu Euerem Monarchen wankend zu machen, um Euch sodann Euerer theils erworbenen, theils noch anzuhoffenden Freiheiten und Rechte um so sicherer berauben zu können. -- Ich ermahne und fordere Euch demnach auf, meine braven Gränzer! diesem kein Gehör zu leihen, sondern auszuharren in Eurer Treue, stehen zu bleiben als unantastbare Stützen des Thrones unseres Kaisers, mir Eurem Ban, der ich für Eure Sache mein Leben zu opfern bereit bin, zu vertrauen, und versichert zu sein, daß die Zeit der Drangsale, die vielleicht über unser geliebtes Vaterland hereinbrechen könnte, bald vorübergehen wird, und gerade in solchen Epochen es nothwendig ist, die Treue an seinen angestammten Monarchen, die wahre Liebe zum Vaterlande und den echten Heldenmuth für seine Vertheidigung zu beweisen und darin auszuharren. -- Bald werde ich wieder im Stande sein, unmittelbar für Euch, für Euere von den Ungarn bedrohten Rechte und Nationalität erneuert in die Schranken zu treten, denn unsere Sache ist eine zu gerechte, als daß ihr nicht endlich der sichere Sieg zu Theil werden sollte.

Hauptquartier Zwölfaxing, nächst Wien, am 24. Okt. 1848.

Jelachich, Ban und Feldmarschalllieutenant."

Schweiz.
*) Kühne war wieder Willen und Wissen von Brandenburg designirt. Anmerk. d. Red.
*) Warum befinden sich die Kölner Deputirten Haugh und Wittgenstein nicht auf ihrem Posten! Wenn sie sich weigern, nach Berlin zu gehen, setze man sie ab und wähle neue Deputirte an ihre Stelle. A. d. R.
Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No. 143. Köln, Mittwoch den 15. November. 1848.

Um mehrfach geäußerten Wünschen entgegenzukommen und dem Theile des Publikums, welcher ohne längeres Abonnement den jetzigen wichtigen Zeitereignissen folgen möchte, alle möglichen Erleichterungen zu gewähren, nehmen wir Bestellungen auf die Neue Reinische Zeitung vor Ende des Quartals zu 1 Thlr. bei Vorausbezahlung in hiesiger Stadt und Deutz an; einzelne Nummern sind fortwährend an der Expedition des Blattes — unter Hutmacher Nr. 17 — zu einem (1) Sgr. zu haben. Die einlaufenden Nachrichten sind wir, unterstützt von tüchtigen Corespondenten, im Stande wie seither unsern Lesern auf das Schleunigste zu überliefern.

Köln, 13. November 1848. Die Expedition der Neuen Rheinischen Zeitung.

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Aufforderung des demokratischen Kreisausschusses der Rheinprovinz. — K. Marx). Koblenz. (Die „Rh.- u. M.-Ztg.“ über das „Ministerium der thierischen Soldateska.“ — Adresse an die National-Versammlung. — Censur der Plakate). Berlin. (Rüstungen. — Die Kommission für Steuerverweigerung. — Grabow. — Wrangels Verfügungen).

Donaufürstenthümer. Agram. (Schreiben Jellachichs an seine Landsleute).

Schweiz. Bern. (Die neuen Behörden. — Fortschritt in der Schweiz. — Antwort des Vororts an die deutsche Centralgewalt).

Italien. (Die Insurgenten am Comer-See. — Die Ungarn in Mantua und Alexandrien. — Neue Revolten. — Auflösung des toskanischen Parlaments. — Ein Brief Radetzky's).

Franz. Republik. Paris. (Die Wahlagitation. — Das Verfassungsfest. — Das Cavaignac'sche Manifest — To[unleserliches Material]ianski).

Türkei. Kostantinopel. (Nachwehen der Feuersbrunst. — Opiumhandel).

Die Steuerverweigerung in England im Jahre 1832.

(Schluß).

Deutschland.
Aufruf.
* Köln, 14. November.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
* Köln, 14. November.

Auf die Nachricht hin, daß der Redakteur en chef der „N. Rh. Z.“, Karl Marx, für heute Morgen einen Erscheinungsbefehl von dem Instruktionsgerichte erhalten, hatte sich eine ansehnliche Volksmasse im Appelhofe eingefunden, um ihre Theilnahme zu bekunden und das Resultat abzuwarten. K. Marx wurde bei seinem Wiedererscheinen mit lauten Beifallsbezeugungen begrüßt und nach dem Eiser'schen Saale begleitet, wo er einige Worte des Dankes für die Volkstheilnahme aussprach und erklärte, daß er nur zum Schlußverhör in der Hecker'schen Angelegenheit vernommen worden sei. Der ehemalige Staatsprokurator, jetzige Oberprokurator Herr Hecker glaube nämlich durch ein in der „N. Rh. Z.“ abgedrucktes und „Hecker“ unterzeichnetes Aktenstück von K. Marx als Republikaner denuncirt worden zu sein.

Koblenz, 11. Nov.

Mit welchem Vergnügen werden nicht die, wie Hr. Schlink sich ausdrückt, liberalen Abgeordneten des allgemeinen Landtags den kleinen Manteuffel, den Hauptpartisan des Ministeriums Bodelschwingh, den für den Fall der Erkrankung Bodelschwinghs designirten Landtagskommissarius und Abgeordneten der Niederlausitz, auf den Schatzkammerbänken sehen? Mit welcher Freude werden nicht die katholischen Abgeordneten der Rheinprovinz und Westphalens, die sich gerade vor allen andern haben gebrauchen lassen, ihre kirchlichen und Schulinteressen definitiv in die Hände des ihnen von Trier und Köln her noch bekannten Hrn. v. Ladenberg, dieser Personifikation der preußisch-protestant Bureaukratie, gelegt sehen? Wie herzlich werden nicht die Urheuler, die bergischen, märkischen und niederrheinischen Fabrikanten dem Freihandelsmann Kühne die Hände drücken? Was wird endlich Hr. Scheidt, der konstitutionelle Romantiker, sagen? wird er auch in Anbetracht des vorigjährigen Verhaltens des Hrn. v. Manteuffel von diesem den konstitutionellen Eid verlangen oder etwa der Ansicht sein, daß die Mitglieder des Ministeriums einen solchen besser leisten könnten, als etwa Hr. d'Ester, Hr. Borchardt oder Graf Reichenbach? wird selbst er daran zweifeln, daß man einerseits und andererseits die Sache in gleicher Weise begreift, nach dem alten Sprichwort, daß das Beste der größte Feind des Guten sei, es mit der konstitutionellen Monarchie so lange hält, als man nichts Besseres hat, die konstitutionelle Monarchie als das Schild und die Republik oder absolute Monarchie als das Schwert betrachtet? Bei Lesung der Ministerernennungen konnten wir nicht umhin, an Etwas zu denken, was Le Sage in seinem hinkenden Teufel erzählt. Er spricht dort davon, daß zwei Männer zusammengekommen, sich umarmt und geküßt hätten und seitdem unversöhnliche Feinde geworden seien. So können auch wir Angesichts dessen, was in Wien, Berlin und anderwärts vorgeht, die Ansicht nicht unterdrücken, daß es vielleicht, seitdem Könige und Völker in Deutschland in den konstitutionellen und Vereinbarungsversuchen sich gegenseitig umarmt, gepriesen und geküßt haben, dazu kommen könnte, daß sie eben als unversöhnliche Feinde auseinandergingen.

(Rh. u. M.-Z.)
Koblenz, 12. Nov.

In der Volksversammlung, welche heute auf Veranlassung des vereinigten Ausschusses des demokratischen Vereins und des politischen Klubs im Schauspielhause statt gehabt, ist folgende Adresse an die Volksvertreter zu Berlin vorgeschlagen und angenommen, sofort auch mit mehr als 1500 Unterschriften versehen worden:

„Vertreter des Volkes!

Das Ministerium hat das von der Versammlung ausgesprochene Mißtrauensvotum durch die Absicht einer Vertagung und Verlegung desselben erwidert. Die Versammlung, in voller Freiheit der Berathung, unter Versöhnung getrennter Ansichten, hat ihr Ansehen durch Beschlüsse gewahrt, deren Würde, Kraft und Mäßigung ihr dauernden Ruhm und volle Anerkennung des Landes gesichert haben. Das Volk, in dem die Versammlung wurzelt und in welchem sie ihre Stütze findet, ist berechtigt und verpflichtet, in diesem entscheidenden Momente des Kampfes zwischen Regierung und Volksvertreter seine Ansicht kund zu geben. In Ausübung dieses Rechtes und in Vollziehung dieser Pflicht erklären die unterzeichneten Bewohner von Koblenz, daß wir in diesem Streite der Gewalten die Beschlüsse der Volksvertreter als allein maßgebend, jede Zuwiderhandlung gegen dieselben als ungesetzlich, jeden Angriff auf die Versammlung als Verrath am Vaterlande, und die Räthe der Krone dafür in vollem Maße verantwortlich erachten.

Koblenz, 12. Nov. 1848.

Folgen die Unterschriften.“

Koblenz, 12. Nov.

Gestern gegen Abend wurde das Schreiben unseres Abgeordneten Raffauff (der Protest der Linken) an den Straßenecken angeschlagen, Seitens des Festungskommando's aber sofort der Befehl ertheilt, dasselbe zu beseitigen!! Sind wir vielleicht schon, ohne es zu wissen, im Belagerungszustande?

(Rh.- u. M.-Z.)

Wir bemerken hierzu, daß der Belagerungszustand sich in diesem Augenblicke in der ganzen Monarchie von selbst versteht. So wurden gestern (13. November) von allen Straßenecken Köln's zwei Plakate, ein Extrablatt der „Neuen Rheinischen Zeitung“ und ein gelber Anschlagzettel „An die Soldaten“, amtlich abgerissen von zwei Gensd'armen, in deren Gefolge sich 6 Soldaten befanden. Wer hat zu diesem gewaltthätigen Angriffe auf fremdes Eigenthum den Befehl ertheilt? Etwa der Kommiß.-Polizeidirektor Geiger? Hat das Ministerium Brandenburg Hrn. Geiger (aus Koblenz) etwa schon geheime Vollmachten als Censor ertheilt?

X Berlin, 12. Nov.

Die hiesige Bürgerwehr sowohl, als die fliegenden Korps der Studenten, des Handwerkervereins, der jungen Kaufleute und der Maschinenbauer, sowie der Künstler, haben dem Ministerium entschieden erklärt, daß sie in Folge der von der Nationalversammlung gefaßten Beschlüsse, die Waffen nicht ablegen würden.

Seit heute Morgen acht Uhr bivouakiren die kgl. Truppen auf den öffentlichen Plätzen und den Hauptpunkten der Stadt. Ihnen gegenüber stehen die fliegenden Korps gleichfalls bewaffnet. Das Korps der Maschinenbauer besteht aus 4000 und einigen hundert Mann, lauter entschlossene handfeste Gesellen, von denen ein jeder nicht blos mit einer Büchse oder Flinte, sondern auch noch mit einem großen Beile bewaffnet ist. Die Bürgerwehr hält sich zurück in den Häusern, bis das Signal zum Allarm erfolgt. Die Weiber sorgen für brennendes Wasser, Vitriol und andere Spritzmittel. Man erwartet jeden Augenblick den Anfang des Kampfes.

Unzählige Adressen und Deputationen kommen aus den Provinzen an die Nationalversammlung. Auch sind heute 8 Deputirte wieder eingetreten, die von ihren Wählern wieder nach Berlin expedirt worden sind.

Ueber den Antrag, die Steuerverweigerung betreffend, wird in der heutigen Nachmittagssitzung verhandelt werden, da die Kommission gestern mit ihrem Berichte nicht fertig geworden ist.

Grabow hat heute der Nationalversammlung angezeigt, daß er in diesen Tagen, sobald er ganz genesen sei, seinen Sitz in der Nationalversammlung wieder einnehmen werde.

Berlin, 12. November.

Im Verfolg des Erlasses des königlichen Staats-Ministeriums vom heutigen Tage, wodurch die Stadt Berlin und ihr zweimeiliger Umkreis in Belagerungs-Zustand versetzt worden ist, verordne ich hiermit:

1) Alle Clubs und Vereine zu politischen Zwecken sind geschlossen.
2) Bei Tage darf keine Versammlung von mehr als 20 Personen bei Nacht keine von mehr als 10 Personen auf Straßen und öffentlichen Plätzen Statt finden.
3) Alle Wirtshäuser sind um 10 Uhr Abends zu schließen.
4) Plakate, Zeitungen und andere Schriften dürfen nur dann gedruckt, öffentlicht verkauft, oder durch Anschlag verbreitet werden, nachdem das hiesige Polizei - Präsidium die Erlaubniß dazu ertheilt hat.
5) Alle Fremden, welche sich über den Zweck ihres hiesigen Aufenthalts nicht gehörig legitimiren können, haben bei Vermeidung der Ausweisung binnen 24 Stunden die Stadt und deren Gebiet zu verlassen.
6) Fremden, welche bewaffnet ankommen, sind von den Wachen die Waffen abzunehmen.
7) Die Bürgerwehr ist nach der königlichen Bestimmung von 11. d. M., vorbehaltlich ihrer Reorganisation, aufgelös't; während des Belagerungs-Zustandes kann diese Reorganisation nicht erfolgen.
8) Während des Belagerungs-Zustandes dürfen Civil-Personen nur dann Waffen tragen, wenn es ihnen von mir oder dem Polizei-Präsidio ausdrücklich gestattet ist. Wer sich mit Waffen betreffen läßt, ohne eine solche Erlaubniß erhalten zu haben, wird sofort entwaffnet.
9) Die gesetzlich bestehenden Behörden verbleiben in ihren Funktionen und werden bei Ausführung der von ihnen zu treffenden Maßregeln, in so fern sie den vorstehenden Bestimmungen entsprechen, von mir aufs kräftigste unterstützt werden.
10) Die Stadt Berlin haftet für allen Schaden, welcher bei Unterdrückung eines offenen oder bewaffneten Widerstandes gegen die bewaffnete Macht an öffentlichem oder Privat-Eigenthum verübt wird.
11) Der Betrieb der bürgerlichen Geschäfte, der königlichen und Privat-Arbeiten, des Handels und der Gewerbe wird durch Erklärung des Belagerungs-Zustandes nicht weiter beschränkt.

Berlin, 12. November 1848.

Der Ober-Befehlshaber der Truppen in den Marken.

General der Cavallerie, v. Wrangel.

Donaufürstenthümer.
Agram.

Jelachich hat folgendes Sendschreiben eingeschickt: „An meine Landsleute! Ihr habt bis jetzt unter allen — dem Scepter unseres großen Oesterreich angehörigen Nationen hinsichtlich Eurer Liebe, Anhänglichkeit und Treue für Eueren Monarchen in die ersten Reihen Euch gestellt, Ihr waret Diejenigen, welche in den schwierigsten Momenten der allgemeinen Aufregung, ungeachtet aller an Euch fruchtlos angewandten Mittel der Verführung nicht gewankt, sondern unerschütterlich gleich einem Fels dagestanden, und an Euren unserem geliebten Monarchen geleisteten Schwüren festgehalten habt. — Somit steht Ihr als ein glänzendes Beispiel für die andern Völker da. Wenn sie auch theilweise gleich Euch unerschütterlich gewesen sind, so wurdet Ihr doch von keinem übertroffen. — Leider hat jedoch während der Zeit meiner Abwesenheit die aufrührerische, Alles zerstören wollende Partei der Ungarn sich neuerdings erhoben, um die Fahne der Rebellion in unserem bisher hiervon rein gehaltenen Vaterlande aufzupflanzen, wozu selbe kein was immer für Namen führendes Mittel unversucht läßt, ja selbst den Namen unseres Monarchen zu mißbrauchen sich erkühnt, um ihren unlautern Zweck ins Leben zu rufen. — Ich verständige Euch vor allem, daß Se. Maj. der Kaiser selbst Ungarn als eine aufrührerische Provinz bezeichnen, und mich wegen Herstellung der gesetzlichen Ordnung zum königl. bevollmächtigten Kommissär zu ernennen geruhet haben, woraus Ihr die zureichenden Beweise entnehmen könnt, daß alle Bestrebungen der Ungarn keinen andern Zweck haben, als Euch in der Treue zu Euerem Monarchen wankend zu machen, um Euch sodann Euerer theils erworbenen, theils noch anzuhoffenden Freiheiten und Rechte um so sicherer berauben zu können. — Ich ermahne und fordere Euch demnach auf, meine braven Gränzer! diesem kein Gehör zu leihen, sondern auszuharren in Eurer Treue, stehen zu bleiben als unantastbare Stützen des Thrones unseres Kaisers, mir Eurem Ban, der ich für Eure Sache mein Leben zu opfern bereit bin, zu vertrauen, und versichert zu sein, daß die Zeit der Drangsale, die vielleicht über unser geliebtes Vaterland hereinbrechen könnte, bald vorübergehen wird, und gerade in solchen Epochen es nothwendig ist, die Treue an seinen angestammten Monarchen, die wahre Liebe zum Vaterlande und den echten Heldenmuth für seine Vertheidigung zu beweisen und darin auszuharren. — Bald werde ich wieder im Stande sein, unmittelbar für Euch, für Euere von den Ungarn bedrohten Rechte und Nationalität erneuert in die Schranken zu treten, denn unsere Sache ist eine zu gerechte, als daß ihr nicht endlich der sichere Sieg zu Theil werden sollte.

Hauptquartier Zwölfaxing, nächst Wien, am 24. Okt. 1848.

Jelachich, Ban und Feldmarschalllieutenant.“

Schweiz.
*) Kühne war wieder Willen und Wissen von Brandenburg designirt. Anmerk. d. Red.
*) Warum befinden sich die Kölner Deputirten Haugh und Wittgenstein nicht auf ihrem Posten! Wenn sie sich weigern, nach Berlin zu gehen, setze man sie ab und wähle neue Deputirte an ihre Stelle. A. d. R.
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 14. November.</head>
          <p>Auf die Nachricht hin, daß der Redakteur en chef der &#x201E;N. Rh. Z.&#x201C;, <hi rendition="#b">Karl Marx,</hi> für heute Morgen einen Erscheinungsbefehl von dem Instruktionsgerichte erhalten, hatte sich eine ansehnliche Volksmasse im Appelhofe eingefunden, um ihre Theilnahme zu bekunden und das Resultat abzuwarten. K. Marx wurde bei seinem Wiedererscheinen mit lauten Beifallsbezeugungen begrüßt und nach dem Eiser'schen Saale begleitet, wo er einige Worte des Dankes für die Volkstheilnahme aussprach und erklärte, daß er nur zum <hi rendition="#g">Schlußverhör</hi> in der <hi rendition="#g">Hecker</hi>'schen Angelegenheit vernommen worden sei. Der ehemalige Staatsprokurator, jetzige Oberprokurator Herr Hecker glaube nämlich durch ein in der &#x201E;N. Rh. Z.&#x201C; abgedrucktes und &#x201E;<hi rendition="#g">Hecker</hi>&#x201C; unterzeichnetes Aktenstück von K. Marx als Republikaner denuncirt worden zu sein.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar143_003" type="jArticle">
          <head>Koblenz, 11. Nov.</head>
          <p>Mit welchem Vergnügen werden nicht die, wie Hr. Schlink sich ausdrückt, liberalen Abgeordneten des allgemeinen Landtags den kleinen Manteuffel, den Hauptpartisan des Ministeriums Bodelschwingh, den für den Fall der Erkrankung Bodelschwinghs designirten Landtagskommissarius und Abgeordneten der Niederlausitz, auf den Schatzkammerbänken sehen? Mit welcher Freude werden nicht die katholischen Abgeordneten der Rheinprovinz und Westphalens, die sich gerade vor allen andern haben gebrauchen lassen, ihre kirchlichen und Schulinteressen definitiv in die Hände des ihnen von Trier und Köln her noch bekannten Hrn. v. Ladenberg, dieser Personifikation der preußisch-protestant Bureaukratie, gelegt sehen? Wie herzlich werden nicht die Urheuler, die bergischen, märkischen und niederrheinischen Fabrikanten dem Freihandelsmann Kühne <note place="foot">*) Kühne war wieder Willen und Wissen von Brandenburg designirt. Anmerk. d. Red.</note> die Hände drücken? Was wird endlich Hr. Scheidt, der konstitutionelle Romantiker, sagen? wird er auch in Anbetracht des vorigjährigen Verhaltens des Hrn. v. Manteuffel von diesem den konstitutionellen Eid verlangen oder etwa der Ansicht sein, daß die Mitglieder des Ministeriums einen solchen besser leisten könnten, als etwa Hr. d'Ester, Hr. Borchardt oder Graf Reichenbach? wird selbst er daran zweifeln, daß man einerseits und andererseits die Sache in gleicher Weise begreift, nach dem alten Sprichwort, daß das Beste der größte Feind des Guten sei, es mit der konstitutionellen Monarchie so lange hält, als man nichts Besseres hat, die konstitutionelle Monarchie als das Schild und die Republik oder absolute Monarchie als das Schwert betrachtet? Bei Lesung der Ministerernennungen konnten wir nicht umhin, an Etwas zu denken, was Le Sage in seinem hinkenden Teufel erzählt. Er spricht dort davon, daß zwei Männer zusammengekommen, sich umarmt und geküßt hätten und seitdem unversöhnliche Feinde geworden seien. So können auch wir Angesichts dessen, was in Wien, Berlin und anderwärts vorgeht, die Ansicht nicht unterdrücken, daß es vielleicht, seitdem Könige und Völker in Deutschland in den konstitutionellen und Vereinbarungsversuchen sich gegenseitig umarmt, gepriesen und geküßt haben, dazu kommen könnte, daß sie eben als unversöhnliche Feinde auseinandergingen.</p>
          <bibl>(Rh. u. M.-Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar143_004" type="jArticle">
          <head>Koblenz, 12. Nov.</head>
          <p>In der Volksversammlung, welche heute auf Veranlassung des vereinigten Ausschusses des demokratischen Vereins und des politischen Klubs im Schauspielhause statt gehabt, ist folgende Adresse an die Volksvertreter zu Berlin vorgeschlagen und angenommen, sofort auch mit mehr als 1500 Unterschriften versehen worden:</p>
          <p>&#x201E;Vertreter des Volkes!</p>
          <p>Das Ministerium hat das von der Versammlung ausgesprochene Mißtrauensvotum durch die Absicht einer Vertagung und Verlegung desselben erwidert. Die Versammlung, in voller Freiheit der Berathung, unter Versöhnung getrennter Ansichten, hat ihr Ansehen durch Beschlüsse gewahrt, deren Würde, Kraft und Mäßigung ihr dauernden Ruhm und volle Anerkennung des Landes gesichert haben. Das Volk, in dem die Versammlung wurzelt und in welchem sie ihre Stütze findet, ist berechtigt und verpflichtet, in diesem entscheidenden Momente des Kampfes zwischen Regierung und Volksvertreter seine Ansicht kund zu geben. In Ausübung dieses Rechtes und in Vollziehung dieser Pflicht erklären die unterzeichneten Bewohner von Koblenz, daß wir in diesem Streite der Gewalten die Beschlüsse der Volksvertreter als allein maßgebend, jede Zuwiderhandlung gegen dieselben als ungesetzlich, jeden Angriff auf die Versammlung als Verrath am Vaterlande, und die Räthe der Krone dafür in vollem Maße verantwortlich erachten.</p>
          <p>Koblenz, 12. Nov. 1848.</p>
          <p>Folgen die Unterschriften.&#x201C;</p>
        </div>
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          <head>Koblenz, 12. Nov.</head>
          <p>Gestern gegen Abend wurde das Schreiben unseres Abgeordneten Raffauff (der Protest der Linken) an den Straßenecken angeschlagen, Seitens des Festungskommando's aber sofort der Befehl ertheilt, dasselbe zu beseitigen!! Sind wir vielleicht schon, ohne es zu wissen, im Belagerungszustande?</p>
          <bibl>(Rh.- u. M.-Z.)</bibl>
          <p>Wir bemerken hierzu, daß der <hi rendition="#g">Belagerungszustand</hi> sich in diesem Augenblicke in der ganzen Monarchie <hi rendition="#g">von selbst</hi> versteht. So wurden gestern (13. November) von allen Straßenecken Köln's zwei Plakate, ein Extrablatt der &#x201E;Neuen Rheinischen Zeitung&#x201C; und ein gelber Anschlagzettel &#x201E;An die Soldaten&#x201C;, amtlich abgerissen von zwei Gensd'armen, in deren Gefolge sich 6 Soldaten befanden. Wer hat zu diesem gewaltthätigen Angriffe auf fremdes Eigenthum den Befehl ertheilt? Etwa der Kommiß.-Polizeidirektor <hi rendition="#g">Geiger</hi>? Hat das Ministerium Brandenburg Hrn. Geiger (aus Koblenz) etwa schon geheime Vollmachten als <hi rendition="#g">Censor</hi> ertheilt?</p>
        </div>
        <div xml:id="ar143_006" type="jArticle">
          <head><bibl><author>X</author></bibl>Berlin, 12. Nov.</head>
          <p>Die hiesige Bürgerwehr sowohl, als die fliegenden Korps der Studenten, des Handwerkervereins, der jungen Kaufleute und der Maschinenbauer, sowie der Künstler, haben dem Ministerium entschieden erklärt, daß sie in Folge der von der Nationalversammlung gefaßten Beschlüsse, die Waffen nicht ablegen würden.</p>
          <p>Seit heute Morgen acht Uhr bivouakiren die kgl. Truppen auf den öffentlichen Plätzen und den Hauptpunkten der Stadt. Ihnen gegenüber stehen die fliegenden Korps gleichfalls bewaffnet. Das Korps der Maschinenbauer besteht aus 4000 und einigen hundert Mann, lauter entschlossene handfeste Gesellen, von denen ein jeder nicht blos mit einer Büchse oder Flinte, sondern auch noch mit einem großen Beile bewaffnet ist. Die Bürgerwehr hält sich zurück in den Häusern, bis das Signal zum Allarm erfolgt. Die Weiber sorgen für brennendes Wasser, Vitriol und andere Spritzmittel. Man erwartet jeden Augenblick den Anfang des Kampfes.</p>
          <p>Unzählige Adressen und Deputationen kommen aus den Provinzen an die Nationalversammlung. Auch sind heute 8 <hi rendition="#g">Deputirte</hi> wieder eingetreten, die <hi rendition="#g">von ihren Wählern wieder nach Berlin expedirt</hi> worden sind. <note place="foot">*) Warum befinden sich die Kölner Deputirten Haugh und Wittgenstein nicht auf ihrem Posten! Wenn sie sich weigern, nach Berlin zu gehen, setze man sie ab und wähle neue Deputirte an ihre Stelle. A. d. R.</note>                </p>
          <p><hi rendition="#g">Ueber den Antrag, die Steuerverweigerung</hi> betreffend, wird in der heutigen Nachmittagssitzung verhandelt werden, da die Kommission gestern mit ihrem Berichte nicht fertig geworden ist.</p>
          <p>Grabow hat heute der Nationalversammlung angezeigt, daß er in diesen Tagen, sobald er ganz genesen sei, seinen Sitz in der Nationalversammlung wieder einnehmen werde.</p>
        </div>
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          <head>Berlin, 12. November.</head>
          <p>Im Verfolg des Erlasses des königlichen Staats-Ministeriums vom heutigen Tage, wodurch die Stadt Berlin und ihr zweimeiliger Umkreis in Belagerungs-Zustand versetzt worden ist, verordne ich hiermit:</p>
          <p>1) Alle Clubs und Vereine zu politischen Zwecken sind geschlossen.<lb/>
2) Bei Tage darf keine Versammlung von mehr als 20 Personen bei Nacht keine von mehr als 10 Personen auf Straßen und öffentlichen Plätzen Statt finden.<lb/>
3) Alle Wirtshäuser sind um 10 Uhr Abends zu schließen.<lb/>
4) Plakate, Zeitungen und andere Schriften dürfen nur dann gedruckt, öffentlicht verkauft, oder durch Anschlag verbreitet werden, nachdem das hiesige Polizei - Präsidium die Erlaubniß dazu ertheilt hat.<lb/>
5) Alle Fremden, welche sich über den Zweck ihres hiesigen Aufenthalts nicht gehörig legitimiren können, haben bei Vermeidung der Ausweisung binnen 24 Stunden die Stadt und deren Gebiet zu verlassen.<lb/>
6) Fremden, welche bewaffnet ankommen, sind von den Wachen die Waffen abzunehmen.<lb/>
7) Die Bürgerwehr ist nach der königlichen Bestimmung von 11. d. M., vorbehaltlich ihrer Reorganisation, aufgelös't; während des Belagerungs-Zustandes kann diese Reorganisation nicht erfolgen.<lb/>
8) Während des Belagerungs-Zustandes dürfen Civil-Personen nur dann Waffen tragen, wenn es ihnen von mir oder dem Polizei-Präsidio ausdrücklich gestattet ist. Wer sich mit Waffen betreffen läßt, ohne eine solche Erlaubniß erhalten zu haben, wird sofort entwaffnet.<lb/>
9) Die gesetzlich bestehenden Behörden verbleiben in ihren Funktionen und werden bei Ausführung der von ihnen zu treffenden Maßregeln, in so fern sie den vorstehenden Bestimmungen entsprechen, von mir aufs kräftigste unterstützt werden.<lb/>
10) Die Stadt Berlin haftet für allen Schaden, welcher bei Unterdrückung eines offenen oder bewaffneten Widerstandes gegen die bewaffnete Macht an öffentlichem oder Privat-Eigenthum verübt wird.<lb/>
11) Der Betrieb der bürgerlichen Geschäfte, der königlichen und Privat-Arbeiten, des Handels und der Gewerbe wird durch Erklärung des Belagerungs-Zustandes nicht weiter beschränkt.</p>
          <p>Berlin, 12. November 1848.</p>
          <p>Der Ober-Befehlshaber der Truppen in den Marken.</p>
          <p>General der Cavallerie, v. <hi rendition="#g">Wrangel</hi>.</p>
        </div>
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        <head>Donaufürstenthümer.</head>
        <div xml:id="ar143_008" type="jArticle">
          <head>Agram.</head>
          <p>Jelachich hat folgendes Sendschreiben eingeschickt: &#x201E;An meine Landsleute! Ihr habt bis jetzt unter allen &#x2014; dem Scepter unseres großen Oesterreich angehörigen Nationen hinsichtlich Eurer Liebe, Anhänglichkeit und Treue für Eueren Monarchen in die ersten Reihen Euch gestellt, Ihr waret Diejenigen, welche in den schwierigsten Momenten der allgemeinen Aufregung, ungeachtet aller an Euch fruchtlos angewandten Mittel der Verführung nicht gewankt, sondern unerschütterlich gleich einem Fels dagestanden, und an Euren unserem geliebten Monarchen geleisteten Schwüren festgehalten habt. &#x2014; Somit steht Ihr als ein glänzendes Beispiel für die andern Völker da. Wenn sie auch theilweise gleich Euch unerschütterlich gewesen sind, so wurdet Ihr doch von keinem übertroffen. &#x2014; Leider hat jedoch während der Zeit meiner Abwesenheit die aufrührerische, Alles zerstören wollende Partei der Ungarn sich neuerdings erhoben, um die Fahne der Rebellion in unserem bisher hiervon rein gehaltenen Vaterlande aufzupflanzen, wozu selbe kein was immer für Namen führendes Mittel unversucht läßt, ja selbst den Namen unseres Monarchen zu mißbrauchen sich erkühnt, um ihren unlautern Zweck ins Leben zu rufen. &#x2014; Ich verständige Euch vor allem, daß Se. Maj. der Kaiser selbst Ungarn als eine aufrührerische Provinz bezeichnen, und mich wegen Herstellung der gesetzlichen Ordnung zum königl. bevollmächtigten Kommissär zu ernennen geruhet haben, woraus Ihr die zureichenden Beweise entnehmen könnt, daß alle Bestrebungen der Ungarn keinen andern Zweck haben, als Euch in der Treue zu Euerem Monarchen wankend zu machen, um Euch sodann Euerer theils erworbenen, theils noch anzuhoffenden Freiheiten und Rechte um so sicherer berauben zu können. &#x2014; Ich ermahne und fordere Euch demnach auf, meine braven Gränzer! diesem kein Gehör zu leihen, sondern auszuharren in Eurer Treue, stehen zu bleiben als unantastbare Stützen des Thrones unseres Kaisers, mir Eurem Ban, der ich für Eure Sache mein Leben zu opfern bereit bin, zu vertrauen, und versichert zu sein, daß die Zeit der Drangsale, die vielleicht über unser geliebtes Vaterland hereinbrechen könnte, bald vorübergehen wird, und gerade in solchen Epochen es nothwendig ist, die Treue an seinen angestammten Monarchen, die wahre Liebe zum Vaterlande und den echten Heldenmuth für seine Vertheidigung zu beweisen und darin auszuharren. &#x2014; Bald werde ich wieder im Stande sein, unmittelbar für Euch, für Euere von den Ungarn bedrohten Rechte und Nationalität erneuert in die Schranken zu treten, denn unsere Sache ist eine zu gerechte, als daß ihr nicht endlich der sichere Sieg zu Theil werden sollte.</p>
          <p>Hauptquartier Zwölfaxing, nächst Wien, am 24. Okt. 1848.</p>
          <p><hi rendition="#g">Jelachich</hi>, Ban und Feldmarschalllieutenant.&#x201C;</p>
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        <head>Schweiz.</head>
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</TEI>
[0741/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No. 143. Köln, Mittwoch den 15. November. 1848. Um mehrfach geäußerten Wünschen entgegenzukommen und dem Theile des Publikums, welcher ohne längeres Abonnement den jetzigen wichtigen Zeitereignissen folgen möchte, alle möglichen Erleichterungen zu gewähren, nehmen wir Bestellungen auf die Neue Reinische Zeitung vor Ende des Quartals zu 1 Thlr. bei Vorausbezahlung in hiesiger Stadt und Deutz an; einzelne Nummern sind fortwährend an der Expedition des Blattes — unter Hutmacher Nr. 17 — zu einem (1) Sgr. zu haben. Die einlaufenden Nachrichten sind wir, unterstützt von tüchtigen Corespondenten, im Stande wie seither unsern Lesern auf das Schleunigste zu überliefern. Köln, 13. November 1848. Die Expedition der Neuen Rheinischen Zeitung. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Aufforderung des demokratischen Kreisausschusses der Rheinprovinz. — K. Marx). Koblenz. (Die „Rh.- u. M.-Ztg.“ über das „Ministerium der thierischen Soldateska.“ — Adresse an die National-Versammlung. — Censur der Plakate). Berlin. (Rüstungen. — Die Kommission für Steuerverweigerung. — Grabow. — Wrangels Verfügungen). Donaufürstenthümer. Agram. (Schreiben Jellachichs an seine Landsleute). Schweiz. Bern. (Die neuen Behörden. — Fortschritt in der Schweiz. — Antwort des Vororts an die deutsche Centralgewalt). Italien. (Die Insurgenten am Comer-See. — Die Ungarn in Mantua und Alexandrien. — Neue Revolten. — Auflösung des toskanischen Parlaments. — Ein Brief Radetzky's). Franz. Republik. Paris. (Die Wahlagitation. — Das Verfassungsfest. — Das Cavaignac'sche Manifest — To_ ianski). Türkei. Kostantinopel. (Nachwehen der Feuersbrunst. — Opiumhandel). Die Steuerverweigerung in England im Jahre 1832. (Schluß). Deutschland. Aufruf. * Köln, 14. November. _ * Köln, 14. November. Auf die Nachricht hin, daß der Redakteur en chef der „N. Rh. Z.“, Karl Marx, für heute Morgen einen Erscheinungsbefehl von dem Instruktionsgerichte erhalten, hatte sich eine ansehnliche Volksmasse im Appelhofe eingefunden, um ihre Theilnahme zu bekunden und das Resultat abzuwarten. K. Marx wurde bei seinem Wiedererscheinen mit lauten Beifallsbezeugungen begrüßt und nach dem Eiser'schen Saale begleitet, wo er einige Worte des Dankes für die Volkstheilnahme aussprach und erklärte, daß er nur zum Schlußverhör in der Hecker'schen Angelegenheit vernommen worden sei. Der ehemalige Staatsprokurator, jetzige Oberprokurator Herr Hecker glaube nämlich durch ein in der „N. Rh. Z.“ abgedrucktes und „Hecker“ unterzeichnetes Aktenstück von K. Marx als Republikaner denuncirt worden zu sein. Koblenz, 11. Nov. Mit welchem Vergnügen werden nicht die, wie Hr. Schlink sich ausdrückt, liberalen Abgeordneten des allgemeinen Landtags den kleinen Manteuffel, den Hauptpartisan des Ministeriums Bodelschwingh, den für den Fall der Erkrankung Bodelschwinghs designirten Landtagskommissarius und Abgeordneten der Niederlausitz, auf den Schatzkammerbänken sehen? Mit welcher Freude werden nicht die katholischen Abgeordneten der Rheinprovinz und Westphalens, die sich gerade vor allen andern haben gebrauchen lassen, ihre kirchlichen und Schulinteressen definitiv in die Hände des ihnen von Trier und Köln her noch bekannten Hrn. v. Ladenberg, dieser Personifikation der preußisch-protestant Bureaukratie, gelegt sehen? Wie herzlich werden nicht die Urheuler, die bergischen, märkischen und niederrheinischen Fabrikanten dem Freihandelsmann Kühne die Hände drücken? Was wird endlich Hr. Scheidt, der konstitutionelle Romantiker, sagen? wird er auch in Anbetracht des vorigjährigen Verhaltens des Hrn. v. Manteuffel von diesem den konstitutionellen Eid verlangen oder etwa der Ansicht sein, daß die Mitglieder des Ministeriums einen solchen besser leisten könnten, als etwa Hr. d'Ester, Hr. Borchardt oder Graf Reichenbach? wird selbst er daran zweifeln, daß man einerseits und andererseits die Sache in gleicher Weise begreift, nach dem alten Sprichwort, daß das Beste der größte Feind des Guten sei, es mit der konstitutionellen Monarchie so lange hält, als man nichts Besseres hat, die konstitutionelle Monarchie als das Schild und die Republik oder absolute Monarchie als das Schwert betrachtet? Bei Lesung der Ministerernennungen konnten wir nicht umhin, an Etwas zu denken, was Le Sage in seinem hinkenden Teufel erzählt. Er spricht dort davon, daß zwei Männer zusammengekommen, sich umarmt und geküßt hätten und seitdem unversöhnliche Feinde geworden seien. So können auch wir Angesichts dessen, was in Wien, Berlin und anderwärts vorgeht, die Ansicht nicht unterdrücken, daß es vielleicht, seitdem Könige und Völker in Deutschland in den konstitutionellen und Vereinbarungsversuchen sich gegenseitig umarmt, gepriesen und geküßt haben, dazu kommen könnte, daß sie eben als unversöhnliche Feinde auseinandergingen. (Rh. u. M.-Z.) Koblenz, 12. Nov. In der Volksversammlung, welche heute auf Veranlassung des vereinigten Ausschusses des demokratischen Vereins und des politischen Klubs im Schauspielhause statt gehabt, ist folgende Adresse an die Volksvertreter zu Berlin vorgeschlagen und angenommen, sofort auch mit mehr als 1500 Unterschriften versehen worden: „Vertreter des Volkes! Das Ministerium hat das von der Versammlung ausgesprochene Mißtrauensvotum durch die Absicht einer Vertagung und Verlegung desselben erwidert. Die Versammlung, in voller Freiheit der Berathung, unter Versöhnung getrennter Ansichten, hat ihr Ansehen durch Beschlüsse gewahrt, deren Würde, Kraft und Mäßigung ihr dauernden Ruhm und volle Anerkennung des Landes gesichert haben. Das Volk, in dem die Versammlung wurzelt und in welchem sie ihre Stütze findet, ist berechtigt und verpflichtet, in diesem entscheidenden Momente des Kampfes zwischen Regierung und Volksvertreter seine Ansicht kund zu geben. In Ausübung dieses Rechtes und in Vollziehung dieser Pflicht erklären die unterzeichneten Bewohner von Koblenz, daß wir in diesem Streite der Gewalten die Beschlüsse der Volksvertreter als allein maßgebend, jede Zuwiderhandlung gegen dieselben als ungesetzlich, jeden Angriff auf die Versammlung als Verrath am Vaterlande, und die Räthe der Krone dafür in vollem Maße verantwortlich erachten. Koblenz, 12. Nov. 1848. Folgen die Unterschriften.“ Koblenz, 12. Nov. Gestern gegen Abend wurde das Schreiben unseres Abgeordneten Raffauff (der Protest der Linken) an den Straßenecken angeschlagen, Seitens des Festungskommando's aber sofort der Befehl ertheilt, dasselbe zu beseitigen!! Sind wir vielleicht schon, ohne es zu wissen, im Belagerungszustande? (Rh.- u. M.-Z.) Wir bemerken hierzu, daß der Belagerungszustand sich in diesem Augenblicke in der ganzen Monarchie von selbst versteht. So wurden gestern (13. November) von allen Straßenecken Köln's zwei Plakate, ein Extrablatt der „Neuen Rheinischen Zeitung“ und ein gelber Anschlagzettel „An die Soldaten“, amtlich abgerissen von zwei Gensd'armen, in deren Gefolge sich 6 Soldaten befanden. Wer hat zu diesem gewaltthätigen Angriffe auf fremdes Eigenthum den Befehl ertheilt? Etwa der Kommiß.-Polizeidirektor Geiger? Hat das Ministerium Brandenburg Hrn. Geiger (aus Koblenz) etwa schon geheime Vollmachten als Censor ertheilt? X Berlin, 12. Nov. Die hiesige Bürgerwehr sowohl, als die fliegenden Korps der Studenten, des Handwerkervereins, der jungen Kaufleute und der Maschinenbauer, sowie der Künstler, haben dem Ministerium entschieden erklärt, daß sie in Folge der von der Nationalversammlung gefaßten Beschlüsse, die Waffen nicht ablegen würden. Seit heute Morgen acht Uhr bivouakiren die kgl. Truppen auf den öffentlichen Plätzen und den Hauptpunkten der Stadt. Ihnen gegenüber stehen die fliegenden Korps gleichfalls bewaffnet. Das Korps der Maschinenbauer besteht aus 4000 und einigen hundert Mann, lauter entschlossene handfeste Gesellen, von denen ein jeder nicht blos mit einer Büchse oder Flinte, sondern auch noch mit einem großen Beile bewaffnet ist. Die Bürgerwehr hält sich zurück in den Häusern, bis das Signal zum Allarm erfolgt. Die Weiber sorgen für brennendes Wasser, Vitriol und andere Spritzmittel. Man erwartet jeden Augenblick den Anfang des Kampfes. Unzählige Adressen und Deputationen kommen aus den Provinzen an die Nationalversammlung. Auch sind heute 8 Deputirte wieder eingetreten, die von ihren Wählern wieder nach Berlin expedirt worden sind. Ueber den Antrag, die Steuerverweigerung betreffend, wird in der heutigen Nachmittagssitzung verhandelt werden, da die Kommission gestern mit ihrem Berichte nicht fertig geworden ist. Grabow hat heute der Nationalversammlung angezeigt, daß er in diesen Tagen, sobald er ganz genesen sei, seinen Sitz in der Nationalversammlung wieder einnehmen werde. Berlin, 12. November. Im Verfolg des Erlasses des königlichen Staats-Ministeriums vom heutigen Tage, wodurch die Stadt Berlin und ihr zweimeiliger Umkreis in Belagerungs-Zustand versetzt worden ist, verordne ich hiermit: 1) Alle Clubs und Vereine zu politischen Zwecken sind geschlossen. 2) Bei Tage darf keine Versammlung von mehr als 20 Personen bei Nacht keine von mehr als 10 Personen auf Straßen und öffentlichen Plätzen Statt finden. 3) Alle Wirtshäuser sind um 10 Uhr Abends zu schließen. 4) Plakate, Zeitungen und andere Schriften dürfen nur dann gedruckt, öffentlicht verkauft, oder durch Anschlag verbreitet werden, nachdem das hiesige Polizei - Präsidium die Erlaubniß dazu ertheilt hat. 5) Alle Fremden, welche sich über den Zweck ihres hiesigen Aufenthalts nicht gehörig legitimiren können, haben bei Vermeidung der Ausweisung binnen 24 Stunden die Stadt und deren Gebiet zu verlassen. 6) Fremden, welche bewaffnet ankommen, sind von den Wachen die Waffen abzunehmen. 7) Die Bürgerwehr ist nach der königlichen Bestimmung von 11. d. M., vorbehaltlich ihrer Reorganisation, aufgelös't; während des Belagerungs-Zustandes kann diese Reorganisation nicht erfolgen. 8) Während des Belagerungs-Zustandes dürfen Civil-Personen nur dann Waffen tragen, wenn es ihnen von mir oder dem Polizei-Präsidio ausdrücklich gestattet ist. Wer sich mit Waffen betreffen läßt, ohne eine solche Erlaubniß erhalten zu haben, wird sofort entwaffnet. 9) Die gesetzlich bestehenden Behörden verbleiben in ihren Funktionen und werden bei Ausführung der von ihnen zu treffenden Maßregeln, in so fern sie den vorstehenden Bestimmungen entsprechen, von mir aufs kräftigste unterstützt werden. 10) Die Stadt Berlin haftet für allen Schaden, welcher bei Unterdrückung eines offenen oder bewaffneten Widerstandes gegen die bewaffnete Macht an öffentlichem oder Privat-Eigenthum verübt wird. 11) Der Betrieb der bürgerlichen Geschäfte, der königlichen und Privat-Arbeiten, des Handels und der Gewerbe wird durch Erklärung des Belagerungs-Zustandes nicht weiter beschränkt. Berlin, 12. November 1848. Der Ober-Befehlshaber der Truppen in den Marken. General der Cavallerie, v. Wrangel. Donaufürstenthümer. Agram. Jelachich hat folgendes Sendschreiben eingeschickt: „An meine Landsleute! Ihr habt bis jetzt unter allen — dem Scepter unseres großen Oesterreich angehörigen Nationen hinsichtlich Eurer Liebe, Anhänglichkeit und Treue für Eueren Monarchen in die ersten Reihen Euch gestellt, Ihr waret Diejenigen, welche in den schwierigsten Momenten der allgemeinen Aufregung, ungeachtet aller an Euch fruchtlos angewandten Mittel der Verführung nicht gewankt, sondern unerschütterlich gleich einem Fels dagestanden, und an Euren unserem geliebten Monarchen geleisteten Schwüren festgehalten habt. — Somit steht Ihr als ein glänzendes Beispiel für die andern Völker da. Wenn sie auch theilweise gleich Euch unerschütterlich gewesen sind, so wurdet Ihr doch von keinem übertroffen. — Leider hat jedoch während der Zeit meiner Abwesenheit die aufrührerische, Alles zerstören wollende Partei der Ungarn sich neuerdings erhoben, um die Fahne der Rebellion in unserem bisher hiervon rein gehaltenen Vaterlande aufzupflanzen, wozu selbe kein was immer für Namen führendes Mittel unversucht läßt, ja selbst den Namen unseres Monarchen zu mißbrauchen sich erkühnt, um ihren unlautern Zweck ins Leben zu rufen. — Ich verständige Euch vor allem, daß Se. Maj. der Kaiser selbst Ungarn als eine aufrührerische Provinz bezeichnen, und mich wegen Herstellung der gesetzlichen Ordnung zum königl. bevollmächtigten Kommissär zu ernennen geruhet haben, woraus Ihr die zureichenden Beweise entnehmen könnt, daß alle Bestrebungen der Ungarn keinen andern Zweck haben, als Euch in der Treue zu Euerem Monarchen wankend zu machen, um Euch sodann Euerer theils erworbenen, theils noch anzuhoffenden Freiheiten und Rechte um so sicherer berauben zu können. — Ich ermahne und fordere Euch demnach auf, meine braven Gränzer! diesem kein Gehör zu leihen, sondern auszuharren in Eurer Treue, stehen zu bleiben als unantastbare Stützen des Thrones unseres Kaisers, mir Eurem Ban, der ich für Eure Sache mein Leben zu opfern bereit bin, zu vertrauen, und versichert zu sein, daß die Zeit der Drangsale, die vielleicht über unser geliebtes Vaterland hereinbrechen könnte, bald vorübergehen wird, und gerade in solchen Epochen es nothwendig ist, die Treue an seinen angestammten Monarchen, die wahre Liebe zum Vaterlande und den echten Heldenmuth für seine Vertheidigung zu beweisen und darin auszuharren. — Bald werde ich wieder im Stande sein, unmittelbar für Euch, für Euere von den Ungarn bedrohten Rechte und Nationalität erneuert in die Schranken zu treten, denn unsere Sache ist eine zu gerechte, als daß ihr nicht endlich der sichere Sieg zu Theil werden sollte. Hauptquartier Zwölfaxing, nächst Wien, am 24. Okt. 1848. Jelachich, Ban und Feldmarschalllieutenant.“ Schweiz. *) Kühne war wieder Willen und Wissen von Brandenburg designirt. Anmerk. d. Red. *) Warum befinden sich die Kölner Deputirten Haugh und Wittgenstein nicht auf ihrem Posten! Wenn sie sich weigern, nach Berlin zu gehen, setze man sie ab und wähle neue Deputirte an ihre Stelle. A. d. R.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 143. Köln, 15. November 1848, S. 0741. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz143_1848/1>, abgerufen am 18.04.2024.