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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 242. Köln, 10. März 1849.

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20 Constabler mit einem Lieutenant hatten sich, vielleicht zum Schutze des Herrn Wagner, eingefunden.

Handelsbriefe aus Süd-Rußland melden von einer dort vorhandenen unerhörten Geldnoth. Dieselbe sei die Folge theils eines allgemeinen Mißwachses, theils der revolutionären Bewegungen im südlichen und westlichen Europa.

Der Ausfall der gestrigen Präsidentenwahl ist nicht von besonderm Einfluß auf eine Besserung der Börse gewesen. Die Spekulanten erklärten, die geringe Majorität mit welcher Grabow, selbst ein Mann des Centrums, gewählt worden, erwecke in ihnen kein genügendes Vertrauen zu dem Bestande der Dinge, insbesondere gewähre diese Wahl keine Garantie für den Fortbestand des Ministeriums.

Die Kammern hielten heute keine Sitzungen, sondern arbeiteten in den Abtheilungen. In denen der zweiten Kammer kam der gestern schon erwähnte Antrag auf Aufhebung des Belagerungszustandes zur Berathung. Es haben sich, wie wir vermutheten, jedenfalls drei Abtheilungen dafür ausgesprochen, denn die Lesung des Antrags wird morgen in öffentlicher Sitzung erfolgen. Ferner wichtige Berathungsgegenstände waren: erstens, Antrag auf Erlaß einer Adresse an die Krone, zweitens ein Antrag der Abgeordneten Behnsch, Wollheim, Waldeck, Jacobi u. A : die Verfassung vom 5. Dez. nur als Grundlage für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung zu betrachten und mit letzterer unverzüglich vorzugehen, drittens Antrag des Abgeordneten Riedel u. A., die Rechtsbeständigkeit der octroyirten Verfassung anzuerkennen und sich lediglich auf die Revision derselben zu beschränken. Alle diese Anträge haben somit die Zustimmung der Abtheilungen erhalten, daß ihre Lesung in morgiger öffentlicher Sitzung erfolgen wird.

Große Sensation hat in der Linken die Erklärung des Abg. Rodbertus gemacht, sich ihr entziehen zu wollen, wenn sie nicht alsbald ein bestimmtes Programm aufstelle, zumal da die Linke ausdrücklich erklärt hat, bei der jetzigen Sachlage von einem jeglichen Programm abstehen zu müssen.

Der ehemalige Deputirte Schultz-Wansleben hat wegen seines Versuches, den Steuerverweigerungsbeschluß der Nationalversammlung zur Ausführung zu bringen, vom hiesigen Untersuchungsrichter des Kammergerichts eine Vorladung erhalten, welcher er Folge leisten will. Er wird heute hier erwartet. In ähnlicher Weise stand gestern der Instrumentenmacher Benary wegen einer Klubangelegenheit aus jener Zeit vor dem Untersuchungsrichter.

Der freigesprochene Ex-Deputirte Kuhn, Rittmeister a. D. (s. gestern) erschien gestern Abend in der Convers.-Halle, wo er von der Opposition mit lautem Jubel begrüßt wurde.

Der Minister des Innern, Herr v. Manteuffel, hat die Deputirten auf heute Abend zu einer Soiree eingeladen. Das Einladungsschreiben zirkulirte in der Kammer. Die Rechte wird sich sehr zahlreich einfinden. Auch der holländische Gesandte gab dieser Tage eine Soiree, zu welcher viele Mitglieder der rechten Seite eingeladen waren.

Stettin, 24. Februar.

Aus einer von den hiesigen Herren E. Wendt u. Komp., Agenten für Lloyds in London, angefertigten offiziellen Uebersicht der preußischen Handelsmarine entnehmen wir folgende Angaben. Es bestand Ende verflossenen Jahres die gesammte preußische Handelsmarine aus 911 Schiffen von 134,702 Lasten, während dieselbe noch im März 1848 nur 822 Schiffe von 113,022 Lasten zählte. Sie hat sich mithin vom März bis Dezember 1848 um 89 Schiffe mit 21,680 Lasten vermehrt.

Davon besitzt:

Stettin 203 Schiffe mit 27,098 Lasten
Danzig 112 Schiffe mit 23,897 Lasten
Stralsund 103 Schiffe mit 11,721 Lasten
Memel 95 Schiffe mit 19,946 Lasten
Greifswalde 55 Schiffe mit 6,079 Lasten
Barth 80 Schiffe mit 9,268 Lasten
Köln 3 Schiffe mit 651 Lasten u. s. w.
(D. Z.)
Wien, 5. März.

Der Bericht über den Stand der östreich. Nationalbank wird Ihnen jedenfalls schon zugekommen sein. Zahlen entscheiden. Aber aus der Aufeinanderfolge der Posten vermag das Ausland nicht eine richtige Anschauung von dem Stande der Dinge zu gewinnen. Gerade das Ausland mag Acht haben auf die Finanzen von Oestreich, denn gerade die auswärtigen Gläubiger werden bei einem Unglücksfalle das Meiste zu büßen haben. Der letzte Haltpunkt des östreich. Papiers liegt in dem Glauben, als biete die Nationalbank in ihrer jetzigen Lage eine größere Sicherheit als der Staat, der schon zweimal Bankerutt gemacht. Dieser Glaube ist aber ein ganz falscher; wie die Dinge jetzt stehen, hat eine Zahlungsverlegenheit der Staatskasse nothwendig die Insolvenz der Nationalbank zur Folge. Die in dem letzten Bankberichte gewiß nicht unabsichtlich von einander getrennten Posten der Staatsschulden will ich hier zusammenstellen und sie werden selbst den innigen Zusammenhang der östreich. Staatskasse mit der Nationalbank begreifen.

Vorschüsse gegen statutenmäßig deponirte Staatspapiere.12,604,900 Fl.
Fundirte Staatsschuld78,946,757 Fl.
Vorschüsse an die Finanzverwaltung19,241,979 Fl.
Unverzinsliches Darlehn dem Staate6,000,000 Fl.
Unverzinsliches Darlehn dem Staate18,000,000 Fl.
Finanzverwaltung1,100,000 Fl.
Finanzverwaltung2,437,189 Fl.
Vom Staate garantirtes Darlehn an Ungarn833,582 Fl.
139,144,407 Fl.

Aus diesem amtlichen Nachweise ergibt sich, daß, da die gesammten Activa der Wiener Nationalbank circa 270 Mill. betragen, die Schuld des Staates an die Bank mehr als die Hälfte beträgt, und es folgt hier für jeden Sachverständigen die Einsicht, daß die Bank bei einem etwaigen Staatsbankerutt wenig Sicherheit bietet.

Der erwähnte Monatsbericht gibt auch über den höchst wichtigen Punkt, das Verhältniß des in Oestreich circulirenden Papiergeldes zur klingenden Münze Aufschluß. Es heißt darin

Bankmäßig ausgeprägte Silbermünze und Silberbarren 32,572,055 Fl.

Banknoten im Umlauf 231,507,257 Fl.

Also achtmal mehr Papier als Münze! gewiß ein unerhörtes Resultat; man bedenke noch außerdem, daß in dem ersten Posten auch die Scheidemünze, in Oestreich von großem Belange, mit einbegriffen ist.

(A. A. Z.)
Kremsier, 4. März.

In der gestrigen Reichstagssitzung wurde über die ministerielle Anordnung wegen Ablieferung der Depositengelder verhandelt. Schuselka griff bei dieser Gelegenheit das Ministerium stark an, so weit das Leute, wie Schuselka vermögen. Freilich hätte er sich selber am ärgsten angreifen sollen. Denn er war im Oktober gerade einer der Hauptmatadore, deren Feigheit, Jämmerlichkeit, Verrätherei und Bornirtheit dem jetzigen Ministerium und der Gewalt der Standrechtsgenerale den Weg bahnen und bereiten half. Doch eben deshalb wird es immerhin von einigem Interesse sein, zu hören, in welcher Art er sich jetzt ausspricht. Bei dem System, sagte er, das jetzt befolgt wird, biete der österreichische Staat keine Garantieen auf 4 Wochen. Das Kabinet befolge eine Politik der Rache, der Rache gegen Wien und gegen die Wiener, der Rache gegen das Volk, das es wagte, sich gegen den Absolutismus zu erheben, und vielleicht in diesem Augenblicke wird wieder Jemand im Stadtgraben erschossen. Oesterreich wird nicht regiert, sondern terrorisirt und wenn man die Correspondenz der Minister mit den Feldherren auf den Tisch des Hauses niederlegen möchte, würde man erfahren, ob das Ministerium regiert oder ob es regiert wird. Man begnügt sich nicht damit, die Mitglieder der akademischen Legion zu verfolgen, sondern sogar die Röcke der akademischen Legion werden verfolgt. Der Vater muß gegen seinen Sohn, die Magd gegen ihre Frau Zeugenschaft geben und nächtlings holt man die Bürger aus ihren Betten. Die Minister bedrohen die Beamten, die es wagen, eine andere Meinung zu haben, als die vorgeschriebene, und wenn der Abg. Helfert Kaiser Joseph einen Despoten nannte, kann man die Minister Kalifen nennen, die Alles in eine Uniform zwängen wollen. Gleichberechtigung der Nationalitäten bedeutet jetzt schon Nichts mehr, als gleiche Knechtung, indem man einen Theil durch den andern knechtet. Welchen Lohn erhalten die Croaten, die mit ihrem Blute den Thron aufrecht hielten? In Tyrol wird Jeder, der es wagt, für eine Trennung der deutschen und italienischen Kreise zu sprechen, vor Gericht gezogen. In Galizien aber nimmt man eine neue Theilung Polens vor und die ministerielle Politik führt zu einem unausbleiblichen Bürgerkriege. Das ist eine ruthenische oder russinische Politik, eigentlich aber eine russische Politik Wien, das durch eine ehrliche Politik vor dem Abgrund des Oktobers bewahrt worden wäre, wird täglich mehr gedemüthigt, entnervt, arm gemacht. Statt eines volksthümlichen Ministeriums, wie es in der Nacht vom 6. Oktober versprochen wurde, entfernte sich der Kaiser und wir bekamen dieses Ministerium Allein selbst dieses wurde bei seinem Programm jubelnd begrüßt, man votirte ihm 80 Mill, aber nach wenigen Wochen hat es das Vertrauen des ganzen Reiches verloren. Die Politik dieses Ministeriums hat es dahin gebracht, daß Oesterreich, der Kaiserstaat Oesterreich, zum Schützling Rußlands herabgesunken ist. Die Kaiserin Maria Theresia schrieb an die Kaiserin Katharina: meine sehr liebe Freundin, aber niemals: meine Nachbarin. So dachte eine Frau. Das Ministerium aber ruft die Kosaken ins Land als gute Freunde. Von den maßlosen Schmähungen und Denunciationen der Presse hat man täglich Beweise. Das Ministerium will es, daß man den Reichstag herabziehe in den Schlamm, um dann dem Volke sagen zu können: seht, sie bringen Nichts zu Stande! Es wäre aber jedes Schriftstellers unwürdig, sich mit diesen ministeriellen Blättern in eine Polemik einzulassen. In Italien stehen wir nach dem Opfer von so vielem Blut und Geld am Anfang, und müssen auf einem Kongresse erst unser Recht wahren, da das Ministerium sich nicht das Vertrauen des Landes zu erwerben wußte. Wie soll man erst die Politik gegen Deutschland nennen? Es ist eine hinterlistige, im alten Sinne diplomatische Politik, die von allen Seiten dieses Hauses verworfen wird; denn sie ist eine Politik gegen die Slaven, wie gegen die Deutschen. Ein altes österreichisches Sprichwort sagt: "Oesterreich ist nicht umzubringen;" aber der Politik dieses Ministeriums dürfte der Ruhm bleiben, Oesterreich zu Grunde gerichtet zu haben. -- Schuselka's frühere Interpellation wegen Verbot der Verbreitung der deutschen Grundrechte wurde dahin berichtigt, daß bloß die amtliche Verbreitung und Kundmachung verboten wurde. -- Auf Bilinski's Interpellation, daß das Ministerium ohne Zustimmung des Reichstages Truppen aushebt, antwortet dasselbe, daß es in der Bewilligung des Kredits von 80 Millionen, welche doch größtentheils zur Unterdrückung des Aufstandes und zur Herstellung der Heeresmacht gegen etwaige äußere Feinde bestimmt waren, zugleich die Genehmigung der Rekrutirung erblickt habe!

068 Kremsier, 5. März.

Aus dem von der Kommission nun beendigten Constitutionsentwurf ist die Eintheilung Oestreichs in Reichsstände, und dieser in Reichskreise bereits bekannt. In Betreff der übrigen Bestimmungen ist folgendes hervorzuheben. Es gibt 2 Kammern: eine Volkskammer (360 Abgeordnete) und eine Länderkammer (115 Abgeordnete). In jener sollen die Städte 80, das flache Land 280 Vertreter haben. Wahlberechtigt ist Jeder, der 24 Jahr alt, im vollen Genuß der staatsbürgerlichen Rechte ist und eine direkte Steuer zahlt oder ein direkt besteuertes Objekt in Pacht oder Miethe hat (Census). Wählbar ist jeder, der 28 Jahre zählt und 4 Jahre im Reiche wohnt.

Die Wahlen sind direkt und mit relativer Stimmenmehrheit von wenigstens ein Viertel der Stimmen. In die Länderkammer ist zum passiven Wahlrecht ein Alter von 33 Jahren und zum aktiven Wahlrecht kein Census vorgeschrieben. In die Länderkammer wählt jede Provinz durch ihren Landtag 6 Abgeordnete und in Ländern, die aus mehr als einem Kreise bestehen, auch jeder Kreis einen Abgeordneten. Die legislative Periode ist für die Volkskammer drei, für die Länderkammer sechs Jahre. Den Ländern, die aus mehren Kreisen bestehen, steht ein Statthalter mit verantwortlichen Räthen, den übrigen ein Landeshauptmann vor. Die innern Angelegenheiten ordnet der Landtag nach den Bestimmungen der Landesverfassung, die jedoch früher dem Reichstage zur Bestätigung vorgelegt werden muß; im Zweifel über die Kompetenz der Reichsregierungsgewalt und der Landtage spricht die Vermuthung für die Kompetenz der Centralgewalt. Der Kaiser kann den Reichstag in einer Sitzungsperiode nur einmal vertagen; er kann entweder beide Kammern zugleich oder auch nur eine von beiden auflösen, muß jedoch binnen 60 Tagen eine neue Wahl ausschreiben; der Kaiser darf nur 2 Monate im Jahre im Auslande zubringen und muß in diesem Falle die Minister bei sich haben; er hat nur ein suspensives Veto. Die Erklärung über den Willen zu sanctioniren muß vor dem Schlusse der Sitzungsperiode erfolgen. Für den Fall, daß derselbe Beschluß bei den nämlichen Kammern wieder durchgeht und dennoch nicht sanctionirt wird, muß die Auflösung der Kammer erfolgen. Nimmt der neugewählte Reichstag den Vorschlag wieder an, so darf die Sanctionirung nicht verweigert werden. Ein oberstes unabsetzbares Reichsgericht, theils ernannt, theils von den Ländern gewählt, entscheidet über Kompetenzstreite, über angeklagte Minister, Statthalter, sowie über alle Richter, die nur durch das Reichsgericht allein abgesetzt werden können.

Weimar, 4. März. Abends 10 Uhr.

Soeben sind die wegen Verleitung des Militärs zum Ungehorsam angeklagten Lafaurie, Rothe und Amelung völlig freigesprochen worden. Die Verhandlungen haben vier Tage gedauert; die Berathung der Geschwornen vier Stunden. Es waren ihnen von dem Präsidenten des Gerichtshofes nicht weniger als 33 Fragen zur Beantwortung vorgelegt worden. Die Inkulpaten blieben jedoch verhaftet, weil noch andere politische Anklagen gegen sie vorliegen, welche in den ersten Tagen der nächsten Woche verhandelt werden.

(Fr. J.)
12 Nürnberg, 6. März.

Wir haben heute wiederum den 6. März, den Tag, an welchem vor einem Jahre die königliche Proklamation erschienen ist, die uns eine so segensreiche Zukunft unseres politischen, religiösen und kirchlichen Lebens verkündete. Das Volk jubelte damals, überall sah man freudige Gesichter. Kokarden, Fahnen, Freudenschüsse, Illumination, Festmahle, Alles drängte sich durcheinander in bunten Ringelreihen und Civil und Militär lagen sich brüderlich in den Armen. Und wie ist's heute so öde auf den Straßen, lauter mürrische Gesichter begegnen einem, wenn sich drei oder vier zusammen finden, so hört man sie fluchen und Verwünschungen ausrufen. An den Straßenecken aber sind Plakate angeschlagen, auf welchen die königl. Proklamation abgedruckt ist. Ueber derselben liest man groß 1848. Unter der Proklamation 1849 mit einem Riesenfragezeichen. Und dieses Fragezeichen ist von großer ernster Bedeutung, denn alle Errungenschaften sind wieder in der Schwebe, ein Windhauch kann sie uns entführen. Also nach einem Jahre hat das bayerische, das deutsche Phlegma sich eben so weit wieder zurückführen lassen, als wir im März vorigen Jahres voran waren; dazu hat die Majorität des Frankfurter Parlaments am meisten mitgeholfen. Jetzt flennen sie, und meinen, das Volk solle den Karren aus dem Schmutze wieder herausziehen, in den sie ihn hineingeschoben. Jetzt lachen die Fürsten über die Schwabenstreiche dieser Majorität, die alles gethan für die Herren von Gottesgnaden und nun zum Danke nichts von ihnen zugestanden erhalten, auch gar nichts, was der Mühe werth wäre. Eben eilt Alt und Jung nach dem Thurme des Frauenthores, auf welchen heute am 6. März die erste Kanone, ein Zwölfpfünder, von der Artillerie hinaufgezogen wird. Nur so zu! die einzige Hoffnung liegt jetzt im Schwerte.

068 München, 5. März.

Morgen wird das neue Ministerium vor die Kammern treten. Staatsrath Volz wird Minister des Innern, Kleinschrod Justizminister und Ringelmann bekommt das Cultusministerium. Die übrigen Portefeuilles bleiben in den Händen ihrer bisherigen Inhaber. Und zu einer solchen Geburt bedurfte es eine so unendliche Zeit? So lange haben sich diese biderben Bierseelen von ihrem Reichs-Max narretheien und an der Nase herumführen lassen, um endlich ein neues Kleeblatt zu bekommen, das aus Volz, Kleinschrod, Ringelmann zusammengesetzt. Es gehört die ganze bairische Biergemüthlichkeit dazu, um solche Hänseleien geduldig hinzunehmen. Horaz scheint prophetisch den Reichs-Max und seine diesmalige Ministerkrisis im Auge gehabt zu haben, als er schrieb: parturiunt montes, nascetur ridiculus mus!

Ungarn.

20 Constabler mit einem Lieutenant hatten sich, vielleicht zum Schutze des Herrn Wagner, eingefunden.

Handelsbriefe aus Süd-Rußland melden von einer dort vorhandenen unerhörten Geldnoth. Dieselbe sei die Folge theils eines allgemeinen Mißwachses, theils der revolutionären Bewegungen im südlichen und westlichen Europa.

Der Ausfall der gestrigen Präsidentenwahl ist nicht von besonderm Einfluß auf eine Besserung der Börse gewesen. Die Spekulanten erklärten, die geringe Majorität mit welcher Grabow, selbst ein Mann des Centrums, gewählt worden, erwecke in ihnen kein genügendes Vertrauen zu dem Bestande der Dinge, insbesondere gewähre diese Wahl keine Garantie für den Fortbestand des Ministeriums.

Die Kammern hielten heute keine Sitzungen, sondern arbeiteten in den Abtheilungen. In denen der zweiten Kammer kam der gestern schon erwähnte Antrag auf Aufhebung des Belagerungszustandes zur Berathung. Es haben sich, wie wir vermutheten, jedenfalls drei Abtheilungen dafür ausgesprochen, denn die Lesung des Antrags wird morgen in öffentlicher Sitzung erfolgen. Ferner wichtige Berathungsgegenstände waren: erstens, Antrag auf Erlaß einer Adresse an die Krone, zweitens ein Antrag der Abgeordneten Behnsch, Wollheim, Waldeck, Jacobi u. A : die Verfassung vom 5. Dez. nur als Grundlage für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung zu betrachten und mit letzterer unverzüglich vorzugehen, drittens Antrag des Abgeordneten Riedel u. A., die Rechtsbeständigkeit der octroyirten Verfassung anzuerkennen und sich lediglich auf die Revision derselben zu beschränken. Alle diese Anträge haben somit die Zustimmung der Abtheilungen erhalten, daß ihre Lesung in morgiger öffentlicher Sitzung erfolgen wird.

Große Sensation hat in der Linken die Erklärung des Abg. Rodbertus gemacht, sich ihr entziehen zu wollen, wenn sie nicht alsbald ein bestimmtes Programm aufstelle, zumal da die Linke ausdrücklich erklärt hat, bei der jetzigen Sachlage von einem jeglichen Programm abstehen zu müssen.

Der ehemalige Deputirte Schultz-Wansleben hat wegen seines Versuches, den Steuerverweigerungsbeschluß der Nationalversammlung zur Ausführung zu bringen, vom hiesigen Untersuchungsrichter des Kammergerichts eine Vorladung erhalten, welcher er Folge leisten will. Er wird heute hier erwartet. In ähnlicher Weise stand gestern der Instrumentenmacher Benary wegen einer Klubangelegenheit aus jener Zeit vor dem Untersuchungsrichter.

Der freigesprochene Ex-Deputirte Kuhn, Rittmeister a. D. (s. gestern) erschien gestern Abend in der Convers.-Halle, wo er von der Opposition mit lautem Jubel begrüßt wurde.

Der Minister des Innern, Herr v. Manteuffel, hat die Deputirten auf heute Abend zu einer Soirée eingeladen. Das Einladungsschreiben zirkulirte in der Kammer. Die Rechte wird sich sehr zahlreich einfinden. Auch der holländische Gesandte gab dieser Tage eine Soirée, zu welcher viele Mitglieder der rechten Seite eingeladen waren.

Stettin, 24. Februar.

Aus einer von den hiesigen Herren E. Wendt u. Komp., Agenten für Lloyds in London, angefertigten offiziellen Uebersicht der preußischen Handelsmarine entnehmen wir folgende Angaben. Es bestand Ende verflossenen Jahres die gesammte preußische Handelsmarine aus 911 Schiffen von 134,702 Lasten, während dieselbe noch im März 1848 nur 822 Schiffe von 113,022 Lasten zählte. Sie hat sich mithin vom März bis Dezember 1848 um 89 Schiffe mit 21,680 Lasten vermehrt.

Davon besitzt:

Stettin 203 Schiffe mit 27,098 Lasten
Danzig 112 Schiffe mit 23,897 Lasten
Stralsund 103 Schiffe mit 11,721 Lasten
Memel 95 Schiffe mit 19,946 Lasten
Greifswalde 55 Schiffe mit 6,079 Lasten
Barth 80 Schiffe mit 9,268 Lasten
Köln 3 Schiffe mit 651 Lasten u. s. w.
(D. Z.)
Wien, 5. März.

Der Bericht über den Stand der östreich. Nationalbank wird Ihnen jedenfalls schon zugekommen sein. Zahlen entscheiden. Aber aus der Aufeinanderfolge der Posten vermag das Ausland nicht eine richtige Anschauung von dem Stande der Dinge zu gewinnen. Gerade das Ausland mag Acht haben auf die Finanzen von Oestreich, denn gerade die auswärtigen Gläubiger werden bei einem Unglücksfalle das Meiste zu büßen haben. Der letzte Haltpunkt des östreich. Papiers liegt in dem Glauben, als biete die Nationalbank in ihrer jetzigen Lage eine größere Sicherheit als der Staat, der schon zweimal Bankerutt gemacht. Dieser Glaube ist aber ein ganz falscher; wie die Dinge jetzt stehen, hat eine Zahlungsverlegenheit der Staatskasse nothwendig die Insolvenz der Nationalbank zur Folge. Die in dem letzten Bankberichte gewiß nicht unabsichtlich von einander getrennten Posten der Staatsschulden will ich hier zusammenstellen und sie werden selbst den innigen Zusammenhang der östreich. Staatskasse mit der Nationalbank begreifen.

Vorschüsse gegen statutenmäßig deponirte Staatspapiere.12,604,900 Fl.
Fundirte Staatsschuld78,946,757 Fl.
Vorschüsse an die Finanzverwaltung19,241,979 Fl.
Unverzinsliches Darlehn dem Staate6,000,000 Fl.
Unverzinsliches Darlehn dem Staate18,000,000 Fl.
Finanzverwaltung1,100,000 Fl.
Finanzverwaltung2,437,189 Fl.
Vom Staate garantirtes Darlehn an Ungarn833,582 Fl.
139,144,407 Fl.

Aus diesem amtlichen Nachweise ergibt sich, daß, da die gesammten Activa der Wiener Nationalbank circa 270 Mill. betragen, die Schuld des Staates an die Bank mehr als die Hälfte beträgt, und es folgt hier für jeden Sachverständigen die Einsicht, daß die Bank bei einem etwaigen Staatsbankerutt wenig Sicherheit bietet.

Der erwähnte Monatsbericht gibt auch über den höchst wichtigen Punkt, das Verhältniß des in Oestreich circulirenden Papiergeldes zur klingenden Münze Aufschluß. Es heißt darin

Bankmäßig ausgeprägte Silbermünze und Silberbarren 32,572,055 Fl.

Banknoten im Umlauf 231,507,257 Fl.

Also achtmal mehr Papier als Münze! gewiß ein unerhörtes Resultat; man bedenke noch außerdem, daß in dem ersten Posten auch die Scheidemünze, in Oestreich von großem Belange, mit einbegriffen ist.

(A. A. Z.)
Kremsier, 4. März.

In der gestrigen Reichstagssitzung wurde über die ministerielle Anordnung wegen Ablieferung der Depositengelder verhandelt. Schuselka griff bei dieser Gelegenheit das Ministerium stark an, so weit das Leute, wie Schuselka vermögen. Freilich hätte er sich selber am ärgsten angreifen sollen. Denn er war im Oktober gerade einer der Hauptmatadore, deren Feigheit, Jämmerlichkeit, Verrätherei und Bornirtheit dem jetzigen Ministerium und der Gewalt der Standrechtsgenerale den Weg bahnen und bereiten half. Doch eben deshalb wird es immerhin von einigem Interesse sein, zu hören, in welcher Art er sich jetzt ausspricht. Bei dem System, sagte er, das jetzt befolgt wird, biete der österreichische Staat keine Garantieen auf 4 Wochen. Das Kabinet befolge eine Politik der Rache, der Rache gegen Wien und gegen die Wiener, der Rache gegen das Volk, das es wagte, sich gegen den Absolutismus zu erheben, und vielleicht in diesem Augenblicke wird wieder Jemand im Stadtgraben erschossen. Oesterreich wird nicht regiert, sondern terrorisirt und wenn man die Correspondenz der Minister mit den Feldherren auf den Tisch des Hauses niederlegen möchte, würde man erfahren, ob das Ministerium regiert oder ob es regiert wird. Man begnügt sich nicht damit, die Mitglieder der akademischen Legion zu verfolgen, sondern sogar die Röcke der akademischen Legion werden verfolgt. Der Vater muß gegen seinen Sohn, die Magd gegen ihre Frau Zeugenschaft geben und nächtlings holt man die Bürger aus ihren Betten. Die Minister bedrohen die Beamten, die es wagen, eine andere Meinung zu haben, als die vorgeschriebene, und wenn der Abg. Helfert Kaiser Joseph einen Despoten nannte, kann man die Minister Kalifen nennen, die Alles in eine Uniform zwängen wollen. Gleichberechtigung der Nationalitäten bedeutet jetzt schon Nichts mehr, als gleiche Knechtung, indem man einen Theil durch den andern knechtet. Welchen Lohn erhalten die Croaten, die mit ihrem Blute den Thron aufrecht hielten? In Tyrol wird Jeder, der es wagt, für eine Trennung der deutschen und italienischen Kreise zu sprechen, vor Gericht gezogen. In Galizien aber nimmt man eine neue Theilung Polens vor und die ministerielle Politik führt zu einem unausbleiblichen Bürgerkriege. Das ist eine ruthenische oder russinische Politik, eigentlich aber eine russische Politik Wien, das durch eine ehrliche Politik vor dem Abgrund des Oktobers bewahrt worden wäre, wird täglich mehr gedemüthigt, entnervt, arm gemacht. Statt eines volksthümlichen Ministeriums, wie es in der Nacht vom 6. Oktober versprochen wurde, entfernte sich der Kaiser und wir bekamen dieses Ministerium Allein selbst dieses wurde bei seinem Programm jubelnd begrüßt, man votirte ihm 80 Mill, aber nach wenigen Wochen hat es das Vertrauen des ganzen Reiches verloren. Die Politik dieses Ministeriums hat es dahin gebracht, daß Oesterreich, der Kaiserstaat Oesterreich, zum Schützling Rußlands herabgesunken ist. Die Kaiserin Maria Theresia schrieb an die Kaiserin Katharina: meine sehr liebe Freundin, aber niemals: meine Nachbarin. So dachte eine Frau. Das Ministerium aber ruft die Kosaken ins Land als gute Freunde. Von den maßlosen Schmähungen und Denunciationen der Presse hat man täglich Beweise. Das Ministerium will es, daß man den Reichstag herabziehe in den Schlamm, um dann dem Volke sagen zu können: seht, sie bringen Nichts zu Stande! Es wäre aber jedes Schriftstellers unwürdig, sich mit diesen ministeriellen Blättern in eine Polemik einzulassen. In Italien stehen wir nach dem Opfer von so vielem Blut und Geld am Anfang, und müssen auf einem Kongresse erst unser Recht wahren, da das Ministerium sich nicht das Vertrauen des Landes zu erwerben wußte. Wie soll man erst die Politik gegen Deutschland nennen? Es ist eine hinterlistige, im alten Sinne diplomatische Politik, die von allen Seiten dieses Hauses verworfen wird; denn sie ist eine Politik gegen die Slaven, wie gegen die Deutschen. Ein altes österreichisches Sprichwort sagt: „Oesterreich ist nicht umzubringen;“ aber der Politik dieses Ministeriums dürfte der Ruhm bleiben, Oesterreich zu Grunde gerichtet zu haben. — Schuselka's frühere Interpellation wegen Verbot der Verbreitung der deutschen Grundrechte wurde dahin berichtigt, daß bloß die amtliche Verbreitung und Kundmachung verboten wurde. — Auf Bilinski's Interpellation, daß das Ministerium ohne Zustimmung des Reichstages Truppen aushebt, antwortet dasselbe, daß es in der Bewilligung des Kredits von 80 Millionen, welche doch größtentheils zur Unterdrückung des Aufstandes und zur Herstellung der Heeresmacht gegen etwaige äußere Feinde bestimmt waren, zugleich die Genehmigung der Rekrutirung erblickt habe!

068 Kremsier, 5. März.

Aus dem von der Kommission nun beendigten Constitutionsentwurf ist die Eintheilung Oestreichs in Reichsstände, und dieser in Reichskreise bereits bekannt. In Betreff der übrigen Bestimmungen ist folgendes hervorzuheben. Es gibt 2 Kammern: eine Volkskammer (360 Abgeordnete) und eine Länderkammer (115 Abgeordnete). In jener sollen die Städte 80, das flache Land 280 Vertreter haben. Wahlberechtigt ist Jeder, der 24 Jahr alt, im vollen Genuß der staatsbürgerlichen Rechte ist und eine direkte Steuer zahlt oder ein direkt besteuertes Objekt in Pacht oder Miethe hat (Census). Wählbar ist jeder, der 28 Jahre zählt und 4 Jahre im Reiche wohnt.

Die Wahlen sind direkt und mit relativer Stimmenmehrheit von wenigstens ein Viertel der Stimmen. In die Länderkammer ist zum passiven Wahlrecht ein Alter von 33 Jahren und zum aktiven Wahlrecht kein Census vorgeschrieben. In die Länderkammer wählt jede Provinz durch ihren Landtag 6 Abgeordnete und in Ländern, die aus mehr als einem Kreise bestehen, auch jeder Kreis einen Abgeordneten. Die legislative Periode ist für die Volkskammer drei, für die Länderkammer sechs Jahre. Den Ländern, die aus mehren Kreisen bestehen, steht ein Statthalter mit verantwortlichen Räthen, den übrigen ein Landeshauptmann vor. Die innern Angelegenheiten ordnet der Landtag nach den Bestimmungen der Landesverfassung, die jedoch früher dem Reichstage zur Bestätigung vorgelegt werden muß; im Zweifel über die Kompetenz der Reichsregierungsgewalt und der Landtage spricht die Vermuthung für die Kompetenz der Centralgewalt. Der Kaiser kann den Reichstag in einer Sitzungsperiode nur einmal vertagen; er kann entweder beide Kammern zugleich oder auch nur eine von beiden auflösen, muß jedoch binnen 60 Tagen eine neue Wahl ausschreiben; der Kaiser darf nur 2 Monate im Jahre im Auslande zubringen und muß in diesem Falle die Minister bei sich haben; er hat nur ein suspensives Veto. Die Erklärung über den Willen zu sanctioniren muß vor dem Schlusse der Sitzungsperiode erfolgen. Für den Fall, daß derselbe Beschluß bei den nämlichen Kammern wieder durchgeht und dennoch nicht sanctionirt wird, muß die Auflösung der Kammer erfolgen. Nimmt der neugewählte Reichstag den Vorschlag wieder an, so darf die Sanctionirung nicht verweigert werden. Ein oberstes unabsetzbares Reichsgericht, theils ernannt, theils von den Ländern gewählt, entscheidet über Kompetenzstreite, über angeklagte Minister, Statthalter, sowie über alle Richter, die nur durch das Reichsgericht allein abgesetzt werden können.

Weimar, 4. März. Abends 10 Uhr.

Soeben sind die wegen Verleitung des Militärs zum Ungehorsam angeklagten Lafaurie, Rothe und Amelung völlig freigesprochen worden. Die Verhandlungen haben vier Tage gedauert; die Berathung der Geschwornen vier Stunden. Es waren ihnen von dem Präsidenten des Gerichtshofes nicht weniger als 33 Fragen zur Beantwortung vorgelegt worden. Die Inkulpaten blieben jedoch verhaftet, weil noch andere politische Anklagen gegen sie vorliegen, welche in den ersten Tagen der nächsten Woche verhandelt werden.

(Fr. J.)
12 Nürnberg, 6. März.

Wir haben heute wiederum den 6. März, den Tag, an welchem vor einem Jahre die königliche Proklamation erschienen ist, die uns eine so segensreiche Zukunft unseres politischen, religiösen und kirchlichen Lebens verkündete. Das Volk jubelte damals, überall sah man freudige Gesichter. Kokarden, Fahnen, Freudenschüsse, Illumination, Festmahle, Alles drängte sich durcheinander in bunten Ringelreihen und Civil und Militär lagen sich brüderlich in den Armen. Und wie ist's heute so öde auf den Straßen, lauter mürrische Gesichter begegnen einem, wenn sich drei oder vier zusammen finden, so hört man sie fluchen und Verwünschungen ausrufen. An den Straßenecken aber sind Plakate angeschlagen, auf welchen die königl. Proklamation abgedruckt ist. Ueber derselben liest man groß 1848. Unter der Proklamation 1849 mit einem Riesenfragezeichen. Und dieses Fragezeichen ist von großer ernster Bedeutung, denn alle Errungenschaften sind wieder in der Schwebe, ein Windhauch kann sie uns entführen. Also nach einem Jahre hat das bayerische, das deutsche Phlegma sich eben so weit wieder zurückführen lassen, als wir im März vorigen Jahres voran waren; dazu hat die Majorität des Frankfurter Parlaments am meisten mitgeholfen. Jetzt flennen sie, und meinen, das Volk solle den Karren aus dem Schmutze wieder herausziehen, in den sie ihn hineingeschoben. Jetzt lachen die Fürsten über die Schwabenstreiche dieser Majorität, die alles gethan für die Herren von Gottesgnaden und nun zum Danke nichts von ihnen zugestanden erhalten, auch gar nichts, was der Mühe werth wäre. Eben eilt Alt und Jung nach dem Thurme des Frauenthores, auf welchen heute am 6. März die erste Kanone, ein Zwölfpfünder, von der Artillerie hinaufgezogen wird. Nur so zu! die einzige Hoffnung liegt jetzt im Schwerte.

068 München, 5. März.

Morgen wird das neue Ministerium vor die Kammern treten. Staatsrath Volz wird Minister des Innern, Kleinschrod Justizminister und Ringelmann bekommt das Cultusministerium. Die übrigen Portefeuilles bleiben in den Händen ihrer bisherigen Inhaber. Und zu einer solchen Geburt bedurfte es eine so unendliche Zeit? So lange haben sich diese biderben Bierseelen von ihrem Reichs-Max narretheien und an der Nase herumführen lassen, um endlich ein neues Kleeblatt zu bekommen, das aus Volz, Kleinschrod, Ringelmann zusammengesetzt. Es gehört die ganze bairische Biergemüthlichkeit dazu, um solche Hänseleien geduldig hinzunehmen. Horaz scheint prophetisch den Reichs-Max und seine diesmalige Ministerkrisis im Auge gehabt zu haben, als er schrieb: parturiunt montes, nascetur ridiculus mus!

Ungarn.
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20 Constabler mit einem Lieutenant hatten sich, vielleicht zum Schutze des Herrn Wagner, eingefunden.</p>
          <p>Handelsbriefe aus Süd-Rußland melden von einer dort vorhandenen unerhörten Geldnoth. Dieselbe sei die Folge theils eines allgemeinen Mißwachses, theils der revolutionären Bewegungen im südlichen und westlichen Europa.</p>
          <p>Der Ausfall der gestrigen Präsidentenwahl ist nicht von besonderm Einfluß auf eine Besserung der Börse gewesen. Die Spekulanten erklärten, die geringe Majorität mit welcher Grabow, selbst ein Mann des Centrums, gewählt worden, erwecke in ihnen kein genügendes Vertrauen zu dem Bestande der Dinge, insbesondere gewähre diese Wahl keine Garantie für den Fortbestand des Ministeriums.</p>
          <p>Die Kammern hielten heute keine Sitzungen, sondern arbeiteten in den Abtheilungen. In denen der zweiten Kammer kam der gestern schon erwähnte Antrag auf Aufhebung des Belagerungszustandes zur Berathung. Es haben sich, wie wir vermutheten, jedenfalls drei Abtheilungen dafür ausgesprochen, denn die Lesung des Antrags wird morgen in öffentlicher Sitzung erfolgen. Ferner wichtige Berathungsgegenstände waren: erstens, Antrag auf Erlaß einer Adresse an die Krone, zweitens ein Antrag der Abgeordneten Behnsch, Wollheim, Waldeck, Jacobi u. A : die Verfassung vom 5. Dez. nur als Grundlage für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung zu betrachten und mit letzterer unverzüglich vorzugehen, drittens Antrag des Abgeordneten Riedel u. A., die Rechtsbeständigkeit der octroyirten Verfassung anzuerkennen und sich lediglich auf die Revision derselben zu beschränken. Alle diese Anträge haben somit die Zustimmung der Abtheilungen erhalten, daß ihre Lesung in morgiger öffentlicher Sitzung erfolgen wird.</p>
          <p>Große Sensation hat in der Linken die Erklärung des Abg. Rodbertus gemacht, sich ihr entziehen zu wollen, wenn sie nicht alsbald ein bestimmtes Programm aufstelle, zumal da die Linke ausdrücklich erklärt hat, bei der jetzigen Sachlage von einem jeglichen Programm abstehen zu müssen.</p>
          <p>Der ehemalige Deputirte Schultz-Wansleben hat wegen seines Versuches, den Steuerverweigerungsbeschluß der Nationalversammlung zur Ausführung zu bringen, vom hiesigen Untersuchungsrichter des Kammergerichts eine Vorladung erhalten, welcher er Folge leisten will. Er wird heute hier erwartet. In ähnlicher Weise stand gestern der Instrumentenmacher Benary wegen einer Klubangelegenheit aus jener Zeit vor dem Untersuchungsrichter.</p>
          <p>Der freigesprochene Ex-Deputirte Kuhn, Rittmeister a. D. (s. gestern) erschien gestern Abend in der Convers.-Halle, wo er von der Opposition mit lautem Jubel begrüßt wurde.</p>
          <p>Der Minister des Innern, Herr v. Manteuffel, hat die Deputirten auf heute Abend zu einer Soirée eingeladen. Das Einladungsschreiben zirkulirte in der Kammer. Die Rechte wird sich sehr zahlreich einfinden. Auch der holländische Gesandte gab dieser Tage eine Soirée, zu welcher viele Mitglieder der rechten Seite eingeladen waren.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar242_006" type="jArticle">
          <head>Stettin, 24. Februar.</head>
          <p>Aus einer von den hiesigen Herren E. Wendt u. Komp., Agenten für Lloyds in London, angefertigten offiziellen Uebersicht der preußischen Handelsmarine entnehmen wir folgende Angaben. Es bestand Ende verflossenen Jahres die gesammte preußische Handelsmarine aus 911 Schiffen von 134,702 Lasten, während dieselbe noch im März 1848 nur 822 Schiffe von 113,022 Lasten zählte. Sie hat sich mithin vom März bis Dezember 1848 um 89 Schiffe mit 21,680 Lasten vermehrt.</p>
          <p>Davon besitzt:</p>
          <table>
            <row>
              <cell>Stettin 203</cell>
              <cell> Schiffe mit</cell>
              <cell> 27,098 Lasten</cell>
            </row>
            <row>
              <cell>Danzig 112</cell>
              <cell> Schiffe mit</cell>
              <cell> 23,897 Lasten</cell>
            </row>
            <row>
              <cell>Stralsund 103</cell>
              <cell> Schiffe mit</cell>
              <cell> 11,721 Lasten</cell>
            </row>
            <row>
              <cell>Memel 95</cell>
              <cell> Schiffe mit</cell>
              <cell> 19,946 Lasten</cell>
            </row>
            <row>
              <cell>Greifswalde 55</cell>
              <cell> Schiffe mit</cell>
              <cell> 6,079 Lasten</cell>
            </row>
            <row>
              <cell>Barth 80</cell>
              <cell> Schiffe mit</cell>
              <cell> 9,268 Lasten</cell>
            </row>
            <row>
              <cell>Köln 3</cell>
              <cell> Schiffe mit</cell>
              <cell> 651 Lasten u. s. w.</cell>
            </row>
          </table>
          <bibl>(D. Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar242_007" type="jArticle">
          <head>Wien, 5. März.</head>
          <p>Der Bericht über den Stand der östreich. Nationalbank wird Ihnen jedenfalls schon zugekommen sein. Zahlen entscheiden. Aber aus der Aufeinanderfolge der Posten vermag das Ausland nicht eine richtige Anschauung von dem Stande der Dinge zu gewinnen. Gerade das Ausland mag Acht haben auf die Finanzen von Oestreich, denn gerade die auswärtigen Gläubiger werden bei einem Unglücksfalle das Meiste zu büßen haben. Der letzte Haltpunkt des östreich. Papiers liegt in dem Glauben, als biete die Nationalbank in ihrer jetzigen Lage eine größere Sicherheit als der Staat, der schon zweimal Bankerutt gemacht. Dieser Glaube ist aber ein ganz falscher; wie die Dinge jetzt stehen, hat eine Zahlungsverlegenheit der Staatskasse nothwendig die Insolvenz der Nationalbank zur Folge. Die in dem letzten Bankberichte gewiß nicht unabsichtlich von einander getrennten Posten der Staatsschulden will ich hier zusammenstellen und sie werden selbst den innigen Zusammenhang der östreich. Staatskasse mit der Nationalbank begreifen.</p>
          <table>
            <row>
              <cell>Vorschüsse gegen statutenmäßig deponirte Staatspapiere.</cell>
              <cell>12,604,900 Fl.</cell>
            </row>
            <row>
              <cell>Fundirte Staatsschuld</cell>
              <cell>78,946,757 Fl.</cell>
            </row>
            <row>
              <cell>Vorschüsse an die Finanzverwaltung</cell>
              <cell>19,241,979 Fl.</cell>
            </row>
            <row>
              <cell>Unverzinsliches Darlehn dem Staate</cell>
              <cell>6,000,000 Fl.</cell>
            </row>
            <row>
              <cell>Unverzinsliches Darlehn dem Staate</cell>
              <cell>18,000,000 Fl.</cell>
            </row>
            <row>
              <cell>Finanzverwaltung</cell>
              <cell>1,100,000 Fl.</cell>
            </row>
            <row>
              <cell>Finanzverwaltung</cell>
              <cell>2,437,189 Fl.</cell>
            </row>
            <row>
              <cell>Vom Staate garantirtes Darlehn an Ungarn</cell>
              <cell>833,582 Fl.</cell>
            </row>
            <row>
              <cell/>
              <cell>139,144,407 Fl.</cell>
            </row>
          </table>
          <p>Aus diesem amtlichen Nachweise ergibt sich, daß, da die gesammten Activa der Wiener Nationalbank circa 270 Mill. betragen, die Schuld des Staates an die Bank mehr als die Hälfte beträgt, und es folgt hier für jeden Sachverständigen die Einsicht, daß die Bank bei einem etwaigen Staatsbankerutt wenig Sicherheit bietet.</p>
          <p>Der erwähnte Monatsbericht gibt auch über den höchst wichtigen Punkt, das Verhältniß des in Oestreich circulirenden Papiergeldes zur klingenden Münze Aufschluß. Es heißt darin</p>
          <p>Bankmäßig ausgeprägte Silbermünze und Silberbarren 32,572,055 Fl.</p>
          <p>Banknoten im Umlauf 231,507,257 Fl.</p>
          <p>Also achtmal mehr Papier als Münze! gewiß ein unerhörtes Resultat; man bedenke noch außerdem, daß in dem ersten Posten auch die Scheidemünze, in Oestreich von großem Belange, mit einbegriffen ist.</p>
          <bibl>(A. A. Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar242_008" type="jArticle">
          <head>Kremsier, 4. März.</head>
          <p>In der gestrigen Reichstagssitzung wurde über die ministerielle Anordnung wegen Ablieferung der Depositengelder verhandelt. Schuselka griff bei dieser Gelegenheit das Ministerium stark an, so weit das Leute, wie Schuselka vermögen. Freilich hätte er sich selber am ärgsten angreifen sollen. Denn er war im Oktober gerade einer der Hauptmatadore, deren Feigheit, Jämmerlichkeit, Verrätherei und Bornirtheit dem jetzigen Ministerium und der Gewalt der Standrechtsgenerale den Weg bahnen und bereiten half. Doch eben deshalb wird es immerhin von einigem Interesse sein, zu hören, in welcher Art er sich jetzt ausspricht. Bei dem System, sagte er, das jetzt befolgt wird, biete der österreichische Staat keine Garantieen auf 4 Wochen. Das Kabinet befolge eine Politik der Rache, der Rache gegen Wien und gegen die Wiener, der Rache gegen das Volk, das es wagte, sich gegen den Absolutismus zu erheben, und vielleicht in diesem Augenblicke wird wieder Jemand im Stadtgraben erschossen. Oesterreich wird nicht regiert, sondern terrorisirt und wenn man die Correspondenz der Minister mit den Feldherren auf den Tisch des Hauses niederlegen möchte, würde man erfahren, ob das Ministerium regiert oder ob es regiert wird. Man begnügt sich nicht damit, die Mitglieder der akademischen Legion zu verfolgen, sondern sogar die Röcke der akademischen Legion werden verfolgt. Der Vater muß gegen seinen Sohn, die Magd gegen ihre Frau Zeugenschaft geben und nächtlings holt man die Bürger aus ihren Betten. Die Minister bedrohen die Beamten, die es wagen, eine andere Meinung zu haben, als die vorgeschriebene, und wenn der Abg. Helfert Kaiser <hi rendition="#g">Joseph</hi> einen Despoten nannte, kann man die Minister Kalifen nennen, die Alles in eine Uniform zwängen wollen. Gleichberechtigung der Nationalitäten bedeutet jetzt schon Nichts mehr, als gleiche Knechtung, indem man einen Theil durch den andern knechtet. Welchen Lohn erhalten die Croaten, die mit ihrem Blute den Thron aufrecht hielten? In Tyrol wird Jeder, der es wagt, für eine Trennung der deutschen und italienischen Kreise zu sprechen, vor Gericht gezogen. In Galizien aber nimmt man eine neue Theilung Polens vor und die ministerielle Politik führt zu einem unausbleiblichen Bürgerkriege. Das ist eine ruthenische oder russinische Politik, eigentlich aber eine russische Politik Wien, das durch eine ehrliche Politik vor dem Abgrund des Oktobers bewahrt worden wäre, wird täglich mehr gedemüthigt, entnervt, arm gemacht. Statt eines volksthümlichen Ministeriums, wie es in der Nacht vom 6. Oktober versprochen wurde, entfernte sich der Kaiser und wir bekamen dieses Ministerium Allein selbst dieses wurde bei seinem Programm jubelnd begrüßt, man votirte ihm 80 Mill, aber nach wenigen Wochen hat es das Vertrauen des ganzen Reiches verloren. Die Politik dieses Ministeriums hat es dahin gebracht, daß Oesterreich, der Kaiserstaat Oesterreich, zum Schützling Rußlands herabgesunken ist. Die Kaiserin Maria Theresia schrieb an die Kaiserin Katharina: meine sehr liebe Freundin, aber niemals: meine Nachbarin. So dachte eine Frau. Das Ministerium aber ruft die Kosaken ins Land als gute Freunde. Von den maßlosen Schmähungen und Denunciationen der Presse hat man täglich Beweise. Das Ministerium will es, daß man den Reichstag herabziehe in den Schlamm, um dann dem Volke sagen zu können: seht, sie bringen Nichts zu Stande! Es wäre aber jedes Schriftstellers unwürdig, sich mit diesen ministeriellen Blättern in eine Polemik einzulassen. In Italien stehen wir nach dem Opfer von so vielem Blut und Geld am Anfang, und müssen auf einem Kongresse erst unser Recht wahren, da das Ministerium sich nicht das Vertrauen des Landes zu erwerben wußte. Wie soll man erst die Politik gegen Deutschland nennen? Es ist eine hinterlistige, im alten Sinne diplomatische Politik, die von allen Seiten dieses Hauses verworfen wird; denn sie ist eine Politik gegen die Slaven, wie gegen die Deutschen. Ein altes österreichisches Sprichwort sagt: &#x201E;Oesterreich ist nicht umzubringen;&#x201C; aber der Politik dieses Ministeriums dürfte der Ruhm bleiben, Oesterreich zu Grunde gerichtet zu haben. &#x2014; Schuselka's frühere Interpellation wegen Verbot der Verbreitung der deutschen Grundrechte wurde dahin berichtigt, daß bloß die amtliche Verbreitung und Kundmachung verboten wurde. &#x2014; Auf Bilinski's Interpellation, daß das Ministerium ohne Zustimmung des Reichstages Truppen aushebt, antwortet dasselbe, daß es in der Bewilligung des Kredits von 80 Millionen, welche doch größtentheils zur Unterdrückung des Aufstandes und zur Herstellung der Heeresmacht gegen etwaige äußere Feinde bestimmt waren, zugleich die Genehmigung der Rekrutirung erblickt habe!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar242_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Kremsier, 5. März.</head>
          <p>Aus dem von der Kommission nun beendigten Constitutionsentwurf ist die Eintheilung Oestreichs in Reichsstände, und dieser in Reichskreise bereits bekannt. In Betreff der übrigen Bestimmungen ist folgendes hervorzuheben. Es gibt 2 Kammern: eine Volkskammer (360 Abgeordnete) und eine Länderkammer (115 Abgeordnete). In jener sollen die Städte 80, das flache Land 280 Vertreter haben. Wahlberechtigt ist Jeder, der 24 Jahr alt, im vollen Genuß der staatsbürgerlichen Rechte ist und eine direkte Steuer zahlt oder ein direkt besteuertes Objekt in Pacht oder Miethe hat (Census). Wählbar ist jeder, der 28 Jahre zählt und 4 Jahre im Reiche wohnt.</p>
          <p>Die Wahlen sind direkt und mit relativer Stimmenmehrheit von wenigstens ein Viertel der Stimmen. In die Länderkammer ist zum passiven Wahlrecht ein Alter von 33 Jahren und zum aktiven Wahlrecht kein Census vorgeschrieben. In die Länderkammer wählt jede Provinz durch ihren Landtag 6 Abgeordnete und in Ländern, die aus mehr als einem Kreise bestehen, auch jeder Kreis einen Abgeordneten. Die legislative Periode ist für die Volkskammer drei, für die Länderkammer sechs Jahre. Den Ländern, die aus mehren Kreisen bestehen, steht ein Statthalter mit verantwortlichen Räthen, den übrigen ein Landeshauptmann vor. Die innern Angelegenheiten ordnet der Landtag nach den Bestimmungen der Landesverfassung, die jedoch früher dem Reichstage zur Bestätigung vorgelegt werden muß; im Zweifel über die Kompetenz der Reichsregierungsgewalt und der Landtage spricht die Vermuthung für die Kompetenz der Centralgewalt. Der Kaiser kann den Reichstag in einer Sitzungsperiode nur einmal vertagen; er kann entweder beide Kammern zugleich oder auch nur eine von beiden auflösen, muß jedoch binnen 60 Tagen eine neue Wahl ausschreiben; der Kaiser darf nur 2 Monate im Jahre im Auslande zubringen und muß in diesem Falle die Minister bei sich haben; er hat nur ein suspensives Veto. Die Erklärung über den Willen zu sanctioniren muß vor dem Schlusse der Sitzungsperiode erfolgen. Für den Fall, daß derselbe Beschluß bei den nämlichen Kammern wieder durchgeht und dennoch nicht sanctionirt wird, muß die Auflösung der Kammer erfolgen. Nimmt der neugewählte Reichstag den Vorschlag wieder an, so darf die Sanctionirung nicht verweigert werden. Ein oberstes unabsetzbares Reichsgericht, theils ernannt, theils von den Ländern gewählt, entscheidet über Kompetenzstreite, über angeklagte Minister, Statthalter, sowie über alle Richter, die nur durch das Reichsgericht allein abgesetzt werden können.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar242_010" type="jArticle">
          <head>Weimar, 4. März. Abends 10 Uhr.</head>
          <p>Soeben sind die wegen Verleitung des Militärs zum Ungehorsam angeklagten Lafaurie, Rothe und Amelung völlig freigesprochen worden. Die Verhandlungen haben vier Tage gedauert; die Berathung der Geschwornen vier Stunden. Es waren ihnen von dem Präsidenten des Gerichtshofes nicht weniger als 33 Fragen zur Beantwortung vorgelegt worden. Die Inkulpaten blieben jedoch verhaftet, weil noch andere politische Anklagen gegen sie vorliegen, welche in den ersten Tagen der nächsten Woche verhandelt werden.</p>
          <bibl>(Fr. J.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar242_011" type="jArticle">
          <head><bibl><author>12</author></bibl> Nürnberg, 6. März.</head>
          <p>Wir haben heute wiederum den 6. März, den Tag, an welchem vor einem Jahre die königliche Proklamation erschienen ist, die uns eine so segensreiche Zukunft unseres politischen, religiösen und kirchlichen Lebens verkündete. Das Volk jubelte damals, überall sah man freudige Gesichter. Kokarden, Fahnen, Freudenschüsse, Illumination, Festmahle, Alles drängte sich durcheinander in bunten Ringelreihen und Civil und Militär lagen sich brüderlich in den Armen. Und wie ist's heute so öde auf den Straßen, lauter mürrische Gesichter begegnen einem, wenn sich drei oder vier zusammen finden, so hört man sie fluchen und Verwünschungen ausrufen. An den Straßenecken aber sind Plakate angeschlagen, auf welchen die königl. Proklamation abgedruckt ist. Ueber derselben liest man groß 1848. Unter der Proklamation 1849 mit einem Riesenfragezeichen. Und dieses Fragezeichen ist von großer ernster Bedeutung, denn alle Errungenschaften sind wieder in der Schwebe, ein Windhauch kann sie uns entführen. Also nach einem Jahre hat das bayerische, das deutsche Phlegma sich eben so weit wieder zurückführen lassen, als wir im März vorigen Jahres voran waren; dazu hat die Majorität des Frankfurter Parlaments am meisten mitgeholfen. Jetzt flennen sie, und meinen, das Volk solle den Karren aus dem Schmutze wieder herausziehen, in den sie ihn hineingeschoben. Jetzt lachen die Fürsten über die Schwabenstreiche dieser Majorität, die alles gethan für die Herren von Gottesgnaden und nun zum Danke nichts von ihnen zugestanden erhalten, auch gar nichts, was der Mühe werth wäre. Eben eilt Alt und Jung nach dem Thurme des Frauenthores, auf welchen heute am 6. März die erste Kanone, ein Zwölfpfünder, von der Artillerie hinaufgezogen wird. Nur so zu! die einzige Hoffnung liegt jetzt im Schwerte.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar242_012" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> München, 5. März.</head>
          <p>Morgen wird das neue Ministerium vor die Kammern treten. Staatsrath Volz wird Minister des Innern, Kleinschrod Justizminister und Ringelmann bekommt das Cultusministerium. Die übrigen Portefeuilles bleiben in den Händen ihrer bisherigen Inhaber. Und zu einer solchen Geburt bedurfte es eine so unendliche Zeit? So lange haben sich diese biderben Bierseelen von ihrem Reichs-Max narretheien und an der Nase herumführen lassen, um endlich ein neues Kleeblatt zu bekommen, das aus Volz, Kleinschrod, Ringelmann zusammengesetzt. Es gehört die ganze bairische Biergemüthlichkeit dazu, um solche Hänseleien geduldig hinzunehmen. Horaz scheint prophetisch den Reichs-Max und seine diesmalige Ministerkrisis im Auge gehabt zu haben, als er schrieb: parturiunt montes, nascetur ridiculus mus!</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Ungarn.</head>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1338/0002] 20 Constabler mit einem Lieutenant hatten sich, vielleicht zum Schutze des Herrn Wagner, eingefunden. Handelsbriefe aus Süd-Rußland melden von einer dort vorhandenen unerhörten Geldnoth. Dieselbe sei die Folge theils eines allgemeinen Mißwachses, theils der revolutionären Bewegungen im südlichen und westlichen Europa. Der Ausfall der gestrigen Präsidentenwahl ist nicht von besonderm Einfluß auf eine Besserung der Börse gewesen. Die Spekulanten erklärten, die geringe Majorität mit welcher Grabow, selbst ein Mann des Centrums, gewählt worden, erwecke in ihnen kein genügendes Vertrauen zu dem Bestande der Dinge, insbesondere gewähre diese Wahl keine Garantie für den Fortbestand des Ministeriums. Die Kammern hielten heute keine Sitzungen, sondern arbeiteten in den Abtheilungen. In denen der zweiten Kammer kam der gestern schon erwähnte Antrag auf Aufhebung des Belagerungszustandes zur Berathung. Es haben sich, wie wir vermutheten, jedenfalls drei Abtheilungen dafür ausgesprochen, denn die Lesung des Antrags wird morgen in öffentlicher Sitzung erfolgen. Ferner wichtige Berathungsgegenstände waren: erstens, Antrag auf Erlaß einer Adresse an die Krone, zweitens ein Antrag der Abgeordneten Behnsch, Wollheim, Waldeck, Jacobi u. A : die Verfassung vom 5. Dez. nur als Grundlage für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung zu betrachten und mit letzterer unverzüglich vorzugehen, drittens Antrag des Abgeordneten Riedel u. A., die Rechtsbeständigkeit der octroyirten Verfassung anzuerkennen und sich lediglich auf die Revision derselben zu beschränken. Alle diese Anträge haben somit die Zustimmung der Abtheilungen erhalten, daß ihre Lesung in morgiger öffentlicher Sitzung erfolgen wird. Große Sensation hat in der Linken die Erklärung des Abg. Rodbertus gemacht, sich ihr entziehen zu wollen, wenn sie nicht alsbald ein bestimmtes Programm aufstelle, zumal da die Linke ausdrücklich erklärt hat, bei der jetzigen Sachlage von einem jeglichen Programm abstehen zu müssen. Der ehemalige Deputirte Schultz-Wansleben hat wegen seines Versuches, den Steuerverweigerungsbeschluß der Nationalversammlung zur Ausführung zu bringen, vom hiesigen Untersuchungsrichter des Kammergerichts eine Vorladung erhalten, welcher er Folge leisten will. Er wird heute hier erwartet. In ähnlicher Weise stand gestern der Instrumentenmacher Benary wegen einer Klubangelegenheit aus jener Zeit vor dem Untersuchungsrichter. Der freigesprochene Ex-Deputirte Kuhn, Rittmeister a. D. (s. gestern) erschien gestern Abend in der Convers.-Halle, wo er von der Opposition mit lautem Jubel begrüßt wurde. Der Minister des Innern, Herr v. Manteuffel, hat die Deputirten auf heute Abend zu einer Soirée eingeladen. Das Einladungsschreiben zirkulirte in der Kammer. Die Rechte wird sich sehr zahlreich einfinden. Auch der holländische Gesandte gab dieser Tage eine Soirée, zu welcher viele Mitglieder der rechten Seite eingeladen waren. Stettin, 24. Februar. Aus einer von den hiesigen Herren E. Wendt u. Komp., Agenten für Lloyds in London, angefertigten offiziellen Uebersicht der preußischen Handelsmarine entnehmen wir folgende Angaben. Es bestand Ende verflossenen Jahres die gesammte preußische Handelsmarine aus 911 Schiffen von 134,702 Lasten, während dieselbe noch im März 1848 nur 822 Schiffe von 113,022 Lasten zählte. Sie hat sich mithin vom März bis Dezember 1848 um 89 Schiffe mit 21,680 Lasten vermehrt. Davon besitzt: Stettin 203 Schiffe mit 27,098 Lasten Danzig 112 Schiffe mit 23,897 Lasten Stralsund 103 Schiffe mit 11,721 Lasten Memel 95 Schiffe mit 19,946 Lasten Greifswalde 55 Schiffe mit 6,079 Lasten Barth 80 Schiffe mit 9,268 Lasten Köln 3 Schiffe mit 651 Lasten u. s. w. (D. Z.) Wien, 5. März. Der Bericht über den Stand der östreich. Nationalbank wird Ihnen jedenfalls schon zugekommen sein. Zahlen entscheiden. Aber aus der Aufeinanderfolge der Posten vermag das Ausland nicht eine richtige Anschauung von dem Stande der Dinge zu gewinnen. Gerade das Ausland mag Acht haben auf die Finanzen von Oestreich, denn gerade die auswärtigen Gläubiger werden bei einem Unglücksfalle das Meiste zu büßen haben. Der letzte Haltpunkt des östreich. Papiers liegt in dem Glauben, als biete die Nationalbank in ihrer jetzigen Lage eine größere Sicherheit als der Staat, der schon zweimal Bankerutt gemacht. Dieser Glaube ist aber ein ganz falscher; wie die Dinge jetzt stehen, hat eine Zahlungsverlegenheit der Staatskasse nothwendig die Insolvenz der Nationalbank zur Folge. Die in dem letzten Bankberichte gewiß nicht unabsichtlich von einander getrennten Posten der Staatsschulden will ich hier zusammenstellen und sie werden selbst den innigen Zusammenhang der östreich. Staatskasse mit der Nationalbank begreifen. Vorschüsse gegen statutenmäßig deponirte Staatspapiere. 12,604,900 Fl. Fundirte Staatsschuld 78,946,757 Fl. Vorschüsse an die Finanzverwaltung 19,241,979 Fl. Unverzinsliches Darlehn dem Staate 6,000,000 Fl. Unverzinsliches Darlehn dem Staate 18,000,000 Fl. Finanzverwaltung 1,100,000 Fl. Finanzverwaltung 2,437,189 Fl. Vom Staate garantirtes Darlehn an Ungarn 833,582 Fl. 139,144,407 Fl. Aus diesem amtlichen Nachweise ergibt sich, daß, da die gesammten Activa der Wiener Nationalbank circa 270 Mill. betragen, die Schuld des Staates an die Bank mehr als die Hälfte beträgt, und es folgt hier für jeden Sachverständigen die Einsicht, daß die Bank bei einem etwaigen Staatsbankerutt wenig Sicherheit bietet. Der erwähnte Monatsbericht gibt auch über den höchst wichtigen Punkt, das Verhältniß des in Oestreich circulirenden Papiergeldes zur klingenden Münze Aufschluß. Es heißt darin Bankmäßig ausgeprägte Silbermünze und Silberbarren 32,572,055 Fl. Banknoten im Umlauf 231,507,257 Fl. Also achtmal mehr Papier als Münze! gewiß ein unerhörtes Resultat; man bedenke noch außerdem, daß in dem ersten Posten auch die Scheidemünze, in Oestreich von großem Belange, mit einbegriffen ist. (A. A. Z.) Kremsier, 4. März. In der gestrigen Reichstagssitzung wurde über die ministerielle Anordnung wegen Ablieferung der Depositengelder verhandelt. Schuselka griff bei dieser Gelegenheit das Ministerium stark an, so weit das Leute, wie Schuselka vermögen. Freilich hätte er sich selber am ärgsten angreifen sollen. Denn er war im Oktober gerade einer der Hauptmatadore, deren Feigheit, Jämmerlichkeit, Verrätherei und Bornirtheit dem jetzigen Ministerium und der Gewalt der Standrechtsgenerale den Weg bahnen und bereiten half. Doch eben deshalb wird es immerhin von einigem Interesse sein, zu hören, in welcher Art er sich jetzt ausspricht. Bei dem System, sagte er, das jetzt befolgt wird, biete der österreichische Staat keine Garantieen auf 4 Wochen. Das Kabinet befolge eine Politik der Rache, der Rache gegen Wien und gegen die Wiener, der Rache gegen das Volk, das es wagte, sich gegen den Absolutismus zu erheben, und vielleicht in diesem Augenblicke wird wieder Jemand im Stadtgraben erschossen. Oesterreich wird nicht regiert, sondern terrorisirt und wenn man die Correspondenz der Minister mit den Feldherren auf den Tisch des Hauses niederlegen möchte, würde man erfahren, ob das Ministerium regiert oder ob es regiert wird. Man begnügt sich nicht damit, die Mitglieder der akademischen Legion zu verfolgen, sondern sogar die Röcke der akademischen Legion werden verfolgt. Der Vater muß gegen seinen Sohn, die Magd gegen ihre Frau Zeugenschaft geben und nächtlings holt man die Bürger aus ihren Betten. Die Minister bedrohen die Beamten, die es wagen, eine andere Meinung zu haben, als die vorgeschriebene, und wenn der Abg. Helfert Kaiser Joseph einen Despoten nannte, kann man die Minister Kalifen nennen, die Alles in eine Uniform zwängen wollen. Gleichberechtigung der Nationalitäten bedeutet jetzt schon Nichts mehr, als gleiche Knechtung, indem man einen Theil durch den andern knechtet. Welchen Lohn erhalten die Croaten, die mit ihrem Blute den Thron aufrecht hielten? In Tyrol wird Jeder, der es wagt, für eine Trennung der deutschen und italienischen Kreise zu sprechen, vor Gericht gezogen. In Galizien aber nimmt man eine neue Theilung Polens vor und die ministerielle Politik führt zu einem unausbleiblichen Bürgerkriege. Das ist eine ruthenische oder russinische Politik, eigentlich aber eine russische Politik Wien, das durch eine ehrliche Politik vor dem Abgrund des Oktobers bewahrt worden wäre, wird täglich mehr gedemüthigt, entnervt, arm gemacht. Statt eines volksthümlichen Ministeriums, wie es in der Nacht vom 6. Oktober versprochen wurde, entfernte sich der Kaiser und wir bekamen dieses Ministerium Allein selbst dieses wurde bei seinem Programm jubelnd begrüßt, man votirte ihm 80 Mill, aber nach wenigen Wochen hat es das Vertrauen des ganzen Reiches verloren. Die Politik dieses Ministeriums hat es dahin gebracht, daß Oesterreich, der Kaiserstaat Oesterreich, zum Schützling Rußlands herabgesunken ist. Die Kaiserin Maria Theresia schrieb an die Kaiserin Katharina: meine sehr liebe Freundin, aber niemals: meine Nachbarin. So dachte eine Frau. Das Ministerium aber ruft die Kosaken ins Land als gute Freunde. Von den maßlosen Schmähungen und Denunciationen der Presse hat man täglich Beweise. Das Ministerium will es, daß man den Reichstag herabziehe in den Schlamm, um dann dem Volke sagen zu können: seht, sie bringen Nichts zu Stande! Es wäre aber jedes Schriftstellers unwürdig, sich mit diesen ministeriellen Blättern in eine Polemik einzulassen. In Italien stehen wir nach dem Opfer von so vielem Blut und Geld am Anfang, und müssen auf einem Kongresse erst unser Recht wahren, da das Ministerium sich nicht das Vertrauen des Landes zu erwerben wußte. Wie soll man erst die Politik gegen Deutschland nennen? Es ist eine hinterlistige, im alten Sinne diplomatische Politik, die von allen Seiten dieses Hauses verworfen wird; denn sie ist eine Politik gegen die Slaven, wie gegen die Deutschen. Ein altes österreichisches Sprichwort sagt: „Oesterreich ist nicht umzubringen;“ aber der Politik dieses Ministeriums dürfte der Ruhm bleiben, Oesterreich zu Grunde gerichtet zu haben. — Schuselka's frühere Interpellation wegen Verbot der Verbreitung der deutschen Grundrechte wurde dahin berichtigt, daß bloß die amtliche Verbreitung und Kundmachung verboten wurde. — Auf Bilinski's Interpellation, daß das Ministerium ohne Zustimmung des Reichstages Truppen aushebt, antwortet dasselbe, daß es in der Bewilligung des Kredits von 80 Millionen, welche doch größtentheils zur Unterdrückung des Aufstandes und zur Herstellung der Heeresmacht gegen etwaige äußere Feinde bestimmt waren, zugleich die Genehmigung der Rekrutirung erblickt habe! 068 Kremsier, 5. März. Aus dem von der Kommission nun beendigten Constitutionsentwurf ist die Eintheilung Oestreichs in Reichsstände, und dieser in Reichskreise bereits bekannt. In Betreff der übrigen Bestimmungen ist folgendes hervorzuheben. Es gibt 2 Kammern: eine Volkskammer (360 Abgeordnete) und eine Länderkammer (115 Abgeordnete). In jener sollen die Städte 80, das flache Land 280 Vertreter haben. Wahlberechtigt ist Jeder, der 24 Jahr alt, im vollen Genuß der staatsbürgerlichen Rechte ist und eine direkte Steuer zahlt oder ein direkt besteuertes Objekt in Pacht oder Miethe hat (Census). Wählbar ist jeder, der 28 Jahre zählt und 4 Jahre im Reiche wohnt. Die Wahlen sind direkt und mit relativer Stimmenmehrheit von wenigstens ein Viertel der Stimmen. In die Länderkammer ist zum passiven Wahlrecht ein Alter von 33 Jahren und zum aktiven Wahlrecht kein Census vorgeschrieben. In die Länderkammer wählt jede Provinz durch ihren Landtag 6 Abgeordnete und in Ländern, die aus mehr als einem Kreise bestehen, auch jeder Kreis einen Abgeordneten. Die legislative Periode ist für die Volkskammer drei, für die Länderkammer sechs Jahre. Den Ländern, die aus mehren Kreisen bestehen, steht ein Statthalter mit verantwortlichen Räthen, den übrigen ein Landeshauptmann vor. Die innern Angelegenheiten ordnet der Landtag nach den Bestimmungen der Landesverfassung, die jedoch früher dem Reichstage zur Bestätigung vorgelegt werden muß; im Zweifel über die Kompetenz der Reichsregierungsgewalt und der Landtage spricht die Vermuthung für die Kompetenz der Centralgewalt. Der Kaiser kann den Reichstag in einer Sitzungsperiode nur einmal vertagen; er kann entweder beide Kammern zugleich oder auch nur eine von beiden auflösen, muß jedoch binnen 60 Tagen eine neue Wahl ausschreiben; der Kaiser darf nur 2 Monate im Jahre im Auslande zubringen und muß in diesem Falle die Minister bei sich haben; er hat nur ein suspensives Veto. Die Erklärung über den Willen zu sanctioniren muß vor dem Schlusse der Sitzungsperiode erfolgen. Für den Fall, daß derselbe Beschluß bei den nämlichen Kammern wieder durchgeht und dennoch nicht sanctionirt wird, muß die Auflösung der Kammer erfolgen. Nimmt der neugewählte Reichstag den Vorschlag wieder an, so darf die Sanctionirung nicht verweigert werden. Ein oberstes unabsetzbares Reichsgericht, theils ernannt, theils von den Ländern gewählt, entscheidet über Kompetenzstreite, über angeklagte Minister, Statthalter, sowie über alle Richter, die nur durch das Reichsgericht allein abgesetzt werden können. Weimar, 4. März. Abends 10 Uhr. Soeben sind die wegen Verleitung des Militärs zum Ungehorsam angeklagten Lafaurie, Rothe und Amelung völlig freigesprochen worden. Die Verhandlungen haben vier Tage gedauert; die Berathung der Geschwornen vier Stunden. Es waren ihnen von dem Präsidenten des Gerichtshofes nicht weniger als 33 Fragen zur Beantwortung vorgelegt worden. Die Inkulpaten blieben jedoch verhaftet, weil noch andere politische Anklagen gegen sie vorliegen, welche in den ersten Tagen der nächsten Woche verhandelt werden. (Fr. J.) 12 Nürnberg, 6. März. Wir haben heute wiederum den 6. März, den Tag, an welchem vor einem Jahre die königliche Proklamation erschienen ist, die uns eine so segensreiche Zukunft unseres politischen, religiösen und kirchlichen Lebens verkündete. Das Volk jubelte damals, überall sah man freudige Gesichter. Kokarden, Fahnen, Freudenschüsse, Illumination, Festmahle, Alles drängte sich durcheinander in bunten Ringelreihen und Civil und Militär lagen sich brüderlich in den Armen. Und wie ist's heute so öde auf den Straßen, lauter mürrische Gesichter begegnen einem, wenn sich drei oder vier zusammen finden, so hört man sie fluchen und Verwünschungen ausrufen. An den Straßenecken aber sind Plakate angeschlagen, auf welchen die königl. Proklamation abgedruckt ist. Ueber derselben liest man groß 1848. Unter der Proklamation 1849 mit einem Riesenfragezeichen. Und dieses Fragezeichen ist von großer ernster Bedeutung, denn alle Errungenschaften sind wieder in der Schwebe, ein Windhauch kann sie uns entführen. Also nach einem Jahre hat das bayerische, das deutsche Phlegma sich eben so weit wieder zurückführen lassen, als wir im März vorigen Jahres voran waren; dazu hat die Majorität des Frankfurter Parlaments am meisten mitgeholfen. Jetzt flennen sie, und meinen, das Volk solle den Karren aus dem Schmutze wieder herausziehen, in den sie ihn hineingeschoben. Jetzt lachen die Fürsten über die Schwabenstreiche dieser Majorität, die alles gethan für die Herren von Gottesgnaden und nun zum Danke nichts von ihnen zugestanden erhalten, auch gar nichts, was der Mühe werth wäre. Eben eilt Alt und Jung nach dem Thurme des Frauenthores, auf welchen heute am 6. März die erste Kanone, ein Zwölfpfünder, von der Artillerie hinaufgezogen wird. Nur so zu! die einzige Hoffnung liegt jetzt im Schwerte. 068 München, 5. März. Morgen wird das neue Ministerium vor die Kammern treten. Staatsrath Volz wird Minister des Innern, Kleinschrod Justizminister und Ringelmann bekommt das Cultusministerium. Die übrigen Portefeuilles bleiben in den Händen ihrer bisherigen Inhaber. Und zu einer solchen Geburt bedurfte es eine so unendliche Zeit? So lange haben sich diese biderben Bierseelen von ihrem Reichs-Max narretheien und an der Nase herumführen lassen, um endlich ein neues Kleeblatt zu bekommen, das aus Volz, Kleinschrod, Ringelmann zusammengesetzt. Es gehört die ganze bairische Biergemüthlichkeit dazu, um solche Hänseleien geduldig hinzunehmen. Horaz scheint prophetisch den Reichs-Max und seine diesmalige Ministerkrisis im Auge gehabt zu haben, als er schrieb: parturiunt montes, nascetur ridiculus mus! Ungarn.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 242. Köln, 10. März 1849, S. 1338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz242_1849/2>, abgerufen am 19.04.2024.