Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

Syringa (chinensis) Marli
Die Siringa Varin ? zwischen der Syringa persica und vulgaris, entstand
vor 20 Jahren in Rouen im Garten des Herrn Varin, von dem sie benant wurde.

Dass die Typen feststehn, sieht man daran, dass Neger, wenn sie
nach dem Norden kommen, und Weisse, wenn sie nach Süden gehn, alle
ihre Karaktere beibehalten. Die Erzählung von Portugiesen, welche
in Angola schwarz geworden sein sollen, ist eine Fabel. Einige Phi-
losophen haben die sonderbare Meinung, dass alle Neger mit einer be-
ständigen Leberkrankheit behaftet wären, wodurch das schwarze
Pigment auf dem Malpighischen Netze niedergeschlagen würde.
Allein Thenard' und Dupuytren's Versuche haben gezeigt, dass in
o ikteros, Gelbsucht.
den ikterischen Krankheiten keine Galle abgesezt wird.

Dass das Klima keinen vorherschenden Einflus habe, sieht man an den
Pescherä's des Feuerlandes von kaum 4 Fus Höhe, neben den kolossalen
Patagoniern von 5 Fus 6-8 Zoll, den Karaiben am obern Orinoko, einem
sehr schönen Menschenstamme nicht unähnlich. Die Hottentotten
haben nach Lichtenstein nur 4 Fus Höhe, und leben neben den schlanken
und schönen Kaffern. In Schottland sind die Lowlanders blauäugig
und blond, die Highlanders schwarzäugig wie alle Kelten.

Da wir am meisten auf die Extreme aufmerksam sind, so würden
wir ohne die Neger vielleicht gar nicht auf die Idee von den
verschiedenen Menschenracen gekommen sein. Bei den Thieren sehn

Syringa (chinensis) Marli
Die Siringa Varin ? zwischen der Syringa persica und vulgaris, entstand
vor 20 Jahren in Rouen im Garten des Herrn Varin, von dem sie benant wurde.

Dass die Typen feststehn, sieht man daran, dass Neger, wenn sie
nach dem Norden kommen, und Weisse, wenn sie nach Süden gehn, alle
ihre Karaktere beibehalten. Die Erzählung von Portugiesen, welche
in Angola schwarz geworden sein sollen, ist eine Fabel. Einige Phi-
losophen haben die sonderbare Meinung, dass alle Neger mit einer be-
ständigen Leberkrankheit behaftet wären, wodurch das schwarze
Pigment auf dem Malpighischen Netze niedergeschlagen würde.
Allein Thénard’ und Dupuytren’s Versuche haben gezeigt, dass in
ὁ ἴκτερος, Gelbsucht.
den ikterischen Krankheiten keine Galle abgesezt wird.

Dass das Klima keinen vorherschenden Einflus habe, sieht man an den
Pescherä’s des Feuerlandes von kaum 4 Fus Höhe, neben den kolossalen
Patagoniern von 5 Fus 6–8 Zoll, den Karaiben am obern Orinoko, einem
sehr schönen Menschenstamme nicht unähnlich. Die Hottentotten
haben nach Lichtenstein nur 4 Fus Höhe, und leben neben den schlanken
und schönen Kaffern. In Schottland sind die Lowlanders blauäugig
und blond, die Highlanders schwarzäugig wie alle Kelten.

Da wir am meisten auf die Extreme aufmerksam sind, so würden
wir ohne die Neger vielleicht gar nicht auf die Idee von den
verschiedenen Menschenracen gekommen sein. Bei den Thieren sehn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="session" n="61">
          <pb facs="#f0774" n="385v"/>
          <p><note place="left" hand="#GP_pencil">Syringa <add place="superlinear">(chinensis) </add>Marli<lb/></note>Die <hi rendition="#u" hand="#GP_pencil">Siringa Varin</hi><metamark>?</metamark> zwischen der <choice><abbr>S.</abbr><expan resp="#CT">Syringa</expan></choice> persica und vulgaris, entstand<lb/>
vor 20 Jahren in Rouen im Garten des <choice><abbr>H&#xFFFC;.</abbr><expan resp="#CT">Herrn</expan></choice> <persName resp="#BF" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-135852102 http://d-nb.info/gnd/135852102">Varin</persName>, von dem sie benant wurde.</p><lb/>
          <p>Dass die Typen feststehn, sieht man daran, dass Neger, wenn sie<lb/>
nach dem Norden kommen, und Weisse, wenn sie nach Süden gehn, alle<lb/>
ihre Karaktere beibehalten. Die Erzählung von Portugiesen, welche<lb/>
in Angola schwarz geworden sein sollen, ist eine Fabel. Einige Phi-<lb/>
losophen haben die sonderbare Meinung, dass alle Neger mit einer be-<lb/>
ständigen Leberkrankheit behaftet wären, wodurch das schwarze<lb/>
Pigment auf dem Malpighischen Netze niedergeschlagen würde.<lb/>
Allein <persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-117302023 http://d-nb.info/gnd/117302023">Thénard</persName>&#x2019; und <persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-116254270 http://d-nb.info/gnd/116254270">Dupuytren</persName>&#x2019;s Versuche haben gezeigt, dass in<lb/><note place="left"><foreign xml:lang="ell">&#x1F41; &#x1F34;&#x03BA;&#x03C4;&#x03B5;&#x03C1;&#x03BF;&#x03C2;</foreign>, Gelbsucht.<lb/></note>den ikterischen Krankheiten keine Galle abgesezt wird.</p><lb/>
          <p>Dass das Klima keinen vorherschenden Einflus habe, sieht man an den<lb/>
Pescherä&#x2019;s des Feuerlandes von kaum 4 Fus Höhe, neben den kolossalen<lb/>
Patagoniern von 5 Fus 6&#x2013;8 Zoll, den Karaiben am obern Orinoko, einem<lb/>
sehr schönen Menschenstamme nicht unähnlich. Die Hottentotten<lb/>
haben nach <persName resp="#CT" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-100190014 http://d-nb.info/gnd/100190014">Lichtenstein</persName> nur 4 Fus Höhe, und leben neben den schlanken<lb/>
und schönen Kaffern. In Schottland sind die Lowlanders blauäugig<lb/>
und blond, die Highlanders schwarzäugig wie alle Kelten.</p><lb/>
          <p>Da wir am meisten auf die Extreme aufmerksam sind, so würden<lb/>
wir ohne die Neger vielleicht gar nicht auf die Idee von den<lb/>
verschiedenen Menschenracen gekommen sein. Bei den Thieren sehn<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[385v/0774] Die Siringa Varin ? zwischen der S. persica und vulgaris, entstand vor 20 Jahren in Rouen im Garten des H. Varin, von dem sie benant wurde. Syringa (chinensis) Marli Dass die Typen feststehn, sieht man daran, dass Neger, wenn sie nach dem Norden kommen, und Weisse, wenn sie nach Süden gehn, alle ihre Karaktere beibehalten. Die Erzählung von Portugiesen, welche in Angola schwarz geworden sein sollen, ist eine Fabel. Einige Phi- losophen haben die sonderbare Meinung, dass alle Neger mit einer be- ständigen Leberkrankheit behaftet wären, wodurch das schwarze Pigment auf dem Malpighischen Netze niedergeschlagen würde. Allein Thénard’ und Dupuytren’s Versuche haben gezeigt, dass in den ikterischen Krankheiten keine Galle abgesezt wird. ὁ ἴκτερος, Gelbsucht. Dass das Klima keinen vorherschenden Einflus habe, sieht man an den Pescherä’s des Feuerlandes von kaum 4 Fus Höhe, neben den kolossalen Patagoniern von 5 Fus 6–8 Zoll, den Karaiben am obern Orinoko, einem sehr schönen Menschenstamme nicht unähnlich. Die Hottentotten haben nach Lichtenstein nur 4 Fus Höhe, und leben neben den schlanken und schönen Kaffern. In Schottland sind die Lowlanders blauäugig und blond, die Highlanders schwarzäugig wie alle Kelten. Da wir am meisten auf die Extreme aufmerksam sind, so würden wir ohne die Neger vielleicht gar nicht auf die Idee von den verschiedenen Menschenracen gekommen sein. Bei den Thieren sehn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Anmerkungen

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/774
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 385v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/774>, abgerufen am 20.04.2024.