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[N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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anderer Theilungen. Sie ist schon in frühere Zeiten als eine
Anhäufung von Sternen erkannt. Die griechischen Physiker
hatten die Meinung, daß sie die frühere Bahn der Sonne
sei. Schon Kant war 1755 auf die Idee gekommen, daß
sie eine besondere Sternschicht sei, deren Axe wir sehen,
was Herschel 1790 bewies. Von den Arabern wurde
sie Clechera (d. h. Fluß) genannt. Sie theilt sich beim Schwan,
so daß Beta in dem einen und der Adler im andern Theile
liegt. Am Fusse des Centauren sieht man einen Arm
von neuem wieder hervorkommen. Ihre Breite wechselt von
2 bis zu 17°. Am schönsten und breitesten ist sie beim
Canopus im südlichen Schiffe, am schwächsten dagegen beim
Kreuze. Eine ganze Zone von Nebelflecken entspringt
in der Jungfrau, zieht durch das Haupthaar der Berenice
herauf, durchschneidet die Milchstrasse in der Cassiopeia und
wendet sich dann zur Andromeda hin. Man hat diesen Nebel-
flecken Schuld gegeben, daß sie unserer Sternschicht Sterne
entzogen hätten.

Nehmen wir von der Bewegung der Fixsterne die schein-
baren Folgen der Abbreviation des Lichts durch die Täuschung
der Sinne, und die der Procession hinweg, so zeigt sich doch
noch eine Veränderung ihrer Stellung. Herschel und Prevot
haben geglaubt, daß unser System sich zum Hercules hin
bewege; und auch in neuern Zeiten hat man gefunden,

anderer Theilungen. Sie iſt ſchon in frühere Zeiten als eine
Anhäufung von Sternen erkannt. Die griechiſchen Phyſiker
hatten die Meinung, daß ſie die frühere Bahn der Sonne
ſei. Schon Kant war 1755 auf die Idee gekommen, daß
ſie eine beſondere Sternſchicht ſei, deren Axe wir ſehen,
was Herſchel 1790 bewies. Von den Arabern wurde
ſie Clechera (d. h. Fluß) genannt. Sie theilt ſich beim Schwan,
ſo daß Beta in dem einen und der Adler im andern Theile
liegt. Am Fuſſe des Centauren ſieht man einen Arm
von neuem wieder hervorkommen. Ihre Breite wechſelt von
2 bis zu 17°. Am ſchönſten und breiteſten iſt ſie beim
Canopus im ſüdlichen Schiffe, am ſchwächſten dagegen beim
Kreuze. Eine ganze Zone von Nebelflecken entſpringt
in der Jungfrau, zieht durch das Haupthaar der Berenice
herauf, durchſchneidet die Milchſtraſſe in der Caſſiopeia und
wendet ſich dann zur Andromeda hin. Man hat dieſen Nebel-
flecken Schuld gegeben, daß ſie unſerer Sternſchicht Sterne
entzogen hätten.

Nehmen wir von der Bewegung der Fixſterne die ſchein-
baren Folgen der Abbreviation des Lichts durch die Täuſchung
der Sinne, und die der Proceſſion hinweg, ſo zeigt ſich doch
noch eine Veränderung ihrer Stellung. Herſchel und Prevot
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[106./0112] anderer Theilungen. Sie iſt ſchon in frühere Zeiten als eine Anhäufung von Sternen erkannt. Die griechiſchen Phyſiker hatten die Meinung, daß ſie die frühere Bahn der Sonne ſei. Schon Kant war 1755 auf die Idee gekommen, daß ſie eine beſondere Sternſchicht ſei, deren Axe wir ſehen, was Herſchel 1790 bewies. Von den Arabern wurde ſie Clechera /d. h. Fluß/ genannt. Sie theilt ſich beim Schwan, ſo daß Beta in dem einen und der Adler im andern Theile liegt. Am Fuſſe des Centauren ſieht man einen Arm von neuem wieder hervorkommen. Ihre Breite wechſelt von 2 bis zu 17°. Am ſchönſten und breiteſten iſt ſie beim Canopus im ſüdlichen Schiffe, am ſchwächſten dagegen beim Kreuze. Eine ganze Zone von Nebelflecken entſpringt in der Jungfrau, zieht durch das Haupthaar der Berenice herauf, durchſchneidet die Milchſtraſſe in der Caſſiopeia und wendet ſich dann zur Andromeda hin. Man hat dieſen Nebel- flecken Schuld gegeben, daß ſie unſerer Sternſchicht Sterne entzogen hätten. Nehmen wir von der Bewegung der Fixſterne die ſchein- baren Folgen der Abbreviation des Lichts durch die Täuſchung der Sinne, und die der Proceſſion hinweg, ſo zeigt ſich doch noch eine Veränderung ihrer Stellung. Herſchel und Prevot haben geglaubt, daß unſer Syſtem ſich zum Hercules hin bewege; und auch in neuern Zeiten hat man gefunden,

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Zitationshilfe: [N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 106.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/112>, abgerufen am 29.03.2024.