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Oberwinder, Heinrich: Der Fall Buschoff. Berlin, 1892.

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der in der Xantener Mordaffaire verwickelte jüdische Schächter Buschoff zur Wiederherstellung seiner angegriffenen Gesundheit nach dem Süden abgereist sei."



Dasselbe Zentrumsorgan schreibt weiter:

"Es ist tief bedauerlich, daß, wie aus vorstehender Notiz erhellt, die unter der Xantener Bevölkerung herrschende Erregung durch die Entsendung des Untersuchungsrichters Brixius, gegen den ein gewisses Mißtrauen bei der Bevölkerung zu bestehen scheint, und durch die von demselben beliebte Zuziehung des Synagogen-Vorstehers Oster zu dem Zeugenverhör, für die man im Volke keine Erklärung hat, neue Nahrung erhält. Es wird somit das Gegenteil des beabsichtigten Zweckes erreicht. Wenn der Untersuchungsrichter Brixius der Schwiegervater des Verteidigers Buschoffs ist, hätte man allerdings erwarten sollen, daß, um die Objektivität auch nicht durch den geringsten Schein trüben zu lassen, ein andrer Richter mit der neuen Untersuchung beauftragt würde." Und der "Reichsbote" fügt hinzu: "Wo lebt jetzt Buschoff?" Einfältig ist natürlich, was jüngst wieder die "Köln. Ztg." von der "Erschütterung des Ansehens der Gerichte" orakelte. Dieses erschüttert niemand, als die Justiz selbst mit solchen Maßnahmen, am allerwenigsten derjenige, der auf die Reform von Mißständen dringt, damit das Ansehen der Gerichte wieder hergestellt wird. Als unter Friedrich Wilhelm I. Richter in Königsberg einen kleinen Dieb aufhängten und einen adligen Schurken laufen ließen, da war das Ansehen der Gerichte in Preußen erschüttert, und als dann Friedrich Wilhelm I. mit Relais nach Königsberg fuhr und die Richter eigenhändig durchprügelte, da war das Ansehen der Justiz wieder hergestellt. Der einzelne Richter ist nicht die Justiz."



"Das Rabbiner-Blatt "Jüdische Presse" bemerkt zu dem Xantener Knabenmord: "... 1) daß die jüdische Gemeinde in Xanten es war, welche in einem Gesuche an den Minister des Innern die Entsendung eines gewiegten Berliner Kriminal-Kommissarius

der in der Xantener Mordaffaire verwickelte jüdische Schächter Buschoff zur Wiederherstellung seiner angegriffenen Gesundheit nach dem Süden abgereist sei.“



Dasselbe Zentrumsorgan schreibt weiter:

„Es ist tief bedauerlich, daß, wie aus vorstehender Notiz erhellt, die unter der Xantener Bevölkerung herrschende Erregung durch die Entsendung des Untersuchungsrichters Brixius, gegen den ein gewisses Mißtrauen bei der Bevölkerung zu bestehen scheint, und durch die von demselben beliebte Zuziehung des Synagogen-Vorstehers Oster zu dem Zeugenverhör, für die man im Volke keine Erklärung hat, neue Nahrung erhält. Es wird somit das Gegenteil des beabsichtigten Zweckes erreicht. Wenn der Untersuchungsrichter Brixius der Schwiegervater des Verteidigers Buschoffs ist, hätte man allerdings erwarten sollen, daß, um die Objektivität auch nicht durch den geringsten Schein trüben zu lassen, ein andrer Richter mit der neuen Untersuchung beauftragt würde.“ Und der „Reichsbote“ fügt hinzu: „Wo lebt jetzt Buschoff?“ Einfältig ist natürlich, was jüngst wieder die „Köln. Ztg.“ von der „Erschütterung des Ansehens der Gerichte“ orakelte. Dieses erschüttert niemand, als die Justiz selbst mit solchen Maßnahmen, am allerwenigsten derjenige, der auf die Reform von Mißständen dringt, damit das Ansehen der Gerichte wieder hergestellt wird. Als unter Friedrich Wilhelm I. Richter in Königsberg einen kleinen Dieb aufhängten und einen adligen Schurken laufen ließen, da war das Ansehen der Gerichte in Preußen erschüttert, und als dann Friedrich Wilhelm I. mit Relais nach Königsberg fuhr und die Richter eigenhändig durchprügelte, da war das Ansehen der Justiz wieder hergestellt. Der einzelne Richter ist nicht die Justiz.“



„Das Rabbiner-Blatt „Jüdische Presse“ bemerkt zu dem Xantener Knabenmord: „… 1) daß die jüdische Gemeinde in Xanten es war, welche in einem Gesuche an den Minister des Innern die Entsendung eines gewiegten Berliner Kriminal-Kommissarius

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[25/0025] der in der Xantener Mordaffaire verwickelte jüdische Schächter Buschoff zur Wiederherstellung seiner angegriffenen Gesundheit nach dem Süden abgereist sei.“ Dasselbe Zentrumsorgan schreibt weiter: „Es ist tief bedauerlich, daß, wie aus vorstehender Notiz erhellt, die unter der Xantener Bevölkerung herrschende Erregung durch die Entsendung des Untersuchungsrichters Brixius, gegen den ein gewisses Mißtrauen bei der Bevölkerung zu bestehen scheint, und durch die von demselben beliebte Zuziehung des Synagogen-Vorstehers Oster zu dem Zeugenverhör, für die man im Volke keine Erklärung hat, neue Nahrung erhält. Es wird somit das Gegenteil des beabsichtigten Zweckes erreicht. Wenn der Untersuchungsrichter Brixius der Schwiegervater des Verteidigers Buschoffs ist, hätte man allerdings erwarten sollen, daß, um die Objektivität auch nicht durch den geringsten Schein trüben zu lassen, ein andrer Richter mit der neuen Untersuchung beauftragt würde.“ Und der „Reichsbote“ fügt hinzu: „Wo lebt jetzt Buschoff?“ Einfältig ist natürlich, was jüngst wieder die „Köln. Ztg.“ von der „Erschütterung des Ansehens der Gerichte“ orakelte. Dieses erschüttert niemand, als die Justiz selbst mit solchen Maßnahmen, am allerwenigsten derjenige, der auf die Reform von Mißständen dringt, damit das Ansehen der Gerichte wieder hergestellt wird. Als unter Friedrich Wilhelm I. Richter in Königsberg einen kleinen Dieb aufhängten und einen adligen Schurken laufen ließen, da war das Ansehen der Gerichte in Preußen erschüttert, und als dann Friedrich Wilhelm I. mit Relais nach Königsberg fuhr und die Richter eigenhändig durchprügelte, da war das Ansehen der Justiz wieder hergestellt. Der einzelne Richter ist nicht die Justiz.“ „Das Rabbiner-Blatt „Jüdische Presse“ bemerkt zu dem Xantener Knabenmord: „… 1) daß die jüdische Gemeinde in Xanten es war, welche in einem Gesuche an den Minister des Innern die Entsendung eines gewiegten Berliner Kriminal-Kommissarius

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Zitationshilfe: Oberwinder, Heinrich: Der Fall Buschoff. Berlin, 1892, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oberwinder_buschoff_1892/25>, abgerufen am 18.04.2024.