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[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

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Wie nun keine Lust/ daraus nicht ie zuweilen eine Unlust zu entstehen pfleget: Also ist auch eine vermasqvete Lust bey grosser Herren Höfen/ oder andern ehrlichen und tugendhafften Zusammenkunfften nicht eben eine Werckstatt der Uppigkeit/ noch ein Laster der Leichtfertigkeit/ zumahln/ wo dieselbe mit der Tugend und mit Erbarkeit begleitet ist. Denn die jenige Lust/ welche anfangs lieblich/ hernach aber gefährlich/ ist ein Raub der Zeit/ des Leibes/ des Gemüthes und der Seele; Diese aber ist/ die beste/ reineste und beständigste / wo keine Reue darauff zu folgen pfleget.

Das Alter der Menschen.

Des Mercurii Geburt. DAusanias schreibet in Boeoticis, es wäre Mercurius nicht weit von der Stadt Tanagre auf dem Berge Corycio gebohren/ und hernachmahls in Triorena/ woselbsten drey Brunnen auf dem Pheneatischen Gefilde gewesen/ von den Nymphen selbiges Orts gebadet worden. Dannenhero man nach der Zeit dieselbigen Brunnen für heilig gehalten/ und Sie dem Mercurio gewiedmet. Didymus sagt/ Er sey auf dem Berg Cyllene in Arcadien / andere aber daselbst in einem Gestrüppe/ so man wild Burtzelkraut genennet / erzogen/ weswegen man Ihm solches gleicher Gestalt geheiliget. Des Menschen Leben ist ein Bildnis und Schatten auf dem Erdboden; Er fänget an in Trübsal zu leben/ und stirbet wieder dahin/ ehe Er sich dessen versiehet. Unser Leben ist nichts als Angst und Noth/ Arbeit und Mühe/ böse und kurtz; Alle Dinge in der Welt haben ihr verborgen Ende. Nichts ist so genau zusammen verbunden/ als das Leben und der Tod: Des Mercurii Kindheit weiset auch auf unsere Kindheit:

Die Kindheit der Menschen. Jovius. Der erste Tritt / den man in die Welt thut/ geschiehet mit Weinen/ nackend ist unsere Ankunfft / die wir hernach mit allerhand Pracht und Hoffarth bedecken. Wir kommen bloß daher/ und fahren in einem geringen Leinwad wieder dahin. Da der Aegyptische König und Syrische Soldan Saladinus sahe/ daß Er sterben müste/ erinnerte Er sich des Zustandes seines Lebens/ befahl in seinem letzten Willen/ daß man Ihm bey seinem Leichen-Begängnis kein Gepränge halten/ sondern blos in einer Schüssel seinen schwarzen Mantel tragen/ und der Priester dem Volcke diese Worte vorsingen sollte:

Bocatius. Vixi divitiis, Regno tumidus[unleserliches Material]ue / Trophaeis, Sed pannum heu! nigrum nil nisi morte tuli!

Wie Ich lebte/ war Ich reich/ und beherrschte Land und Leute; Jetzo ist ein schwarzes Tuch/ leider! meine Todten-Beute.

GOTS lässet uns darumb nackend gebohren werden/ damit man erkenne/ wie Er allein uns Menschen versorge. Nil solidum! Nichts ist vollkommen! Wir werden alle auf einerley Weise gebohren/ und versterben auf tausenderley Arten hinwiederum. Der Kinder Thränen sind Reden/ wodurch sie gleichsam die Mühseligkeit der Welt beklagen; ihre Gedancken verlangen ohne Unterlaß fort / und ihre Thaten zeigen der

Wie nun keine Lust/ daraus nicht ie zuweilen eine Unlust zu entstehen pfleget: Also ist auch eine vermasqvete Lust bey grosser Herren Höfen/ oder andern ehrlichen und tugendhafften Zusammenkunfften nicht eben eine Werckstatt der Uppigkeit/ noch ein Laster der Leichtfertigkeit/ zumahln/ wo dieselbe mit der Tugend und mit Erbarkeit begleitet ist. Denn die jenige Lust/ welche anfangs lieblich/ hernach aber gefährlich/ ist ein Raub der Zeit/ des Leibes/ des Gemüthes und der Seele; Diese aber ist/ die beste/ reineste und beständigste / wo keine Reue darauff zu folgen pfleget.

Das Alter der Menschen.

Des Mercurii Geburt. DAusanias schreibet in Boeoticis, es wäre Mercurius nicht weit von der Stadt Tanagre auf dem Berge Corycio gebohren/ und hernachmahls in Triorena/ woselbsten drey Brunnen auf dem Pheneatischen Gefilde gewesen/ von den Nymphen selbiges Orts gebadet worden. Dannenhero man nach der Zeit dieselbigen Brunnen für heilig gehalten/ und Sie dem Mercurio gewiedmet. Didymus sagt/ Er sey auf dem Berg Cyllene in Arcadien / andere aber daselbst in einem Gestrüppe/ so man wild Burtzelkraut genennet / erzogen/ weswegen man Ihm solches gleicher Gestalt geheiliget. Des Menschen Leben ist ein Bildnis und Schatten auf dem Erdboden; Er fänget an in Trübsal zu leben/ und stirbet wieder dahin/ ehe Er sich dessen versiehet. Unser Leben ist nichts als Angst und Noth/ Arbeit und Mühe/ böse und kurtz; Alle Dinge in der Welt haben ihr verborgen Ende. Nichts ist so genau zusammen verbunden/ als das Leben und der Tod: Des Mercurii Kindheit weiset auch auf unsere Kindheit:

Die Kindheit der Menschen. Jovius. Der erste Tritt / den man in die Welt thut/ geschiehet mit Weinen/ nackend ist unsere Ankunfft / die wir hernach mit allerhand Pracht und Hoffarth bedecken. Wir kommen bloß daher/ und fahren in einem geringen Leinwad wieder dahin. Da der Aegyptische König und Syrische Soldan Saladinus sahe/ daß Er sterben müste/ erinnerte Er sich des Zustandes seines Lebens/ befahl in seinem letzten Willen/ daß man Ihm bey seinem Leichen-Begängnis kein Gepränge halten/ sondern blos in einer Schüssel seinen schwarzen Mantel tragen/ und der Priester dem Volcke diese Worte vorsingen sollte:

Bocatius. Vixi divitiis, Regno tumidus[unleserliches Material]ue / Trophaeis, Sed pannum heu! nigrum nil nisi morte tuli!

Wie Ich lebte/ war Ich reich/ und beherrschte Land und Leute; Jetzo ist ein schwarzes Tuch/ leider! meine Todten-Beute.

GOTS lässet uns darumb nackend gebohren werden/ damit man erkenne/ wie Er allein uns Menschen versorge. Nil solidum! Nichts ist vollkommen! Wir werden alle auf einerley Weise gebohren/ und versterben auf tausenderley Arten hinwiederum. Der Kinder Thränen sind Reden/ wodurch sie gleichsam die Mühseligkeit der Welt beklagen; ihre Gedancken verlangen ohne Unterlaß fort / und ihre Thaten zeigen der

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[403/0437] Wie nun keine Lust/ daraus nicht ie zuweilen eine Unlust zu entstehen pfleget: Also ist auch eine vermasqvete Lust bey grosser Herren Höfen/ oder andern ehrlichen und tugendhafften Zusammenkunfften nicht eben eine Werckstatt der Uppigkeit/ noch ein Laster der Leichtfertigkeit/ zumahln/ wo dieselbe mit der Tugend und mit Erbarkeit begleitet ist. Denn die jenige Lust/ welche anfangs lieblich/ hernach aber gefährlich/ ist ein Raub der Zeit/ des Leibes/ des Gemüthes und der Seele; Diese aber ist/ die beste/ reineste und beständigste / wo keine Reue darauff zu folgen pfleget. Das Alter der Menschen. DAusanias schreibet in Boeoticis, es wäre Mercurius nicht weit von der Stadt Tanagre auf dem Berge Corycio gebohren/ und hernachmahls in Triorena/ woselbsten drey Brunnen auf dem Pheneatischen Gefilde gewesen/ von den Nymphen selbiges Orts gebadet worden. Dannenhero man nach der Zeit dieselbigen Brunnen für heilig gehalten/ und Sie dem Mercurio gewiedmet. Didymus sagt/ Er sey auf dem Berg Cyllene in Arcadien / andere aber daselbst in einem Gestrüppe/ so man wild Burtzelkraut genennet / erzogen/ weswegen man Ihm solches gleicher Gestalt geheiliget. Des Menschen Leben ist ein Bildnis und Schatten auf dem Erdboden; Er fänget an in Trübsal zu leben/ und stirbet wieder dahin/ ehe Er sich dessen versiehet. Unser Leben ist nichts als Angst und Noth/ Arbeit und Mühe/ böse und kurtz; Alle Dinge in der Welt haben ihr verborgen Ende. Nichts ist so genau zusammen verbunden/ als das Leben und der Tod: Des Mercurii Kindheit weiset auch auf unsere Kindheit: Des Mercurii Geburt. Der erste Tritt / den man in die Welt thut/ geschiehet mit Weinen/ nackend ist unsere Ankunfft / die wir hernach mit allerhand Pracht und Hoffarth bedecken. Wir kommen bloß daher/ und fahren in einem geringen Leinwad wieder dahin. Da der Aegyptische König und Syrische Soldan Saladinus sahe/ daß Er sterben müste/ erinnerte Er sich des Zustandes seines Lebens/ befahl in seinem letzten Willen/ daß man Ihm bey seinem Leichen-Begängnis kein Gepränge halten/ sondern blos in einer Schüssel seinen schwarzen Mantel tragen/ und der Priester dem Volcke diese Worte vorsingen sollte: Die Kindheit der Menschen. Jovius. Vixi divitiis, Regno tumidus_ ue / Trophaeis, Sed pannum heu! nigrum nil nisi morte tuli! Bocatius. Wie Ich lebte/ war Ich reich/ und beherrschte Land und Leute; Jetzo ist ein schwarzes Tuch/ leider! meine Todten-Beute. GOTS lässet uns darumb nackend gebohren werden/ damit man erkenne/ wie Er allein uns Menschen versorge. Nil solidum! Nichts ist vollkommen! Wir werden alle auf einerley Weise gebohren/ und versterben auf tausenderley Arten hinwiederum. Der Kinder Thränen sind Reden/ wodurch sie gleichsam die Mühseligkeit der Welt beklagen; ihre Gedancken verlangen ohne Unterlaß fort / und ihre Thaten zeigen der

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Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/437>, abgerufen am 19.03.2024.