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Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.

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Beschreibung des Fichtelbergs.
Aus
Schmeer-
Stein wer-
den allerley
Kugeln/
schießet/ aus einem zehen und frischen Erdreich (welches die Ein-
wohner Schmeer-Stein nennen/ und es umb den Flecken allent-
halben herum ausgraben/) von allen Einwohnern alten und jun-
gen Leuten gemachet/ die werden darnach vom Feuer gehärtet/
und mit vielen Wägen gen Nürmberg/ und wieder von dannen
durch gantz Teutschland geführet. Es haben auch gemeldten Fle-
ckens Einwohner neben dem Ackerbau keine andere Handthierung/
der sie sich erhalten oder ernähren.

Was hier Brusch geschrieben/ hat zwar viele Jahre nach
seinem Todt continuirt, allein vor ungefehr 18. oder 20. Jahren/
ist der letzte Mann gestorben/ der solchen Schmeer-Stein/ wel-
chen man auch hier zu Lande Meel-Batz nennet/ im Feuer zu
ingleichen
allerley
Gieß-For-
men ge-
macht.
härten gewust/ da er dann Steinfeste worden/ daß er sich hat
poliren lassen/ wovon allerley Kugel-Knöpff- und andere derglei-
chen Güß-Mödel und Formen seynd gemacht worden: Und ist
zu betauren/ daß/ da dieser Steine genugsam am besagten Ort
anzutreffen/ gleichwohl die Kunst ihn zuzurichten/ untergehen
solle.

(5.) Schne-
cken-Steine.

Bey Streitberg im Burggraffthum oberhalb Gebürgs
liegt Wüstenstein/ wenn man von dar nacher Trupp[a]ch gehet/ fin-
det man eine Art grosser und kleiner Steine/ deren etliche gar viel
Pfund schwer seynd/ auf freyem Felde/ auf deren Superficie, so
breit als solche ist/ die alleraccurateste und netteste Form einer
Schnecken-Windung zu sehen/ eben als ob sie durch künstliche
Hand eines Bildhauers zubereitet worden/ und wann man etwas
oben davon herabschläget/ so zeiget sich unter derselben eben diese
Figur in ihrer Proportion wieder/ so daß auch hieraus die wunder-
volle Weißheit des Schöpffers erhellet. Diese Steine seynd fast
so fest und hart als ein Marmor/ und haben einen ziemlichen star-
cken Geruch/ bey nahe wie die Terra Lemnia, sie seynd weiß-grauer
Farbe/ wann man sie zerschläget/ sehen sie dem grauen Marmor
(6.) Juden-
oder Don-
ner-Steine.
gleich/ sie werden offt ausgepflüget. Vor wenig Jahren hat
ein Bauer über Bernstein/ so eine gute Stundte von Wunsidel
lieget/ bey einem Baum mehr dann 2. Näpffe Juden-Steine aus-
gegraben/ die seynd aussenher mit einer bräunlichten steinernen

Rinde

Beſchreibung des Fichtelbergs.
Aus
Schmeer-
Stein wer-
den allerley
Kugeln/
ſchießet/ aus einem zehen und friſchen Erdreich (welches die Ein-
wohner Schmeer-Stein nennen/ und es umb den Flecken allent-
halben herum ausgraben/) von allen Einwohnern alten und jun-
gen Leuten gemachet/ die werden darnach vom Feuer gehaͤrtet/
und mit vielen Waͤgen gen Nuͤrmberg/ und wieder von dannen
durch gantz Teutſchland gefuͤhret. Es haben auch gemeldten Fle-
ckens Einwohner neben dem Ackerbau keine andere Handthierung/
der ſie ſich erhalten oder ernaͤhren.

Was hier Bruſch geſchrieben/ hat zwar viele Jahre nach
ſeinem Todt continuirt, allein vor ungefehr 18. oder 20. Jahren/
iſt der letzte Mann geſtorben/ der ſolchen Schmeer-Stein/ wel-
chen man auch hier zu Lande Meel-Batz nennet/ im Feuer zu
ingleichen
allerley
Gieß-For-
men ge-
macht.
haͤrten gewuſt/ da er dann Steinfeſte worden/ daß er ſich hat
poliren laſſen/ wovon allerley Kugel-Knoͤpff- und andere derglei-
chen Guͤß-Moͤdel und Formen ſeynd gemacht worden: Und iſt
zu betauren/ daß/ da dieſer Steine genugſam am beſagten Ort
anzutreffen/ gleichwohl die Kunſt ihn zuzurichten/ untergehen
ſolle.

(5.) Schne-
ckẽ-Steine.

Bey Streitberg im Burggraffthum oberhalb Gebuͤrgs
liegt Wuͤſtenſtein/ wenn man von dar nacher Trupp[a]ch gehet/ fin-
det man eine Art groſſer und kleiner Steine/ deren etliche gar viel
Pfund ſchwer ſeynd/ auf freyem Felde/ auf deren Superficie, ſo
breit als ſolche iſt/ die alleraccurateſte und netteſte Form einer
Schnecken-Windung zu ſehen/ eben als ob ſie durch kuͤnſtliche
Hand eines Bildhauers zubereitet worden/ und wann man etwas
oben davon herabſchlaͤget/ ſo zeiget ſich unter derſelben eben dieſe
Figur in ihrer Proportion wieder/ ſo daß auch hieraus die wunder-
volle Weißheit des Schoͤpffers erhellet. Dieſe Steine ſeynd faſt
ſo feſt und hart als ein Marmor/ und haben einen ziemlichen ſtar-
cken Geruch/ bey nahe wie die Terra Lemnia, ſie ſeynd weiß-grauer
Farbe/ wann man ſie zerſchlaͤget/ ſehen ſie dem grauen Marmor
(6.) Juden-
oder Don-
ner-Steine.
gleich/ ſie werden offt ausgepfluͤget. Vor wenig Jahren hat
ein Bauer uͤber Bernſtein/ ſo eine gute Stundte von Wunſidel
lieget/ bey einem Baum mehr dann 2. Naͤpffe Juden-Steine aus-
gegraben/ die ſeynd auſſenher mit einer braͤunlichten ſteinernen

Rinde
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[112/0147] Beſchreibung des Fichtelbergs. ſchießet/ aus einem zehen und friſchen Erdreich (welches die Ein- wohner Schmeer-Stein nennen/ und es umb den Flecken allent- halben herum ausgraben/) von allen Einwohnern alten und jun- gen Leuten gemachet/ die werden darnach vom Feuer gehaͤrtet/ und mit vielen Waͤgen gen Nuͤrmberg/ und wieder von dannen durch gantz Teutſchland gefuͤhret. Es haben auch gemeldten Fle- ckens Einwohner neben dem Ackerbau keine andere Handthierung/ der ſie ſich erhalten oder ernaͤhren. Aus Schmeer- Stein wer- den allerley Kugeln/ Was hier Bruſch geſchrieben/ hat zwar viele Jahre nach ſeinem Todt continuirt, allein vor ungefehr 18. oder 20. Jahren/ iſt der letzte Mann geſtorben/ der ſolchen Schmeer-Stein/ wel- chen man auch hier zu Lande Meel-Batz nennet/ im Feuer zu haͤrten gewuſt/ da er dann Steinfeſte worden/ daß er ſich hat poliren laſſen/ wovon allerley Kugel-Knoͤpff- und andere derglei- chen Guͤß-Moͤdel und Formen ſeynd gemacht worden: Und iſt zu betauren/ daß/ da dieſer Steine genugſam am beſagten Ort anzutreffen/ gleichwohl die Kunſt ihn zuzurichten/ untergehen ſolle. ingleichen allerley Gieß-For- men ge- macht. Bey Streitberg im Burggraffthum oberhalb Gebuͤrgs liegt Wuͤſtenſtein/ wenn man von dar nacher Truppach gehet/ fin- det man eine Art groſſer und kleiner Steine/ deren etliche gar viel Pfund ſchwer ſeynd/ auf freyem Felde/ auf deren Superficie, ſo breit als ſolche iſt/ die alleraccurateſte und netteſte Form einer Schnecken-Windung zu ſehen/ eben als ob ſie durch kuͤnſtliche Hand eines Bildhauers zubereitet worden/ und wann man etwas oben davon herabſchlaͤget/ ſo zeiget ſich unter derſelben eben dieſe Figur in ihrer Proportion wieder/ ſo daß auch hieraus die wunder- volle Weißheit des Schoͤpffers erhellet. Dieſe Steine ſeynd faſt ſo feſt und hart als ein Marmor/ und haben einen ziemlichen ſtar- cken Geruch/ bey nahe wie die Terra Lemnia, ſie ſeynd weiß-grauer Farbe/ wann man ſie zerſchlaͤget/ ſehen ſie dem grauen Marmor gleich/ ſie werden offt ausgepfluͤget. Vor wenig Jahren hat ein Bauer uͤber Bernſtein/ ſo eine gute Stundte von Wunſidel lieget/ bey einem Baum mehr dann 2. Naͤpffe Juden-Steine aus- gegraben/ die ſeynd auſſenher mit einer braͤunlichten ſteinernen Rinde (6.) Juden- oder Don- ner-Steine.

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Zitationshilfe: Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/147>, abgerufen am 25.04.2024.