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Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.

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Beschreibung des Fichtelbergs.
eine auch auf den Tag Pauli Bekehrung eintriefft/ halten sie es
vor desto gewisser und ohnfehlbarer.

Vorbedeu-
tung/ wie
das Obst
gerathen
solle.

Wo an dem Fichtelberg ein und anderer Ort/ mit Obstbäu-
men angebauet ist/ pflegen sie gar sehr darauf zu sehen/ ob die Aeste
und Zweige der besagten Bäumen/ umb Weyhnachten/ das Neue
Jahr/ am drey König-Tag/ oder umb Lichtmeß/ von Schnee an-
geflogen oder angereumelt sind/ welches dann ein gutes Obst-Jahr
bedeuten solle. Sind aber die Bäume bloß/ so halten sie es vor
ein unfruchtbares Jahr. Wann aber der Schnee häuffig darauf
lieget/ achten sie es denen Bäumen nicht gut zu seyn/ weiln sie
förchten/ sie dürfften ungeschlacht werden.

Aus Kraut-
Samen
wachsen Rü-
ben.

Wann die Weiber umb den Fichtelberg Kappis- oder Kraut-
Samen aussäen/ und es begegenen ihnen Schweine/ so sollen
aus dem gedachten Saamen stadt des Krauts lauter Rüben wach-
sen/ welches durch öfftere Erfahrung solle verificirt worden seyn.
Ein Physicus bekäme hier Materie zu untersuchen/ ob etwan der
Geruch oder andere exhalationes von denen Schweinen eine solche
Veränderung verursachen.

Ubelriechen-
de Wächter
zu verab-
schieden.

Bey etlichen Anwohnern am Fichtelberg habe ich wahrge-
genommen/ daß wann ihnen junge muthwillige Gesellen aus lau-
ter Boßheit einen übelriechenden Wächter vor die Thüre gesetzet/
dieselbe solchen mit darauf gesträueten gebratenen heissen Erbsen
und Pfeffer seinen Abschied annoch fein warm gegeben/ da dann
dem Herrn Commendanten sein Sitz so feurig worden/ daß er kei-
ne bleibende Städte etliche Tage lang haben können.

Daß einem
der erlittene
Schlag
nicht scha-
den solle.

Wann hingegen an diesen Orten ihrer zwey miteinander un-
einig werden/ und kommen mit Fäuste-Schlägen zusammen/ daß ei-
ner einen ziemlichen Theil bekommet/ und es gereuhet hernach den
Schläger/ pfleget er gleich darauf in die schlagende Hand zu speyen/
und solche mit der andern sanffte zu reiben/ da dann der Schlag dem
leidenden Theil nicht schaden solle. Nachdem aber dergleichen
Dinge auch in andern Ländern pflegen im Schwange zu gehen/ als
will ich nichts weiters hievon melden/ sondern
diesen ersten Theil hiemit be-
schliessen.

Der

Beſchreibung des Fichtelbergs.
eine auch auf den Tag Pauli Bekehrung eintriefft/ halten ſie es
vor deſto gewiſſer und ohnfehlbarer.

Vorbedeu-
tung/ wie
das Obſt
gerathen
ſolle.

Wo an dem Fichtelberg ein und anderer Ort/ mit Obſtbaͤu-
men angebauet iſt/ pflegen ſie gar ſehr darauf zu ſehen/ ob die Aeſte
und Zweige der beſagten Baͤumen/ umb Weyhnachten/ das Neue
Jahr/ am drey Koͤnig-Tag/ oder umb Lichtmeß/ von Schnee an-
geflogen oder angereumelt ſind/ welches dann ein gutes Obſt-Jahr
bedeuten ſolle. Sind aber die Baͤume bloß/ ſo halten ſie es vor
ein unfruchtbares Jahr. Wann aber der Schnee haͤuffig darauf
lieget/ achten ſie es denen Baͤumen nicht gut zu ſeyn/ weiln ſie
foͤrchten/ ſie duͤrfften ungeſchlacht werden.

Aus Kraut-
Samen
wachſen Ruͤ-
ben.

Wann die Weiber umb den Fichtelberg Kappis- oder Kraut-
Samen ausſaͤen/ und es begegenen ihnen Schweine/ ſo ſollen
aus dem gedachten Saamen ſtadt des Krauts lauter Ruͤben wach-
ſen/ welches durch oͤfftere Erfahrung ſolle verificirt worden ſeyn.
Ein Phyſicus bekaͤme hier Materie zu unterſuchen/ ob etwan der
Geruch oder andere exhalationes von denen Schweinen eine ſolche
Veraͤnderung verurſachen.

Ubelꝛiechen-
de Waͤchter
zu verab-
ſchieden.

Bey etlichen Anwohnern am Fichtelberg habe ich wahrge-
genommen/ daß wann ihnen junge muthwillige Geſellen aus lau-
ter Boßheit einen uͤbelriechenden Waͤchter vor die Thuͤre geſetzet/
dieſelbe ſolchen mit darauf geſtraͤueten gebratenen heiſſen Erbſen
und Pfeffer ſeinen Abſchied annoch fein warm gegeben/ da dann
dem Herrn Commendanten ſein Sitz ſo feurig worden/ daß er kei-
ne bleibende Staͤdte etliche Tage lang haben koͤnnen.

Daß einem
der erlittene
Schlag
nicht ſcha-
den ſolle.

Wann hingegen an dieſen Orten ihrer zwey miteinander un-
einig werden/ und kommen mit Faͤuſte-Schlaͤgen zuſammen/ daß ei-
ner einen ziemlichen Theil bekommet/ und es gereuhet hernach den
Schlaͤger/ pfleget er gleich darauf in die ſchlagende Hand zu ſpeyen/
und ſolche mit der andern ſanffte zu reiben/ da dann der Schlag dem
leidenden Theil nicht ſchaden ſolle. Nachdem aber dergleichen
Dinge auch in andern Laͤndern pflegen im Schwange zu gehen/ als
will ich nichts weiters hievon melden/ ſondern
dieſen erſten Theil hiemit be-
ſchlieſſen.

Der
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Zitationshilfe: Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/195>, abgerufen am 29.03.2024.