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[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

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kein Raum mehr zur Busse/ und kein Nachdruck zur Genugthuung/ sondern das Leben wird entweder verlohren oder erhalten. Daß die Seele in der Lufft herum fliege/ oder in andere Leiber fahre / ist närrisch zu glauben. Die Seele wird darum ein Geist genennet/ alldieweil Sie nichts leibliches oder cörperliches an sich hat. Wie aber GOTT die Seele einem Jeden mittheile/ darüber sind die Gelehrten unterschiedener Meinung. Etliche Hilarius. Ambrosius. Chrysostomus. Bellarminus. Augustin. sagen/ GOTT schaffe einem jeden Menschen in Mutterleibe unmittelbarer Weise seine Seele: Andere geben vor/ die Seele werde von den Eltern in die Kinder fortgepflantzet. Augustinus aber urtheilet hiervon weislich und saget: Was unter diesem wahr sey/ das lerne ich lieber/ als daß ich es sage: damit ich nicht lernen dürffe/ was ich nicht weis. Wenn uns gleich der Ursprung der Seelen verborgen/ so ist uns doch die Erlösung derselben offenbar. Denn wir glauben nicht an CHRISTUM/ daß wir gebohren/ sondern/ daß wir wieder gebohren werden/ wir sind gleich gebohren/ wie wir wollen. Weil nun unlaugbar / daß GOTT dem Menschen seine Seele giebet/ so ist auch viel weniger zu leugnen / daß dieselbe/ wenn sie vom Leibe scheidet/ nicht mit untergehe/ oder etliche Jahr in der Lufft hin und her flattere/ sondern alsbald/ und zwar der Frommen/ zu GOtt komme/ der sie gegeben/ geschaffen/ und mitgetheilet/ da sie verbleibe/ bis daß sie am jüngsten Tage mit ihrem auf der Erden auferweckten Leibe hinwieder vereiniget werde. Bey GOTT ist nichts denn Seeligkeit: kommet sie zur ewigen Seeligkeit/ so kan sie keine Unruhe/ kein Wind/ keine Qual/ Marter/ Angst/ noch andere Boßheit anrühren/ viel weniger El. 64, 1. 4. eintziger Unfall belästigen: kömmet sie aber zur Qual/ so ist sie nicht im Himmel/ nicht in der Seeligkeit/ nicht in der Hand GOttes/ nicht in einem Sap. 3. 1. besondern lustigen Platze/ nicht in den Elysischen Feldern/ sondern in Matth. 18. 34. der Qual und in der Pein der Hölle/ da sie Tag und Nacht und von Ewigkeit zu Ewigkeit gequälet wird. Wohl dem derowegen / der seine Seele Apoc. 20. 10. also GOTT befiehlet / daß Er mit Elia seufftzen kan und sagen: HErz! nimm meine Seele hin! mit dem heiligen Stephano: HERR JESU nimm meinen Geist auf! und mit dem HERREN CHristo selbst: Vater/ in deine Hände befehl ich meinen Geist!

Warum man den Mercurium unter die Bötter gerechnet.

DIe Welt und der Mensch bestehet in vielen ungleichen und gegeneinander streitenden Sachen. Der Mond nimmt ab und zu: Also auch die Welt. Der eine steigt empor/ der Andere herab: Ruhe und Glückseeligkeit leben unter einem Dache: Narrheit und Thorheit aber blühen an einem Stengel. Wenn die menschliche Lüste und Begierden sich entweder ändern/ oder verbessern/ so lebet man der Meinung/ die Welt nehme eine andere Gewonheit an sich. Salomon aber sagt: Es ist nichts neues/ das nicht zuvor geschehen/ oder gewesen. Wie es von vielen Jahren hergegangen/ so ist es noch heutiges Tages. Man findet alle zeit Böse und

kein Raum mehr zur Busse/ und kein Nachdruck zur Genugthuung/ sondern das Leben wird entweder verlohren oder erhalten. Daß die Seele in der Lufft herum fliege/ oder in andere Leiber fahre / ist närrisch zu glauben. Die Seele wird darum ein Geist genennet/ alldieweil Sie nichts leibliches oder cörperliches an sich hat. Wie aber GOTT die Seele einem Jeden mittheile/ darüber sind die Gelehrten unterschiedener Meinung. Etliche Hilarius. Ambrosius. Chrysostomus. Bellarminus. Augustin. sagen/ GOTT schaffe einem jeden Menschen in Mutterleibe unmittelbarer Weise seine Seele: Andere geben vor/ die Seele werde von den Eltern in die Kinder fortgepflantzet. Augustinus aber urtheilet hiervon weislich und saget: Was unter diesem wahr sey/ das lerne ich lieber/ als daß ich es sage: damit ich nicht lernen dürffe/ was ich nicht weis. Wenn uns gleich der Ursprung der Seelen verborgen/ so ist uns doch die Erlösung derselben offenbar. Denn wir glauben nicht an CHRISTUM/ daß wir gebohren/ sondern/ daß wir wieder gebohren werden/ wir sind gleich gebohren/ wie wir wollen. Weil nun unlaugbar / daß GOTT dem Menschen seine Seele giebet/ so ist auch viel weniger zu leugnen / daß dieselbe/ wenn sie vom Leibe scheidet/ nicht mit untergehe/ oder etliche Jahr in der Lufft hin und her flattere/ sondern alsbald/ und zwar der Frommen/ zu GOtt komme/ der sie gegeben/ geschaffen/ und mitgetheilet/ da sie verbleibe/ bis daß sie am jüngsten Tage mit ihrem auf der Erden auferweckten Leibe hinwieder vereiniget werde. Bey GOTT ist nichts denn Seeligkeit: kommet sie zur ewigen Seeligkeit/ so kan sie keine Unruhe/ kein Wind/ keine Qual/ Marter/ Angst/ noch andere Boßheit anrühren/ viel weniger El. 64, 1. 4. eintziger Unfall belästigen: kömmet sie aber zur Qual/ so ist sie nicht im Himmel/ nicht in der Seeligkeit/ nicht in der Hand GOttes/ nicht in einem Sap. 3. 1. besondern lustigen Platze/ nicht in den Elysischen Feldern/ sondern in Matth. 18. 34. der Qual und in der Pein der Hölle/ da sie Tag und Nacht und von Ewigkeit zu Ewigkeit gequälet wird. Wohl dem derowegen / der seine Seele Apoc. 20. 10. also GOTT befiehlet / daß Er mit Elia seufftzen kan und sagen: HErz! nimm meine Seele hin! mit dem heiligen Stephano: HERR JESU nimm meinen Geist auf! und mit dem HERREN CHristo selbst: Vater/ in deine Hände befehl ich meinen Geist!

Warum man den Mercurium unter die Bötter gerechnet.

DIe Welt und der Mensch bestehet in vielen ungleichen und gegeneinander streitenden Sachen. Der Mond nimmt ab und zu: Also auch die Welt. Der eine steigt empor/ der Andere herab: Ruhe und Glückseeligkeit leben unter einem Dache: Narrheit und Thorheit aber blühen an einem Stengel. Wenn die menschliche Lüste und Begierden sich entweder ändern/ oder verbessern/ so lebet man der Meinung/ die Welt nehme eine andere Gewonheit an sich. Salomon aber sagt: Es ist nichts neues/ das nicht zuvor geschehẽ/ oder gewesen. Wie es von vielẽ Jahren hergegangen/ so ist es noch heutiges Tages. Man findet alle zeit Böse und

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[436/0470] kein Raum mehr zur Busse/ und kein Nachdruck zur Genugthuung/ sondern das Leben wird entweder verlohren oder erhalten. Daß die Seele in der Lufft herum fliege/ oder in andere Leiber fahre / ist närrisch zu glauben. Die Seele wird darum ein Geist genennet/ alldieweil Sie nichts leibliches oder cörperliches an sich hat. Wie aber GOTT die Seele einem Jeden mittheile/ darüber sind die Gelehrten unterschiedener Meinung. Etliche sagen/ GOTT schaffe einem jeden Menschen in Mutterleibe unmittelbarer Weise seine Seele: Andere geben vor/ die Seele werde von den Eltern in die Kinder fortgepflantzet. Augustinus aber urtheilet hiervon weislich und saget: Was unter diesem wahr sey/ das lerne ich lieber/ als daß ich es sage: damit ich nicht lernen dürffe/ was ich nicht weis. Wenn uns gleich der Ursprung der Seelen verborgen/ so ist uns doch die Erlösung derselben offenbar. Denn wir glauben nicht an CHRISTUM/ daß wir gebohren/ sondern/ daß wir wieder gebohren werden/ wir sind gleich gebohren/ wie wir wollen. Weil nun unlaugbar / daß GOTT dem Menschen seine Seele giebet/ so ist auch viel weniger zu leugnen / daß dieselbe/ wenn sie vom Leibe scheidet/ nicht mit untergehe/ oder etliche Jahr in der Lufft hin und her flattere/ sondern alsbald/ und zwar der Frommen/ zu GOtt komme/ der sie gegeben/ geschaffen/ und mitgetheilet/ da sie verbleibe/ bis daß sie am jüngsten Tage mit ihrem auf der Erden auferweckten Leibe hinwieder vereiniget werde. Bey GOTT ist nichts denn Seeligkeit: kommet sie zur ewigen Seeligkeit/ so kan sie keine Unruhe/ kein Wind/ keine Qual/ Marter/ Angst/ noch andere Boßheit anrühren/ viel weniger eintziger Unfall belästigen: kömmet sie aber zur Qual/ so ist sie nicht im Himmel/ nicht in der Seeligkeit/ nicht in der Hand GOttes/ nicht in einem besondern lustigen Platze/ nicht in den Elysischen Feldern/ sondern in der Qual und in der Pein der Hölle/ da sie Tag und Nacht und von Ewigkeit zu Ewigkeit gequälet wird. Wohl dem derowegen / der seine Seele also GOTT befiehlet / daß Er mit Elia seufftzen kan und sagen: HErz! nimm meine Seele hin! mit dem heiligen Stephano: HERR JESU nimm meinen Geist auf! und mit dem HERREN CHristo selbst: Vater/ in deine Hände befehl ich meinen Geist! Hilarius. Ambrosius. Chrysostomus. Bellarminus. Augustin. El. 64, 1. 4. Sap. 3. 1. Matth. 18. 34. Apoc. 20. 10. Warum man den Mercurium unter die Bötter gerechnet. DIe Welt und der Mensch bestehet in vielen ungleichen und gegeneinander streitenden Sachen. Der Mond nimmt ab und zu: Also auch die Welt. Der eine steigt empor/ der Andere herab: Ruhe und Glückseeligkeit leben unter einem Dache: Narrheit und Thorheit aber blühen an einem Stengel. Wenn die menschliche Lüste und Begierden sich entweder ändern/ oder verbessern/ so lebet man der Meinung/ die Welt nehme eine andere Gewonheit an sich. Salomon aber sagt: Es ist nichts neues/ das nicht zuvor geschehẽ/ oder gewesen. Wie es von vielẽ Jahren hergegangen/ so ist es noch heutiges Tages. Man findet alle zeit Böse und

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Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/470>, abgerufen am 19.03.2024.