Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

Deshalb sind auch alle Versuche, die hohen Gebirgspflanzen
in unsern Gärten zu kultiviren gescheitert, und nament-
lich sind in Wien auf Veranlassung des Kupfers darüber
wichtige und kostspielige Versuche vergebens angestellt.

Die Meinung, daß die Pflanzen einen bestimmten
Boden, oder eine gewisse chemische Beschaffenheit desselben zu
ihrem Gedeihen verlangen, sind durch die Versuche von
Saussure widerlegt, und ebenso ungegründet ist es, daß
dieser oder jener Untergrund für ihr Gedeihen nothwendig
sei. Saussure's treffliche Untersuchungen haben dies hin-
länglich wiederlegt, was auch neuerlich Decandolle bestätigt
hat. So wurde vom Buxbaum behauptet, daß er nur
auf erdigen kalkhaltigen Boden wachse, doch hat man ihn
auch auf Granit (und Marmor (?) gefunden. Ebenso glaubte
man daß die ächten Kastanien den kalkhaltige Boden
fliehen, doch sind weite Flächen dieses Untergrundes
im südlichen Frankreich mit Kastanienwälder bedeckt.
Auch die beiden Arten der Alpenrosen, sollten nur auf
Kalkgebirge vorkommen, aber auch dies ist widerlegt
(daß aber manche Pflanzen den einen oder den andern
Boden lieben, ist doch wohl auch nicht zu bezweifeln ?)

2. Zahl der Pflanzenarten.

Es kommt nun noch darauf an zu bestimmen, wie

Deshalb ſind auch alle Verſuche, die hohen Gebirgspflanzen
in unſern Gärten zu kultiviren geſcheitert, und nament-
lich ſind in Wien auf Veranlaſſung des Kupfers darüber
wichtige und koſtſpielige Verſuche vergebens angeſtellt.

Die Meinung, daß die Pflanzen einen beſtimmten
Boden, oder eine gewiſſe chemiſche Beſchaffenheit deſſelben zu
ihrem Gedeihen verlangen, ſind durch die Verſuche von
Sausſure widerlegt, und ebenſo ungegründet iſt es, daß
dieſer oder jener Untergrund für ihr Gedeihen nothwendig
ſei. Sausſure’s treffliche Unterſuchungen haben dies hin-
länglich wiederlegt, was auch neuerlich Decandolle beſtätigt
hat. So wurde vom Buxbaum behauptet, daß er nur
auf erdigen kalkhaltigen Boden wachſe, doch hat man ihn
auch auf Granit (und Marmor (?) gefunden. Ebenſo glaubte
man daß die ächten Kaſtanien den kalkhaltige Boden
fliehen, doch ſind weite Flächen dieſes Untergrundes
im ſüdlichen Frankreich mit Kaſtanienwälder bedeckt.
Auch die beiden Arten der Alpenroſen, ſollten nur auf
Kalkgebirge vorkommen, aber auch dies iſt widerlegt
(daß aber manche Pflanzen den einen oder den andern
Boden lieben, iſt doch wohl auch nicht zu bezweifeln ?)

2. Zahl der Pflanzenarten.

Es kommt nun noch darauf an zu beſtimmen, wie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="55">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <p><pb facs="#f0516" n="510."/>
Deshalb &#x017F;ind auch alle Ver&#x017F;uche, die hohen Gebirgspflanzen<lb/>
in un&#x017F;ern Gärten zu kultiviren ge&#x017F;cheitert, und nament-<lb/>
lich &#x017F;ind in Wien auf Veranla&#x017F;&#x017F;ung des Kupfers darüber<lb/>
wichtige und ko&#x017F;t&#x017F;pielige Ver&#x017F;uche vergebens ange&#x017F;tellt.</p><lb/>
              <p>Die Meinung, daß die Pflanzen einen be&#x017F;timmten<lb/>
Boden, oder eine gewi&#x017F;&#x017F;e chemi&#x017F;che Be&#x017F;chaffenheit de&#x017F;&#x017F;elben zu<lb/>
ihrem Gedeihen verlangen, &#x017F;ind durch die Ver&#x017F;uche von<lb/><hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-117020079 http://d-nb.info/gnd/117020079">Saus&#x017F;ure</persName></hi> widerlegt, und eben&#x017F;o ungegründet i&#x017F;t es, daß<lb/>
die&#x017F;er oder jener Untergrund für ihr Gedeihen nothwendig<lb/>
&#x017F;ei. <hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-117020079 http://d-nb.info/gnd/117020079">Saus&#x017F;ure</persName></hi>&#x2019;s treffliche Unter&#x017F;uchungen haben dies hin-<lb/>
länglich wiederlegt, was auch neuerlich <hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-116442921 http://d-nb.info/gnd/116442921">Decandolle</persName></hi> be&#x017F;tätigt<lb/>
hat. So wurde vom Buxbaum behauptet, daß er nur<lb/>
auf erdigen kalkhaltigen Boden wach&#x017F;e, doch hat man ihn<lb/>
auch auf Granit <choice><sic>und <choice><orig>/</orig><reg resp="#BF">(</reg></choice>Marmor</sic><corr resp="#BF"><choice><orig>/</orig><reg resp="#BF">(</reg></choice>und Marmor</corr></choice> <metamark><choice><orig>/</orig><reg resp="#BF">(</reg></choice>?<choice><orig>/</orig><reg resp="#BF">)</reg></choice></metamark> gefunden. Eben&#x017F;o glaubte<lb/>
man daß die ächten Ka&#x017F;tanien den kalkhaltige Boden<lb/>
fliehen, doch &#x017F;ind weite Flächen die&#x017F;es Untergrundes<lb/>
im &#x017F;üdlichen Frankreich mit Ka&#x017F;tanienwälder bedeckt.<lb/>
Auch die beiden Arten der Alpenro&#x017F;en, &#x017F;ollten nur auf<lb/>
Kalkgebirge vorkommen, aber auch dies i&#x017F;t widerlegt<lb/><choice><orig>/</orig><reg resp="#BF">(</reg></choice>daß aber manche Pflanzen den einen oder den andern<lb/>
Boden lieben, i&#x017F;t doch wohl auch nicht zu bezweifeln ?<choice><orig>/</orig><reg resp="#BF">)</reg></choice></p><lb/>
            </div>
            <div n="3">
              <head>2. <hi rendition="#u">Zahl der Pflanzenarten.</hi></head><lb/>
              <p>Es kommt nun noch darauf an zu be&#x017F;timmen, wie<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[510./0516] Deshalb ſind auch alle Verſuche, die hohen Gebirgspflanzen in unſern Gärten zu kultiviren geſcheitert, und nament- lich ſind in Wien auf Veranlaſſung des Kupfers darüber wichtige und koſtſpielige Verſuche vergebens angeſtellt. Die Meinung, daß die Pflanzen einen beſtimmten Boden, oder eine gewiſſe chemiſche Beſchaffenheit deſſelben zu ihrem Gedeihen verlangen, ſind durch die Verſuche von Sausſure widerlegt, und ebenſo ungegründet iſt es, daß dieſer oder jener Untergrund für ihr Gedeihen nothwendig ſei. Sausſure’s treffliche Unterſuchungen haben dies hin- länglich wiederlegt, was auch neuerlich Decandolle beſtätigt hat. So wurde vom Buxbaum behauptet, daß er nur auf erdigen kalkhaltigen Boden wachſe, doch hat man ihn auch auf Granit /und Marmor /?/ gefunden. Ebenſo glaubte man daß die ächten Kaſtanien den kalkhaltige Boden fliehen, doch ſind weite Flächen dieſes Untergrundes im ſüdlichen Frankreich mit Kaſtanienwälder bedeckt. Auch die beiden Arten der Alpenroſen, ſollten nur auf Kalkgebirge vorkommen, aber auch dies iſt widerlegt /daß aber manche Pflanzen den einen oder den andern Boden lieben, iſt doch wohl auch nicht zu bezweifeln ?/ 2. Zahl der Pflanzenarten. Es kommt nun noch darauf an zu beſtimmen, wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/516
Zitationshilfe: [N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 510.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/516>, abgerufen am 19.04.2024.