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Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.

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Beschreibung des Fichtelbergs.

Anno Domini 1350. trug sichs zu/ daß bey den Barfüssern zuDie Juden
werden zu
Eger er-
schlagen.

Eger ein Minorit nach Gewohnheit am grünen Donnerstag die Pas-
sion predigte; es war aber bey gemeldter Predigt ein unsinniger
und vielleicht derer Sachen (davon man prediget/) unerfahrner und
unverständiger Kriegsmann/ und nachdem dieser höret/ daß
JEsus Christus der einige Sohn GOTTes/ ein GOTT und
Mensch ohne Sünde/ so ein heiliger und unschuldiger Mann/
so eines schmehligen und bittern Todts wäre von den treulosen
Juden umbkommen; welches dann der Mönch aufs best und höch-
ste mit viel Geschrey aufmutzt und herausstriche. Durch diese
Unbilligkeit ist der Kriegsmann also bewegt und erzürnet worden/
daß er in Summa das unschuldige Blut Jesu Christi hat rächen und
von der Juden Händen fordern wollen/ ist also in der Predigt ei-
nem Altar zugesprungen/ hat von dem ein Crucifix erwischt/ und
mit grosser Stimme auf gut Landes-Knechtisch die Gemein (so
bey der Predigt war/) ermahnet/ und gebeten/ so sie wolten sol-
chen unschuldigen Todt und solche an den frommen Christum ge-
legte Schmach helffen rächen/ solten sie ihm nachfolgen/ er wolte
es rächen/ und ihr treuer Führer und Hauptmann seyn. Da
aber das Gepöbel (welches ohne das den Juden/ von denen es
lang war geplaget worden/ gram und feind war/) solche Rede
und Vermahnung des Kriegsmanns hörte/ und vernahm/ wil-
liget es bald dazu/ folgete dem Lands-Knecht mit Hauffen nach/
was ein jeder im Sturm erwischte/ war seine Wehr und Schwerdt.
Uberfielen also die Juden/ schlugen die alle zu tod/ nahmen und
theilten ihre Güter unter sich/ die Bücher (so auch noch vor-
handen/) gaben sie einem Erbaren Weisen Rath zu bewahren. Also
wurden die von Eger ihrer Juden loß. Und wiewohl dieses alles
angefangen und geschah ohne Bewust eines Ehrsamen Raths/ mu-
sten sie doch dem König zu Böhmen etliche tausend Gülden zu
Straff geben.

Anno Domini 1389. hat König Wenceslaus, Römischer Käy-Wencesl.
Kayser ver-
leihet Lehn
zu Eger.

ser/ zu Eger dem Bischoff von Tryer Lehen geliehen/ und waren
dazumahl in der Stadt Eger mit gemeldtem Käyser 24. Fürsten/
43. Grafen/ 63. Reichs-Städte/ Bothschafften aber/ Freyherren

und
Beſchreibung des Fichtelbergs.

Anno Domini 1350. trug ſichs zu/ daß bey den Barfuͤſſern zuDie Juden
werden zu
Eger er-
ſchlagen.

Eger ein Minorit nach Gewohnheit am gruͤnen Donnerſtag die Pas-
ſion predigte; es war aber bey gemeldter Predigt ein unſinniger
und vielleicht derer Sachen (davon man prediget/) unerfahrner und
unverſtaͤndiger Kriegsmann/ und nachdem dieſer hoͤret/ daß
JEſus Chriſtus der einige Sohn GOTTes/ ein GOTT und
Menſch ohne Suͤnde/ ſo ein heiliger und unſchuldiger Mann/
ſo eines ſchmehligen und bittern Todts waͤre von den treuloſen
Juden umbkommen; welches dann der Moͤnch aufs beſt und hoͤch-
ſte mit viel Geſchrey aufmutzt und herausſtriche. Durch dieſe
Unbilligkeit iſt der Kriegsmann alſo bewegt und erzuͤrnet worden/
daß er in Summa das unſchuldige Blut Jeſu Chriſti hat raͤchen und
von der Juden Haͤnden fordern wollen/ iſt alſo in der Predigt ei-
nem Altar zugeſprungen/ hat von dem ein Crucifix erwiſcht/ und
mit groſſer Stimme auf gut Landes-Knechtiſch die Gemein (ſo
bey der Predigt war/) ermahnet/ und gebeten/ ſo ſie wolten ſol-
chen unſchuldigen Todt und ſolche an den frommen Chriſtum ge-
legte Schmach helffen raͤchen/ ſolten ſie ihm nachfolgen/ er wolte
es raͤchen/ und ihr treuer Fuͤhrer und Hauptmann ſeyn. Da
aber das Gepoͤbel (welches ohne das den Juden/ von denen es
lang war geplaget worden/ gram und feind war/) ſolche Rede
und Vermahnung des Kriegsmanns hoͤrte/ und vernahm/ wil-
liget es bald dazu/ folgete dem Lands-Knecht mit Hauffen nach/
was ein jeder im Sturm erwiſchte/ war ſeine Wehr und Schwerdt.
Uberfielen alſo die Juden/ ſchlugen die alle zu tod/ nahmen und
theilten ihre Guͤter unter ſich/ die Buͤcher (ſo auch noch vor-
handen/) gaben ſie einem Erbaren Weiſen Rath zu bewahren. Alſo
wurden die von Eger ihrer Juden loß. Und wiewohl dieſes alles
angefangen und geſchah ohne Bewuſt eines Ehrſamen Raths/ mu-
ſten ſie doch dem Koͤnig zu Boͤhmen etliche tauſend Guͤlden zu
Straff geben.

Anno Domini 1389. hat Koͤnig Wenceslaus, Roͤmiſcher Kaͤy-Wencesl.
Kayſer ver-
leihet Lehn
zu Eger.

ſer/ zu Eger dem Biſchoff von Tryer Lehen geliehen/ und waren
dazumahl in der Stadt Eger mit gemeldtem Kaͤyſer 24. Fuͤrſten/
43. Grafen/ 63. Reichs-Staͤdte/ Bothſchafften aber/ Freyherren

und
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[175/0210] Beſchreibung des Fichtelbergs. Anno Domini 1350. trug ſichs zu/ daß bey den Barfuͤſſern zu Eger ein Minorit nach Gewohnheit am gruͤnen Donnerſtag die Pas- ſion predigte; es war aber bey gemeldter Predigt ein unſinniger und vielleicht derer Sachen (davon man prediget/) unerfahrner und unverſtaͤndiger Kriegsmann/ und nachdem dieſer hoͤret/ daß JEſus Chriſtus der einige Sohn GOTTes/ ein GOTT und Menſch ohne Suͤnde/ ſo ein heiliger und unſchuldiger Mann/ ſo eines ſchmehligen und bittern Todts waͤre von den treuloſen Juden umbkommen; welches dann der Moͤnch aufs beſt und hoͤch- ſte mit viel Geſchrey aufmutzt und herausſtriche. Durch dieſe Unbilligkeit iſt der Kriegsmann alſo bewegt und erzuͤrnet worden/ daß er in Summa das unſchuldige Blut Jeſu Chriſti hat raͤchen und von der Juden Haͤnden fordern wollen/ iſt alſo in der Predigt ei- nem Altar zugeſprungen/ hat von dem ein Crucifix erwiſcht/ und mit groſſer Stimme auf gut Landes-Knechtiſch die Gemein (ſo bey der Predigt war/) ermahnet/ und gebeten/ ſo ſie wolten ſol- chen unſchuldigen Todt und ſolche an den frommen Chriſtum ge- legte Schmach helffen raͤchen/ ſolten ſie ihm nachfolgen/ er wolte es raͤchen/ und ihr treuer Fuͤhrer und Hauptmann ſeyn. Da aber das Gepoͤbel (welches ohne das den Juden/ von denen es lang war geplaget worden/ gram und feind war/) ſolche Rede und Vermahnung des Kriegsmanns hoͤrte/ und vernahm/ wil- liget es bald dazu/ folgete dem Lands-Knecht mit Hauffen nach/ was ein jeder im Sturm erwiſchte/ war ſeine Wehr und Schwerdt. Uberfielen alſo die Juden/ ſchlugen die alle zu tod/ nahmen und theilten ihre Guͤter unter ſich/ die Buͤcher (ſo auch noch vor- handen/) gaben ſie einem Erbaren Weiſen Rath zu bewahren. Alſo wurden die von Eger ihrer Juden loß. Und wiewohl dieſes alles angefangen und geſchah ohne Bewuſt eines Ehrſamen Raths/ mu- ſten ſie doch dem Koͤnig zu Boͤhmen etliche tauſend Guͤlden zu Straff geben. Die Juden werden zu Eger er- ſchlagen. Anno Domini 1389. hat Koͤnig Wenceslaus, Roͤmiſcher Kaͤy- ſer/ zu Eger dem Biſchoff von Tryer Lehen geliehen/ und waren dazumahl in der Stadt Eger mit gemeldtem Kaͤyſer 24. Fuͤrſten/ 43. Grafen/ 63. Reichs-Staͤdte/ Bothſchafften aber/ Freyherren und Wencesl. Kayſer ver- leihet Lehn zu Eger.

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Zitationshilfe: Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/210>, abgerufen am 25.04.2024.