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Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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Die Zahl der beschriebenen Thiere ist beinahe
66000, worunter 44000 Jnsecten. Von
den Pflanzen der niedern Art hat man un-
gefähr 1/7 beschrieben u. von den Thieren nie-
derer Art 5/6, welches zeigt, daß [unleserliches Material]viel mehr
Pflanzen höheren Art untersucht sind.
Europa selbst zählt etwa 7000 Species der
Pflanzen, [unleserliches Material]u. es kommen auf seine Größe von
155000 # Ml. stets 22 # Ml. auf 1 Species.
Rechnet man indeß die Pflanzen ab, die
Europa u. N. Amerika gemein sind, so hat
Europa kaum 1800-2000 Species eigenthümliche
Pflanzen. Die ziemlich sichere Berechnung ergiebt
daß wir noch wenige Pflanzen kennen u. Decan-
dolle
glaubt die Zahl auf 120,000 bestimmen
zu dürfen, wonach denn nur erst 1/3 beschrie-
ben wäre. Merkwürdig ist es, daß in
dem Zend a Vesta von Zoroaster, wo die Anzahl
der Thiere u. Pflanzen angegeben ist, ange-
führt ist, daß aus dem Blut des Stiers im Jran
12000 Pfl. entstanden wären, die sich über
die Oberfläche der Erde verbreitet. Es ist
die Frage entstanden, ob die Zahl der Species
zu oder abnimmt? Wir wollen nicht die Zeit
betrachten, wo die Erde ein Tropenklima hatte,
sondern nur unsere historische Zeit. So wie
Thiere untergehen Zb. die Dronte, von
der Größe eines Straußes, von deren Gattung
noch Theile im Museum zu Oxford aufbewahrt
werden, auf Jls de France etc.; so entstehen
u. vergehen wahrscheinlich die Pflanzen
niederer Ordnung. Bei höherer Ordnung
dürfte dies schwerlich der Fall sein. Es
ist schwierig die Entstehung der Naturkörper
zu entdecken, so wie wir es aus erklären
können, daß auf Jnseln im Ocean, wie auf
Otaheiti, sich ausmit Trachitfelsen neue Seen er-
heben, die Species von Süßwasser-Fischen

enthalten

Die Zahl der beſchriebenen Thiere iſt beinahe
66000, worunter 44000 Jnſecten. Von
den Pflanzen der niedern Art hat man un-
gefähr 1/7 beſchrieben u. von den Thieren nie-
derer Art 5/6, welches zeigt, daß [unleserliches Material]viel mehr
Pflanzen höheren Art unterſucht ſind.
Europa ſelbſt zählt etwa 7000 Species der
Pflanzen, [unleserliches Material]u. es kom̃en auf ſeine Größe von
155000 □ Ml. ſtets 22 □ Ml. auf 1 Species.
Rechnet man indeß die Pflanzen ab, die
Europa u. N. Amerika gemein ſind, ſo hat
Europa kaum 1800–2000 Species eigenthümliche
Pflanzen. Die ziemlich ſichere Berechnung ergiebt
daß wir noch wenige Pflanzen keñen u. Decan-
dolle
glaubt die Zahl auf 120,000 beſtim̃en
zu dürfen, wonach deñ nur erſt ⅓ beſchrie-
ben wäre. Merkwürdig iſt es, daß in
dem Zend a Veſta von Zoroaſter, wo die Anzahl
der Thiere u. Pflanzen angegeben iſt, ange-
führt iſt, daß aus dem Blut des Stiers im Jran
12000 Pfl. entſtanden wären, die ſich über
die Oberfläche der Erde verbreitet. Es iſt
die Frage entſtanden, ob die Zahl der Species
zu oder abnim̃t? Wir wollen nicht die Zeit
betrachten, wo die Erde ein Tropenklima hatte,
ſondern nur unſere hiſtoriſche Zeit. So wie
Thiere untergehen Zb. die Dronte, von
der Größe eines Straußes, von deren Gattung
noch Theile im Muſeum zu Oxford aufbewahrt
werden, auf Jls de France etc.; ſo entſtehen
u. vergehen wahrſcheinlich die Pflanzen
niederer Ordnung. Bei höherer Ordnung
dürfte dies ſchwerlich der Fall ſein. Es
iſt ſchwierig die Entſtehung der Naturkörper
zu entdecken, ſo wie wir es aus erklären
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[351./0368] Die Zahl der beſchriebenen Thiere iſt beinahe 66000, worunter 44000 Jnſecten. Von den Pflanzen der niedern Art hat man un- gefähr 1/7 beſchrieben u. von den Thieren nie- derer Art 5/6, welches zeigt, daß _ viel mehr Pflanz höheren Art unterſucht ſind. Europa ſelbſt zählt etwa 7000 Species der Pflanz, _ u es kom̃en auf ſeine Größe von 155000 □ Ml. ſtets 22 □ Ml. auf 1 Species. Rechnet man indeß die Pflanzen ab, die Europa u. N. Amerika gemein ſind, ſo hat Europa kaum 1800–2000 Species eigenthümliche Pflanzen. Die ziemlich ſichere Berechnung ergiebt daß wir noch wenige Pflanzen keñen u. Decan- dolle glaubt die Zahl auf 120,000 beſtim̃en zu dürfen, wonach deñ nur erſt ⅓ beſchrie- ben wäre. Merkwürdig iſt es, daß in dem Zend a Veſta von Zoroaſter, wo die Anzahl der Thiere u. Pflanzen angegeben iſt, ange- führt iſt, daß aus dem Blut des Stiers im Jran 12000 Pfl. entſtanden wären, die ſich über die Oberfläche der Erde verbreitet. Es iſt die Frage entſtanden, ob die Zahl der Species zu oder abnim̃t? Wir wollen nicht die Zeit betrachten, wo die Erde ein Tropenklima hatte, ſondern nur unſere hiſtoriſche Zeit. So wie Thiere untergehen Zb. die Dronte, von der Größe eines Straußes, von deren Gattung noch Theile im Muſeum zu Oxford aufbewahrt werden, auf Jls de France p; ſo entſtehen u. vergehen wahrſcheinlich die Pflanzen niederer Ordnung. Bei höherer Ordnung dürfte dies ſchwerlich der Fall ſein. Es iſt ſchwierig die Entſtehung der Naturkörper zu entdecken, ſo wie wir es aus erklären köñen, daß auf Jnſeln im Ocean, wie auf Otaheiti, ſich ausmit Trachitfelſen neue Seen er- heben, die Species von Süßwaſſer-Fiſchen enthalt

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Zitationshilfe: Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 351.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/368>, abgerufen am 28.03.2024.