Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

Bild:
<< vorherige Seite

mit sich nach Gefallen herumführen/ aufstellen/ und was für Macht / und Gewalt die Beredsamkeit habe/ dahero zu erkennen geben wollen. Daß man Jhn aber/ oder vielmehr seinen Planeten für einen Gott der Diebe/ und Betrüger achte/ rühret zweifels ohne daher/ daß offtermahls herrliche Ingenia in ihrer Jugend zu allerhand Lastern/ und Schalckheit geneigt/ welche/ wenn Jhnen bey Zeiten nicht gewehret/ letzlich bey ihrem guten Verstande versauern/ und zu lauter Lotterbuben werden. Denn weil des Mercurii Eigenschafften trucken und warm/ so macht er geschwinde/ beredte/ und zu allerhand Listigkeit verschlagene Menschen. Und weiln auch des Mercurii Planeta mehr Veränderungen in der Bewegung/ und Umschweiffe als fast die anderen Planeten alle haben/ indem er bald über sich/ bald unter sich steiget/ und bald vor sich/ bald zurücke läufft/ bald aber gar stehende zu seyn scheinet/ so hat man Jhm um beßwillen fertige Flügel auf das Haubt/ und an die Füsse geeignet/ welche ihn an statt der Winde darvon trügen/ welches alles nichts anders als auf einen klugen und scharffen Redner/ auch fähigen Verstand/ gute Weißheit/ auch Beredtsamkeit kan gezogen werden/ dahero von diesen beyden letzteren folgendes:

Man liebt der Weißheit ihre Künste /

durch sie reißt man sich hoch emport

Für sie ist alles lauter Dünste /

Die niemahls kommen so hervor /

Wenn diese beyde sich erregen /

so muß sich alles Eitel legen /

Das in sich selbsten bald erstirbt /

und keinen Nach-Ruhm nie erwirbt.

Die Feder hebt die leichte Lantze /

dieselbe schärfft die Feder so /

Daß/ weil sie beyd in einem Crantze /

der Tod derselben nicht wird froh /

Es mag sich Donner/ Hagel brüsten /

so fliehen sie aus allen Lüsten

hin/ wo die Sterbligkeit erblafft /

und nur die wahre Ruhe rast.

Wer diesem folgt der kan stets bleiben entfernet weit von aller List:

Er kan ihm ein Gedächtnüs schreiben

daß man was kluges von ihm liest:

Die Weißheit wohnt in dem Gehirne /

ihr Hauß das ist die muntre Stirne /

das wird nur diesem aufgethan /

der den Verstand recht brauchen kan.

K. Von den sieben freyen Lünsten/ als von der Grammatica.

DEr Mensch wird nicht vergebens die kleine Welt genennet. Denn nachdem er ein Besitzer aller freyen Künste und Wissenschafften: so ist hieraus die Anzeigung seines hohen Verstandes/ und die Wirckung seines heroischen Gemüths zu verspühren. Es hat der Allerhöchste zu dem Ende dem

mit sich nach Gefallen herumführen/ aufstellen/ und was für Macht / und Gewalt die Beredsamkeit habe/ dahero zu erkennen geben wollen. Daß man Jhn aber/ oder vielmehr seinen Planeten für einen Gott der Diebe/ und Betrüger achte/ rühret zweifels ohne daher/ daß offtermahls herrliche Ingenia in ihrer Jugend zu allerhand Lastern/ und Schalckheit geneigt/ welche/ wenn Jhnen bey Zeiten nicht gewehret/ letzlich bey ihrem guten Verstande versauern/ und zu lauter Lotterbuben werden. Denn weil des Mercurii Eigenschafften trucken und warm/ so macht er geschwinde/ beredte/ und zu allerhand Listigkeit verschlagene Menschen. Und weiln auch des Mercurii Planeta mehr Veränderungen in der Bewegung/ und Umschweiffe als fast die anderen Planeten alle haben/ indem er bald über sich/ bald unter sich steiget/ und bald vor sich/ bald zurücke läufft/ bald aber gar stehende zu seyn scheinet/ so hat man Jhm um beßwillen fertige Flügel auf das Haubt/ und an die Füsse geeignet/ welche ihn an statt der Winde darvon trügen/ welches alles nichts anders als auf einen klugen und scharffen Redner/ auch fähigen Verstand/ gute Weißheit/ auch Beredtsamkeit kan gezogen werden/ dahero von diesen beyden letzteren folgendes:

Man liebt der Weißheit ihre Künste /

durch sie reißt man sich hoch emport

Für sie ist alles lauter Dünste /

Die niemahls kommen so hervor /

Wenn diese beyde sich erregen /

so muß sich alles Eitel legen /

Das in sich selbsten bald erstirbt /

und keinen Nach-Ruhm nie erwirbt.

Die Feder hebt die leichte Lantze /

dieselbe schärfft die Feder so /

Daß/ weil sie beyd in einem Crantze /

der Tod derselben nicht wird froh /

Es mag sich Donner/ Hagel brüsten /

so fliehen sie aus allen Lüsten

hin/ wo die Sterbligkeit erblafft /

und nur die wahre Ruhe rast.

Wer diesem folgt der kan stets bleiben entfernet weit von aller List:

Er kan ihm ein Gedächtnüs schreiben

daß man was kluges von ihm liest:

Die Weißheit wohnt in dem Gehirne /

ihr Hauß das ist die muntre Stirne /

das wird nur diesem aufgethan /

der den Verstand recht brauchen kan.

K. Von den sieben freyen Lünsten/ als von der Grammatica.

DEr Mensch wird nicht vergebens die kleine Welt genennet. Deñ nachdem er ein Besitzer aller freyen Künste und Wissenschafften: so ist hieraus die Anzeigung seines hohẽ Verstandes/ uñ die Wirckung seines heroischen Gemüths zu verspühren. Es hat der Allerhöchste zu dem Ende dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0163" n="143"/>
mit sich nach Gefallen herumführen/ aufstellen/ und was für Macht                     / und Gewalt die Beredsamkeit habe/ dahero zu erkennen geben wollen. Daß man                      Jhn aber/ oder vielmehr seinen Planeten für einen Gott der Diebe/ und Betrüger                      achte/ rühret zweifels ohne daher/ daß offtermahls herrliche Ingenia in ihrer                      Jugend zu allerhand Lastern/ und Schalckheit geneigt/ welche/ wenn Jhnen bey                      Zeiten nicht gewehret/ letzlich bey ihrem guten Verstande versauern/ und zu                      lauter Lotterbuben werden. Denn weil des Mercurii Eigenschafften trucken und                      warm/ so macht er geschwinde/ beredte/ und zu allerhand Listigkeit                      verschlagene Menschen. Und weiln auch des Mercurii Planeta mehr Veränderungen in                      der Bewegung/ und Umschweiffe als fast die anderen Planeten alle haben/ indem                      er bald über sich/ bald unter sich steiget/ und bald vor sich/ bald zurücke                      läufft/ bald aber gar stehende zu seyn scheinet/ so hat man Jhm um beßwillen                      fertige Flügel auf das Haubt/ und an die Füsse geeignet/ welche ihn an statt                      der Winde darvon trügen/ welches alles nichts anders als auf einen klugen und                      scharffen Redner/ auch fähigen Verstand/ gute Weißheit/ auch Beredtsamkeit                      kan gezogen werden/ dahero von diesen beyden letzteren folgendes:</p>
        <p>Man liebt der Weißheit ihre Künste /</p>
        <p>durch sie reißt man sich hoch emport</p>
        <p>Für sie ist alles lauter Dünste /</p>
        <p>Die niemahls kommen so hervor /</p>
        <p>Wenn diese beyde sich erregen /</p>
        <p>so muß sich alles Eitel legen /</p>
        <p>Das in sich selbsten bald erstirbt /</p>
        <p>und keinen Nach-Ruhm nie erwirbt.</p>
        <p>Die Feder hebt die leichte Lantze /</p>
        <p>dieselbe schärfft die Feder so /</p>
        <p>Daß/ weil sie beyd in einem Crantze /</p>
        <p>der Tod derselben nicht wird froh /</p>
        <p>Es mag sich Donner/ Hagel brüsten /</p>
        <p>so fliehen sie aus allen Lüsten</p>
        <p>hin/ wo die Sterbligkeit erblafft /</p>
        <p>und nur die wahre Ruhe rast.</p>
        <p>Wer diesem folgt der kan stets bleiben entfernet weit von aller List:</p>
        <p>Er kan ihm ein Gedächtnüs schreiben</p>
        <p>daß man was kluges von ihm liest:</p>
        <p>Die Weißheit wohnt in dem Gehirne /</p>
        <p>ihr Hauß das ist die muntre Stirne /</p>
        <p>das wird nur diesem aufgethan /</p>
        <p>der den Verstand recht brauchen kan.</p>
      </div>
      <div>
        <head>K. Von den sieben freyen Lünsten/ als von der Grammatica.</head>
        <p>DEr Mensch wird nicht vergebens die kleine Welt genennet. Den&#x0303; nachdem er                      ein Besitzer aller freyen Künste und Wissenschafften: so ist hieraus die                      Anzeigung seines hohe&#x0303; Verstandes/ un&#x0303; die Wirckung seines                      heroischen Gemüths zu verspühren. Es hat der Allerhöchste zu dem Ende dem
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0163] mit sich nach Gefallen herumführen/ aufstellen/ und was für Macht / und Gewalt die Beredsamkeit habe/ dahero zu erkennen geben wollen. Daß man Jhn aber/ oder vielmehr seinen Planeten für einen Gott der Diebe/ und Betrüger achte/ rühret zweifels ohne daher/ daß offtermahls herrliche Ingenia in ihrer Jugend zu allerhand Lastern/ und Schalckheit geneigt/ welche/ wenn Jhnen bey Zeiten nicht gewehret/ letzlich bey ihrem guten Verstande versauern/ und zu lauter Lotterbuben werden. Denn weil des Mercurii Eigenschafften trucken und warm/ so macht er geschwinde/ beredte/ und zu allerhand Listigkeit verschlagene Menschen. Und weiln auch des Mercurii Planeta mehr Veränderungen in der Bewegung/ und Umschweiffe als fast die anderen Planeten alle haben/ indem er bald über sich/ bald unter sich steiget/ und bald vor sich/ bald zurücke läufft/ bald aber gar stehende zu seyn scheinet/ so hat man Jhm um beßwillen fertige Flügel auf das Haubt/ und an die Füsse geeignet/ welche ihn an statt der Winde darvon trügen/ welches alles nichts anders als auf einen klugen und scharffen Redner/ auch fähigen Verstand/ gute Weißheit/ auch Beredtsamkeit kan gezogen werden/ dahero von diesen beyden letzteren folgendes: Man liebt der Weißheit ihre Künste / durch sie reißt man sich hoch emport Für sie ist alles lauter Dünste / Die niemahls kommen so hervor / Wenn diese beyde sich erregen / so muß sich alles Eitel legen / Das in sich selbsten bald erstirbt / und keinen Nach-Ruhm nie erwirbt. Die Feder hebt die leichte Lantze / dieselbe schärfft die Feder so / Daß/ weil sie beyd in einem Crantze / der Tod derselben nicht wird froh / Es mag sich Donner/ Hagel brüsten / so fliehen sie aus allen Lüsten hin/ wo die Sterbligkeit erblafft / und nur die wahre Ruhe rast. Wer diesem folgt der kan stets bleiben entfernet weit von aller List: Er kan ihm ein Gedächtnüs schreiben daß man was kluges von ihm liest: Die Weißheit wohnt in dem Gehirne / ihr Hauß das ist die muntre Stirne / das wird nur diesem aufgethan / der den Verstand recht brauchen kan. K. Von den sieben freyen Lünsten/ als von der Grammatica. DEr Mensch wird nicht vergebens die kleine Welt genennet. Deñ nachdem er ein Besitzer aller freyen Künste und Wissenschafften: so ist hieraus die Anzeigung seines hohẽ Verstandes/ uñ die Wirckung seines heroischen Gemüths zu verspühren. Es hat der Allerhöchste zu dem Ende dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/163
Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/163>, abgerufen am 19.03.2024.