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Oberwinder, Heinrich: Der Fall Buschoff. Berlin, 1892.

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Herrn Regierungspräsidenten mit dem Zorne des Herren Herrfurth zu bedrohen, falls er der allgemeinen Erregtheit nicht ein Ende mache! Und dabei hatte sich derselbe beeilt, hier die Kreisgendarmerie zusammenzuziehen und Buschoff, als er noch auf freiem Fuße war, eine Art Ehrengarde zu bewilligen."



"Heute trafen, von Cleve kommend, der Oberstaatsanwalt Hamm aus Köln, der Erste Staatsanwalt Baumgart aus Cleve in Begleitung des Geheimen vortragenden Rats Vietsch aus dem Ministerium hier ein, um in der Mordaffäre Buschoff an Ort und Stelle weitere Ermittelungen vorzunehmen. Es wurden nur zwei Hauptzeugen verhört, und zwar die Küppersche Magd Dora Moll und der Tagelöhner Mölders, während die lange Reihe der übrigen Belastungszeugen befremdlicherweise ganz unberücksichtigt blieb! Weder die Knaben Heister und Kernder, noch der Klempner Ullenboom, Oberstabsarzt Dr. Steiner, Kutscher Johann Mallmann, Kriminalkommissar Vorhülsdong, Bildhauer Wesendrup, die Arbeiter Meursen und Schmelzer, Frau Windhüs, die Eltern des geschächteten Kindes, der Schreiner Hegemann und seine Ehefrau Cäcilie, geb. Knippenberg etc. sind vernommen worden. Am allermeisten aber mußte die Abwesenheit des bei der von Anfang an stark vernachlässigten Untersuchung Hauptbeteiligten, nämlich des Polizeiinspektors Wolff, jedem unbefangenen Beobachter naturgemäß auffallen. Die Kommission nahm vor der Buschoffschen Behausung und in dem Küpperschen Stalle insofern "Ermittelungen" vor, als der Zeuge Mölders und Dora Moll unter ihren Augen noch einmal die Schritte ablaufen mußten, welche in perspektivischer und andrer Hinsicht für die Überführung von Erheblichkeit sind. Der Herr Ministerialdelegierte konnte sich durch den Augenschein davon überzeugen, daß Mölders beim Vorübergehen am 29. Juni sehr wohl den Arm der Frau Buschoff gesehen haben muß, als diese um 10 Uhr das Kind in ihre Ladenthür zog. Die Dora Moll bestätigte noch einmal, von 10 bis 1/21 Uhr am fraglichen Tage ohne Unterbrechung mit häuslichen Arbeiten, wie Kartoffelschälen etc., im Küpperschen Hinterhause beschäftigt gewesen zu sein und dann von 1/212 bis 1/21 Uhr gefüttert und gemolken

Herrn Regierungspräsidenten mit dem Zorne des Herren Herrfurth zu bedrohen, falls er der allgemeinen Erregtheit nicht ein Ende mache! Und dabei hatte sich derselbe beeilt, hier die Kreisgendarmerie zusammenzuziehen und Buschoff, als er noch auf freiem Fuße war, eine Art Ehrengarde zu bewilligen.“



„Heute trafen, von Cleve kommend, der Oberstaatsanwalt Hamm aus Köln, der Erste Staatsanwalt Baumgart aus Cleve in Begleitung des Geheimen vortragenden Rats Vietsch aus dem Ministerium hier ein, um in der Mordaffäre Buschoff an Ort und Stelle weitere Ermittelungen vorzunehmen. Es wurden nur zwei Hauptzeugen verhört, und zwar die Küppersche Magd Dora Moll und der Tagelöhner Mölders, während die lange Reihe der übrigen Belastungszeugen befremdlicherweise ganz unberücksichtigt blieb! Weder die Knaben Heister und Kernder, noch der Klempner Ullenboom, Oberstabsarzt Dr. Steiner, Kutscher Johann Mallmann, Kriminalkommissar Vorhülsdong, Bildhauer Wesendrup, die Arbeiter Meursen und Schmelzer, Frau Windhüs, die Eltern des geschächteten Kindes, der Schreiner Hegemann und seine Ehefrau Cäcilie, geb. Knippenberg etc. sind vernommen worden. Am allermeisten aber mußte die Abwesenheit des bei der von Anfang an stark vernachlässigten Untersuchung Hauptbeteiligten, nämlich des Polizeiinspektors Wolff, jedem unbefangenen Beobachter naturgemäß auffallen. Die Kommission nahm vor der Buschoffschen Behausung und in dem Küpperschen Stalle insofern „Ermittelungen“ vor, als der Zeuge Mölders und Dora Moll unter ihren Augen noch einmal die Schritte ablaufen mußten, welche in perspektivischer und andrer Hinsicht für die Überführung von Erheblichkeit sind. Der Herr Ministerialdelegierte konnte sich durch den Augenschein davon überzeugen, daß Mölders beim Vorübergehen am 29. Juni sehr wohl den Arm der Frau Buschoff gesehen haben muß, als diese um 10 Uhr das Kind in ihre Ladenthür zog. Die Dora Moll bestätigte noch einmal, von 10 bis ½1 Uhr am fraglichen Tage ohne Unterbrechung mit häuslichen Arbeiten, wie Kartoffelschälen etc., im Küpperschen Hinterhause beschäftigt gewesen zu sein und dann von ½12 bis ½1 Uhr gefüttert und gemolken

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[12/0012] Herrn Regierungspräsidenten mit dem Zorne des Herren Herrfurth zu bedrohen, falls er der allgemeinen Erregtheit nicht ein Ende mache! Und dabei hatte sich derselbe beeilt, hier die Kreisgendarmerie zusammenzuziehen und Buschoff, als er noch auf freiem Fuße war, eine Art Ehrengarde zu bewilligen.“ „Heute trafen, von Cleve kommend, der Oberstaatsanwalt Hamm aus Köln, der Erste Staatsanwalt Baumgart aus Cleve in Begleitung des Geheimen vortragenden Rats Vietsch aus dem Ministerium hier ein, um in der Mordaffäre Buschoff an Ort und Stelle weitere Ermittelungen vorzunehmen. Es wurden nur zwei Hauptzeugen verhört, und zwar die Küppersche Magd Dora Moll und der Tagelöhner Mölders, während die lange Reihe der übrigen Belastungszeugen befremdlicherweise ganz unberücksichtigt blieb! Weder die Knaben Heister und Kernder, noch der Klempner Ullenboom, Oberstabsarzt Dr. Steiner, Kutscher Johann Mallmann, Kriminalkommissar Vorhülsdong, Bildhauer Wesendrup, die Arbeiter Meursen und Schmelzer, Frau Windhüs, die Eltern des geschächteten Kindes, der Schreiner Hegemann und seine Ehefrau Cäcilie, geb. Knippenberg etc. sind vernommen worden. Am allermeisten aber mußte die Abwesenheit des bei der von Anfang an stark vernachlässigten Untersuchung Hauptbeteiligten, nämlich des Polizeiinspektors Wolff, jedem unbefangenen Beobachter naturgemäß auffallen. Die Kommission nahm vor der Buschoffschen Behausung und in dem Küpperschen Stalle insofern „Ermittelungen“ vor, als der Zeuge Mölders und Dora Moll unter ihren Augen noch einmal die Schritte ablaufen mußten, welche in perspektivischer und andrer Hinsicht für die Überführung von Erheblichkeit sind. Der Herr Ministerialdelegierte konnte sich durch den Augenschein davon überzeugen, daß Mölders beim Vorübergehen am 29. Juni sehr wohl den Arm der Frau Buschoff gesehen haben muß, als diese um 10 Uhr das Kind in ihre Ladenthür zog. Die Dora Moll bestätigte noch einmal, von 10 bis ½1 Uhr am fraglichen Tage ohne Unterbrechung mit häuslichen Arbeiten, wie Kartoffelschälen etc., im Küpperschen Hinterhause beschäftigt gewesen zu sein und dann von ½12 bis ½1 Uhr gefüttert und gemolken

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Zitationshilfe: Oberwinder, Heinrich: Der Fall Buschoff. Berlin, 1892, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oberwinder_buschoff_1892/12>, abgerufen am 28.03.2024.