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Der allerneuesten Europäischen Welt- und Staats-Geschichte II. Theil. Nr. V, 3. Woche, Erfurt (Thüringen), 13. Januar 1744.

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Theil von Unterthanen, welcher ihm in dem genannten Friedens-
Schluß bestätiget worden. Es sind aber etwas über 100. Jahr,
da man nach genauer Ausrechnung 750000. Seelen in gantz Flan-
dern angetroffen, die sich wegen der darinn vorgefallenen Verwü-
stung, übel hausenden Armeen und verfallenen Handlung, zweifels-
ohne nicht stärcker werden vermehrt haben. Also hat dieser grosse
Monarch mit dem 3ten Theil Landes nur 250000. neue Unter-
thanen gewinnen können. Hingegen machen die 2. andern Drit-
tel dieser Provintz, ihre Lage, Fruchtbarkeit und gute Handlung
gantz wohl glaubend, daß diese letztern allen andern Allerchristl.
Conqueten gleichen. Dieses vorausgesetzt, kan er in allen nicht
mehr als 750000. Unterthanen groß und klein gewonnen haben.
Nun wollen wir auch den Schaden mit dem Nutzen zusammen
halten; Uns dünckt hier, daß er niemahls weniger als 200000.
Mann, die Besatzungen ohngerechnet, auf denen Beinen gehabt,
die doch am Ende des jährlichen Feldzugs kaum noch 80000.
Mann ausgetragen, obgleich weder Belagerung noch Bataille vor-
gefallen. Die Kriege bis auf den Ryßwickischen Frieden haben
beynahe 20. Jahre gedauert; wenn man nun nur den 5ten Theil
als Abgang seiner Armee nimmt, und solches mit 20. multiplici-
ret, so sehen wir, daß er nicht weniger als 800000. seiner alten
Unterthanen, lauter brave Leute, verlohren, welches die Anzahl sei-
ner conquetirten Unterthanen weit übersteigt. Jedoch der Verlust
gehet noch weiter: Bey so vielen umgekommenen Männern sind
eben so viel Weibs-Personen übrig blieben, die beyderseits das Jh-
rige zur Zeugung der Kinder hätten beytragen können; nothwen-
dig müssen auch nach so vielen Jahren überdiß alles viele Unver-
heyrathete gestorben seyn, andere zu spät geheyrathet, und also oh-
ne Kinder ihr Leben beschlossen haben. Also hat Ludwig der Grosse
bey Eroberung 250000. Unterhanen 1600000. Menschen einge-
büsset. Also sehen unsere Leser, daß dieses der Grosse Ludwig,
der unüberwindliche Monarch, der durch so viele eroberte Länder
berühmte Held ist, welcher jeden neuen Unterthan mit drey von
seinen alten erkaufft: Jn wie weit unsere Gedancken noch heuti-
ges Tages Einfluß haben könten, werden unsere Leser am besten
wissen, die Neu-Jahrs-Zettel haben uns nur dahin gebracht, so et-
was zu dencken.

Theil von Unterthanen, welcher ihm in dem genannten Friedens-
Schluß bestätiget worden. Es sind aber etwas über 100. Jahr,
da man nach genauer Ausrechnung 750000. Seelen in gantz Flan-
dern angetroffen, die sich wegen der darinn vorgefallenen Verwü-
stung, übel hausenden Armeen und verfallenen Handlung, zweifels-
ohne nicht stärcker werden vermehrt haben. Also hat dieser grosse
Monarch mit dem 3ten Theil Landes nur 250000. neue Unter-
thanen gewinnen können. Hingegen machen die 2. andern Drit-
tel dieser Provintz, ihre Lage, Fruchtbarkeit und gute Handlung
gantz wohl glaubend, daß diese letztern allen andern Allerchristl.
Conqueten gleichen. Dieses vorausgesetzt, kan er in allen nicht
mehr als 750000. Unterthanen groß und klein gewonnen haben.
Nun wollen wir auch den Schaden mit dem Nutzen zusammen
halten; Uns dünckt hier, daß er niemahls weniger als 200000.
Mann, die Besatzungen ohngerechnet, auf denen Beinen gehabt,
die doch am Ende des jährlichen Feldzugs kaum noch 80000.
Mann ausgetragen, obgleich weder Belagerung noch Bataille vor-
gefallen. Die Kriege bis auf den Ryßwickischen Frieden haben
beynahe 20. Jahre gedauert; wenn man nun nur den 5ten Theil
als Abgang seiner Armee nimmt, und solches mit 20. multiplici-
ret, so sehen wir, daß er nicht weniger als 800000. seiner alten
Unterthanen, lauter brave Leute, verlohren, welches die Anzahl sei-
ner conquetirten Unterthanen weit übersteigt. Jedoch der Verlust
gehet noch weiter: Bey so vielen umgekommenen Männern sind
eben so viel Weibs-Personen übrig blieben, die beyderseits das Jh-
rige zur Zeugung der Kinder hätten beytragen können; nothwen-
dig müssen auch nach so vielen Jahren überdiß alles viele Unver-
heyrathete gestorben seyn, andere zu spät geheyrathet, und also oh-
ne Kinder ihr Leben beschlossen haben. Also hat Ludwig der Grosse
bey Eroberung 250000. Unterhanen 1600000. Menschen einge-
büsset. Also sehen unsere Leser, daß dieses der Grosse Ludwig,
der unüberwindliche Monarch, der durch so viele eroberte Länder
berühmte Held ist, welcher jeden neuen Unterthan mit drey von
seinen alten erkaufft: Jn wie weit unsere Gedancken noch heuti-
ges Tages Einfluß haben könten, werden unsere Leser am besten
wissen, die Neu-Jahrs-Zettel haben uns nur dahin gebracht, so et-
was zu dencken.

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[34/0002] Theil von Unterthanen, welcher ihm in dem genannten Friedens- Schluß bestätiget worden. Es sind aber etwas über 100. Jahr, da man nach genauer Ausrechnung 750000. Seelen in gantz Flan- dern angetroffen, die sich wegen der darinn vorgefallenen Verwü- stung, übel hausenden Armeen und verfallenen Handlung, zweifels- ohne nicht stärcker werden vermehrt haben. Also hat dieser grosse Monarch mit dem 3ten Theil Landes nur 250000. neue Unter- thanen gewinnen können. Hingegen machen die 2. andern Drit- tel dieser Provintz, ihre Lage, Fruchtbarkeit und gute Handlung gantz wohl glaubend, daß diese letztern allen andern Allerchristl. Conqueten gleichen. Dieses vorausgesetzt, kan er in allen nicht mehr als 750000. Unterthanen groß und klein gewonnen haben. Nun wollen wir auch den Schaden mit dem Nutzen zusammen halten; Uns dünckt hier, daß er niemahls weniger als 200000. Mann, die Besatzungen ohngerechnet, auf denen Beinen gehabt, die doch am Ende des jährlichen Feldzugs kaum noch 80000. Mann ausgetragen, obgleich weder Belagerung noch Bataille vor- gefallen. Die Kriege bis auf den Ryßwickischen Frieden haben beynahe 20. Jahre gedauert; wenn man nun nur den 5ten Theil als Abgang seiner Armee nimmt, und solches mit 20. multiplici- ret, so sehen wir, daß er nicht weniger als 800000. seiner alten Unterthanen, lauter brave Leute, verlohren, welches die Anzahl sei- ner conquetirten Unterthanen weit übersteigt. Jedoch der Verlust gehet noch weiter: Bey so vielen umgekommenen Männern sind eben so viel Weibs-Personen übrig blieben, die beyderseits das Jh- rige zur Zeugung der Kinder hätten beytragen können; nothwen- dig müssen auch nach so vielen Jahren überdiß alles viele Unver- heyrathete gestorben seyn, andere zu spät geheyrathet, und also oh- ne Kinder ihr Leben beschlossen haben. Also hat Ludwig der Grosse bey Eroberung 250000. Unterhanen 1600000. Menschen einge- büsset. Also sehen unsere Leser, daß dieses der Grosse Ludwig, der unüberwindliche Monarch, der durch so viele eroberte Länder berühmte Held ist, welcher jeden neuen Unterthan mit drey von seinen alten erkaufft: Jn wie weit unsere Gedancken noch heuti- ges Tages Einfluß haben könten, werden unsere Leser am besten wissen, die Neu-Jahrs-Zettel haben uns nur dahin gebracht, so et- was zu dencken.

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Zitationshilfe: Der allerneuesten Europäischen Welt- und Staats-Geschichte II. Theil. Nr. V, 3. Woche, Erfurt (Thüringen), 13. Januar 1744, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_weltgeschichte0205_1744/2>, abgerufen am 24.04.2024.