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Oberwinder, Heinrich: Der Fall Buschoff. Berlin, 1892.

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Die Zeugen als Eingeborene bedienten sich beim Verhör des hier landläufigen Plattdeutsch, was den aus dem Hessenlande stammenden Herrn Baumgardt etwas aufzuregen schien! Hoffentlich wird der Herr Deputierte des Ministeriums diesen Punkt in seiner offiziellen Darlegung entsprechend kritisch würdigen. Sonst pflegen doch gerade unsere Herren Staatsanwälte den Belastungszeugen gegenüber prinzipiell sehr zuvorkommend und höflich aufzutreten, besonders aber, wenn es sich durchweg um so brave und ehrliche Leute handelt wie in der Affaire Buschoff. Der Kreisphysikus und der Kreiswundarzt hätten ihr Obduktions-Gutachten in Uebereinstimmung mit Dr. Steiner bestätigen müssen, aus welchem sich ergab: "a) der zirkelartige Schnitt war von zweifellos geübter Hand mit einem haarscharfen Messer ausgeführt; b) die Leiche war bis ins Gehirn hinein absolut blutleer; c) irgend welche Anzeichen einer widernatürlichen Vergewaltigung waren nicht vorhanden." Der Herr Kreisphysikus hätte ferner wiederholen können, daß nach seinem Ermessen niemand (!) wissen könne, ob die vorgefundenen Blutspuren auf ein Verbluten auf dem Fundorte schließen lassen!!! Er hatte dies merkwürdige Gutachten mit der Sommerhitze, der Zeitdauer u. s. w. motiviert und geradezu eine Verdunstung (!) sämtlichen Blutes behaupten wollen! Mit Recht ist er deswegen im August von dem hier erscheinenden "Boten" ad absurdum geführt worden. Die Kommission hätte sich auch einmal das bei dem Reperto befindliche Schürzchen des geschächteten Kindes ansehen können, weil dasselbe allein schon gegen den Schächter Buschoff ein niederschmetterndes Belastungsmoment darstellt. Dasselbe ist nur in seinem oberen Brustteile blutgetränkt, während der untere Leibteil blutfrei ist. Ergiebt sich daraus nicht, daß das ermordete Christenkind von dem jüdischen Thäter über ein Bund Stroh oder sonst einen Gegenstand gehalten worden und auf diese Weise geschächtet worden ist? An dem einen Fuße befanden sich auch noch Blutteile, aber geronnenes Blut fehlte auffallenderweise ganz! Dieser Umstand giebt ebenfalls zu denken. Und was die an der Wannmühle (Kornklappermühle, welche neben der Leiche stand), vorgefundenen Blutspritzer anbelangt, so rühren diese nicht von dem

Die Zeugen als Eingeborene bedienten sich beim Verhör des hier landläufigen Plattdeutsch, was den aus dem Hessenlande stammenden Herrn Baumgardt etwas aufzuregen schien! Hoffentlich wird der Herr Deputierte des Ministeriums diesen Punkt in seiner offiziellen Darlegung entsprechend kritisch würdigen. Sonst pflegen doch gerade unsere Herren Staatsanwälte den Belastungszeugen gegenüber prinzipiell sehr zuvorkommend und höflich aufzutreten, besonders aber, wenn es sich durchweg um so brave und ehrliche Leute handelt wie in der Affaire Buschoff. Der Kreisphysikus und der Kreiswundarzt hätten ihr Obduktions-Gutachten in Uebereinstimmung mit Dr. Steiner bestätigen müssen, aus welchem sich ergab: „a) der zirkelartige Schnitt war von zweifellos geübter Hand mit einem haarscharfen Messer ausgeführt; b) die Leiche war bis ins Gehirn hinein absolut blutleer; c) irgend welche Anzeichen einer widernatürlichen Vergewaltigung waren nicht vorhanden.“ Der Herr Kreisphysikus hätte ferner wiederholen können, daß nach seinem Ermessen niemand (!) wissen könne, ob die vorgefundenen Blutspuren auf ein Verbluten auf dem Fundorte schließen lassen!!! Er hatte dies merkwürdige Gutachten mit der Sommerhitze, der Zeitdauer u. s. w. motiviert und geradezu eine Verdunstung (!) sämtlichen Blutes behaupten wollen! Mit Recht ist er deswegen im August von dem hier erscheinenden „Boten“ ad absurdum geführt worden. Die Kommission hätte sich auch einmal das bei dem Reperto befindliche Schürzchen des geschächteten Kindes ansehen können, weil dasselbe allein schon gegen den Schächter Buschoff ein niederschmetterndes Belastungsmoment darstellt. Dasselbe ist nur in seinem oberen Brustteile blutgetränkt, während der untere Leibteil blutfrei ist. Ergiebt sich daraus nicht, daß das ermordete Christenkind von dem jüdischen Thäter über ein Bund Stroh oder sonst einen Gegenstand gehalten worden und auf diese Weise geschächtet worden ist? An dem einen Fuße befanden sich auch noch Blutteile, aber geronnenes Blut fehlte auffallenderweise ganz! Dieser Umstand giebt ebenfalls zu denken. Und was die an der Wannmühle (Kornklappermühle, welche neben der Leiche stand), vorgefundenen Blutspritzer anbelangt, so rühren diese nicht von dem

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[14/0014] Die Zeugen als Eingeborene bedienten sich beim Verhör des hier landläufigen Plattdeutsch, was den aus dem Hessenlande stammenden Herrn Baumgardt etwas aufzuregen schien! Hoffentlich wird der Herr Deputierte des Ministeriums diesen Punkt in seiner offiziellen Darlegung entsprechend kritisch würdigen. Sonst pflegen doch gerade unsere Herren Staatsanwälte den Belastungszeugen gegenüber prinzipiell sehr zuvorkommend und höflich aufzutreten, besonders aber, wenn es sich durchweg um so brave und ehrliche Leute handelt wie in der Affaire Buschoff. Der Kreisphysikus und der Kreiswundarzt hätten ihr Obduktions-Gutachten in Uebereinstimmung mit Dr. Steiner bestätigen müssen, aus welchem sich ergab: „a) der zirkelartige Schnitt war von zweifellos geübter Hand mit einem haarscharfen Messer ausgeführt; b) die Leiche war bis ins Gehirn hinein absolut blutleer; c) irgend welche Anzeichen einer widernatürlichen Vergewaltigung waren nicht vorhanden.“ Der Herr Kreisphysikus hätte ferner wiederholen können, daß nach seinem Ermessen niemand (!) wissen könne, ob die vorgefundenen Blutspuren auf ein Verbluten auf dem Fundorte schließen lassen!!! Er hatte dies merkwürdige Gutachten mit der Sommerhitze, der Zeitdauer u. s. w. motiviert und geradezu eine Verdunstung (!) sämtlichen Blutes behaupten wollen! Mit Recht ist er deswegen im August von dem hier erscheinenden „Boten“ ad absurdum geführt worden. Die Kommission hätte sich auch einmal das bei dem Reperto befindliche Schürzchen des geschächteten Kindes ansehen können, weil dasselbe allein schon gegen den Schächter Buschoff ein niederschmetterndes Belastungsmoment darstellt. Dasselbe ist nur in seinem oberen Brustteile blutgetränkt, während der untere Leibteil blutfrei ist. Ergiebt sich daraus nicht, daß das ermordete Christenkind von dem jüdischen Thäter über ein Bund Stroh oder sonst einen Gegenstand gehalten worden und auf diese Weise geschächtet worden ist? An dem einen Fuße befanden sich auch noch Blutteile, aber geronnenes Blut fehlte auffallenderweise ganz! Dieser Umstand giebt ebenfalls zu denken. Und was die an der Wannmühle (Kornklappermühle, welche neben der Leiche stand), vorgefundenen Blutspritzer anbelangt, so rühren diese nicht von dem

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Zitationshilfe: Oberwinder, Heinrich: Der Fall Buschoff. Berlin, 1892, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oberwinder_buschoff_1892/14>, abgerufen am 23.04.2024.