Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

Schall aufhalten. Dies ist nicht der Fall
denn am Orinoko ist bei Nacht ein größe-
res Geräusch wie am Tage. Das Geschre[i]
zahlloser Affen, das starke Schwirre[n]
großer geflügelten Jnsecten, tönen seh[r]
laut in diesen Wildnissen, u. dennoch sind
die Katarakten bei Nacht Meilen weit
zu hören. Die Ursache liegt daher in
der Beschaffenheit der Luft selbst. Mi[t]
den Schallwellen ist es derselbe Fall wi[e]
mit den Lichtwellen, sie werden gebro-
chen, wenn sie durch elastische Flüßigkeiten
von verschiedener Dichte kommen. Eine an-
dere Luftsäule steigt am Tage von ein[er]
erhitzten Sandebene auf, u. eine ander[e]
vom erwärmten Rasenteppich. Wenn
wir uns diese aufsteigenden Luftströme
als stehende prismatische Säulen vor[-]
stellen, so stoßen sich an diesen die
Schallwellen, es entsteht eine Art Echo; mehre[re]
Wellen verlieren sich förmlich, u. nun
wenige pflanzen sich fort. Schon an einem
Glase mit Champagner-Wein kann man der
bemerken, daß so lange die Kohlensäure
aufsteigt, das Glas einen solchen Ton wi[e]
Holz annimmt. Capit. Perry fand nahe
dem Nordpol wo eine gleichmäßige Tem-
peratur in der langen Nacht über den
Eisfeldern ruht die Fortpflanzung des
Schalls so außerordentlich, daß auf eine[r]
Basis von 6700 Parisen Fuß zwei Per-
sonen, ohne anstrengend zu reden, sich
wohl verstehen konnten. Der Schall ni[mmt]
ab, je mehr der Barometerdruck
zunimmt, u. dies mag Ursache sein, daß
man Zb. den Donner der Schlacht in einem Fall
hörte u. in anderm Fall wied[er] nicht hört.

Ueber

Schall aufhalten. Dies iſt nicht der Fall
deñ am Orinoko iſt bei Nacht ein größe-
res Geräuſch wie am Tage. Das Geſchre[i]
zahlloſer Affen, das ſtarke Schwirre[n]
großer geflügelten Jnſecten, tönen ſeh[r]
laut in dieſen Wildniſſen, u. deñoch ſind
die Katarakten bei Nacht Meilen weit
zu hören. Die Urſache liegt daher in
der Beſchaffenheit der Luft ſelbſt. Mi[t]
den Schallwellen iſt es derſelbe Fall wi[e]
mit den Lichtwellen, ſie werden gebro-
chen, weñ ſie durch elaſtiſche Flüßigkeiten
von verſchiedener Dichte kom̃en. Eine an-
dere Luftſäule ſteigt am Tage von ein[er]
erhitzten Sandebene auf, u. eine ander[e]
vom erwärmten Raſenteppich. Weñ
wir uns dieſe aufſteigenden Luftſtröme
als ſtehende prismatiſche Säulen vor[-]
ſtellen, ſo ſtoßen ſich an dieſen die
Schallwellen, es entſteht eine Art Echo; mehre[re]
Wellen verlieren ſich förmlich, u. nun
wenige pflanzen ſich fort. Schon an einem
Glaſe mit Champagner-Wein kañ man der
bemerken, daß ſo lange die Kohlenſäure
aufſteigt, das Glas einen ſolchen Ton wi[e]
Holz añim̃t. Capit. Perry fand nahe
dem Nordpol wo eine gleichmäßige Tem-
peratur in der langen Nacht über den
Eisfeldern ruht die Fortpflanzung des
Schalls ſo außerordentlich, daß auf eine[r]
Baſis von 6700 Pariſen Fuß zwei Per-
ſonen, ohne anſtrengend zu reden, ſich
wohl verſtehen koñten. Der Schall ni[m̃t]
ab, je mehr der Barometerdruck
zunim̃t, u. dies mag Urſache ſein, daß
man Zb. den Doñer der Schlacht in einem Fall
hörte u. in anderm Fall wied[er] nicht hört.

Ueber
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div xml:id="Ms_germ_fol_842" prev="#Ms_germ_fol_841">
        <div type="session" n="44">
          <p><pb facs="#f0297" n="280."/>
Schall aufhalten. Dies i&#x017F;t nicht der Fall<lb/>
den&#x0303; am Orinoko i&#x017F;t bei Nacht ein größe-<lb/>
res Geräu&#x017F;ch wie am Tage. Das Ge&#x017F;chre<supplied reason="damage" resp="#BF">i</supplied><lb/>
zahllo&#x017F;er Affen, das &#x017F;tarke Schwirre<supplied reason="damage" resp="#BF">n</supplied><lb/>
großer geflügelten Jn&#x017F;ecten, tönen <unclear reason="illegible" cert="high" resp="#BF">&#x017F;eh<supplied reason="damage" resp="#BF">r</supplied></unclear><lb/>
laut in die&#x017F;en Wildni&#x017F;&#x017F;en, u. den&#x0303;och &#x017F;ind<lb/>
die Katarakten bei Nacht Meilen weit<lb/>
zu hören. Die Ur&#x017F;ache liegt daher in<lb/>
der Be&#x017F;chaffenheit der Luft &#x017F;elb&#x017F;t. Mi<supplied reason="damage" resp="#BF">t</supplied><lb/>
den Schallwellen i&#x017F;t es der&#x017F;elbe Fall wi<supplied reason="damage" resp="#BF">e</supplied><lb/>
mit den Lichtwellen, &#x017F;ie werden gebro-<lb/>
chen, wen&#x0303; &#x017F;ie durch ela&#x017F;ti&#x017F;che <choice><abbr>Flüßigkeit&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">Flüßigkeiten</expan></choice><lb/>
von ver&#x017F;chiedener Dichte kom&#x0303;en. Eine an-<lb/>
dere Luft&#x017F;äule &#x017F;teigt am Tage von ein<supplied reason="damage" resp="#BF">er</supplied><lb/>
erhitzten Sandebene auf, u. eine ander<supplied reason="damage" resp="#BF">e</supplied><lb/>
vom erwärmten Ra&#x017F;enteppich. Wen&#x0303;<lb/>
wir uns die&#x017F;e auf&#x017F;teigenden Luft&#x017F;tröme<lb/>
als &#x017F;tehende prismati&#x017F;che <choice><abbr>Säul&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">Säulen</expan></choice> vor<supplied reason="damage" resp="#BF">-</supplied><lb/>
&#x017F;tellen, &#x017F;o &#x017F;toßen &#x017F;ich an die&#x017F;en die<lb/>
Schallwellen, es ent&#x017F;teht eine <add place="superlinear"><metamark/>Art </add>Echo; mehre<supplied reason="damage" resp="#BF">re</supplied><lb/>
Wellen verlieren &#x017F;ich förmlich, u. nun<lb/>
wenige pflanzen &#x017F;ich fort. Schon an einem<lb/>
Gla&#x017F;e mit Champagner-Wein kan&#x0303; man der<lb/>
bemerken, daß &#x017F;o lange die Kohlen&#x017F;äure<lb/>
auf&#x017F;teigt, das Glas einen &#x017F;olchen Ton wi<supplied reason="damage" resp="#BF">e</supplied><lb/>
Holz an&#x0303;im&#x0303;t. Capit. <hi rendition="#aq"><persName resp="#BF" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-116048166 http://d-nb.info/gnd/116048166">Perry</persName></hi> fand nahe<lb/>
dem Nordpol wo eine gleichmäßige Tem-<lb/>
peratur in der langen Nacht über den<lb/>
Eisfeldern ruht die Fortpflanzung des<lb/>
Schalls &#x017F;o außerordentlich, daß auf eine<supplied reason="damage" resp="#BF">r</supplied><lb/>
Ba&#x017F;is von 6700 Pari&#x017F;en Fuß zwei Per-<lb/>
&#x017F;onen, ohne an&#x017F;trengend zu reden, &#x017F;ich<lb/>
wohl ver&#x017F;tehen kon&#x0303;ten. Der Schall ni<supplied reason="damage" resp="#BF">m&#x0303;t</supplied><lb/>
ab, je mehr der Barometerdruck<lb/>
zunim&#x0303;t, u. dies mag Ur&#x017F;ache &#x017F;ein, daß<lb/>
man Zb. den Don&#x0303;er der Schlacht in einem Fall<lb/>
hörte u. in anderm Fall wied<supplied resp="#BF">er</supplied> nicht <unclear reason="illegible" resp="#textloop">hört</unclear>.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Ueber</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[280./0297] Schall aufhalten. Dies iſt nicht der Fall deñ am Orinoko iſt bei Nacht ein größe- res Geräuſch wie am Tage. Das Geſchrei zahlloſer Affen, das ſtarke Schwirren großer geflügelten Jnſecten, tönen ſehr laut in dieſen Wildniſſen, u. deñoch ſind die Katarakten bei Nacht Meilen weit zu hören. Die Urſache liegt daher in der Beſchaffenheit der Luft ſelbſt. Mit den Schallwellen iſt es derſelbe Fall wie mit den Lichtwellen, ſie werden gebro- chen, weñ ſie durch elaſtiſche Flüßigkeit von verſchiedener Dichte kom̃en. Eine an- dere Luftſäule ſteigt am Tage von einer erhitzten Sandebene auf, u. eine andere vom erwärmten Raſenteppich. Weñ wir uns dieſe aufſteigenden Luftſtröme als ſtehende prismatiſche Säul vor- ſtellen, ſo ſtoßen ſich an dieſen die Schallwellen, es entſteht eine Art Echo; mehrere Wellen verlieren ſich förmlich, u. nun wenige pflanzen ſich fort. Schon an einem Glaſe mit Champagner-Wein kañ man der bemerken, daß ſo lange die Kohlenſäure aufſteigt, das Glas einen ſolchen Ton wie Holz añim̃t. Capit. Perry fand nahe dem Nordpol wo eine gleichmäßige Tem- peratur in der langen Nacht über den Eisfeldern ruht die Fortpflanzung des Schalls ſo außerordentlich, daß auf einer Baſis von 6700 Pariſen Fuß zwei Per- ſonen, ohne anſtrengend zu reden, ſich wohl verſtehen koñten. Der Schall nim̃t ab, je mehr der Barometerdruck zunim̃t, u. dies mag Urſache ſein, daß man Zb. den Doñer der Schlacht in einem Fall hörte u. in anderm Fall wieder nicht hört. Ueber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/297
Zitationshilfe: Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 280.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/297>, abgerufen am 24.04.2024.