Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

mit innigem Wohlgefallen der Schilderung
des Landes, dessen Anblick ihm bevorstand,
zuzuhören. Wenn ihr auch fuhren die Kauf¬
leute fort, die Kunst eures Vaters nicht er¬
greifen, und lieber, wie wir gehört haben,
euch mit gelehrten Dingen befassen wollt: so
braucht ihr nicht Geistlicher zu werden, und
Verzicht auf die schönsten Genüsse dieses Le¬
bens zu leisten. Es ist eben schlimm genug,
daß die Wissenschaften in den Händen eines
so von dem weltlichen Leben abgesonderten
Standes, und die Fürsten von so ungeselligen
und wahrhaft unerfahrenen Männern berathen
sind. In der Einsamkeit in welcher sie nicht
selbst Theil an den Weltgeschäften nehmen,
müssen ihre Gedanken eine unnütze Wendung
erhalten, und können nicht auf die wirklichen
Vorfälle passen. In Schwaben trefft ihr
auch wahrhaft kluge und erfahrne Männer
unter den Layen; und ihr mögt nun wählen,

mit innigem Wohlgefallen der Schilderung
des Landes, deſſen Anblick ihm bevorſtand,
zuzuhören. Wenn ihr auch fuhren die Kauf¬
leute fort, die Kunſt eures Vaters nicht er¬
greifen, und lieber, wie wir gehört haben,
euch mit gelehrten Dingen befaſſen wollt: ſo
braucht ihr nicht Geiſtlicher zu werden, und
Verzicht auf die ſchönſten Genüſſe dieſes Le¬
bens zu leiſten. Es iſt eben ſchlimm genug,
daß die Wiſſenſchaften in den Händen eines
ſo von dem weltlichen Leben abgeſonderten
Standes, und die Fürſten von ſo ungeſelligen
und wahrhaft unerfahrenen Männern berathen
ſind. In der Einſamkeit in welcher ſie nicht
ſelbſt Theil an den Weltgeſchäften nehmen,
müſſen ihre Gedanken eine unnütze Wendung
erhalten, und können nicht auf die wirklichen
Vorfälle paſſen. In Schwaben trefft ihr
auch wahrhaft kluge und erfahrne Männer
unter den Layen; und ihr mögt nun wählen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0050" n="42"/>
mit innigem Wohlgefallen der Schilderung<lb/>
des Landes, de&#x017F;&#x017F;en Anblick ihm bevor&#x017F;tand,<lb/>
zuzuhören. Wenn ihr auch fuhren die Kauf¬<lb/>
leute fort, die Kun&#x017F;t eures Vaters nicht er¬<lb/>
greifen, und lieber, wie wir gehört haben,<lb/>
euch mit gelehrten Dingen befa&#x017F;&#x017F;en wollt: &#x017F;o<lb/>
braucht ihr nicht Gei&#x017F;tlicher zu werden, und<lb/>
Verzicht auf die &#x017F;chön&#x017F;ten Genü&#x017F;&#x017F;e die&#x017F;es Le¬<lb/>
bens zu lei&#x017F;ten. Es i&#x017F;t eben &#x017F;chlimm genug,<lb/>
daß die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften in den Händen eines<lb/>
&#x017F;o von dem weltlichen Leben abge&#x017F;onderten<lb/>
Standes, und die Für&#x017F;ten von &#x017F;o unge&#x017F;elligen<lb/>
und wahrhaft unerfahrenen Männern berathen<lb/>
&#x017F;ind. In der Ein&#x017F;amkeit in welcher &#x017F;ie nicht<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t Theil an den Weltge&#x017F;chäften nehmen,<lb/>&#x017F;&#x017F;en ihre Gedanken eine unnütze Wendung<lb/>
erhalten, und können nicht auf die wirklichen<lb/>
Vorfälle pa&#x017F;&#x017F;en. In Schwaben trefft ihr<lb/>
auch wahrhaft kluge und erfahrne Männer<lb/>
unter den Layen; und ihr mögt nun wählen,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0050] mit innigem Wohlgefallen der Schilderung des Landes, deſſen Anblick ihm bevorſtand, zuzuhören. Wenn ihr auch fuhren die Kauf¬ leute fort, die Kunſt eures Vaters nicht er¬ greifen, und lieber, wie wir gehört haben, euch mit gelehrten Dingen befaſſen wollt: ſo braucht ihr nicht Geiſtlicher zu werden, und Verzicht auf die ſchönſten Genüſſe dieſes Le¬ bens zu leiſten. Es iſt eben ſchlimm genug, daß die Wiſſenſchaften in den Händen eines ſo von dem weltlichen Leben abgeſonderten Standes, und die Fürſten von ſo ungeſelligen und wahrhaft unerfahrenen Männern berathen ſind. In der Einſamkeit in welcher ſie nicht ſelbſt Theil an den Weltgeſchäften nehmen, müſſen ihre Gedanken eine unnütze Wendung erhalten, und können nicht auf die wirklichen Vorfälle paſſen. In Schwaben trefft ihr auch wahrhaft kluge und erfahrne Männer unter den Layen; und ihr mögt nun wählen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/50
Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/50>, abgerufen am 28.03.2024.