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[N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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als solche anerkannt, und viele Kalifen trugen selbst davon
verfertigte Dolche und Schwerter. - Herrn Chladni gehört
das Verdienst an, sie für kleine Weltkörper zu halten,
was sie auch wirklich zu sein scheinen. 1794. Der Unglaube
darüber war noch in neuerer Zeit so groß, daß bei dem Steinfall
zu Radßene bei Agram 1752, das bischöfliche Consistorium
mehrere Zeugen abhören ließ, welche diese Steine hatten
fallen sehen; sie wurden sammt den Steinen nach Wien
geschickt, und der dasige Abbe Schütz fügte noch hinzu, daß
er es nicht begreife, wie ein Mensch dieser Fabel Glauben
beimessen können. Aehnlich ist dies mit der Entdeckung der
Sonnenflecken durch den Pater Scheinert zu Ingolstadt,
den der Pater Jehennit glauben zu machen suchte, daß es
ein Fehler seiner Augen sei, und eine so irrige Bekannt-
machung nur dem Orden schaden könne. - Gegen diese
Zeiten glauben wir jetzt aufgeklärt zu sein, aber ich
habe es in Paris erlebt, daß Pictet, als er seine
Ansichten über die Meteorsteine in der Akademien vortrug
er förmlich ausgelacht wurde, bis dann der Steinfall
bei Aigle den 26ten April 1803 statt fand, wo gegen
2000 Steine aus den Wolken in einer Umgegend von
2 # Meilen herabfielen; auf Ansuchen der Akademie wurde

als ſolche anerkannt, und viele Kalifen trugen ſelbſt davon
verfertigte Dolche und Schwerter. – Herrn Chladni gehört
das Verdienſt an, ſie für kleine Weltkörper zu halten,
was ſie auch wirklich zu ſein ſcheinen. 1794. Der Unglaube
darüber war noch in neuerer Zeit ſo groß, daß bei dem Steinfall
zu Radſzene bei Agram 1752, das biſchöfliche Conſiſtorium
mehrere Zeugen abhören ließ, welche dieſe Steine hatten
fallen ſehen; ſie wurden ſammt den Steinen nach Wien
geſchickt, und der daſige Abbé Schütz fügte noch hinzu, daß
er es nicht begreife, wie ein Menſch dieſer Fabel Glauben
beimeſſen können. Aehnlich iſt dies mit der Entdeckung der
Sonnenflecken durch den Pater Scheinert zu Ingolſtadt,
den der Pater Jehennit glauben zu machen ſuchte, daß es
ein Fehler ſeiner Augen ſei, und eine ſo irrige Bekannt-
machung nur dem Orden ſchaden könne. – Gegen dieſe
Zeiten glauben wir jetzt aufgeklärt zu ſein, aber ich
habe es in Paris erlebt, daß Pictet, als er ſeine
Anſichten über die Meteorſteine in der Akademien vortrug
er förmlich ausgelacht wurde, bis dann der Steinfall
bei Aigle den 26ten April 1803 ſtatt fand, wo gegen
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[479./0485] als ſolche anerkannt, und viele Kalifen trugen ſelbſt davon verfertigte Dolche und Schwerter. – Herrn Chladni gehört das Verdienſt an, ſie für kleine Weltkörper zu halten, was ſie auch wirklich zu ſein ſcheinen. 1794. Der Unglaube darüber war noch in neuerer Zeit ſo groß, daß bei dem Steinfall zu Radſzene bei Agram 1752, das biſchöfliche Conſiſtorium mehrere Zeugen abhören ließ, welche dieſe Steine hatten fallen ſehen; ſie wurden ſammt den Steinen nach Wien geſchickt, und der daſige Abbé Schütz fügte noch hinzu, daß er es nicht begreife, wie ein Menſch dieſer Fabel Glauben beimeſſen können. Aehnlich iſt dies mit der Entdeckung der Sonnenflecken durch den Pater Scheinert zu Ingolſtadt, den der Pater Jehennit glauben zu machen ſuchte, daß es ein Fehler ſeiner Augen ſei, und eine ſo irrige Bekannt- machung nur dem Orden ſchaden könne. – Gegen dieſe Zeiten glauben wir jetzt aufgeklärt zu ſein, aber ich habe es in Paris erlebt, daß Pictet, als er ſeine Anſichten über die Meteorſteine in der Akademien vortrug er förmlich ausgelacht wurde, bis dann der Steinfall bei Aigle den 26t April 1803 ſtatt fand, wo gegen 2000 Steine aus den Wolken in einer Umgegend von 2 □ Meilen herabfielen; auf Anſuchen der Akademie wurde

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Zitationshilfe: [N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 479.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/485>, abgerufen am 29.03.2024.