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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

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und Beseelung der Gespräche, und an schö¬
ner, anmuthiger Jugend von beyden Ge¬
schlechtern, die die eigentliche Seele reitzender
Feste ausmachen. Der alte König, der sonst
ein strenger und ernster Mann war, hatte
zwey Neigungen, die der wahre Anlaß dieser
prächtigen Hofhaltung waren, und denen sie
ihre schöne Einrichtung zu danken hatte.
Eine war die Zärtlichkeit für seine Tochter,
die ihm als Andenken seiner früh verstorbe¬
nen Gemahlin und als ein unaussprechlich
liebenswürdiges Mädchen unendlich theuer
war, und für die er gern alle Schätze der
Natur und alle Macht des menschlichen Gei¬
stes aufgeboten hätte, um ihr einen Himmel
auf Erden zu verschaffen. Die Andere war
eine wahre Leidenschaft für die Dichtkunst
und ihre Meister. Er hatte von Jugend
auf die Werke der Dichter mit innigem Ver¬
gnügen gelesen; an ihre Sammlung aus al¬

und Beſeelung der Geſpräche, und an ſchö¬
ner, anmuthiger Jugend von beyden Ge¬
ſchlechtern, die die eigentliche Seele reitzender
Feſte ausmachen. Der alte König, der ſonſt
ein ſtrenger und ernſter Mann war, hatte
zwey Neigungen, die der wahre Anlaß dieſer
prächtigen Hofhaltung waren, und denen ſie
ihre ſchöne Einrichtung zu danken hatte.
Eine war die Zärtlichkeit für ſeine Tochter,
die ihm als Andenken ſeiner früh verſtorbe¬
nen Gemahlin und als ein unausſprechlich
liebenswürdiges Mädchen unendlich theuer
war, und für die er gern alle Schätze der
Natur und alle Macht des menſchlichen Gei¬
ſtes aufgeboten hätte, um ihr einen Himmel
auf Erden zu verſchaffen. Die Andere war
eine wahre Leidenſchaft für die Dichtkunſt
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[61/0069] und Beſeelung der Geſpräche, und an ſchö¬ ner, anmuthiger Jugend von beyden Ge¬ ſchlechtern, die die eigentliche Seele reitzender Feſte ausmachen. Der alte König, der ſonſt ein ſtrenger und ernſter Mann war, hatte zwey Neigungen, die der wahre Anlaß dieſer prächtigen Hofhaltung waren, und denen ſie ihre ſchöne Einrichtung zu danken hatte. Eine war die Zärtlichkeit für ſeine Tochter, die ihm als Andenken ſeiner früh verſtorbe¬ nen Gemahlin und als ein unausſprechlich liebenswürdiges Mädchen unendlich theuer war, und für die er gern alle Schätze der Natur und alle Macht des menſchlichen Gei¬ ſtes aufgeboten hätte, um ihr einen Himmel auf Erden zu verſchaffen. Die Andere war eine wahre Leidenſchaft für die Dichtkunſt und ihre Meiſter. Er hatte von Jugend auf die Werke der Dichter mit innigem Ver¬ gnügen geleſen; an ihre Sammlung aus al¬

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Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/69>, abgerufen am 23.04.2024.