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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 237. Köln, 4. März 1849. Zweite Ausgabe.

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bevölkerung unsern Einzug. Das Volk rief: Es lebe die provisorische Regierung! Es lebe Italien! Es lebe die Freiheit! Die Munizipalität empfing uns mit Herzlichkeit und überreichte uns eine Glückwunsch-Adresse. Ich habe hier die beruhigende Nachricht erhalten, daß Petracchi ebenfalls mit seiner Kolonne in Folge der gleichen Gemüthsstimmung unserer dortigen toskanischen Brüder in Viareggia eingerückt ist.

Ueber die Bewegungen der Piemontesen habe ich nichts Neues erfahren. Ich habe bloß einen Freund von Gioberti sowohl als mir nach Zarzana gesandt, um zu hören, ob die Piemontesen den Auftrag hätten, die Freiheit in Toskana zu unterdrücken. Bei einer bejahenden Antwort sollte er mir's sofort zu wissen thun; im entgegengesetzten Falle seine Reise nach Turin fortsetzen. Ich habe diesen Freund nicht wieder gesehen, was mich glauben läßt, daß die piemontesische Intervention nur eine Erfindung (?) des Verräthers Laugier war. Sollten die Piemontesen wider das Völkerrecht und gegen ihr eignes Interesse die Gränze überschreiten: so würden wir ihnen mit Oelzweigen an unsern Waffen entgegengehen und wir sind sicher, daß wir sie gegen den gemeinsamen fremden Feind zur Vertheidigung des gemeinsamen Vaterlandes mit uns führen würden.

Ich glaube, diese Nachrichten werden allen edlen Herzen zur Freude gereichen. In der Hoffnung, Ihnen bald noch bessere zu senden, bin ich etc.

Camajore, 22. Februar.

Guerrazzi.
* Genua, 24. Febr.

Laugier's Flucht auf piemontesisches Gebiet wird vom "Corriere mercantile" bestätigt. Dieser nachäfferische Windischgrätz wurde von seinen Truppen bis auf etwa 30 Mann verlassen, mit denen er die piemontesische Gränze überschritt. In Florenz gab's am 21. d. eine große Aufregung, da reaktionäre Agenten einige Ortschaften der Umgegend aufzureizen versucht hatten und auf den nahen Bergen Feuerzeichen erblickt wurden. Der Plan der Freiheitsfeinde scheiterte aber gänzlich an der Wachsamkeit der Florentiner. Aehnliches kam in Pistoja vor. Die provisorische Regierung hat darauf folgendes Dekret erlassen:

"Volk von Florenz!

Die Signale einer reaktionären Bewegung zeigten sich gestern auf den nahen Hügeln; allein in deinen Augen, o Volk von Florenz, glänzte eine andere Flamme, die heilige Flamme der Freiheit! Indem Du Dich von freien Stücken mit Entschlossenheit und Einmüthigkeit gegen dieses Attentat der Fremden erhobst, zeigtest Du, welcher Gefahr sich diejenigen aussetzten, die Dich zum Mitschuldigen ihrer finstern Pläne machen wollten... Um den Charakter dieses reaktionären Versuchs zu bezeichnen, genügt es zu bemerken, daß man rief: Es leben die Oestreicher! Der gemeinschaftliche Feind Italiens möchte durch solche Mittel sich den Weg zu der von ihm so lange ersehnten Invasion anbahnen u. s. w."

Dieses Dekret ist datirt Florenz, 22. Febr. und unterzeichnet: Manzoni, Montanelli. Am nämlichen Tage setzte die Regierung eine Militärkommission nieder, um summarisch über alle Attentate gegen die Ordnung, die Clubs, gegen Personen und Eigenthum abzuurtheilen. Das Urtheil muß jedesmal binnen 24 Stunden vollstreckt sein. Ein anderes Dekret befiehlt allen Hausbesitzern, die Florenz ohne hinreichende Gründe verlassen haben, binnen 3 Tagen zurückzukehren, oder, so lange ihre Abwesenheit dauert, eine tägliche, ihrem Vermögen angemessene Steuer zu entrichten.

* Turin, 24. Febr.

Es hat sich herausgestellt, daß nicht 40,000 sondern nur 7000 aufgestachelte Bürger für Wiedereinsetzung des modernen Jesuiten Gioberti petitionirten.

Die jüngst von hier abgereisten Römischen und Florentinischen Delegirten werden wieder hierher zurückkehren.

Um und in Mailand scheint es stark zu gähren. Wenigstens sah sich Radetzki genöthigt, in der nächsten Umgegend starke Truppenabtheilungen zusammenzuziehen. So ist El Durino militärisch besetzt und in Belagerungszustand erklärt worden.

* Rom, 20. Febr.

Nusconi, Minister des Aeußern, las die jüngste Protestation des Pabstes, d. d. Gaeta 14. Febr., auf welche die Rede zufällig gekommen war, vor, und die ganze Nationalversammlung rief einstimmig: "Es lebe die Republik!" Das ist die einzige Antwort, die dieser Protestation zu Theil wurde. Auf Nusconi's Antrag wird dieses "Lügendokument" (wie es in der Constituante genannt wurde) zum Beweise, wie man es verachtet, in der amtlichen Gazetta wörtlich erscheinen.

Zwischen Ferrara und Bologna sind die in Folge der österreichischen Ueberrumpelung gehemmten Verbindungen wieder frei geworden. Die Entrüstung, welche dieser Ueberfall hervorruft, steigert den Haß der Landbewohner bis zur Wuth gegen die Kroaten.

Polen.
Krakau, 24. Februar.

Es wurden gestern 5 Bauern, von Gensd'armen geleitet, durch die Stadt geführt, ich weiß nicht, waren es Rekrutirungspflichtige aus dem Bezirke, oder wie einige sagen, aus Galizien, die sich hieher geflüchtet, oder waren es Diebe, wie andere vermuthen; genug, zwei von ihnen waren mit Ketten belegt, die andern mit Stricken an einander gebunden, und auf ihren Ruf: "man will uns zum Militär nehmen", sammelte sich gleich ein Haufe Handwerker, Bauern und junge Leute um sie herum, warfen sich über die Gensd'armen, entwaffneten einen um den andern und schlugen sie blutig; 3 Bauern wurden die Stricke abgeschnitten, und entkamen, die beiden andern wurden von einer herbeieilenden Patrouille zuerst auf die Hauptwache und hierauf Abends auf einer Fuhre nach dem Schloß geführt. -- Trübe erwarten wir, was uns die nächste Woche bringt.

(C. Bl. a. B.)
Schweiz.
217 Bern, 28. Febr.

Der Neutralitätsrath in Bern vervollkommnet sich täglich mehr. Von Anerkennung der römischen Republik keine Rede! Das neueste Bundesblatt enthält unter dem Verzeichniß der auswärtigen Diplomaten noch den prangenden Titel des Gesandten Sr. apostolischen Heiligkeit.

Donaufürstenthümer.

Von der bosnischen Gränze. In Travnik sind gegen 30,000 Mann türkischer Truppen versammelt; Einige wollen wissen, diese Zusammenziehung sei durch die Annäherung russischer Kolonnen veranlaßt worden; die meisten Vermuthungen deuten auf eine Absicht gegen Serbien selbst, deren Ausführung im nächsten Monat erfolgen soll. In Bosnien sollen gegen 25,000 Rajas konskribirt worden sein, die sich auf den ersten Befehl in Travnik zu versammeln hätten, jedoch nur mit 2 Pistolen der Mann bewaffnet, dagegen muß Jeder mit einer Schaufel versehen sein. -- Letzter Tage sollen von Konstantinopel her bedeutende Munitionstransporte in Travnik angelangt sein, über deren Verwendung der Vesir eben jetzt berathen läßt.

(Oest. C.)
Französische Republik.
Paris, 2. März.

Der Moniteur, unter allen Regierungen seit vierzig Jahren, ausschließlich das Organ trockener Thatsachen, wird von dem jetzigen Kabinet als Hauptgeschütz benützt, um den Sozialismus oder die rothen Republikaner zu vernichten.

So enthält er heute nicht weniger als zwei volle Spalten, die in einem akademischen Blatt viel besseren Platz finden. Man höre:

"Die sozialistische Partei befand sich am Vorabend der schrecklichen Junitage in ihrer ganzen Stärke. Sie wagte es, der Staatsgesellschaft eine Schlacht zu liefern. Im Januar 1849 nahm sie, schon durch eine erste Niederlage geschwächt, zu der Waffe wühlerischer Minoritäten -- zu Komplotten ihre Zuflucht. Heute (2. März) hat sie auch dieses Stadium schon überschritten und es bleibt ihr nur noch übrig, zu den Systemen der Agitation und Beunruhigung zu greifen. Sie arbeitet daran, die Ruhe des Landes durch äußere Demonstrationen zu stören, da sie daran verzweifelt, das Land je wieder regieren, erobern oder überrumpeln zu können. Wir führten neulich schon mehrere Thatsachen an, welche diese Propaganda des im Sterben liegenden Sozialismus an's Tageslicht zogen. Wir fahren heute damit fort. -- Solche Thatsachen an die Tageshelle ziehen, heißt sie ächten."

Nach dieser Einleitung erzählt der Moniteur die Maskerade, die am 24. Februar zu Ehren der Revolutionsfeier in Clermont-Ferrand, Saint Cere, Langeac und in einigen andern rothen Dörfern stattfanden.

-- Ein zweiter Artikel des Moniteur ist gegen Ledru-Rollin's Rede am vorigen Sonntagsbankette gerichtet, in welcher der Chef der Bergpartei gesagt hatte, daß das Ministerium die Pariser Besatzung häufig aus dem Grunde wechsele, um sie gegen die Pest des Kommunismus zu schützen. Es werde sich aber irren, denn auf diese Weise würde die Pest aus dem Herzen Frankreichs in seine übrigen Glieder getrieben. Der Moniteur erwidert darauf, daß die übrigen Glieder das Ungeheuer des Sozialismus zurückstoßen. Frankreich sei nicht sozialistisch.

-- Auf Ansuchen mehrerer Handelskammern läßt das Ministerium mehrere Faktoreien in Californien behufs der Deponirung franz. Waaren anlegen.

-- Im Ministerium werden große Anstalten -- nicht zur Intervention in Italien, sondern für einen großen Ball getroffen, den Madame Drouin de Lhuys zu Ehren des Präsidenten Bonaparte gibt.

Auch im Elysee Bourbon ist für den 26. März ein großer Maskenball angesagt. Dort hängt der Himmel voller Freuden! Uebrigens geht das Gerücht: Changarnier habe diesen Vormittag dem Bonaparte die Epistel einer Verschwörung gegen sein Leben mitgetheilt und ihn gewarnt, heute Abend nicht wie gewöhnlich zu Madame Howard zu gehen, weil man ihm auflauere. Wir geben diese Gerüchte eben wie wir sie hören wieder, ohne sie zu verbürgen.

-- In der heutigen Nationalversammlungs-Sitzung erlitt das Ministerium bei der Staatsrathsdebatte eine neue Niederlage.

-- Gestern hatten sich etwa 200 Studenten zu ihrem gewöhnlichen Monatsbankett im Saale der vereinigten Köche an der Barriere du Maine versammelt; als ein Polizei- Commissarius erschien, der dem Gesetze von 1790 gemäß dem Bankett als Protokollführer beizuwohnen erklärte. Man erwiderte ihm, daß die 1848er Verfassung über dem Gesetz von 1799 stehe und wies ihn zurück. Der Polizei- Commissarius ging ab und das Bankett schritt vor sich. Inmitten der Reden, an denen die Deputirten Pierre Leroux etc. Theil nahmen, stürzte derselbe Polizeikommissarius an der Spitze eines ganzen Heeres von Polizeiagenten in den Saal und sprengte die Gesellschaft, die sich durch keine Gewaltthätigkeiten entehren wollte, auseinander.

Die "Revolution" enthält heute eine Protestation gegen jenen Einbruch in die Vereinsrechte.

-- National-Versammlung. Sitzung vom 2. März. Anfang 1 1/4 Uhr. Präsident Marrast.

Das Protokoll wird verlesen.

Auf den Bänken cirkuliren viele Journale, namentlich Moniteur und Revolution, wegen der Artikel gegen die Sozialisten und Ledru-Rollin, eben so wegen der Auseinandersprengung des Studentenbanketts an der Barriere.

Man diskutirt lebhaft.

Demians, Brea, Chapot bitten um Urlaub. (Bewilligt).

Emil Leroux legt seinen Ausschußbericht über den Antrag nieder, keinen Urlaub mehr ohne genaue Prüfung durch einen Ausschuß von 15 Gliedern zu bewilligen. (Beifall).

An der Tagesordnung ist die Staatsrathsdebatte (dritte Deliberation), die gestern Abend bis Artikel 47 vorrückte, der von den contentiösen Angelegenheiten, von den Streitigkeiten der Beamten oder Behörden unter einander, kurz von den Kompetenzkonflikten zwischen Höher- und Niedriggestellten handelt und wofür von Parieu gestern Abend eine neue Fassung vorgeschlagen wurde.

Martin (Straßburg) bekämpft diese neue Fassung, indem sie dem Ministerium Gelegenheit verschafft, die ihm mißliebigen streitigen Fälle an sich zu ziehen und sich somit zum Richter und Ankläger zugleich aufzuwerfen.

Barrot (Justizminister) unterstützt die neue Fassung, um sich das Revindikationsrecht zu sichern.

Isambert folgt ihm auf der Bühne und ruft dem Minister trotz seiner schwachen Stimme mit vieler Energie zu, daß er die Gebräuche der Monarchie wieder herzustellen trachte. Er wolle aus dem Staatsrath wieder die alte Maschine machen.

Barrot bekämpft ihn wiederholt, und sagt, der Staatsrath dürfe kein politischer Körper werden.

Combarel de Leyval erklärt diesen Grundsatz exorbitant und ruft einen fürchterlichen Lärm hervor.

Bechard, Last#yrie und Faucher (Minister des Innern) treten in die Arena. Die Debatte nimmt einen wichtigen Charakter an.

Endlich schlägt Vivien folgende motivirte Tagesordnung vor:

"In Betracht, daß bei den Fällen, welche in den Artikeln 65 bis 80 des Staatsrathsgesetzes bezeichnet sind, das Gutachten des Staatsrathes und der Regierung eingeholt werden müsse, geht die National-Versammlung zur Tagesordnung über."

Boulatignier schlägt eine unwesentliche Aenderung vor. Diese begründete Tagesordnung geht mit bedeutender Mehrheit durch. (Großes Aufsehen im Saale).

Die Versammlung geht zu Artikel 60 u. s. w. über.

Dabeaux stellt zu Artikel 61 den Antrag:

"Die nächste legislative Kammer hat in der vorgeschriebenen gesetzlichen Form zur Ernennung der Totalität der Glieder des Staatsraths laut Artikel 10, 11 und 12 des gegenwärtigen Gesetzes zu schreiten."

Er entwickelt seinen Antrag. Die jetzige Constituante, sagt er, werde sich doch keine größeren Rechte anmaßen wollen, als die frühere, welche den Entschluß faßte, daß keines ihrer Glieder in die nächste Legislatur gewählt werden könne u. s. w.

Dieser Antrag wird mit 454 gegen 289 Stimmen verworfen.

Hier unterbricht Martin Bernard die Debatte.

Martin Bernard (vom Berge): Es hat gestern, beginnt er, eine so schreiende Verletzung des durch die Verfassung garantirten Vereinsrechts an der Barriere du Maine stattgefunden, daß ich hiermit um die Erlaubniß bitte, mir einen Tag zu bestimmen, an welchem ich den Minister des Inneren hierüber zur Rede stellen kann. (Morgen! Morgen!)

Die Versammlung nimmt die Debatte wieder auf.

Base, Derode, Lherbette und Andere stellen verschiedene Anträge rücksichtlich des Modus und der Zahl der zu ernennenden Glieder des Staatsrathes.

Derode will sie nicht durchs Loos, sondern serienweise von drei zu drei Jahren durch Wahllisten geschaffen haben.

Dieser Antrag wird mit 431 gegen 317 Stimmen verworfen. Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen.

Großbritannin.
* London, 2. März.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses war nur ein Antrag Lord Ashley's von Bedeutung. Der philantropische Lord schlug nämlich eine Kommission vor, welche sich damit zu beschäftigen habe, in wie weit es praktisch und möglich sei, zu dicht bevölkerte Gemeinden in der Weise zu theilen, daß auf jede neue Abtheilung nicht mehr als 4000 Seelen kämen. Neue Taxen und Angriffe auf langbestende Rechte, glaubte Lord Ashley zur Durchführung seines Planes nicht nothwenig, wenigstens so lange nicht, als die Mittel der Kirche noch nicht erschöpft seien. Das Haus beschäftigte sich mit diesem Antrage fast den ganzen Abend lang, indem eine Menge unbedeutender Redner dafür und dagegen das Wort ergriffen.

Redakteur en chef: Karl Marx.
Creuznach, den 2. März 1849.

Vor einigen Tagen starb hier ein sehr eifriges Mitglied des hiesigen demokratischen Vereins. Mit großer Bereitwilligkeit erklärte der Verein, für die arme Mutter des Verstorbenen das Begräbniß zu besorgen, konnte aber leider nichts weiter über diese durch Pfaffen bearbeitete arme Frau vermögen, als daß sie erlaubte, die Leiche zu tragen und mit Trauermusik zu begleiten.

Dnr Zug bewegte sich in schönster Harmonie nach dem Grabe. Die Feier wurde aber gestört, indem ein "schwarzer" Mann einen grellen Mißton in sie zu bringen wußte.

Nachdem der Mann des Friedens sein salbungsvolles, Erbarmen flehendes Gebet mit geschlossenen Augen hergesagt hatte, erging er sich in einer Kritik des Lebenswandels des Verstorbenen und bezeichnete ihn als ein verblendetes Opfer der Verführung und der Leidenschaften. In salbungsvollem Schwung fuhr er über die Führer und Verführer des Volkes her, geiferte und ereiferte sich über die Demokratie, alles in Anwendung auf den Verstorbenen.

So ehren diese unduldsamen Feiglinge die Todten, und wer nicht in ih Horn bläst, wer nicht zu ihrer folgsamen Heerde, hierorts "die Hutbumm-rler" genannt, gehört, der verfällt ihrer Schmähung, der wird mit ihrem schmutzigen Koth beworfen, selbst noch an dem Orte, wo nach ihrer stets mit Salbung genannten Lehre alle Feindschaft aufhören soll. So vergißt ein sogenannter christlicher Seelsorger in seiner Leidenschaft den ersten Grundsatz der christlichen Lehre.

Und dies an einem Orte, wo eine Erwiderung durch strenge Strafgesetze geahndet wird und der Geiferer daher geschützt ist.

Schon bei den ersten Worten der unduldsamen Rede verließen sämmtliche Demokraten, aus denen der Trauerzug fast ganz allein bestand, das Grab ihres Freundes und überließen das Salbadern dem Ohrenschmause einiger alten Weiber.

Dagegen erließ der Vorstand des Vereins unmittelbar darauf eine Einladung zu einer des Verstorbenen würdigeren Todesfeier auf Sonntag im Vereinslokal.

Für die Nacht wurden nun die Wachen verdoppelt, gemischte Patrouillen von Militär und Bürgerwehr durchzogen mit Geräusch die Umgebung der Wohnung des "Dieners des Herrn". Schleppsäbel rasselten auf dem Straßenpflaster, das Militär, mit der Kugel im Laufe und haarscharf geschliffener Klinge, die ganze hohe Polizei, die Feldhüter mit eingerechnet, Alles war auf den Beinen, um die gesalbten Ohren des Seelenhirten vor der Melodie einer Katzenmusik zu bewahren.

Motto: Langsam wächst der Strom, bis er die Ufer überschreitet und überfluthet Alles!

Zur Beherzigung des Tabaks- und Cigarren-Fabrikanten J. J. Claasen Wilhelm Sohn und eines unpartheiischen Gewerbegerichts! Tritt den Arbeiter, welcher Dir das Brod verdient, nicht mit Füßen und gieb ihm sein Recht!

Herr J. J. Claasen Wilhelm Sohn, Tabak- und Cigarren-Fabrikant, wohnhaft Trankgasse in Köln, gab seinen Cigarrenarbeitern täglich 3 1/2 Pfd. nasses Kentuckdeckgut, woraus sie ihm 700 Cigarren liefern sollten. Jeder, der auch nur Wickelmacher gewesen, wird wissen, daß dies rein unmöglich ist; trotzdem wollte dieser kleine Despot es möglich gemacht haben, er trotzte auf seine Oberherrschaft, und es sollte geschehen. Was that dieser Mensch, er gab nicht mehr und um 3 Uhr Nachmittags hatten seine Arbeiter nichts mehr zu thun und mußten zu seinem Vergnügen bis 7 Uhr Abends in der Fabrik bleiben und müßig gehen.

Hr. Claasen und sein Meister hätten sich nun leicht von ihrem Irrthume überzeugen können, verstanden aber leider beide nichts von der Arbeit. Um über ihre Unwissenheit und Abscheulichkeiten nicht den geringsten Zweifel zu lassen, wollte Despot Claasen auch noch das nach seiner Meinung zu viel verbrauchte Deckgut den armen Arbeitern in Abrechnung bringen. Durch diese ungerechte Handlungen, ebenso durch zu schwachen Verdienst bewogen, fanden sich die Arbeiter genöthigt, Despot Claasen zu erklären, daß sie die Arbeit einstellen müßten, wenn er diese Verhältnisse nicht ändere. Doch vergebliche Mühe! Armer Arbeiter, kannst du nicht durch Association das Kapital der Mächtigen unterdrücken, so wirst du nie zu Ansehen gelangen, man wird dich immer nur als Sclave, nicht als Mensch betrachten. Zur Sache! Despot Claasen änderte nichts und 6 Cigarrenarbeiter nahmen ihre Entlassung. Despot Claasen mußte aber durch das Gewerbegericht dazu gezwungen werden, daß er den Arbeitern ihre Atteste ausstellte. Jetzt sollte man glauben, die Sache sei beendigt; beim Abholen der Atteste zieht Atleth Claasen seinen Rock aus, um an seinen Arbeitern nach russischer Manier seine Menschenwürde zu bekunden. Nach Verlauf von 8 Tagen kehrt einer der Ausgeschiedenen Pater peceavi sagend zurück und erklärte, er sei verführt worden, worauf er vom Triumphator wieder Arbeit erhielt. Doch 10 Arbeiter, welche geblieben, weil sie den vollen Tag Arbeit und besser Verdienst hatten, wollten diesen zurückgekehrten Meineidigen nicht mehr in ihrer Mitte haben, weil er seine Kameraden verläumdet hatte, indem er der erste gewesen, welcher die Andern zum Einstellen der Arbeit aufgefordert hatte. Diese 10 Arbeiter forderten den Triumphator Claasen auf, er möchte den Verläumder allein arbeiten lassen oder sie kündigten ihm alle die Arbeit auf. Despot Claasen gebot ihnen unverzüglich mit Ev. Heiden (so ist der Name des reuigen Sünders) zu arbeiten, widrigenfalls er sie ohne 14 tägige Kündigung entlassen würde. Die Arbeiter klagten deshalb beim Gewerbegericht und es wurde beschlossen, daß der Ev. Heiden in einem besondern Zimmer arbeiten sollte. Triumphator Claasen mußte sein Ehrenwort abgeben, daß er dieses thun wolle. Doch Groll und beleidigter Stolz, daß das Gewerbegericht über ihn, den gewaltigen Renegaten (er ist ein ausgekniffener Holländer) Macht habe, bewog ihn, schon am 2. Januar dem Ev. Heiden seinen alten Platz wieder unter den übrigen Arbeitern anzuweisen. Als die 10 Arbeiter, welche festern Charakter hatten, als der Renegat Claasen, sahen, daß an ein Uebereinkommen nicht zu denken war, verließen sie ihre Arbeit. Zweiter Abschnitt!

Rechtsprechen eines Gewerbegerichts, welches von den Märzereignissen nicht erschüttert wurde und auf seinem "gesetzlich angestammten Rechtsboden" aus X Zeiten unerschütterlich fest hält.

Die Eltern der beiden Wickelmacher Funk und Lichtenberg klagten beim Gewerbegericht, daß Despot Claasen ihnen nicht die 14 Tage gekündigt habe, doch trotz der klaren Thatsache wurde Claasen nicht verurtheilt, die Leute zu zahlen. Aber das Schönste vom Ganzen ist, daß dieses hochweise Gewerbegericht schon früher erklärt hatte, der Wickelmacher stände nicht im Dienste des Cigarrenarbeiters, sondern im Dienste des Fabrikherrn. Das Gesetz besagt ausdrücklich, daß kein Arbeiter ohne vorher 14 Tage gekündigt zu haben, die Arbeit verlassen darf, ebenso darf kein Meister oder Fabrikherr einen Arbeiter ohne 14 tägige Kündigung fortschicken. Hatten nun die Gewerbe-Verständigen an dem Abend Verstand zu viel oder fehlte es an demselben?

Vielleicht hatten die Herrn Tabaks-Fabrikanten Scheber und Sömer, welche mit als Gewerbverständige saßen, ein wenig vorgearbeitet! wir wissen es nicht, aber Funk und Lichtenberg wurden mit ihrer Klage abgewiesen und ihnen bemerkt, sie möchten, wenn sie die 14 Tage bezahlt wollten haben, ihre Cigarrenarbeiter belangen lassen. Funk klagte nun gegen Erven, Erven ließ Scheber und Sömer als Partei recussiren. Die Herrn Gewerbeverständigen im unbegreiflichen Widerspruche mit ihrem frühern Urtheile, wiesen auch jetzt Funk mit seiner Klage ab. Wundere man sich nicht über solche empörende Ungerechtigkeiten. Der Grund liegt hier vor.

Nur Fabrikherrn und Meister, aber keine Gesellen sitzen hier zu Rath, und urtheilen über schutzlose Arbeiter; was Wunder, wenn diese Menschen ihren frühern Standpunkt vergessen, wo sie vielleicht selbst über ihre Meister geklagt haben, wo sie vielleicht selbst im strengsten Winter ohne Arbeit, halb baarfuß das Felleisen mit Stroh, statt mit Kleidungsstücken, angefüllt, über die Landstraßen sich geschleppt und von einer Thür zur andern gefochten haben. Gerechtigkeit! wo hast du dich versteckt? Der 2 Mal Abgewiesene fragte nun, woran er sich wenden solle, um zu seinem Rechte zu gelangen; man wieß ihn an Herrn Bredt, Zuckerfabrikbesitzer, auf dem Katharinen-Graben. Funk wandte sich an diesen Mann und erhielt nicht nur seine 14 Tage vergütet, sondern 8 Sgr. für seine Mühe. Lichtenberg, welcher dieses erfuhr, und dieselben Ansprüche hatte, erschien in einer Woche 4 Mal beim Secretär Bremmer um zu klagen, wurde aber abgewiesen und ihm bemerkt, Funk habe dieses der Güte des Herrn Bredt zu verdanken. Sollte Herr Bredt so gütig sein, dies wäre zu wünschen, doch schwerlich! Die einfache Sache ist die, die Gewerbeverständigen wußten sich nicht anders aus der Schlinge zu ziehen. Wir begreifen aber die Willkür des Secretärs Bremmer nicht, welcher für seine Mühe doch bezahlt wird und gar kein Recht hat, Jemanden abzuweisen. Die Aufforderung an den Gewerberath ergeht deshalb, für die Bezahlung des v. Lichtenberg zu sorgen, indem wir von jeder Ungerechtigkeit völlig überzeugt sind und Mittel in Händen haben, seiner Ungerechtigkeit öffentlich zu rügen. Die Revolution von 1848 ist an dem Gewerbegericht spurlos vorübergegangen, die von 1849 wird auch diesen Augiasstall zu reinigen haben. Thue Recht und scheue Niemand, Gewerberath!

bevölkerung unsern Einzug. Das Volk rief: Es lebe die provisorische Regierung! Es lebe Italien! Es lebe die Freiheit! Die Munizipalität empfing uns mit Herzlichkeit und überreichte uns eine Glückwunsch-Adresse. Ich habe hier die beruhigende Nachricht erhalten, daß Petracchi ebenfalls mit seiner Kolonne in Folge der gleichen Gemüthsstimmung unserer dortigen toskanischen Brüder in Viareggia eingerückt ist.

Ueber die Bewegungen der Piemontesen habe ich nichts Neues erfahren. Ich habe bloß einen Freund von Gioberti sowohl als mir nach Zarzana gesandt, um zu hören, ob die Piemontesen den Auftrag hätten, die Freiheit in Toskana zu unterdrücken. Bei einer bejahenden Antwort sollte er mir's sofort zu wissen thun; im entgegengesetzten Falle seine Reise nach Turin fortsetzen. Ich habe diesen Freund nicht wieder gesehen, was mich glauben läßt, daß die piemontesische Intervention nur eine Erfindung (?) des Verräthers Laugier war. Sollten die Piemontesen wider das Völkerrecht und gegen ihr eignes Interesse die Gränze überschreiten: so würden wir ihnen mit Oelzweigen an unsern Waffen entgegengehen und wir sind sicher, daß wir sie gegen den gemeinsamen fremden Feind zur Vertheidigung des gemeinsamen Vaterlandes mit uns führen würden.

Ich glaube, diese Nachrichten werden allen edlen Herzen zur Freude gereichen. In der Hoffnung, Ihnen bald noch bessere zu senden, bin ich etc.

Camajore, 22. Februar.

Guerrazzi.
* Genua, 24. Febr.

Laugier's Flucht auf piemontesisches Gebiet wird vom „Corriere mercantile“ bestätigt. Dieser nachäfferische Windischgrätz wurde von seinen Truppen bis auf etwa 30 Mann verlassen, mit denen er die piemontesische Gränze überschritt. In Florenz gab's am 21. d. eine große Aufregung, da reaktionäre Agenten einige Ortschaften der Umgegend aufzureizen versucht hatten und auf den nahen Bergen Feuerzeichen erblickt wurden. Der Plan der Freiheitsfeinde scheiterte aber gänzlich an der Wachsamkeit der Florentiner. Aehnliches kam in Pistoja vor. Die provisorische Regierung hat darauf folgendes Dekret erlassen:

„Volk von Florenz!

Die Signale einer reaktionären Bewegung zeigten sich gestern auf den nahen Hügeln; allein in deinen Augen, o Volk von Florenz, glänzte eine andere Flamme, die heilige Flamme der Freiheit! Indem Du Dich von freien Stücken mit Entschlossenheit und Einmüthigkeit gegen dieses Attentat der Fremden erhobst, zeigtest Du, welcher Gefahr sich diejenigen aussetzten, die Dich zum Mitschuldigen ihrer finstern Pläne machen wollten... Um den Charakter dieses reaktionären Versuchs zu bezeichnen, genügt es zu bemerken, daß man rief: Es leben die Oestreicher! Der gemeinschaftliche Feind Italiens möchte durch solche Mittel sich den Weg zu der von ihm so lange ersehnten Invasion anbahnen u. s. w.“

Dieses Dekret ist datirt Florenz, 22. Febr. und unterzeichnet: Manzoni, Montanelli. Am nämlichen Tage setzte die Regierung eine Militärkommission nieder, um summarisch über alle Attentate gegen die Ordnung, die Clubs, gegen Personen und Eigenthum abzuurtheilen. Das Urtheil muß jedesmal binnen 24 Stunden vollstreckt sein. Ein anderes Dekret befiehlt allen Hausbesitzern, die Florenz ohne hinreichende Gründe verlassen haben, binnen 3 Tagen zurückzukehren, oder, so lange ihre Abwesenheit dauert, eine tägliche, ihrem Vermögen angemessene Steuer zu entrichten.

* Turin, 24. Febr.

Es hat sich herausgestellt, daß nicht 40,000 sondern nur 7000 aufgestachelte Bürger für Wiedereinsetzung des modernen Jesuiten Gioberti petitionirten.

Die jüngst von hier abgereisten Römischen und Florentinischen Delegirten werden wieder hierher zurückkehren.

Um und in Mailand scheint es stark zu gähren. Wenigstens sah sich Radetzki genöthigt, in der nächsten Umgegend starke Truppenabtheilungen zusammenzuziehen. So ist El Durino militärisch besetzt und in Belagerungszustand erklärt worden.

* Rom, 20. Febr.

Nusconi, Minister des Aeußern, las die jüngste Protestation des Pabstes, d. d. Gaëta 14. Febr., auf welche die Rede zufällig gekommen war, vor, und die ganze Nationalversammlung rief einstimmig: „Es lebe die Republik!“ Das ist die einzige Antwort, die dieser Protestation zu Theil wurde. Auf Nusconi's Antrag wird dieses „Lügendokument“ (wie es in der Constituante genannt wurde) zum Beweise, wie man es verachtet, in der amtlichen Gazetta wörtlich erscheinen.

Zwischen Ferrara und Bologna sind die in Folge der österreichischen Ueberrumpelung gehemmten Verbindungen wieder frei geworden. Die Entrüstung, welche dieser Ueberfall hervorruft, steigert den Haß der Landbewohner bis zur Wuth gegen die Kroaten.

Polen.
Krakau, 24. Februar.

Es wurden gestern 5 Bauern, von Gensd'armen geleitet, durch die Stadt geführt, ich weiß nicht, waren es Rekrutirungspflichtige aus dem Bezirke, oder wie einige sagen, aus Galizien, die sich hieher geflüchtet, oder waren es Diebe, wie andere vermuthen; genug, zwei von ihnen waren mit Ketten belegt, die andern mit Stricken an einander gebunden, und auf ihren Ruf: „man will uns zum Militär nehmen“, sammelte sich gleich ein Haufe Handwerker, Bauern und junge Leute um sie herum, warfen sich über die Gensd'armen, entwaffneten einen um den andern und schlugen sie blutig; 3 Bauern wurden die Stricke abgeschnitten, und entkamen, die beiden andern wurden von einer herbeieilenden Patrouille zuerst auf die Hauptwache und hierauf Abends auf einer Fuhre nach dem Schloß geführt. — Trübe erwarten wir, was uns die nächste Woche bringt.

(C. Bl. a. B.)
Schweiz.
217 Bern, 28. Febr.

Der Neutralitätsrath in Bern vervollkommnet sich täglich mehr. Von Anerkennung der römischen Republik keine Rede! Das neueste Bundesblatt enthält unter dem Verzeichniß der auswärtigen Diplomaten noch den prangenden Titel des Gesandten Sr. apostolischen Heiligkeit.

Donaufürstenthümer.

Von der bosnischen Gränze. In Travnik sind gegen 30,000 Mann türkischer Truppen versammelt; Einige wollen wissen, diese Zusammenziehung sei durch die Annäherung russischer Kolonnen veranlaßt worden; die meisten Vermuthungen deuten auf eine Absicht gegen Serbien selbst, deren Ausführung im nächsten Monat erfolgen soll. In Bosnien sollen gegen 25,000 Rajas konskribirt worden sein, die sich auf den ersten Befehl in Travnik zu versammeln hätten, jedoch nur mit 2 Pistolen der Mann bewaffnet, dagegen muß Jeder mit einer Schaufel versehen sein. — Letzter Tage sollen von Konstantinopel her bedeutende Munitionstransporte in Travnik angelangt sein, über deren Verwendung der Vesir eben jetzt berathen läßt.

(Oest. C.)
Französische Republik.
Paris, 2. März.

Der Moniteur, unter allen Regierungen seit vierzig Jahren, ausschließlich das Organ trockener Thatsachen, wird von dem jetzigen Kabinet als Hauptgeschütz benützt, um den Sozialismus oder die rothen Republikaner zu vernichten.

So enthält er heute nicht weniger als zwei volle Spalten, die in einem akademischen Blatt viel besseren Platz finden. Man höre:

„Die sozialistische Partei befand sich am Vorabend der schrecklichen Junitage in ihrer ganzen Stärke. Sie wagte es, der Staatsgesellschaft eine Schlacht zu liefern. Im Januar 1849 nahm sie, schon durch eine erste Niederlage geschwächt, zu der Waffe wühlerischer Minoritäten — zu Komplotten ihre Zuflucht. Heute (2. März) hat sie auch dieses Stadium schon überschritten und es bleibt ihr nur noch übrig, zu den Systemen der Agitation und Beunruhigung zu greifen. Sie arbeitet daran, die Ruhe des Landes durch äußere Demonstrationen zu stören, da sie daran verzweifelt, das Land je wieder regieren, erobern oder überrumpeln zu können. Wir führten neulich schon mehrere Thatsachen an, welche diese Propaganda des im Sterben liegenden Sozialismus an's Tageslicht zogen. Wir fahren heute damit fort. — Solche Thatsachen an die Tageshelle ziehen, heißt sie ächten.“

Nach dieser Einleitung erzählt der Moniteur die Maskerade, die am 24. Februar zu Ehren der Revolutionsfeier in Clermont-Ferrand, Saint Céré, Langeac und in einigen andern rothen Dörfern stattfanden.

— Ein zweiter Artikel des Moniteur ist gegen Ledru-Rollin's Rede am vorigen Sonntagsbankette gerichtet, in welcher der Chef der Bergpartei gesagt hatte, daß das Ministerium die Pariser Besatzung häufig aus dem Grunde wechsele, um sie gegen die Pest des Kommunismus zu schützen. Es werde sich aber irren, denn auf diese Weise würde die Pest aus dem Herzen Frankreichs in seine übrigen Glieder getrieben. Der Moniteur erwidert darauf, daß die übrigen Glieder das Ungeheuer des Sozialismus zurückstoßen. Frankreich sei nicht sozialistisch.

— Auf Ansuchen mehrerer Handelskammern läßt das Ministerium mehrere Faktoreien in Californien behufs der Deponirung franz. Waaren anlegen.

— Im Ministerium werden große Anstalten — nicht zur Intervention in Italien, sondern für einen großen Ball getroffen, den Madame Drouin de Lhuys zu Ehren des Präsidenten Bonaparte gibt.

Auch im Elysée Bourbon ist für den 26. März ein großer Maskenball angesagt. Dort hängt der Himmel voller Freuden! Uebrigens geht das Gerücht: Changarnier habe diesen Vormittag dem Bonaparte die Epistel einer Verschwörung gegen sein Leben mitgetheilt und ihn gewarnt, heute Abend nicht wie gewöhnlich zu Madame Howard zu gehen, weil man ihm auflauere. Wir geben diese Gerüchte eben wie wir sie hören wieder, ohne sie zu verbürgen.

— In der heutigen Nationalversammlungs-Sitzung erlitt das Ministerium bei der Staatsrathsdebatte eine neue Niederlage.

— Gestern hatten sich etwa 200 Studenten zu ihrem gewöhnlichen Monatsbankett im Saale der vereinigten Köche an der Barriere du Maine versammelt; als ein Polizei- Commissarius erschien, der dem Gesetze von 1790 gemäß dem Bankett als Protokollführer beizuwohnen erklärte. Man erwiderte ihm, daß die 1848er Verfassung über dem Gesetz von 1799 stehe und wies ihn zurück. Der Polizei- Commissarius ging ab und das Bankett schritt vor sich. Inmitten der Reden, an denen die Deputirten Pierre Leroux etc. Theil nahmen, stürzte derselbe Polizeikommissarius an der Spitze eines ganzen Heeres von Polizeiagenten in den Saal und sprengte die Gesellschaft, die sich durch keine Gewaltthätigkeiten entehren wollte, auseinander.

Die „Revolution“ enthält heute eine Protestation gegen jenen Einbruch in die Vereinsrechte.

National-Versammlung. Sitzung vom 2. März. Anfang 1 1/4 Uhr. Präsident Marrast.

Das Protokoll wird verlesen.

Auf den Bänken cirkuliren viele Journale, namentlich Moniteur und Revolution, wegen der Artikel gegen die Sozialisten und Ledru-Rollin, eben so wegen der Auseinandersprengung des Studentenbanketts an der Barriere.

Man diskutirt lebhaft.

Demians, Brea, Chapot bitten um Urlaub. (Bewilligt).

Emil Leroux legt seinen Ausschußbericht über den Antrag nieder, keinen Urlaub mehr ohne genaue Prüfung durch einen Ausschuß von 15 Gliedern zu bewilligen. (Beifall).

An der Tagesordnung ist die Staatsrathsdebatte (dritte Deliberation), die gestern Abend bis Artikel 47 vorrückte, der von den contentiösen Angelegenheiten, von den Streitigkeiten der Beamten oder Behörden unter einander, kurz von den Kompetenzkonflikten zwischen Höher- und Niedriggestellten handelt und wofür von Parieu gestern Abend eine neue Fassung vorgeschlagen wurde.

Martin (Straßburg) bekämpft diese neue Fassung, indem sie dem Ministerium Gelegenheit verschafft, die ihm mißliebigen streitigen Fälle an sich zu ziehen und sich somit zum Richter und Ankläger zugleich aufzuwerfen.

Barrot (Justizminister) unterstützt die neue Fassung, um sich das Revindikationsrecht zu sichern.

Isambert folgt ihm auf der Bühne und ruft dem Minister trotz seiner schwachen Stimme mit vieler Energie zu, daß er die Gebräuche der Monarchie wieder herzustellen trachte. Er wolle aus dem Staatsrath wieder die alte Maschine machen.

Barrot bekämpft ihn wiederholt, und sagt, der Staatsrath dürfe kein politischer Körper werden.

Combarel de Leyval erklärt diesen Grundsatz exorbitant und ruft einen fürchterlichen Lärm hervor.

Bechard, Last#yrie und Faucher (Minister des Innern) treten in die Arena. Die Debatte nimmt einen wichtigen Charakter an.

Endlich schlägt Vivien folgende motivirte Tagesordnung vor:

„In Betracht, daß bei den Fällen, welche in den Artikeln 65 bis 80 des Staatsrathsgesetzes bezeichnet sind, das Gutachten des Staatsrathes und der Regierung eingeholt werden müsse, geht die National-Versammlung zur Tagesordnung über.“

Boulatignier schlägt eine unwesentliche Aenderung vor. Diese begründete Tagesordnung geht mit bedeutender Mehrheit durch. (Großes Aufsehen im Saale).

Die Versammlung geht zu Artikel 60 u. s. w. über.

Dabeaux stellt zu Artikel 61 den Antrag:

„Die nächste legislative Kammer hat in der vorgeschriebenen gesetzlichen Form zur Ernennung der Totalität der Glieder des Staatsraths laut Artikel 10, 11 und 12 des gegenwärtigen Gesetzes zu schreiten.“

Er entwickelt seinen Antrag. Die jetzige Constituante, sagt er, werde sich doch keine größeren Rechte anmaßen wollen, als die frühere, welche den Entschluß faßte, daß keines ihrer Glieder in die nächste Legislatur gewählt werden könne u. s. w.

Dieser Antrag wird mit 454 gegen 289 Stimmen verworfen.

Hier unterbricht Martin Bernard die Debatte.

Martin Bernard (vom Berge): Es hat gestern, beginnt er, eine so schreiende Verletzung des durch die Verfassung garantirten Vereinsrechts an der Barriere du Maine stattgefunden, daß ich hiermit um die Erlaubniß bitte, mir einen Tag zu bestimmen, an welchem ich den Minister des Inneren hierüber zur Rede stellen kann. (Morgen! Morgen!)

Die Versammlung nimmt die Debatte wieder auf.

Base, Derode, Lherbette und Andere stellen verschiedene Anträge rücksichtlich des Modus und der Zahl der zu ernennenden Glieder des Staatsrathes.

Derode will sie nicht durchs Loos, sondern serienweise von drei zu drei Jahren durch Wahllisten geschaffen haben.

Dieser Antrag wird mit 431 gegen 317 Stimmen verworfen. Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen.

Großbritannin.
* London, 2. März.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses war nur ein Antrag Lord Ashley's von Bedeutung. Der philantropische Lord schlug nämlich eine Kommission vor, welche sich damit zu beschäftigen habe, in wie weit es praktisch und möglich sei, zu dicht bevölkerte Gemeinden in der Weise zu theilen, daß auf jede neue Abtheilung nicht mehr als 4000 Seelen kämen. Neue Taxen und Angriffe auf langbestende Rechte, glaubte Lord Ashley zur Durchführung seines Planes nicht nothwenig, wenigstens so lange nicht, als die Mittel der Kirche noch nicht erschöpft seien. Das Haus beschäftigte sich mit diesem Antrage fast den ganzen Abend lang, indem eine Menge unbedeutender Redner dafür und dagegen das Wort ergriffen.

Redakteur en chef: Karl Marx.
Creuznach, den 2. März 1849.

Vor einigen Tagen starb hier ein sehr eifriges Mitglied des hiesigen demokratischen Vereins. Mit großer Bereitwilligkeit erklärte der Verein, für die arme Mutter des Verstorbenen das Begräbniß zu besorgen, konnte aber leider nichts weiter über diese durch Pfaffen bearbeitete arme Frau vermögen, als daß sie erlaubte, die Leiche zu tragen und mit Trauermusik zu begleiten.

Dnr Zug bewegte sich in schönster Harmonie nach dem Grabe. Die Feier wurde aber gestört, indem ein „schwarzer“ Mann einen grellen Mißton in sie zu bringen wußte.

Nachdem der Mann des Friedens sein salbungsvolles, Erbarmen flehendes Gebet mit geschlossenen Augen hergesagt hatte, erging er sich in einer Kritik des Lebenswandels des Verstorbenen und bezeichnete ihn als ein verblendetes Opfer der Verführung und der Leidenschaften. In salbungsvollem Schwung fuhr er über die Führer und Verführer des Volkes her, geiferte und ereiferte sich über die Demokratie, alles in Anwendung auf den Verstorbenen.

So ehren diese unduldsamen Feiglinge die Todten, und wer nicht in ih Horn bläst, wer nicht zu ihrer folgsamen Heerde, hierorts „die Hutbumm-rler“ genannt, gehört, der verfällt ihrer Schmähung, der wird mit ihrem schmutzigen Koth beworfen, selbst noch an dem Orte, wo nach ihrer stets mit Salbung genannten Lehre alle Feindschaft aufhören soll. So vergißt ein sogenannter christlicher Seelsorger in seiner Leidenschaft den ersten Grundsatz der christlichen Lehre.

Und dies an einem Orte, wo eine Erwiderung durch strenge Strafgesetze geahndet wird und der Geiferer daher geschützt ist.

Schon bei den ersten Worten der unduldsamen Rede verließen sämmtliche Demokraten, aus denen der Trauerzug fast ganz allein bestand, das Grab ihres Freundes und überließen das Salbadern dem Ohrenschmause einiger alten Weiber.

Dagegen erließ der Vorstand des Vereins unmittelbar darauf eine Einladung zu einer des Verstorbenen würdigeren Todesfeier auf Sonntag im Vereinslokal.

Für die Nacht wurden nun die Wachen verdoppelt, gemischte Patrouillen von Militär und Bürgerwehr durchzogen mit Geräusch die Umgebung der Wohnung des „Dieners des Herrn“. Schleppsäbel rasselten auf dem Straßenpflaster, das Militär, mit der Kugel im Laufe und haarscharf geschliffener Klinge, die ganze hohe Polizei, die Feldhüter mit eingerechnet, Alles war auf den Beinen, um die gesalbten Ohren des Seelenhirten vor der Melodie einer Katzenmusik zu bewahren.

Motto: Langsam wächst der Strom, bis er die Ufer überschreitet und überfluthet Alles!

Zur Beherzigung des Tabaks- und Cigarren-Fabrikanten J. J. Claasen Wilhelm Sohn und eines unpartheiischen Gewerbegerichts! Tritt den Arbeiter, welcher Dir das Brod verdient, nicht mit Füßen und gieb ihm sein Recht!

Herr J. J. Claasen Wilhelm Sohn, Tabak- und Cigarren-Fabrikant, wohnhaft Trankgasse in Köln, gab seinen Cigarrenarbeitern täglich 3 1/2 Pfd. nasses Kentuckdeckgut, woraus sie ihm 700 Cigarren liefern sollten. Jeder, der auch nur Wickelmacher gewesen, wird wissen, daß dies rein unmöglich ist; trotzdem wollte dieser kleine Despot es möglich gemacht haben, er trotzte auf seine Oberherrschaft, und es sollte geschehen. Was that dieser Mensch, er gab nicht mehr und um 3 Uhr Nachmittags hatten seine Arbeiter nichts mehr zu thun und mußten zu seinem Vergnügen bis 7 Uhr Abends in der Fabrik bleiben und müßig gehen.

Hr. Claasen und sein Meister hätten sich nun leicht von ihrem Irrthume überzeugen können, verstanden aber leider beide nichts von der Arbeit. Um über ihre Unwissenheit und Abscheulichkeiten nicht den geringsten Zweifel zu lassen, wollte Despot Claasen auch noch das nach seiner Meinung zu viel verbrauchte Deckgut den armen Arbeitern in Abrechnung bringen. Durch diese ungerechte Handlungen, ebenso durch zu schwachen Verdienst bewogen, fanden sich die Arbeiter genöthigt, Despot Claasen zu erklären, daß sie die Arbeit einstellen müßten, wenn er diese Verhältnisse nicht ändere. Doch vergebliche Mühe! Armer Arbeiter, kannst du nicht durch Association das Kapital der Mächtigen unterdrücken, so wirst du nie zu Ansehen gelangen, man wird dich immer nur als Sclave, nicht als Mensch betrachten. Zur Sache! Despot Claasen änderte nichts und 6 Cigarrenarbeiter nahmen ihre Entlassung. Despot Claasen mußte aber durch das Gewerbegericht dazu gezwungen werden, daß er den Arbeitern ihre Atteste ausstellte. Jetzt sollte man glauben, die Sache sei beendigt; beim Abholen der Atteste zieht Atleth Claasen seinen Rock aus, um an seinen Arbeitern nach russischer Manier seine Menschenwürde zu bekunden. Nach Verlauf von 8 Tagen kehrt einer der Ausgeschiedenen Pater peceavi sagend zurück und erklärte, er sei verführt worden, worauf er vom Triumphator wieder Arbeit erhielt. Doch 10 Arbeiter, welche geblieben, weil sie den vollen Tag Arbeit und besser Verdienst hatten, wollten diesen zurückgekehrten Meineidigen nicht mehr in ihrer Mitte haben, weil er seine Kameraden verläumdet hatte, indem er der erste gewesen, welcher die Andern zum Einstellen der Arbeit aufgefordert hatte. Diese 10 Arbeiter forderten den Triumphator Claasen auf, er möchte den Verläumder allein arbeiten lassen oder sie kündigten ihm alle die Arbeit auf. Despot Claasen gebot ihnen unverzüglich mit Ev. Heiden (so ist der Name des reuigen Sünders) zu arbeiten, widrigenfalls er sie ohne 14 tägige Kündigung entlassen würde. Die Arbeiter klagten deshalb beim Gewerbegericht und es wurde beschlossen, daß der Ev. Heiden in einem besondern Zimmer arbeiten sollte. Triumphator Claasen mußte sein Ehrenwort abgeben, daß er dieses thun wolle. Doch Groll und beleidigter Stolz, daß das Gewerbegericht über ihn, den gewaltigen Renegaten (er ist ein ausgekniffener Holländer) Macht habe, bewog ihn, schon am 2. Januar dem Ev. Heiden seinen alten Platz wieder unter den übrigen Arbeitern anzuweisen. Als die 10 Arbeiter, welche festern Charakter hatten, als der Renegat Claasen, sahen, daß an ein Uebereinkommen nicht zu denken war, verließen sie ihre Arbeit. Zweiter Abschnitt!

Rechtsprechen eines Gewerbegerichts, welches von den Märzereignissen nicht erschüttert wurde und auf seinem „gesetzlich angestammten Rechtsboden“ aus X Zeiten unerschütterlich fest hält.

Die Eltern der beiden Wickelmacher Funk und Lichtenberg klagten beim Gewerbegericht, daß Despot Claasen ihnen nicht die 14 Tage gekündigt habe, doch trotz der klaren Thatsache wurde Claasen nicht verurtheilt, die Leute zu zahlen. Aber das Schönste vom Ganzen ist, daß dieses hochweise Gewerbegericht schon früher erklärt hatte, der Wickelmacher stände nicht im Dienste des Cigarrenarbeiters, sondern im Dienste des Fabrikherrn. Das Gesetz besagt ausdrücklich, daß kein Arbeiter ohne vorher 14 Tage gekündigt zu haben, die Arbeit verlassen darf, ebenso darf kein Meister oder Fabrikherr einen Arbeiter ohne 14 tägige Kündigung fortschicken. Hatten nun die Gewerbe-Verständigen an dem Abend Verstand zu viel oder fehlte es an demselben?

Vielleicht hatten die Herrn Tabaks-Fabrikanten Scheber und Sömer, welche mit als Gewerbverständige saßen, ein wenig vorgearbeitet! wir wissen es nicht, aber Funk und Lichtenberg wurden mit ihrer Klage abgewiesen und ihnen bemerkt, sie möchten, wenn sie die 14 Tage bezahlt wollten haben, ihre Cigarrenarbeiter belangen lassen. Funk klagte nun gegen Erven, Erven ließ Scheber und Sömer als Partei recussiren. Die Herrn Gewerbeverständigen im unbegreiflichen Widerspruche mit ihrem frühern Urtheile, wiesen auch jetzt Funk mit seiner Klage ab. Wundere man sich nicht über solche empörende Ungerechtigkeiten. Der Grund liegt hier vor.

Nur Fabrikherrn und Meister, aber keine Gesellen sitzen hier zu Rath, und urtheilen über schutzlose Arbeiter; was Wunder, wenn diese Menschen ihren frühern Standpunkt vergessen, wo sie vielleicht selbst über ihre Meister geklagt haben, wo sie vielleicht selbst im strengsten Winter ohne Arbeit, halb baarfuß das Felleisen mit Stroh, statt mit Kleidungsstücken, angefüllt, über die Landstraßen sich geschleppt und von einer Thür zur andern gefochten haben. Gerechtigkeit! wo hast du dich versteckt? Der 2 Mal Abgewiesene fragte nun, woran er sich wenden solle, um zu seinem Rechte zu gelangen; man wieß ihn an Herrn Bredt, Zuckerfabrikbesitzer, auf dem Katharinen-Graben. Funk wandte sich an diesen Mann und erhielt nicht nur seine 14 Tage vergütet, sondern 8 Sgr. für seine Mühe. Lichtenberg, welcher dieses erfuhr, und dieselben Ansprüche hatte, erschien in einer Woche 4 Mal beim Secretär Bremmer um zu klagen, wurde aber abgewiesen und ihm bemerkt, Funk habe dieses der Güte des Herrn Bredt zu verdanken. Sollte Herr Bredt so gütig sein, dies wäre zu wünschen, doch schwerlich! Die einfache Sache ist die, die Gewerbeverständigen wußten sich nicht anders aus der Schlinge zu ziehen. Wir begreifen aber die Willkür des Secretärs Bremmer nicht, welcher für seine Mühe doch bezahlt wird und gar kein Recht hat, Jemanden abzuweisen. Die Aufforderung an den Gewerberath ergeht deshalb, für die Bezahlung des v. Lichtenberg zu sorgen, indem wir von jeder Ungerechtigkeit völlig überzeugt sind und Mittel in Händen haben, seiner Ungerechtigkeit öffentlich zu rügen. Die Revolution von 1848 ist an dem Gewerbegericht spurlos vorübergegangen, die von 1849 wird auch diesen Augiasstall zu reinigen haben. Thue Recht und scheue Niemand, Gewerberath!

<TEI>
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          <p><pb facs="#f0003" n="1313"/>
bevölkerung unsern Einzug. Das Volk rief: Es lebe die provisorische Regierung! Es lebe Italien! Es lebe die Freiheit! Die Munizipalität empfing uns mit Herzlichkeit und überreichte uns eine Glückwunsch-Adresse. Ich habe hier die beruhigende Nachricht erhalten, daß Petracchi ebenfalls mit seiner Kolonne in Folge der gleichen Gemüthsstimmung unserer dortigen toskanischen Brüder in Viareggia eingerückt ist.</p>
          <p>Ueber die Bewegungen der Piemontesen habe ich nichts Neues erfahren. Ich habe bloß einen Freund von Gioberti sowohl als mir nach Zarzana gesandt, um zu hören, ob die Piemontesen den Auftrag hätten, die Freiheit in Toskana zu unterdrücken. Bei einer bejahenden Antwort sollte er mir's sofort zu wissen thun; im entgegengesetzten Falle seine Reise nach Turin fortsetzen. Ich habe diesen Freund nicht wieder gesehen, was mich glauben läßt, daß die piemontesische Intervention nur eine Erfindung (?) des Verräthers Laugier war. Sollten die Piemontesen wider das Völkerrecht und gegen ihr eignes Interesse die Gränze überschreiten: so würden wir ihnen mit Oelzweigen an unsern Waffen entgegengehen und wir sind sicher, daß wir sie gegen den gemeinsamen fremden Feind zur Vertheidigung des gemeinsamen Vaterlandes mit uns führen würden.</p>
          <p>Ich glaube, diese Nachrichten werden allen edlen Herzen zur Freude gereichen. In der Hoffnung, Ihnen bald noch bessere zu senden, bin ich etc.</p>
          <p><hi rendition="#g">Camajore,</hi> 22. Februar.</p>
          <bibl> <hi rendition="#g">Guerrazzi.</hi> </bibl>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Genua, 24. Febr.</head>
          <p><hi rendition="#g">Laugier's</hi> Flucht auf piemontesisches Gebiet wird vom &#x201E;Corriere mercantile&#x201C; bestätigt. Dieser nachäfferische Windischgrätz wurde von seinen Truppen bis auf etwa 30 Mann verlassen, mit denen er die piemontesische Gränze überschritt. In Florenz gab's am 21. d. eine große Aufregung, da reaktionäre Agenten einige Ortschaften der Umgegend aufzureizen versucht hatten und auf den nahen Bergen Feuerzeichen erblickt wurden. Der Plan der Freiheitsfeinde scheiterte aber gänzlich an der Wachsamkeit der Florentiner. Aehnliches kam in Pistoja vor. Die provisorische Regierung hat darauf folgendes Dekret erlassen:</p>
          <p>&#x201E;Volk von Florenz!</p>
          <p>Die Signale einer reaktionären Bewegung zeigten sich gestern auf den nahen Hügeln; allein in deinen Augen, o Volk von Florenz, glänzte eine andere Flamme, die heilige Flamme der <hi rendition="#g">Freiheit!</hi> Indem Du Dich von <hi rendition="#g">freien</hi> Stücken mit Entschlossenheit und Einmüthigkeit gegen dieses Attentat der Fremden erhobst, zeigtest Du, welcher Gefahr sich diejenigen aussetzten, die Dich zum Mitschuldigen ihrer finstern Pläne machen wollten... Um den Charakter dieses reaktionären Versuchs zu bezeichnen, genügt es zu bemerken, daß man rief: Es leben die Oestreicher! Der gemeinschaftliche Feind Italiens möchte durch solche Mittel sich den Weg zu der von ihm so lange ersehnten Invasion anbahnen u. s. w.&#x201C;</p>
          <p>Dieses Dekret ist datirt Florenz, 22. Febr. und unterzeichnet: <hi rendition="#g">Manzoni, Montanelli.</hi> Am nämlichen Tage setzte die Regierung eine Militärkommission nieder, um summarisch über alle Attentate gegen die Ordnung, die Clubs, gegen Personen und Eigenthum abzuurtheilen. Das Urtheil muß jedesmal binnen 24 Stunden vollstreckt sein. Ein anderes Dekret befiehlt allen Hausbesitzern, die Florenz ohne hinreichende Gründe verlassen haben, binnen 3 Tagen zurückzukehren, oder, so lange ihre Abwesenheit dauert, eine tägliche, ihrem Vermögen angemessene Steuer zu entrichten.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar237-2_017" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Turin, 24. Febr.</head>
          <p>Es hat sich herausgestellt, daß nicht 40,000 sondern nur 7000 aufgestachelte Bürger für Wiedereinsetzung des <hi rendition="#g">modernen Jesuiten</hi> Gioberti petitionirten.</p>
          <p>Die jüngst von hier abgereisten Römischen und Florentinischen Delegirten werden wieder hierher zurückkehren.</p>
          <p>Um und in <hi rendition="#g">Mailand</hi> scheint es stark zu gähren. Wenigstens sah sich Radetzki genöthigt, in der nächsten Umgegend starke Truppenabtheilungen zusammenzuziehen. So ist El Durino militärisch besetzt und in Belagerungszustand erklärt worden.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Rom, 20. Febr.</head>
          <p>Nusconi, Minister des Aeußern, las die jüngste Protestation des Pabstes, d. d. Gaëta 14. Febr., auf welche die Rede zufällig gekommen war, vor, und die ganze Nationalversammlung rief einstimmig: &#x201E;Es lebe die Republik!&#x201C; Das ist die einzige Antwort, die dieser Protestation zu Theil wurde. Auf Nusconi's Antrag wird dieses &#x201E;Lügendokument&#x201C; (wie es in der Constituante genannt wurde) zum Beweise, wie man es verachtet, in der amtlichen Gazetta wörtlich erscheinen.</p>
          <p>Zwischen Ferrara und Bologna sind die in Folge der österreichischen Ueberrumpelung gehemmten Verbindungen wieder frei geworden. Die Entrüstung, welche dieser Ueberfall hervorruft, steigert den Haß der Landbewohner bis zur Wuth gegen die Kroaten.</p>
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        <head>Polen.</head>
        <div xml:id="ar237-2_019" type="jArticle">
          <head>Krakau, 24. Februar.</head>
          <p>Es wurden gestern 5 Bauern, von Gensd'armen geleitet, durch die Stadt geführt, ich weiß nicht, waren es Rekrutirungspflichtige aus dem Bezirke, oder wie einige sagen, aus Galizien, die sich hieher geflüchtet, oder waren es Diebe, wie andere vermuthen; genug, zwei von ihnen waren mit Ketten belegt, die andern mit Stricken an einander gebunden, und auf ihren Ruf: &#x201E;man will uns zum Militär nehmen&#x201C;, sammelte sich gleich ein Haufe Handwerker, Bauern und junge Leute um sie herum, warfen sich über die Gensd'armen, entwaffneten einen um den andern und schlugen sie blutig; 3 Bauern wurden die Stricke abgeschnitten, und entkamen, die beiden andern wurden von einer herbeieilenden Patrouille zuerst auf die Hauptwache und hierauf Abends auf einer Fuhre nach dem Schloß geführt. &#x2014; Trübe erwarten wir, was uns die nächste Woche bringt.</p>
          <bibl>(C. Bl. a. B.)</bibl>
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      <div n="1">
        <head>Schweiz.</head>
        <div xml:id="ar237-2_020" type="jArticle">
          <head><bibl><author>217</author></bibl> Bern, 28. Febr.</head>
          <p>Der Neutralitätsrath in Bern vervollkommnet sich täglich mehr. Von Anerkennung der römischen Republik keine Rede! Das neueste Bundesblatt enthält unter dem Verzeichniß der auswärtigen Diplomaten noch den prangenden Titel des Gesandten Sr. apostolischen Heiligkeit.</p>
        </div>
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        <head>Donaufürstenthümer.</head>
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          <p><hi rendition="#b">Von der bosnischen Gränze.</hi> In Travnik sind gegen 30,000 Mann türkischer Truppen versammelt; Einige wollen wissen, diese Zusammenziehung sei durch die Annäherung russischer Kolonnen veranlaßt worden; die meisten Vermuthungen deuten auf eine Absicht gegen Serbien selbst, deren Ausführung im nächsten Monat erfolgen soll. In Bosnien sollen gegen 25,000 Rajas konskribirt worden sein, die sich auf den ersten Befehl in Travnik zu versammeln hätten, jedoch nur mit 2 Pistolen der Mann bewaffnet, dagegen muß Jeder mit einer Schaufel versehen sein. &#x2014; Letzter Tage sollen von Konstantinopel her bedeutende Munitionstransporte in Travnik angelangt sein, über deren Verwendung der Vesir eben jetzt berathen läßt.</p>
          <bibl>(Oest. C.)</bibl>
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      <div n="1">
        <head>Französische Republik.</head>
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          <head>Paris, 2. März.</head>
          <p>Der Moniteur, unter allen Regierungen seit vierzig Jahren, ausschließlich das Organ trockener Thatsachen, wird von dem jetzigen Kabinet als Hauptgeschütz benützt, um den Sozialismus oder die rothen Republikaner zu vernichten.</p>
          <p>So enthält er heute nicht weniger als zwei volle Spalten, die in einem akademischen Blatt viel besseren Platz finden. Man höre:</p>
          <p>&#x201E;Die sozialistische Partei befand sich am Vorabend der schrecklichen Junitage in ihrer ganzen Stärke. Sie wagte es, der Staatsgesellschaft eine Schlacht zu liefern. Im Januar 1849 nahm sie, schon durch eine erste Niederlage geschwächt, zu der Waffe wühlerischer Minoritäten &#x2014; zu Komplotten ihre Zuflucht. Heute (2. März) hat sie auch dieses Stadium schon überschritten und es bleibt ihr nur noch übrig, zu den Systemen der Agitation und Beunruhigung zu greifen. Sie arbeitet daran, die Ruhe des Landes durch äußere Demonstrationen zu stören, da sie daran verzweifelt, das Land je wieder regieren, erobern oder überrumpeln zu können. Wir führten neulich schon mehrere Thatsachen an, welche diese Propaganda des im Sterben liegenden Sozialismus an's Tageslicht zogen. Wir fahren heute damit fort. &#x2014; Solche Thatsachen an die Tageshelle ziehen, heißt sie ächten.&#x201C;</p>
          <p>Nach dieser Einleitung erzählt der Moniteur die Maskerade, die am 24. Februar zu Ehren der Revolutionsfeier in Clermont-Ferrand, Saint Céré, Langeac und in einigen andern rothen Dörfern stattfanden.</p>
          <p>&#x2014; Ein zweiter Artikel des Moniteur ist gegen Ledru-Rollin's Rede am vorigen Sonntagsbankette gerichtet, in welcher der Chef der Bergpartei gesagt hatte, daß das Ministerium die Pariser Besatzung häufig aus dem Grunde wechsele, um sie gegen die Pest des Kommunismus zu schützen. Es werde sich aber irren, denn auf diese Weise würde die Pest aus dem Herzen Frankreichs in seine übrigen Glieder getrieben. Der Moniteur erwidert darauf, daß die übrigen Glieder das Ungeheuer des Sozialismus zurückstoßen. Frankreich sei nicht sozialistisch.</p>
          <p> &#x2014; Auf Ansuchen mehrerer Handelskammern läßt das Ministerium mehrere Faktoreien in Californien behufs der Deponirung franz. Waaren anlegen.</p>
          <p> &#x2014; Im Ministerium werden große Anstalten &#x2014; nicht zur Intervention in Italien, sondern für einen großen Ball getroffen, den Madame Drouin de Lhuys zu Ehren des Präsidenten Bonaparte gibt.</p>
          <p>Auch im Elysée Bourbon ist für den 26. März ein großer Maskenball angesagt. Dort hängt der Himmel voller Freuden! Uebrigens geht das Gerücht: Changarnier habe diesen Vormittag dem Bonaparte die Epistel einer Verschwörung gegen sein Leben mitgetheilt und ihn gewarnt, heute Abend nicht wie gewöhnlich zu Madame Howard zu gehen, weil man ihm auflauere. Wir geben diese Gerüchte eben wie wir sie hören wieder, ohne sie zu verbürgen.</p>
          <p> &#x2014; In der heutigen Nationalversammlungs-Sitzung erlitt das Ministerium bei der Staatsrathsdebatte eine neue Niederlage.</p>
          <p> &#x2014; Gestern hatten sich etwa 200 Studenten zu ihrem gewöhnlichen Monatsbankett im Saale der vereinigten Köche an der Barriere du Maine versammelt; als ein Polizei- Commissarius erschien, der dem Gesetze von 1790 gemäß dem Bankett als Protokollführer beizuwohnen erklärte. Man erwiderte ihm, daß die 1848er Verfassung über dem Gesetz von 1799 stehe und wies ihn zurück. Der Polizei- Commissarius ging ab und das Bankett schritt vor sich. Inmitten der Reden, an denen die Deputirten Pierre Leroux etc. Theil nahmen, stürzte derselbe Polizeikommissarius an der Spitze eines ganzen Heeres von Polizeiagenten in den Saal und sprengte die Gesellschaft, die sich durch keine Gewaltthätigkeiten entehren wollte, auseinander.</p>
          <p>Die &#x201E;Revolution&#x201C; enthält heute eine Protestation gegen jenen Einbruch in die Vereinsrechte.</p>
          <p> &#x2014; <hi rendition="#g">National-Versammlung.</hi> Sitzung vom 2. März. Anfang 1 1/4 Uhr. Präsident Marrast.</p>
          <p>Das Protokoll wird verlesen.</p>
          <p>Auf den Bänken cirkuliren viele Journale, namentlich Moniteur und Revolution, wegen der Artikel gegen die Sozialisten und Ledru-Rollin, eben so wegen der Auseinandersprengung des Studentenbanketts an der Barriere.</p>
          <p>Man diskutirt lebhaft.</p>
          <p>Demians, Brea, Chapot bitten um Urlaub. (Bewilligt).</p>
          <p><hi rendition="#g">Emil Leroux</hi> legt seinen Ausschußbericht über den Antrag nieder, keinen Urlaub mehr ohne genaue Prüfung durch einen Ausschuß von 15 Gliedern zu bewilligen. (Beifall).</p>
          <p>An der Tagesordnung ist die Staatsrathsdebatte (dritte Deliberation), die gestern Abend bis Artikel 47 vorrückte, der von den contentiösen Angelegenheiten, von den Streitigkeiten der Beamten oder Behörden unter einander, kurz von den Kompetenzkonflikten zwischen Höher- und Niedriggestellten handelt und wofür von Parieu gestern Abend eine neue Fassung vorgeschlagen wurde.</p>
          <p><hi rendition="#g">Martin</hi> (Straßburg) bekämpft diese neue Fassung, indem sie dem Ministerium Gelegenheit verschafft, die ihm mißliebigen streitigen Fälle an sich zu ziehen und sich somit zum Richter und Ankläger zugleich aufzuwerfen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Barrot</hi> (Justizminister) unterstützt die neue Fassung, um sich das Revindikationsrecht zu sichern.</p>
          <p><hi rendition="#g">Isambert</hi> folgt ihm auf der Bühne und ruft dem Minister trotz seiner schwachen Stimme mit vieler Energie zu, daß er die Gebräuche der Monarchie wieder herzustellen trachte. Er wolle aus dem Staatsrath wieder die alte Maschine machen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Barrot</hi> bekämpft ihn wiederholt, und sagt, der Staatsrath dürfe kein politischer Körper werden.</p>
          <p><hi rendition="#g">Combarel de Leyval</hi> erklärt diesen Grundsatz exorbitant und ruft einen fürchterlichen Lärm hervor.</p>
          <p>Bechard, Last#yrie und Faucher (Minister des Innern) treten in die Arena. Die Debatte nimmt einen wichtigen Charakter an.</p>
          <p>Endlich schlägt <hi rendition="#g">Vivien</hi> folgende motivirte Tagesordnung vor:</p>
          <p>&#x201E;In Betracht, daß bei den Fällen, welche in den Artikeln 65 bis 80 des Staatsrathsgesetzes bezeichnet sind, das Gutachten des Staatsrathes und der Regierung eingeholt werden müsse, geht die National-Versammlung zur Tagesordnung über.&#x201C;</p>
          <p><hi rendition="#g">Boulatignier</hi> schlägt eine unwesentliche Aenderung vor. Diese begründete Tagesordnung geht mit bedeutender Mehrheit durch. (Großes Aufsehen im Saale).</p>
          <p>Die Versammlung geht zu Artikel 60 u. s. w. über.</p>
          <p><hi rendition="#g">Dabeaux</hi> stellt zu Artikel 61 den Antrag:</p>
          <p>&#x201E;Die nächste legislative Kammer hat in der vorgeschriebenen gesetzlichen Form zur Ernennung der Totalität der Glieder des Staatsraths laut Artikel 10, 11 und 12 des gegenwärtigen Gesetzes zu schreiten.&#x201C;</p>
          <p>Er entwickelt seinen Antrag. Die jetzige Constituante, sagt er, werde sich doch keine größeren Rechte anmaßen wollen, als die frühere, welche den Entschluß faßte, daß keines ihrer Glieder in die nächste Legislatur gewählt werden könne u. s. w.</p>
          <p>Dieser Antrag wird mit 454 gegen 289 Stimmen verworfen.</p>
          <p>Hier unterbricht Martin Bernard die Debatte.</p>
          <p><hi rendition="#g">Martin Bernard</hi> (vom Berge): Es hat gestern, beginnt er, eine so schreiende Verletzung des durch die Verfassung garantirten Vereinsrechts an der Barriere du Maine stattgefunden, daß ich hiermit um die Erlaubniß bitte, mir einen Tag zu bestimmen, an welchem ich den Minister des Inneren hierüber zur Rede stellen kann. (Morgen! Morgen!)</p>
          <p>Die Versammlung nimmt die Debatte wieder auf.</p>
          <p>Base, Derode, Lherbette und Andere stellen verschiedene Anträge rücksichtlich des Modus und der Zahl der zu ernennenden Glieder des Staatsrathes.</p>
          <p><hi rendition="#g">Derode</hi> will sie nicht durchs Loos, sondern serienweise von drei zu drei Jahren durch Wahllisten geschaffen haben.</p>
          <p>Dieser Antrag wird mit 431 gegen 317 Stimmen verworfen. Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Großbritannin.</head>
        <div xml:id="ar237-2_023" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 2. März.</head>
          <p>In der gestrigen Sitzung des Unterhauses war nur ein Antrag Lord Ashley's von Bedeutung. Der philantropische Lord schlug nämlich eine Kommission vor, welche sich damit zu beschäftigen habe, in wie weit es praktisch und möglich sei, zu dicht bevölkerte Gemeinden in der Weise zu theilen, daß auf jede neue Abtheilung nicht mehr als 4000 Seelen kämen. Neue Taxen und Angriffe auf langbestende Rechte, glaubte Lord Ashley zur Durchführung seines Planes nicht nothwenig, wenigstens so lange nicht, als die Mittel der Kirche noch nicht erschöpft seien. Das Haus beschäftigte sich mit diesem Antrage fast den ganzen Abend lang, indem eine Menge unbedeutender Redner dafür und dagegen das Wort ergriffen.</p>
        </div>
      </div>
      <div>
        <bibl>Redakteur en chef: <editor>Karl Marx.</editor>             </bibl>
      </div>
      <div type="jReadersLetters" n="1">
        <div xml:id="ar237-2_024" type="jArticle">
          <head>Creuznach, den 2. März 1849.</head>
          <p>Vor einigen Tagen starb hier ein sehr eifriges Mitglied des hiesigen demokratischen Vereins. Mit großer Bereitwilligkeit erklärte der Verein, für die arme Mutter des Verstorbenen das Begräbniß zu besorgen, konnte aber leider nichts weiter über diese durch Pfaffen bearbeitete arme Frau vermögen, als daß sie erlaubte, die Leiche zu tragen und mit Trauermusik zu begleiten.</p>
          <p>Dnr Zug bewegte sich in schönster Harmonie nach dem Grabe. Die Feier wurde aber gestört, indem ein &#x201E;schwarzer&#x201C; Mann einen grellen Mißton in sie zu bringen wußte.</p>
          <p>Nachdem der Mann des Friedens sein salbungsvolles, Erbarmen flehendes Gebet mit geschlossenen Augen hergesagt hatte, erging er sich in einer Kritik des Lebenswandels des Verstorbenen und bezeichnete ihn als ein verblendetes Opfer der Verführung und der Leidenschaften. In salbungsvollem Schwung fuhr er über die Führer und Verführer des Volkes her, geiferte und ereiferte sich über die Demokratie, alles in Anwendung auf den Verstorbenen.</p>
          <p>So ehren diese unduldsamen Feiglinge die Todten, und wer nicht in ih Horn bläst, wer nicht zu ihrer folgsamen Heerde, hierorts &#x201E;die Hutbumm-rler&#x201C; genannt, gehört, der verfällt ihrer Schmähung, der wird mit ihrem schmutzigen Koth beworfen, selbst noch an dem Orte, wo nach ihrer stets mit Salbung genannten Lehre alle Feindschaft aufhören soll. So vergißt ein sogenannter christlicher Seelsorger in seiner Leidenschaft den ersten Grundsatz der christlichen Lehre.</p>
          <p>Und dies an einem Orte, wo eine Erwiderung durch strenge Strafgesetze geahndet wird und der Geiferer daher geschützt ist.</p>
          <p>Schon bei den ersten Worten der unduldsamen Rede verließen sämmtliche Demokraten, aus denen der Trauerzug fast ganz allein bestand, das Grab ihres Freundes und überließen das Salbadern dem Ohrenschmause einiger alten Weiber.</p>
          <p>Dagegen erließ der Vorstand des Vereins unmittelbar darauf eine Einladung zu einer des Verstorbenen würdigeren Todesfeier auf Sonntag im Vereinslokal.</p>
          <p>Für die Nacht wurden nun die Wachen verdoppelt, gemischte Patrouillen von Militär und Bürgerwehr durchzogen mit Geräusch die Umgebung der Wohnung des &#x201E;Dieners des Herrn&#x201C;. Schleppsäbel rasselten auf dem Straßenpflaster, das Militär, mit der Kugel im Laufe und haarscharf geschliffener Klinge, die ganze hohe Polizei, die Feldhüter mit eingerechnet, Alles war auf den Beinen, um die gesalbten Ohren des Seelenhirten vor der Melodie einer Katzenmusik zu bewahren.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar237-2_025" type="jArticle">
          <head>Motto: Langsam wächst der Strom, bis er die Ufer überschreitet und überfluthet Alles!</head>
          <p>Zur Beherzigung des Tabaks- und Cigarren-Fabrikanten J. J. Claasen Wilhelm Sohn und eines unpartheiischen Gewerbegerichts! Tritt den Arbeiter, welcher Dir das Brod verdient, nicht mit Füßen und gieb ihm sein Recht!</p>
          <p>Herr J. J. Claasen Wilhelm Sohn, Tabak- und Cigarren-Fabrikant, wohnhaft Trankgasse in Köln, gab seinen Cigarrenarbeitern täglich 3 1/2 Pfd. nasses Kentuckdeckgut, woraus sie ihm 700 Cigarren liefern sollten. Jeder, der auch nur Wickelmacher gewesen, wird wissen, daß dies rein unmöglich ist; trotzdem wollte dieser kleine Despot es möglich gemacht haben, er trotzte auf seine Oberherrschaft, und es sollte geschehen. Was that dieser Mensch, er gab nicht mehr und um 3 Uhr Nachmittags hatten seine Arbeiter nichts mehr zu thun und mußten zu seinem Vergnügen bis 7 Uhr Abends in der Fabrik bleiben und müßig gehen.</p>
          <p>Hr. Claasen und sein Meister hätten sich nun leicht von ihrem Irrthume überzeugen können, verstanden aber leider beide nichts von der Arbeit. Um über ihre Unwissenheit und Abscheulichkeiten nicht den geringsten Zweifel zu lassen, wollte Despot Claasen auch noch das nach seiner Meinung zu viel verbrauchte Deckgut den armen Arbeitern in Abrechnung bringen. Durch diese ungerechte Handlungen, ebenso durch zu schwachen Verdienst bewogen, fanden sich die Arbeiter genöthigt, Despot Claasen zu erklären, daß sie die Arbeit einstellen müßten, wenn er diese Verhältnisse nicht ändere. Doch vergebliche Mühe! Armer Arbeiter, kannst du nicht durch Association das Kapital der Mächtigen unterdrücken, so wirst du nie zu Ansehen gelangen, man wird dich immer nur als Sclave, nicht als Mensch betrachten. Zur Sache! Despot Claasen änderte nichts und 6 Cigarrenarbeiter nahmen ihre Entlassung. Despot Claasen mußte aber durch das Gewerbegericht dazu gezwungen werden, daß er den Arbeitern ihre Atteste ausstellte. Jetzt sollte man glauben, die Sache sei beendigt; beim Abholen der Atteste zieht Atleth Claasen seinen Rock aus, um an seinen Arbeitern nach russischer Manier seine Menschenwürde zu bekunden. Nach Verlauf von 8 Tagen kehrt einer der Ausgeschiedenen Pater peceavi sagend zurück und erklärte, er sei verführt worden, worauf er vom Triumphator wieder Arbeit erhielt. Doch 10 Arbeiter, welche geblieben, weil sie den vollen Tag Arbeit und besser Verdienst hatten, wollten diesen zurückgekehrten Meineidigen nicht mehr in ihrer Mitte haben, weil er seine Kameraden verläumdet hatte, indem er der erste gewesen, welcher die Andern zum Einstellen der Arbeit aufgefordert hatte. Diese 10 Arbeiter forderten den Triumphator Claasen auf, er möchte den Verläumder allein arbeiten lassen oder sie kündigten ihm alle die Arbeit auf. Despot Claasen gebot ihnen unverzüglich mit Ev. Heiden (so ist der Name des reuigen Sünders) zu arbeiten, widrigenfalls er sie ohne 14 tägige Kündigung entlassen würde. Die Arbeiter klagten deshalb beim Gewerbegericht und es wurde beschlossen, daß der Ev. Heiden in einem besondern Zimmer arbeiten sollte. Triumphator Claasen mußte sein Ehrenwort abgeben, daß er dieses thun wolle. Doch Groll und beleidigter Stolz, daß das Gewerbegericht über ihn, den gewaltigen Renegaten (er ist ein ausgekniffener Holländer) Macht habe, bewog ihn, schon am 2. Januar dem Ev. Heiden seinen alten Platz wieder unter den übrigen Arbeitern anzuweisen. Als die 10 Arbeiter, welche festern Charakter hatten, als der Renegat Claasen, sahen, daß an ein Uebereinkommen nicht zu denken war, verließen sie ihre Arbeit. Zweiter Abschnitt!</p>
          <p>Rechtsprechen eines Gewerbegerichts, welches von den Märzereignissen nicht erschüttert wurde und auf seinem &#x201E;gesetzlich angestammten Rechtsboden&#x201C; aus X Zeiten unerschütterlich fest hält.</p>
          <p>Die Eltern der beiden Wickelmacher Funk und Lichtenberg klagten beim Gewerbegericht, daß Despot Claasen ihnen nicht die 14 Tage gekündigt habe, doch trotz der klaren Thatsache wurde Claasen nicht verurtheilt, die Leute zu zahlen. Aber das Schönste vom Ganzen ist, daß dieses hochweise Gewerbegericht schon früher erklärt hatte, der Wickelmacher stände nicht im Dienste des Cigarrenarbeiters, sondern im Dienste des Fabrikherrn. Das Gesetz besagt ausdrücklich, daß kein Arbeiter ohne vorher 14 Tage gekündigt zu haben, die Arbeit verlassen darf, ebenso darf kein Meister oder Fabrikherr einen Arbeiter ohne 14 tägige Kündigung fortschicken. Hatten nun die Gewerbe-Verständigen an dem Abend Verstand zu viel oder fehlte es an demselben?</p>
          <p>Vielleicht hatten die Herrn Tabaks-Fabrikanten Scheber und Sömer, welche mit als Gewerbverständige saßen, ein wenig vorgearbeitet! wir wissen es nicht, aber Funk und Lichtenberg wurden mit ihrer Klage abgewiesen und ihnen bemerkt, sie möchten, wenn sie die 14 Tage bezahlt wollten haben, ihre Cigarrenarbeiter belangen lassen. Funk klagte nun gegen Erven, Erven ließ Scheber und Sömer als Partei recussiren. Die Herrn Gewerbeverständigen im unbegreiflichen Widerspruche mit ihrem frühern Urtheile, wiesen auch jetzt Funk mit seiner Klage ab. Wundere man sich nicht über solche empörende Ungerechtigkeiten. Der Grund liegt hier vor.</p>
          <p>Nur Fabrikherrn und Meister, aber keine Gesellen sitzen hier zu Rath, und urtheilen über schutzlose Arbeiter; was Wunder, wenn diese Menschen ihren frühern Standpunkt vergessen, wo sie vielleicht selbst über ihre Meister geklagt haben, wo sie vielleicht selbst im strengsten Winter ohne Arbeit, halb baarfuß das Felleisen mit Stroh, statt mit Kleidungsstücken, angefüllt, über die Landstraßen sich geschleppt und von einer Thür zur andern gefochten haben. Gerechtigkeit! wo hast du dich versteckt? Der 2 Mal Abgewiesene fragte nun, woran er sich wenden solle, um zu seinem Rechte zu gelangen; man wieß ihn an Herrn Bredt, Zuckerfabrikbesitzer, auf dem Katharinen-Graben. Funk wandte sich an diesen Mann und erhielt nicht nur seine 14 Tage vergütet, sondern 8 Sgr. für seine Mühe. Lichtenberg, welcher dieses erfuhr, und dieselben Ansprüche hatte, erschien in einer Woche 4 Mal beim Secretär Bremmer um zu klagen, wurde aber abgewiesen und ihm bemerkt, Funk habe dieses der Güte des Herrn Bredt zu verdanken. Sollte Herr Bredt so gütig sein, dies wäre zu wünschen, doch schwerlich! Die einfache Sache ist die, die Gewerbeverständigen wußten sich nicht anders aus der Schlinge zu ziehen. Wir begreifen aber die Willkür des Secretärs Bremmer nicht, welcher für seine Mühe doch bezahlt wird und gar kein Recht hat, Jemanden abzuweisen. Die Aufforderung an den Gewerberath ergeht deshalb, für die Bezahlung des v. Lichtenberg zu sorgen, indem wir von jeder Ungerechtigkeit völlig überzeugt sind und Mittel in Händen haben, seiner Ungerechtigkeit öffentlich zu rügen. Die Revolution von 1848 ist an dem Gewerbegericht spurlos vorübergegangen, die von 1849 wird auch diesen Augiasstall zu reinigen haben. Thue Recht und scheue Niemand, Gewerberath!</p>
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</TEI>
[1313/0003] bevölkerung unsern Einzug. Das Volk rief: Es lebe die provisorische Regierung! Es lebe Italien! Es lebe die Freiheit! Die Munizipalität empfing uns mit Herzlichkeit und überreichte uns eine Glückwunsch-Adresse. Ich habe hier die beruhigende Nachricht erhalten, daß Petracchi ebenfalls mit seiner Kolonne in Folge der gleichen Gemüthsstimmung unserer dortigen toskanischen Brüder in Viareggia eingerückt ist. Ueber die Bewegungen der Piemontesen habe ich nichts Neues erfahren. Ich habe bloß einen Freund von Gioberti sowohl als mir nach Zarzana gesandt, um zu hören, ob die Piemontesen den Auftrag hätten, die Freiheit in Toskana zu unterdrücken. Bei einer bejahenden Antwort sollte er mir's sofort zu wissen thun; im entgegengesetzten Falle seine Reise nach Turin fortsetzen. Ich habe diesen Freund nicht wieder gesehen, was mich glauben läßt, daß die piemontesische Intervention nur eine Erfindung (?) des Verräthers Laugier war. Sollten die Piemontesen wider das Völkerrecht und gegen ihr eignes Interesse die Gränze überschreiten: so würden wir ihnen mit Oelzweigen an unsern Waffen entgegengehen und wir sind sicher, daß wir sie gegen den gemeinsamen fremden Feind zur Vertheidigung des gemeinsamen Vaterlandes mit uns führen würden. Ich glaube, diese Nachrichten werden allen edlen Herzen zur Freude gereichen. In der Hoffnung, Ihnen bald noch bessere zu senden, bin ich etc. Camajore, 22. Februar. Guerrazzi. * Genua, 24. Febr. Laugier's Flucht auf piemontesisches Gebiet wird vom „Corriere mercantile“ bestätigt. Dieser nachäfferische Windischgrätz wurde von seinen Truppen bis auf etwa 30 Mann verlassen, mit denen er die piemontesische Gränze überschritt. In Florenz gab's am 21. d. eine große Aufregung, da reaktionäre Agenten einige Ortschaften der Umgegend aufzureizen versucht hatten und auf den nahen Bergen Feuerzeichen erblickt wurden. Der Plan der Freiheitsfeinde scheiterte aber gänzlich an der Wachsamkeit der Florentiner. Aehnliches kam in Pistoja vor. Die provisorische Regierung hat darauf folgendes Dekret erlassen: „Volk von Florenz! Die Signale einer reaktionären Bewegung zeigten sich gestern auf den nahen Hügeln; allein in deinen Augen, o Volk von Florenz, glänzte eine andere Flamme, die heilige Flamme der Freiheit! Indem Du Dich von freien Stücken mit Entschlossenheit und Einmüthigkeit gegen dieses Attentat der Fremden erhobst, zeigtest Du, welcher Gefahr sich diejenigen aussetzten, die Dich zum Mitschuldigen ihrer finstern Pläne machen wollten... Um den Charakter dieses reaktionären Versuchs zu bezeichnen, genügt es zu bemerken, daß man rief: Es leben die Oestreicher! Der gemeinschaftliche Feind Italiens möchte durch solche Mittel sich den Weg zu der von ihm so lange ersehnten Invasion anbahnen u. s. w.“ Dieses Dekret ist datirt Florenz, 22. Febr. und unterzeichnet: Manzoni, Montanelli. Am nämlichen Tage setzte die Regierung eine Militärkommission nieder, um summarisch über alle Attentate gegen die Ordnung, die Clubs, gegen Personen und Eigenthum abzuurtheilen. Das Urtheil muß jedesmal binnen 24 Stunden vollstreckt sein. Ein anderes Dekret befiehlt allen Hausbesitzern, die Florenz ohne hinreichende Gründe verlassen haben, binnen 3 Tagen zurückzukehren, oder, so lange ihre Abwesenheit dauert, eine tägliche, ihrem Vermögen angemessene Steuer zu entrichten. * Turin, 24. Febr. Es hat sich herausgestellt, daß nicht 40,000 sondern nur 7000 aufgestachelte Bürger für Wiedereinsetzung des modernen Jesuiten Gioberti petitionirten. Die jüngst von hier abgereisten Römischen und Florentinischen Delegirten werden wieder hierher zurückkehren. Um und in Mailand scheint es stark zu gähren. Wenigstens sah sich Radetzki genöthigt, in der nächsten Umgegend starke Truppenabtheilungen zusammenzuziehen. So ist El Durino militärisch besetzt und in Belagerungszustand erklärt worden. * Rom, 20. Febr. Nusconi, Minister des Aeußern, las die jüngste Protestation des Pabstes, d. d. Gaëta 14. Febr., auf welche die Rede zufällig gekommen war, vor, und die ganze Nationalversammlung rief einstimmig: „Es lebe die Republik!“ Das ist die einzige Antwort, die dieser Protestation zu Theil wurde. Auf Nusconi's Antrag wird dieses „Lügendokument“ (wie es in der Constituante genannt wurde) zum Beweise, wie man es verachtet, in der amtlichen Gazetta wörtlich erscheinen. Zwischen Ferrara und Bologna sind die in Folge der österreichischen Ueberrumpelung gehemmten Verbindungen wieder frei geworden. Die Entrüstung, welche dieser Ueberfall hervorruft, steigert den Haß der Landbewohner bis zur Wuth gegen die Kroaten. Polen. Krakau, 24. Februar. Es wurden gestern 5 Bauern, von Gensd'armen geleitet, durch die Stadt geführt, ich weiß nicht, waren es Rekrutirungspflichtige aus dem Bezirke, oder wie einige sagen, aus Galizien, die sich hieher geflüchtet, oder waren es Diebe, wie andere vermuthen; genug, zwei von ihnen waren mit Ketten belegt, die andern mit Stricken an einander gebunden, und auf ihren Ruf: „man will uns zum Militär nehmen“, sammelte sich gleich ein Haufe Handwerker, Bauern und junge Leute um sie herum, warfen sich über die Gensd'armen, entwaffneten einen um den andern und schlugen sie blutig; 3 Bauern wurden die Stricke abgeschnitten, und entkamen, die beiden andern wurden von einer herbeieilenden Patrouille zuerst auf die Hauptwache und hierauf Abends auf einer Fuhre nach dem Schloß geführt. — Trübe erwarten wir, was uns die nächste Woche bringt. (C. Bl. a. B.) Schweiz. 217 Bern, 28. Febr. Der Neutralitätsrath in Bern vervollkommnet sich täglich mehr. Von Anerkennung der römischen Republik keine Rede! Das neueste Bundesblatt enthält unter dem Verzeichniß der auswärtigen Diplomaten noch den prangenden Titel des Gesandten Sr. apostolischen Heiligkeit. Donaufürstenthümer. Von der bosnischen Gränze. In Travnik sind gegen 30,000 Mann türkischer Truppen versammelt; Einige wollen wissen, diese Zusammenziehung sei durch die Annäherung russischer Kolonnen veranlaßt worden; die meisten Vermuthungen deuten auf eine Absicht gegen Serbien selbst, deren Ausführung im nächsten Monat erfolgen soll. In Bosnien sollen gegen 25,000 Rajas konskribirt worden sein, die sich auf den ersten Befehl in Travnik zu versammeln hätten, jedoch nur mit 2 Pistolen der Mann bewaffnet, dagegen muß Jeder mit einer Schaufel versehen sein. — Letzter Tage sollen von Konstantinopel her bedeutende Munitionstransporte in Travnik angelangt sein, über deren Verwendung der Vesir eben jetzt berathen läßt. (Oest. C.) Französische Republik. Paris, 2. März. Der Moniteur, unter allen Regierungen seit vierzig Jahren, ausschließlich das Organ trockener Thatsachen, wird von dem jetzigen Kabinet als Hauptgeschütz benützt, um den Sozialismus oder die rothen Republikaner zu vernichten. So enthält er heute nicht weniger als zwei volle Spalten, die in einem akademischen Blatt viel besseren Platz finden. Man höre: „Die sozialistische Partei befand sich am Vorabend der schrecklichen Junitage in ihrer ganzen Stärke. Sie wagte es, der Staatsgesellschaft eine Schlacht zu liefern. Im Januar 1849 nahm sie, schon durch eine erste Niederlage geschwächt, zu der Waffe wühlerischer Minoritäten — zu Komplotten ihre Zuflucht. Heute (2. März) hat sie auch dieses Stadium schon überschritten und es bleibt ihr nur noch übrig, zu den Systemen der Agitation und Beunruhigung zu greifen. Sie arbeitet daran, die Ruhe des Landes durch äußere Demonstrationen zu stören, da sie daran verzweifelt, das Land je wieder regieren, erobern oder überrumpeln zu können. Wir führten neulich schon mehrere Thatsachen an, welche diese Propaganda des im Sterben liegenden Sozialismus an's Tageslicht zogen. Wir fahren heute damit fort. — Solche Thatsachen an die Tageshelle ziehen, heißt sie ächten.“ Nach dieser Einleitung erzählt der Moniteur die Maskerade, die am 24. Februar zu Ehren der Revolutionsfeier in Clermont-Ferrand, Saint Céré, Langeac und in einigen andern rothen Dörfern stattfanden. — Ein zweiter Artikel des Moniteur ist gegen Ledru-Rollin's Rede am vorigen Sonntagsbankette gerichtet, in welcher der Chef der Bergpartei gesagt hatte, daß das Ministerium die Pariser Besatzung häufig aus dem Grunde wechsele, um sie gegen die Pest des Kommunismus zu schützen. Es werde sich aber irren, denn auf diese Weise würde die Pest aus dem Herzen Frankreichs in seine übrigen Glieder getrieben. Der Moniteur erwidert darauf, daß die übrigen Glieder das Ungeheuer des Sozialismus zurückstoßen. Frankreich sei nicht sozialistisch. — Auf Ansuchen mehrerer Handelskammern läßt das Ministerium mehrere Faktoreien in Californien behufs der Deponirung franz. Waaren anlegen. — Im Ministerium werden große Anstalten — nicht zur Intervention in Italien, sondern für einen großen Ball getroffen, den Madame Drouin de Lhuys zu Ehren des Präsidenten Bonaparte gibt. Auch im Elysée Bourbon ist für den 26. März ein großer Maskenball angesagt. Dort hängt der Himmel voller Freuden! Uebrigens geht das Gerücht: Changarnier habe diesen Vormittag dem Bonaparte die Epistel einer Verschwörung gegen sein Leben mitgetheilt und ihn gewarnt, heute Abend nicht wie gewöhnlich zu Madame Howard zu gehen, weil man ihm auflauere. Wir geben diese Gerüchte eben wie wir sie hören wieder, ohne sie zu verbürgen. — In der heutigen Nationalversammlungs-Sitzung erlitt das Ministerium bei der Staatsrathsdebatte eine neue Niederlage. — Gestern hatten sich etwa 200 Studenten zu ihrem gewöhnlichen Monatsbankett im Saale der vereinigten Köche an der Barriere du Maine versammelt; als ein Polizei- Commissarius erschien, der dem Gesetze von 1790 gemäß dem Bankett als Protokollführer beizuwohnen erklärte. Man erwiderte ihm, daß die 1848er Verfassung über dem Gesetz von 1799 stehe und wies ihn zurück. Der Polizei- Commissarius ging ab und das Bankett schritt vor sich. Inmitten der Reden, an denen die Deputirten Pierre Leroux etc. Theil nahmen, stürzte derselbe Polizeikommissarius an der Spitze eines ganzen Heeres von Polizeiagenten in den Saal und sprengte die Gesellschaft, die sich durch keine Gewaltthätigkeiten entehren wollte, auseinander. Die „Revolution“ enthält heute eine Protestation gegen jenen Einbruch in die Vereinsrechte. — National-Versammlung. Sitzung vom 2. März. Anfang 1 1/4 Uhr. Präsident Marrast. Das Protokoll wird verlesen. Auf den Bänken cirkuliren viele Journale, namentlich Moniteur und Revolution, wegen der Artikel gegen die Sozialisten und Ledru-Rollin, eben so wegen der Auseinandersprengung des Studentenbanketts an der Barriere. Man diskutirt lebhaft. Demians, Brea, Chapot bitten um Urlaub. (Bewilligt). Emil Leroux legt seinen Ausschußbericht über den Antrag nieder, keinen Urlaub mehr ohne genaue Prüfung durch einen Ausschuß von 15 Gliedern zu bewilligen. (Beifall). An der Tagesordnung ist die Staatsrathsdebatte (dritte Deliberation), die gestern Abend bis Artikel 47 vorrückte, der von den contentiösen Angelegenheiten, von den Streitigkeiten der Beamten oder Behörden unter einander, kurz von den Kompetenzkonflikten zwischen Höher- und Niedriggestellten handelt und wofür von Parieu gestern Abend eine neue Fassung vorgeschlagen wurde. Martin (Straßburg) bekämpft diese neue Fassung, indem sie dem Ministerium Gelegenheit verschafft, die ihm mißliebigen streitigen Fälle an sich zu ziehen und sich somit zum Richter und Ankläger zugleich aufzuwerfen. Barrot (Justizminister) unterstützt die neue Fassung, um sich das Revindikationsrecht zu sichern. Isambert folgt ihm auf der Bühne und ruft dem Minister trotz seiner schwachen Stimme mit vieler Energie zu, daß er die Gebräuche der Monarchie wieder herzustellen trachte. Er wolle aus dem Staatsrath wieder die alte Maschine machen. Barrot bekämpft ihn wiederholt, und sagt, der Staatsrath dürfe kein politischer Körper werden. Combarel de Leyval erklärt diesen Grundsatz exorbitant und ruft einen fürchterlichen Lärm hervor. Bechard, Last#yrie und Faucher (Minister des Innern) treten in die Arena. Die Debatte nimmt einen wichtigen Charakter an. Endlich schlägt Vivien folgende motivirte Tagesordnung vor: „In Betracht, daß bei den Fällen, welche in den Artikeln 65 bis 80 des Staatsrathsgesetzes bezeichnet sind, das Gutachten des Staatsrathes und der Regierung eingeholt werden müsse, geht die National-Versammlung zur Tagesordnung über.“ Boulatignier schlägt eine unwesentliche Aenderung vor. Diese begründete Tagesordnung geht mit bedeutender Mehrheit durch. (Großes Aufsehen im Saale). Die Versammlung geht zu Artikel 60 u. s. w. über. Dabeaux stellt zu Artikel 61 den Antrag: „Die nächste legislative Kammer hat in der vorgeschriebenen gesetzlichen Form zur Ernennung der Totalität der Glieder des Staatsraths laut Artikel 10, 11 und 12 des gegenwärtigen Gesetzes zu schreiten.“ Er entwickelt seinen Antrag. Die jetzige Constituante, sagt er, werde sich doch keine größeren Rechte anmaßen wollen, als die frühere, welche den Entschluß faßte, daß keines ihrer Glieder in die nächste Legislatur gewählt werden könne u. s. w. Dieser Antrag wird mit 454 gegen 289 Stimmen verworfen. Hier unterbricht Martin Bernard die Debatte. Martin Bernard (vom Berge): Es hat gestern, beginnt er, eine so schreiende Verletzung des durch die Verfassung garantirten Vereinsrechts an der Barriere du Maine stattgefunden, daß ich hiermit um die Erlaubniß bitte, mir einen Tag zu bestimmen, an welchem ich den Minister des Inneren hierüber zur Rede stellen kann. (Morgen! Morgen!) Die Versammlung nimmt die Debatte wieder auf. Base, Derode, Lherbette und Andere stellen verschiedene Anträge rücksichtlich des Modus und der Zahl der zu ernennenden Glieder des Staatsrathes. Derode will sie nicht durchs Loos, sondern serienweise von drei zu drei Jahren durch Wahllisten geschaffen haben. Dieser Antrag wird mit 431 gegen 317 Stimmen verworfen. Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen. Großbritannin. * London, 2. März. In der gestrigen Sitzung des Unterhauses war nur ein Antrag Lord Ashley's von Bedeutung. Der philantropische Lord schlug nämlich eine Kommission vor, welche sich damit zu beschäftigen habe, in wie weit es praktisch und möglich sei, zu dicht bevölkerte Gemeinden in der Weise zu theilen, daß auf jede neue Abtheilung nicht mehr als 4000 Seelen kämen. Neue Taxen und Angriffe auf langbestende Rechte, glaubte Lord Ashley zur Durchführung seines Planes nicht nothwenig, wenigstens so lange nicht, als die Mittel der Kirche noch nicht erschöpft seien. Das Haus beschäftigte sich mit diesem Antrage fast den ganzen Abend lang, indem eine Menge unbedeutender Redner dafür und dagegen das Wort ergriffen. Redakteur en chef: Karl Marx. Creuznach, den 2. März 1849. Vor einigen Tagen starb hier ein sehr eifriges Mitglied des hiesigen demokratischen Vereins. Mit großer Bereitwilligkeit erklärte der Verein, für die arme Mutter des Verstorbenen das Begräbniß zu besorgen, konnte aber leider nichts weiter über diese durch Pfaffen bearbeitete arme Frau vermögen, als daß sie erlaubte, die Leiche zu tragen und mit Trauermusik zu begleiten. Dnr Zug bewegte sich in schönster Harmonie nach dem Grabe. Die Feier wurde aber gestört, indem ein „schwarzer“ Mann einen grellen Mißton in sie zu bringen wußte. Nachdem der Mann des Friedens sein salbungsvolles, Erbarmen flehendes Gebet mit geschlossenen Augen hergesagt hatte, erging er sich in einer Kritik des Lebenswandels des Verstorbenen und bezeichnete ihn als ein verblendetes Opfer der Verführung und der Leidenschaften. In salbungsvollem Schwung fuhr er über die Führer und Verführer des Volkes her, geiferte und ereiferte sich über die Demokratie, alles in Anwendung auf den Verstorbenen. So ehren diese unduldsamen Feiglinge die Todten, und wer nicht in ih Horn bläst, wer nicht zu ihrer folgsamen Heerde, hierorts „die Hutbumm-rler“ genannt, gehört, der verfällt ihrer Schmähung, der wird mit ihrem schmutzigen Koth beworfen, selbst noch an dem Orte, wo nach ihrer stets mit Salbung genannten Lehre alle Feindschaft aufhören soll. So vergißt ein sogenannter christlicher Seelsorger in seiner Leidenschaft den ersten Grundsatz der christlichen Lehre. Und dies an einem Orte, wo eine Erwiderung durch strenge Strafgesetze geahndet wird und der Geiferer daher geschützt ist. Schon bei den ersten Worten der unduldsamen Rede verließen sämmtliche Demokraten, aus denen der Trauerzug fast ganz allein bestand, das Grab ihres Freundes und überließen das Salbadern dem Ohrenschmause einiger alten Weiber. Dagegen erließ der Vorstand des Vereins unmittelbar darauf eine Einladung zu einer des Verstorbenen würdigeren Todesfeier auf Sonntag im Vereinslokal. Für die Nacht wurden nun die Wachen verdoppelt, gemischte Patrouillen von Militär und Bürgerwehr durchzogen mit Geräusch die Umgebung der Wohnung des „Dieners des Herrn“. Schleppsäbel rasselten auf dem Straßenpflaster, das Militär, mit der Kugel im Laufe und haarscharf geschliffener Klinge, die ganze hohe Polizei, die Feldhüter mit eingerechnet, Alles war auf den Beinen, um die gesalbten Ohren des Seelenhirten vor der Melodie einer Katzenmusik zu bewahren. Motto: Langsam wächst der Strom, bis er die Ufer überschreitet und überfluthet Alles! Zur Beherzigung des Tabaks- und Cigarren-Fabrikanten J. J. Claasen Wilhelm Sohn und eines unpartheiischen Gewerbegerichts! Tritt den Arbeiter, welcher Dir das Brod verdient, nicht mit Füßen und gieb ihm sein Recht! Herr J. J. Claasen Wilhelm Sohn, Tabak- und Cigarren-Fabrikant, wohnhaft Trankgasse in Köln, gab seinen Cigarrenarbeitern täglich 3 1/2 Pfd. nasses Kentuckdeckgut, woraus sie ihm 700 Cigarren liefern sollten. Jeder, der auch nur Wickelmacher gewesen, wird wissen, daß dies rein unmöglich ist; trotzdem wollte dieser kleine Despot es möglich gemacht haben, er trotzte auf seine Oberherrschaft, und es sollte geschehen. Was that dieser Mensch, er gab nicht mehr und um 3 Uhr Nachmittags hatten seine Arbeiter nichts mehr zu thun und mußten zu seinem Vergnügen bis 7 Uhr Abends in der Fabrik bleiben und müßig gehen. Hr. Claasen und sein Meister hätten sich nun leicht von ihrem Irrthume überzeugen können, verstanden aber leider beide nichts von der Arbeit. Um über ihre Unwissenheit und Abscheulichkeiten nicht den geringsten Zweifel zu lassen, wollte Despot Claasen auch noch das nach seiner Meinung zu viel verbrauchte Deckgut den armen Arbeitern in Abrechnung bringen. Durch diese ungerechte Handlungen, ebenso durch zu schwachen Verdienst bewogen, fanden sich die Arbeiter genöthigt, Despot Claasen zu erklären, daß sie die Arbeit einstellen müßten, wenn er diese Verhältnisse nicht ändere. Doch vergebliche Mühe! Armer Arbeiter, kannst du nicht durch Association das Kapital der Mächtigen unterdrücken, so wirst du nie zu Ansehen gelangen, man wird dich immer nur als Sclave, nicht als Mensch betrachten. Zur Sache! Despot Claasen änderte nichts und 6 Cigarrenarbeiter nahmen ihre Entlassung. Despot Claasen mußte aber durch das Gewerbegericht dazu gezwungen werden, daß er den Arbeitern ihre Atteste ausstellte. Jetzt sollte man glauben, die Sache sei beendigt; beim Abholen der Atteste zieht Atleth Claasen seinen Rock aus, um an seinen Arbeitern nach russischer Manier seine Menschenwürde zu bekunden. Nach Verlauf von 8 Tagen kehrt einer der Ausgeschiedenen Pater peceavi sagend zurück und erklärte, er sei verführt worden, worauf er vom Triumphator wieder Arbeit erhielt. Doch 10 Arbeiter, welche geblieben, weil sie den vollen Tag Arbeit und besser Verdienst hatten, wollten diesen zurückgekehrten Meineidigen nicht mehr in ihrer Mitte haben, weil er seine Kameraden verläumdet hatte, indem er der erste gewesen, welcher die Andern zum Einstellen der Arbeit aufgefordert hatte. Diese 10 Arbeiter forderten den Triumphator Claasen auf, er möchte den Verläumder allein arbeiten lassen oder sie kündigten ihm alle die Arbeit auf. Despot Claasen gebot ihnen unverzüglich mit Ev. Heiden (so ist der Name des reuigen Sünders) zu arbeiten, widrigenfalls er sie ohne 14 tägige Kündigung entlassen würde. Die Arbeiter klagten deshalb beim Gewerbegericht und es wurde beschlossen, daß der Ev. Heiden in einem besondern Zimmer arbeiten sollte. Triumphator Claasen mußte sein Ehrenwort abgeben, daß er dieses thun wolle. Doch Groll und beleidigter Stolz, daß das Gewerbegericht über ihn, den gewaltigen Renegaten (er ist ein ausgekniffener Holländer) Macht habe, bewog ihn, schon am 2. Januar dem Ev. Heiden seinen alten Platz wieder unter den übrigen Arbeitern anzuweisen. Als die 10 Arbeiter, welche festern Charakter hatten, als der Renegat Claasen, sahen, daß an ein Uebereinkommen nicht zu denken war, verließen sie ihre Arbeit. Zweiter Abschnitt! Rechtsprechen eines Gewerbegerichts, welches von den Märzereignissen nicht erschüttert wurde und auf seinem „gesetzlich angestammten Rechtsboden“ aus X Zeiten unerschütterlich fest hält. Die Eltern der beiden Wickelmacher Funk und Lichtenberg klagten beim Gewerbegericht, daß Despot Claasen ihnen nicht die 14 Tage gekündigt habe, doch trotz der klaren Thatsache wurde Claasen nicht verurtheilt, die Leute zu zahlen. Aber das Schönste vom Ganzen ist, daß dieses hochweise Gewerbegericht schon früher erklärt hatte, der Wickelmacher stände nicht im Dienste des Cigarrenarbeiters, sondern im Dienste des Fabrikherrn. Das Gesetz besagt ausdrücklich, daß kein Arbeiter ohne vorher 14 Tage gekündigt zu haben, die Arbeit verlassen darf, ebenso darf kein Meister oder Fabrikherr einen Arbeiter ohne 14 tägige Kündigung fortschicken. Hatten nun die Gewerbe-Verständigen an dem Abend Verstand zu viel oder fehlte es an demselben? Vielleicht hatten die Herrn Tabaks-Fabrikanten Scheber und Sömer, welche mit als Gewerbverständige saßen, ein wenig vorgearbeitet! wir wissen es nicht, aber Funk und Lichtenberg wurden mit ihrer Klage abgewiesen und ihnen bemerkt, sie möchten, wenn sie die 14 Tage bezahlt wollten haben, ihre Cigarrenarbeiter belangen lassen. Funk klagte nun gegen Erven, Erven ließ Scheber und Sömer als Partei recussiren. Die Herrn Gewerbeverständigen im unbegreiflichen Widerspruche mit ihrem frühern Urtheile, wiesen auch jetzt Funk mit seiner Klage ab. Wundere man sich nicht über solche empörende Ungerechtigkeiten. Der Grund liegt hier vor. Nur Fabrikherrn und Meister, aber keine Gesellen sitzen hier zu Rath, und urtheilen über schutzlose Arbeiter; was Wunder, wenn diese Menschen ihren frühern Standpunkt vergessen, wo sie vielleicht selbst über ihre Meister geklagt haben, wo sie vielleicht selbst im strengsten Winter ohne Arbeit, halb baarfuß das Felleisen mit Stroh, statt mit Kleidungsstücken, angefüllt, über die Landstraßen sich geschleppt und von einer Thür zur andern gefochten haben. Gerechtigkeit! wo hast du dich versteckt? Der 2 Mal Abgewiesene fragte nun, woran er sich wenden solle, um zu seinem Rechte zu gelangen; man wieß ihn an Herrn Bredt, Zuckerfabrikbesitzer, auf dem Katharinen-Graben. Funk wandte sich an diesen Mann und erhielt nicht nur seine 14 Tage vergütet, sondern 8 Sgr. für seine Mühe. Lichtenberg, welcher dieses erfuhr, und dieselben Ansprüche hatte, erschien in einer Woche 4 Mal beim Secretär Bremmer um zu klagen, wurde aber abgewiesen und ihm bemerkt, Funk habe dieses der Güte des Herrn Bredt zu verdanken. Sollte Herr Bredt so gütig sein, dies wäre zu wünschen, doch schwerlich! Die einfache Sache ist die, die Gewerbeverständigen wußten sich nicht anders aus der Schlinge zu ziehen. Wir begreifen aber die Willkür des Secretärs Bremmer nicht, welcher für seine Mühe doch bezahlt wird und gar kein Recht hat, Jemanden abzuweisen. Die Aufforderung an den Gewerberath ergeht deshalb, für die Bezahlung des v. Lichtenberg zu sorgen, indem wir von jeder Ungerechtigkeit völlig überzeugt sind und Mittel in Händen haben, seiner Ungerechtigkeit öffentlich zu rügen. Die Revolution von 1848 ist an dem Gewerbegericht spurlos vorübergegangen, die von 1849 wird auch diesen Augiasstall zu reinigen haben. Thue Recht und scheue Niemand, Gewerberath!

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Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 237. Köln, 4. März 1849. Zweite Ausgabe, S. 1313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz237ii_1849/3>, abgerufen am 23.04.2024.