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Oberwinder, Heinrich: Der Fall Buschoff. Berlin, 1892.

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gebrüllt haben. Der Ärger darüber, daß der Kommissar den in ihn gesetzten Erwartungen der hiesigen und der Berliner Juden durch sein Vorgehen nicht entsprochen hat, läßt sich am Ende begreifen. Welcher Art diese Erwartungen aber gewesen sind, ergiebt sich aus der verlogenen Behauptung der "Jüdischen Presse", es seien hier in Xanten gleich nach dem Kindesmord bildliche Darstellungen des Ritualmordes vertrieben worden, wie auch der Xantener "Bote" erklärt. Die Rabbiner mögen das behaupten, indessen in nicht jüdischen Kreisen hier in Xanten ist davon nichts bekannt geworden!! Es liegt somit der Verdacht nahe, daß die Rabbiner selbst, um sich bei Zeiten einen Blitzableiter zu verschaffen, so geartete Illustrationen im eigenen Interesse haben anfertigen und unter sich verbreiten lassen - um nachher auf dieser Grundlage besser unterstellen zu können, der ganze Mord beruhe auf antisemitischer Mache. Dies talmudische Spiel ist doch zu durchsichtig, um ernst genommen zu werden! Jedenfalls aber hat das genannte Rabbinerblatt, das übrigens bei der Sache im engerem Sinne beteiligt zu sein scheint, sich und der Synagoge durch obige Einwendungen einen schlechten Dienst erwiesen. Das wird die Folge lehren. - -

Die augenscheinlich inspirierte Meldung der "Germania", daß die Untersuchung in Sachen Buschoff noch nicht geschlossen sei, hat hier im ganzen Rheinland einen überaus peinlichen Eindruck hervorgerufen. Allerseits fragt man sich, wie sich mit dieser Thatsache die überstürzte Freilassung der Angeschuldigten zusammenreimt? Es bricht sich immer mehr die Ueberzeugung Bahn, daß es sich dabei lediglich um eine geschickte Ausflucht der dabei beteiligten Kreise handelt. Wenn es dem Gericht in Cleve, soweit dasselbe durch den Untersuchungsrichter Brixius und den Staatsanwalt Baumgardt vertreten wird, wirklich darum zu thun war, das blutige Rätsel doch noch zu entziffern, weshalb beeilte man sich in so auffälliger Weise, die so schwer und allseitig belastete Schächterfamilie ohne irgend welche sicherheitspolizeiliche Kautelen abreisen zu lassen? Warum hat man nicht wenigstens in diesem so klar liegenden Falle, wo doch

gebrüllt haben. Der Ärger darüber, daß der Kommissar den in ihn gesetzten Erwartungen der hiesigen und der Berliner Juden durch sein Vorgehen nicht entsprochen hat, läßt sich am Ende begreifen. Welcher Art diese Erwartungen aber gewesen sind, ergiebt sich aus der verlogenen Behauptung der „Jüdischen Presse“, es seien hier in Xanten gleich nach dem Kindesmord bildliche Darstellungen des Ritualmordes vertrieben worden, wie auch der Xantener „Bote“ erklärt. Die Rabbiner mögen das behaupten, indessen in nicht jüdischen Kreisen hier in Xanten ist davon nichts bekannt geworden!! Es liegt somit der Verdacht nahe, daß die Rabbiner selbst, um sich bei Zeiten einen Blitzableiter zu verschaffen, so geartete Illustrationen im eigenen Interesse haben anfertigen und unter sich verbreiten lassen – um nachher auf dieser Grundlage besser unterstellen zu können, der ganze Mord beruhe auf antisemitischer Mache. Dies talmudische Spiel ist doch zu durchsichtig, um ernst genommen zu werden! Jedenfalls aber hat das genannte Rabbinerblatt, das übrigens bei der Sache im engerem Sinne beteiligt zu sein scheint, sich und der Synagoge durch obige Einwendungen einen schlechten Dienst erwiesen. Das wird die Folge lehren. – –

Die augenscheinlich inspirierte Meldung der „Germania“, daß die Untersuchung in Sachen Buschoff noch nicht geschlossen sei, hat hier im ganzen Rheinland einen überaus peinlichen Eindruck hervorgerufen. Allerseits fragt man sich, wie sich mit dieser Thatsache die überstürzte Freilassung der Angeschuldigten zusammenreimt? Es bricht sich immer mehr die Ueberzeugung Bahn, daß es sich dabei lediglich um eine geschickte Ausflucht der dabei beteiligten Kreise handelt. Wenn es dem Gericht in Cleve, soweit dasselbe durch den Untersuchungsrichter Brixius und den Staatsanwalt Baumgardt vertreten wird, wirklich darum zu thun war, das blutige Rätsel doch noch zu entziffern, weshalb beeilte man sich in so auffälliger Weise, die so schwer und allseitig belastete Schächterfamilie ohne irgend welche sicherheitspolizeiliche Kautelen abreisen zu lassen? Warum hat man nicht wenigstens in diesem so klar liegenden Falle, wo doch

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[27/0027] gebrüllt haben. Der Ärger darüber, daß der Kommissar den in ihn gesetzten Erwartungen der hiesigen und der Berliner Juden durch sein Vorgehen nicht entsprochen hat, läßt sich am Ende begreifen. Welcher Art diese Erwartungen aber gewesen sind, ergiebt sich aus der verlogenen Behauptung der „Jüdischen Presse“, es seien hier in Xanten gleich nach dem Kindesmord bildliche Darstellungen des Ritualmordes vertrieben worden, wie auch der Xantener „Bote“ erklärt. Die Rabbiner mögen das behaupten, indessen in nicht jüdischen Kreisen hier in Xanten ist davon nichts bekannt geworden!! Es liegt somit der Verdacht nahe, daß die Rabbiner selbst, um sich bei Zeiten einen Blitzableiter zu verschaffen, so geartete Illustrationen im eigenen Interesse haben anfertigen und unter sich verbreiten lassen – um nachher auf dieser Grundlage besser unterstellen zu können, der ganze Mord beruhe auf antisemitischer Mache. Dies talmudische Spiel ist doch zu durchsichtig, um ernst genommen zu werden! Jedenfalls aber hat das genannte Rabbinerblatt, das übrigens bei der Sache im engerem Sinne beteiligt zu sein scheint, sich und der Synagoge durch obige Einwendungen einen schlechten Dienst erwiesen. Das wird die Folge lehren. – – Die augenscheinlich inspirierte Meldung der „Germania“, daß die Untersuchung in Sachen Buschoff noch nicht geschlossen sei, hat hier im ganzen Rheinland einen überaus peinlichen Eindruck hervorgerufen. Allerseits fragt man sich, wie sich mit dieser Thatsache die überstürzte Freilassung der Angeschuldigten zusammenreimt? Es bricht sich immer mehr die Ueberzeugung Bahn, daß es sich dabei lediglich um eine geschickte Ausflucht der dabei beteiligten Kreise handelt. Wenn es dem Gericht in Cleve, soweit dasselbe durch den Untersuchungsrichter Brixius und den Staatsanwalt Baumgardt vertreten wird, wirklich darum zu thun war, das blutige Rätsel doch noch zu entziffern, weshalb beeilte man sich in so auffälliger Weise, die so schwer und allseitig belastete Schächterfamilie ohne irgend welche sicherheitspolizeiliche Kautelen abreisen zu lassen? Warum hat man nicht wenigstens in diesem so klar liegenden Falle, wo doch

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Zitationshilfe: Oberwinder, Heinrich: Der Fall Buschoff. Berlin, 1892, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oberwinder_buschoff_1892/27>, abgerufen am 29.03.2024.