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Nyland, Petrus: Desz Schauplatzes Irdischer Geschöpffe. Bd. 2. Osnabrück, 1687.

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Schnecken haben in dem Kopff einen Stein/ welcher/ wann er zerstossen/ und mit Wein eingenommen wird/ das drittägige Fieber vertreibet. Sie suchen ihre Nahrung mehr bey Nacht/ als bey Tage/ und halten sich nicht allein in Gärten und Feldern/ sondern auch in Wein und Bierkellern auff/ ja auch in heimlichen Gemächern/ Wasserrinnen und andren feuchten Orthen.

Das Venetianische Frauenzimmer pfleget von ihrer Feuchtigkeit/ welche sie mit Salgemma/ oder Citronensafft/ worunter ein wenig Bohnenwasser gemischet wird / versetzen und zurichten/ eine Schmincke zu machen. Betreffend die Muscheln / und andre Hornschnecken/ so wohnen dieselbe in ihren Häuslein/ stecken den Kopff und Leib herauß/ und kriechen also daher: Die Meermuscheln sind mit 3. oder 4. Absätzen gleichsam gedrähet/ und mit einer wunder samen concavitet nach Drechsler-Arbeit begabet; wann man auß derselben Wein oder Bier trincket/ soll der erstickende Huste nachlassen.

Andre sind schlecht/ ohne einige Knöpffe oder Ecken/ und Absätze (wie die Muscheln hat) sind voll langer Striemen und Adern/ die oben wie ein Fingerglied zugehen/ mit gleichmässiger concavitet.

Von Bienen/ Hornissen/ Fliegen/ und andrem dergleichen Geschmeyß.

Es ist eben wenig nötig die Beschaffenheit und Gestalt der Bienen vorzustellen / weil solche insgemein bekant. Wollen derowegen einig und allein ihre Arbeit / Natur und Eygenschafften entwerffen.

Unter allen Arthen der Thiere sind diese die Vornemsten und Wundersamsten/ so allein umb des Menschen Willen gezeuget werden: Sie samblen den Honig/ den süssen/ angenehmen und wohlschmeckenden Safft/ machen Wachß und Honigseim / welches alles so nutzlich zu Unterhalt des Menschlichen Lebens. Sie verrichten ihre Arbeit/ haben ihre republic, Rathschläge und Obersten: Über alles ist ihre Arth und Weise zu leben Wunderens würdig/ und solches destomehr/ weil sie weder wilden noch zahmen Geschlechtes sind/ so das die Natur etwas unvergleichliches an diesem kleinen Thierlein erzeigen wollen; dannenhero Virgilius ihrem Verstande und Sinne etwas Göttliches zueignet.

Aristoteles beschreibet sie/ daß sie/ gleich andren fliegenden Insectis, vier truckene durchsichtige Flügelein unter welchen die Hintersten kürtzer als die Vordersten/ in den Schultern befesti-

Schnecken haben in dem Kopff einen Stein/ welcher/ wann er zerstossen/ und mit Wein eingenommen wird/ das drittägige Fieber vertreibet. Sie suchen ihre Nahrung mehr bey Nacht/ als bey Tage/ und halten sich nicht allein in Gärten und Feldern/ sondern auch in Wein und Bierkellern auff/ ja auch in heimlichen Gemächern/ Wasserrinnen und andren feuchten Orthen.

Das Venetianische Frauenzimmer pfleget von ihrer Feuchtigkeit/ welche sie mit Salgemma/ oder Citronensafft/ worunter ein wenig Bohnenwasser gemischet wird / versetzen und zurichten/ eine Schmincke zu machen. Betreffend die Muscheln / und andre Hornschnecken/ so wohnen dieselbe in ihren Häuslein/ stecken den Kopff und Leib herauß/ und kriechen also daher: Die Meermuscheln sind mit 3. oder 4. Absätzen gleichsam gedrähet/ und mit einer wunder samen concavitet nach Drechsler-Arbeit begabet; wann man auß derselben Wein oder Bier trincket/ soll der erstickende Huste nachlassen.

Andre sind schlecht/ ohne einige Knöpffe oder Ecken/ und Absätze (wie die Muscheln hat) sind voll langer Striemen und Adern/ die oben wie ein Fingerglied zugehen/ mit gleichmässiger concavitet.

Von Bienen/ Hornissen/ Fliegen/ und andrem dergleichen Geschmeyß.

Es ist eben wenig nötig die Beschaffenheit und Gestalt der Bienen vorzustellen / weil solche insgemein bekant. Wollen derowegen einig und allein ihre Arbeit / Natur und Eygenschafften entwerffen.

Unter allen Arthen der Thiere sind diese die Vornemsten und Wundersamsten/ so allein umb des Menschen Willen gezeuget werden: Sie samblen den Honig/ den süssen/ angenehmen und wohlschmeckenden Safft/ machen Wachß und Honigseim / welches alles so nutzlich zu Unterhalt des Menschlichen Lebens. Sie verrichten ihre Arbeit/ haben ihre republic, Rathschläge und Obersten: Über alles ist ihre Arth und Weise zu leben Wunderens würdig/ und solches destomehr/ weil sie weder wilden noch zahmen Geschlechtes sind/ so das die Natur etwas unvergleichliches an diesem kleinen Thierlein erzeigen wollen; dannenhero Virgilius ihrem Verstande und Sinne etwas Göttliches zueignet.

Aristoteles beschreibet sie/ daß sie/ gleich andren fliegenden Insectis, vier truckene durchsichtige Flügelein unter welchen die Hintersten kürtzer als die Vordersten/ in den Schultern befesti-

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        <p>Unter allen Arthen der Thiere sind diese die Vornemsten und Wundersamsten/ so                      allein umb des Menschen Willen gezeuget werden: Sie samblen den Honig/ den                      süssen/ angenehmen und wohlschmeckenden Safft/ machen Wachß und Honigseim /                      welches alles so nutzlich zu Unterhalt des Menschlichen Lebens. Sie verrichten                      ihre Arbeit/ haben ihre republic, Rathschläge und Obersten: Über alles ist ihre                      Arth und Weise zu leben Wunderens würdig/ und solches destomehr/ weil sie                      weder wilden noch zahmen Geschlechtes sind/ so das die Natur etwas                      unvergleichliches an diesem kleinen Thierlein erzeigen wollen; dannenhero                      Virgilius ihrem Verstande und Sinne etwas Göttliches zueignet.</p>
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[127/0131] Schnecken haben in dem Kopff einen Stein/ welcher/ wann er zerstossen/ und mit Wein eingenommen wird/ das drittägige Fieber vertreibet. Sie suchen ihre Nahrung mehr bey Nacht/ als bey Tage/ und halten sich nicht allein in Gärten und Feldern/ sondern auch in Wein und Bierkellern auff/ ja auch in heimlichen Gemächern/ Wasserrinnen und andren feuchten Orthen. Das Venetianische Frauenzimmer pfleget von ihrer Feuchtigkeit/ welche sie mit Salgemma/ oder Citronensafft/ worunter ein wenig Bohnenwasser gemischet wird / versetzen und zurichten/ eine Schmincke zu machen. Betreffend die Muscheln / und andre Hornschnecken/ so wohnen dieselbe in ihren Häuslein/ stecken den Kopff und Leib herauß/ und kriechen also daher: Die Meermuscheln sind mit 3. oder 4. Absätzen gleichsam gedrähet/ und mit einer wunder samen concavitet nach Drechsler-Arbeit begabet; wann man auß derselben Wein oder Bier trincket/ soll der erstickende Huste nachlassen. Andre sind schlecht/ ohne einige Knöpffe oder Ecken/ und Absätze (wie die Muscheln hat) sind voll langer Striemen und Adern/ die oben wie ein Fingerglied zugehen/ mit gleichmässiger concavitet. Von Bienen/ Hornissen/ Fliegen/ und andrem dergleichen Geschmeyß. Es ist eben wenig nötig die Beschaffenheit und Gestalt der Bienen vorzustellen / weil solche insgemein bekant. Wollen derowegen einig und allein ihre Arbeit / Natur und Eygenschafften entwerffen. Unter allen Arthen der Thiere sind diese die Vornemsten und Wundersamsten/ so allein umb des Menschen Willen gezeuget werden: Sie samblen den Honig/ den süssen/ angenehmen und wohlschmeckenden Safft/ machen Wachß und Honigseim / welches alles so nutzlich zu Unterhalt des Menschlichen Lebens. Sie verrichten ihre Arbeit/ haben ihre republic, Rathschläge und Obersten: Über alles ist ihre Arth und Weise zu leben Wunderens würdig/ und solches destomehr/ weil sie weder wilden noch zahmen Geschlechtes sind/ so das die Natur etwas unvergleichliches an diesem kleinen Thierlein erzeigen wollen; dannenhero Virgilius ihrem Verstande und Sinne etwas Göttliches zueignet. Aristoteles beschreibet sie/ daß sie/ gleich andren fliegenden Insectis, vier truckene durchsichtige Flügelein unter welchen die Hintersten kürtzer als die Vordersten/ in den Schultern befesti-

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Zitationshilfe: Nyland, Petrus: Desz Schauplatzes Irdischer Geschöpffe. Bd. 2. Osnabrück, 1687, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nylandt_schauplatz02_1678/131>, abgerufen am 25.04.2024.