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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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den kleinen Residenzen, aus Altenburg von der einen, und aus Gera von der andern Seite kamen hohe, mittlere und geringe Personen auf einige Zeit herüber. Bald hatten wir auch die Freude, Joseph von Brassier mit Fritz und den beiden Grafen von Medem, den Neffen der Herzogin aus Heidelberg anlangen zu sehn. Da konnte ich auf einem großen gemeinschaftlichen Spaziergange Paulen ganz heimlich zuraunen: we dive in nobility!

Von der edlen Elisa ward ich mit der gewohnten mütterlichen Freundschaft aufgenommen, und zu meiner Verwunderung wegen der über Stark mitgetheilten Nachrichten belobt. Ich konnte nun der Wahrheit gemäß hinzufügen, daß diese ganze Angelegenheit beinahe in Vergessenheit gerathen sei, und daß die Wahlen der darmstädter Abgeordneten zum Landtage ein weit größeres Interesse in Anspruch nähmen, als Starks vermeintlicher Kryptokatholicismus, der in Betreff seiner Gemeinde ohne bemerkbare Folgen geblieben sei. Damit war Frau von der Recke zufrieden gestellt; sie hat auch, so viel mir bekannt ist, diese abgethane Sache nicht weiter verfolgt.

Nach wenigen Tagen ließ sich auch der Herzog August von Gotha melden. Von diesem wunderlichen Herrn erfuhren wir durch Tiedge, der ihn schon früher gekannt, manche biographischen Einzelheiten. Der Herzog zeigte von Jugend auf eine große Vorliebe für die Wissenschaften, bethätigte sie aber, wie dies bei einem Fürsten kaum anders sein kann, in sehr regelloser und oft verkehrter Weise. Bei den Studien über das griechische Alterthum unterstütztes ihn der gelehrte Professor Jacobs in Gotha. Der Herzog versuchte sich auch als Schriftsteller mit einem Romane: Ein Jahr in Arkadien. Ich hatte das Buch in

den kleinen Residenzen, aus Altenburg von der einen, und aus Gera von der andern Seite kamen hohe, mittlere und geringe Personen auf einige Zeit herüber. Bald hatten wir auch die Freude, Joseph von Brassier mit Fritz und den beiden Grafen von Medem, den Neffen der Herzogin aus Heidelberg anlangen zu sehn. Da konnte ich auf einem großen gemeinschaftlichen Spaziergange Paulen ganz heimlich zuraunen: we dive in nobility!

Von der edlen Elisa ward ich mit der gewohnten mütterlichen Freundschaft aufgenommen, und zu meiner Verwunderung wegen der über Stark mitgetheilten Nachrichten belobt. Ich konnte nun der Wahrheit gemäß hinzufügen, daß diese ganze Angelegenheit beinahe in Vergessenheit gerathen sei, und daß die Wahlen der darmstädter Abgeordneten zum Landtage ein weit größeres Interesse in Anspruch nähmen, als Starks vermeintlicher Kryptokatholicismus, der in Betreff seiner Gemeinde ohne bemerkbare Folgen geblieben sei. Damit war Frau von der Recke zufrieden gestellt; sie hat auch, so viel mir bekannt ist, diese abgethane Sache nicht weiter verfolgt.

Nach wenigen Tagen ließ sich auch der Herzog August von Gotha melden. Von diesem wunderlichen Herrn erfuhren wir durch Tiedge, der ihn schon früher gekannt, manche biographischen Einzelheiten. Der Herzog zeigte von Jugend auf eine große Vorliebe für die Wissenschaften, bethätigte sie aber, wie dies bei einem Fürsten kaum anders sein kann, in sehr regelloser und oft verkehrter Weise. Bei den Studien über das griechische Alterthum unterstütztes ihn der gelehrte Professor Jacobs in Gotha. Der Herzog versuchte sich auch als Schriftsteller mit einem Romane: Ein Jahr in Arkadien. Ich hatte das Buch in

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[388/0396] den kleinen Residenzen, aus Altenburg von der einen, und aus Gera von der andern Seite kamen hohe, mittlere und geringe Personen auf einige Zeit herüber. Bald hatten wir auch die Freude, Joseph von Brassier mit Fritz und den beiden Grafen von Medem, den Neffen der Herzogin aus Heidelberg anlangen zu sehn. Da konnte ich auf einem großen gemeinschaftlichen Spaziergange Paulen ganz heimlich zuraunen: we dive in nobility! Von der edlen Elisa ward ich mit der gewohnten mütterlichen Freundschaft aufgenommen, und zu meiner Verwunderung wegen der über Stark mitgetheilten Nachrichten belobt. Ich konnte nun der Wahrheit gemäß hinzufügen, daß diese ganze Angelegenheit beinahe in Vergessenheit gerathen sei, und daß die Wahlen der darmstädter Abgeordneten zum Landtage ein weit größeres Interesse in Anspruch nähmen, als Starks vermeintlicher Kryptokatholicismus, der in Betreff seiner Gemeinde ohne bemerkbare Folgen geblieben sei. Damit war Frau von der Recke zufrieden gestellt; sie hat auch, so viel mir bekannt ist, diese abgethane Sache nicht weiter verfolgt. Nach wenigen Tagen ließ sich auch der Herzog August von Gotha melden. Von diesem wunderlichen Herrn erfuhren wir durch Tiedge, der ihn schon früher gekannt, manche biographischen Einzelheiten. Der Herzog zeigte von Jugend auf eine große Vorliebe für die Wissenschaften, bethätigte sie aber, wie dies bei einem Fürsten kaum anders sein kann, in sehr regelloser und oft verkehrter Weise. Bei den Studien über das griechische Alterthum unterstütztes ihn der gelehrte Professor Jacobs in Gotha. Der Herzog versuchte sich auch als Schriftsteller mit einem Romane: Ein Jahr in Arkadien. Ich hatte das Buch in

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/396>, abgerufen am 28.03.2024.