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[N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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merksamkeit der pythagoräischen Schule erregt, besonders
beschäftigte sich Philolans und Plato mit ihrer Untersuchung
Kepler aber war der Erste, der die Planeten in einer
Reihenfolge annimmt, und er glaubte daß ein bestimmtes
Verhältniß in der Entfernung ihrer Bahnen statt fände.
So nahm er die Entfernung des Mercurs zu 4 an, der Venus
zu 4+3, der Erde zu 4+3+3, des Mars zu 4+3+3+2x3=16.
Dieses Verhältniß kömmt ihren Abständen wohl nahe
ist aber nicht ganz richtig. Denn die Venus hat 71/2 Ent-
fernung von der Sonne. Der Jupiter müßte 51 haben,
ist aber 537/10 entfernt, und der Uranus hat statt 196 aber 1983/10.
Man hat geschlossen, daß da wo dieses Verhältniß durchweite
Abstände unterbrochen ist, es noch unentdeckte Planeten geben
müsse, eine Vermuthung die schon Kepler äußerte und später
Lambert wiederholten. Dies hat sich bis jetzt aber nur bei den
Asteroiden bestätigt, und der erste derselben die Ceres wurde
ganz zufällig von Piazzi entdeckt, da er durch einen Druckfehler
im Bulantonschen Cataloge einen andern Stern vergeblich suchte.

Die Hauptplaneten haben nichts anderes mit einander ge-
mein, als daß sie sich von Westen nach Osten um die Sonne
in gewissen Abständen bewegen. Die Cometen dagegen
bewegen sich nach allen Richtungen. Die Planeten weichen
aber in ihrer Neigung zur Sonne mehr oder weniger ab. Am
wenigsten neigt sich die Bahn des Mercurs, nur um 3°; am

merkſamkeit der pythagoräiſchen Schule erregt, beſonders
beſchäftigte ſich Philolans und Plato mit ihrer Unterſuchung
Kepler aber war der Erſte, der die Planeten in einer
Reihenfolge annimmt, und er glaubte daß ein beſtimmtes
Verhältniß in der Entfernung ihrer Bahnen ſtatt fände.
So nahm er die Entfernung des Mercurs zu 4 an, der Venus
zu 4+3, der Erde zu 4+3+3, des Mars zu 4+3+3+2×3=16.
Dieſes Verhältniß kömmt ihren Abſtänden wohl nahe
iſt aber nicht ganz richtig. Denn die Venus hat 7½ Ent-
fernung von der Sonne. Der Jupiter müßte 51 haben,
iſt aber 537/10 entfernt, und der Uranus hat ſtatt 196 aber 1983/10.
Man hat geſchloſſen, daß da wo dieſes Verhältniß durchweite
Abſtände unterbrochen iſt, es noch unentdeckte Planeten geben
müſſe, eine Vermuthung die ſchon Kepler äußerte und ſpäter
Lambert wiederholten. Dies hat ſich bis jetzt aber nur bei den
Aſteroiden beſtätigt, und der erſte derſelben die Ceres wurde
ganz zufällig von Piazzi entdeckt, da er durch einen Druckfehler
im Bulantonſchen Cataloge einen andern Stern vergeblich ſuchte.

Die Hauptplaneten haben nichts anderes mit einander ge-
mein, als daß ſie ſich von Weſten nach Oſten um die Sonne
in gewiſſen Abſtänden bewegen. Die Cometen dagegen
bewegen ſich nach allen Richtungen. Die Planeten weichen
aber in ihrer Neigung zur Sonne mehr oder weniger ab. Am
wenigſten neigt ſich die Bahn des Mercurs, nur um 3°; am

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[115./0121] merkſamkeit der pythagoräiſchen Schule erregt, beſonders beſchäftigte ſich Philolans und Plato mit ihrer Unterſuchung Kepler aber war der Erſte, der die Planeten in einer Reihenfolge annimmt, und er glaubte daß ein beſtimmtes Verhältniß in der Entfernung ihrer Bahnen ſtatt fände. So nahm er die Entfernung des Mercurs zu 4 an, der Venus zu 4+3, der Erde zu 4+3+3, des Mars zu 4+3+3+2×3=16. Dieſes Verhältniß kömmt ihren Abſtänden wohl nahe iſt aber nicht ganz richtig. Denn die Venus hat 7½ Ent- fernung von der Sonne. Der Jupiter müßte 51 haben, iſt aber 537/10 entfernt, und der Uranus hat ſtatt 196 aber 1983/10. Man hat geſchloſſen, daß da wo dieſes Verhältniß durchweite Abſtände unterbrochen iſt, es noch unentdeckte Planeten geben müſſe, eine Vermuthung die ſchon Kepler äußerte und ſpäter Lambert wiederholten. Dies hat ſich bis jetzt aber nur bei den Aſteroiden beſtätigt, und der erſte derſelben die Ceres wurde ganz zufällig von Piazzi entdeckt, da er durch einen Druckfehler im Bulantonſchen Cataloge einen andern Stern vergeblich ſuchte. Die Hauptplaneten haben nichts anderes mit einander ge- mein, als daß ſie ſich von Weſten nach Oſten um die Sonne in gewiſſen Abſtänden bewegen. Die Cometen dagegen bewegen ſich nach allen Richtungen. Die Planeten weichen aber in ihrer Neigung zur Sonne mehr oder weniger ab. Am wenigſten neigt ſich die Bahn des Mercurs, nur um 3°; am

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Zitationshilfe: [N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 115.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/121>, abgerufen am 19.04.2024.