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Oberwinder, Heinrich: Der Fall Buschoff. Berlin, 1892.

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Die Sozialdemokratie zog wohl gegen das Junkertum und das Pfaffentum mit scharfen Waffen zu Felde; allein das liebe Judentum wurde stets mit Glaceehandschuhen angefaßt; dessen offenbare Schurkereien wurden kaum erwähnt, während kein Wort kräftig genug schien, den Antisemitismus als eine Abscheulichkeit zu brandmarken. Gerechtigkeit nach allen Seiten hin! Gut, dann können und dürfen die Sozialdemokraten auch nicht das Judentum als den riesigsten Bedrückungs- und Ausbeutungsfaktor ignorieren. Sie wissen ja ebenfalls, was mit den Juden los ist. Unterm Strich schrieb am 26. Novbr. 1891 der "Vorwärts" in einem Roman:

- Das wird Euch lehren, sagte Marche-Seul kalt, mit ironischem Lächeln, vor die Hotels dieser jüdischen Diebe, welche sich Rothschilds nennen, Schildwachen zu stellen, statt sie aufzuhängen; es wird Euch lehren, die Börsenfixer zu achten, statt sie niederzukartätschen, denn - fügte er hinzu, man wäre sicher, nicht einen einzigen anständigen Mann zu töten, indem man auf gut Glück mitten in den Haufen hineinschießt.

Doch brechen wir davon ab. Im Xantener Fall ist die Hauptsache nicht der Ritualmord; es handelt sich auch nicht so darum, daß ein Jude der Thäter gewesen sein wird; der Fall hat vielmehr einen sehr ernsten sozial-politischen Hintergrund. Es handelt sich darum, ob die Geldmacht (repräsentiert durch das Judentum) auf geheimen Wegen die Untersuchung beeinflussen darf. Und hierzu sollte eine so antikapitalistische Partei, wie die Sozialdemokratie, am allerwenigsten Schweigen können.

Leider haben sich in dieser Diskussion nicht alle katholischen Organe so legal und mannhaft benommen, wie die "Germania", die "Deutsche Reichsztg.", der "Xantener Bote" etc. Das gilt hauptsächlich von der "Köln. Volkszeitung", welche Israel gegenüber zu allen Zeiten ihres Bestehens eine befremdliche Rücksicht und Zärtlichkeit an den Tag gelegt hat. Dieselbe bemerkte noch am 25. Januar ausweichend zu den entschiedenen Verwahrungen der "Germania", des "Boten" etc.:

"So weit das Xantener Blatt. Aus der Lesung desselben und andern Anzeichen erhält man den Eindruck, daß in Xanten

Die Sozialdemokratie zog wohl gegen das Junkertum und das Pfaffentum mit scharfen Waffen zu Felde; allein das liebe Judentum wurde stets mit Glaceehandschuhen angefaßt; dessen offenbare Schurkereien wurden kaum erwähnt, während kein Wort kräftig genug schien, den Antisemitismus als eine Abscheulichkeit zu brandmarken. Gerechtigkeit nach allen Seiten hin! Gut, dann können und dürfen die Sozialdemokraten auch nicht das Judentum als den riesigsten Bedrückungs- und Ausbeutungsfaktor ignorieren. Sie wissen ja ebenfalls, was mit den Juden los ist. Unterm Strich schrieb am 26. Novbr. 1891 der „Vorwärts“ in einem Roman:

– Das wird Euch lehren, sagte Marche-Seul kalt, mit ironischem Lächeln, vor die Hotels dieser jüdischen Diebe, welche sich Rothschilds nennen, Schildwachen zu stellen, statt sie aufzuhängen; es wird Euch lehren, die Börsenfixer zu achten, statt sie niederzukartätschen, denn – fügte er hinzu, man wäre sicher, nicht einen einzigen anständigen Mann zu töten, indem man auf gut Glück mitten in den Haufen hineinschießt.

Doch brechen wir davon ab. Im Xantener Fall ist die Hauptsache nicht der Ritualmord; es handelt sich auch nicht so darum, daß ein Jude der Thäter gewesen sein wird; der Fall hat vielmehr einen sehr ernsten sozial-politischen Hintergrund. Es handelt sich darum, ob die Geldmacht (repräsentiert durch das Judentum) auf geheimen Wegen die Untersuchung beeinflussen darf. Und hierzu sollte eine so antikapitalistische Partei, wie die Sozialdemokratie, am allerwenigsten Schweigen können.

Leider haben sich in dieser Diskussion nicht alle katholischen Organe so legal und mannhaft benommen, wie die „Germania“, die „Deutsche Reichsztg.“, der „Xantener Bote“ etc. Das gilt hauptsächlich von der „Köln. Volkszeitung“, welche Israel gegenüber zu allen Zeiten ihres Bestehens eine befremdliche Rücksicht und Zärtlichkeit an den Tag gelegt hat. Dieselbe bemerkte noch am 25. Januar ausweichend zu den entschiedenen Verwahrungen der „Germania“, des „Boten“ etc.:

„So weit das Xantener Blatt. Aus der Lesung desselben und andern Anzeichen erhält man den Eindruck, daß in Xanten

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[35/0035] Die Sozialdemokratie zog wohl gegen das Junkertum und das Pfaffentum mit scharfen Waffen zu Felde; allein das liebe Judentum wurde stets mit Glaceehandschuhen angefaßt; dessen offenbare Schurkereien wurden kaum erwähnt, während kein Wort kräftig genug schien, den Antisemitismus als eine Abscheulichkeit zu brandmarken. Gerechtigkeit nach allen Seiten hin! Gut, dann können und dürfen die Sozialdemokraten auch nicht das Judentum als den riesigsten Bedrückungs- und Ausbeutungsfaktor ignorieren. Sie wissen ja ebenfalls, was mit den Juden los ist. Unterm Strich schrieb am 26. Novbr. 1891 der „Vorwärts“ in einem Roman: – Das wird Euch lehren, sagte Marche-Seul kalt, mit ironischem Lächeln, vor die Hotels dieser jüdischen Diebe, welche sich Rothschilds nennen, Schildwachen zu stellen, statt sie aufzuhängen; es wird Euch lehren, die Börsenfixer zu achten, statt sie niederzukartätschen, denn – fügte er hinzu, man wäre sicher, nicht einen einzigen anständigen Mann zu töten, indem man auf gut Glück mitten in den Haufen hineinschießt. Doch brechen wir davon ab. Im Xantener Fall ist die Hauptsache nicht der Ritualmord; es handelt sich auch nicht so darum, daß ein Jude der Thäter gewesen sein wird; der Fall hat vielmehr einen sehr ernsten sozial-politischen Hintergrund. Es handelt sich darum, ob die Geldmacht (repräsentiert durch das Judentum) auf geheimen Wegen die Untersuchung beeinflussen darf. Und hierzu sollte eine so antikapitalistische Partei, wie die Sozialdemokratie, am allerwenigsten Schweigen können. Leider haben sich in dieser Diskussion nicht alle katholischen Organe so legal und mannhaft benommen, wie die „Germania“, die „Deutsche Reichsztg.“, der „Xantener Bote“ etc. Das gilt hauptsächlich von der „Köln. Volkszeitung“, welche Israel gegenüber zu allen Zeiten ihres Bestehens eine befremdliche Rücksicht und Zärtlichkeit an den Tag gelegt hat. Dieselbe bemerkte noch am 25. Januar ausweichend zu den entschiedenen Verwahrungen der „Germania“, des „Boten“ etc.: „So weit das Xantener Blatt. Aus der Lesung desselben und andern Anzeichen erhält man den Eindruck, daß in Xanten

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Zitationshilfe: Oberwinder, Heinrich: Der Fall Buschoff. Berlin, 1892, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oberwinder_buschoff_1892/35>, abgerufen am 24.04.2024.