Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

Länder, die eine gleiche Quant. Species haben,
aber in den einzelnen Species verschieden sind
ist eine Species 1/7 so ist sie dort 1/6 u. ist
sie hier 1/18 so dort 1/17. Würde es mit der
Jndividualität der Pflanzen zusammenhängen,
wie Zb. Raubvögel im Verhältn. zu andern Thieren
leben, so könnte man dies leichter erklären.
So leben Zb. in Europa 400 Vögel u.
80 Säugethiere = 5 : 1. Dasselbe Verhältn.
ist mit den Syngenesysten u. Zapfenbäumen.
Sämtl. Säugethiere sind 900, sämtl. Vögel
der Erde 5000, wiederum das Verhältniß
wie 1 : 5,5.

58. Vorlesung, 22. April 1828

Jn der heutigen Stunde treten wir denn in die
Sphäre des thierischen Lebens, mehr erkennbar an
den Aparaten des Lebens, die so viel Aehnlichkeit mit
uns haben u. dadurch Gegenstand unserer Auf-
merksamkeit u. unseres Mitgefühls mehr gewor-
den sind. Schwarz ist der Character des thierischen
Lebens u. Durchlaufen wir die Stufenleiter
so vorkündigt uns die Stärke der Leiden
die höhere Organisation. Wir schätzen
den Schmerz nach dem uns ähnlich bekannten Leiden.
So haben die Nautilusarten u. Muscheln nach
den Beobachtungen Cuviers u. Anderer, Gehirn,
Augen u. Ohren, u. dennoch glauben wir sie wie
die Blüthen der Pflanzen ohne Gefühl u. be-
halten nur Mitgefühl für den thierischen Schmerz
der höhern Ordnung. Es ist dies das Criterium
welches die Menschheit ehrt, dies Mitgefühl
verwandten Leiden. Wie die Pflanzen, folgen
die Theorie den Klimatischen Verhältnissen u.
mit Recht sagt Linnee, daß wie die Existenz der
Pflanzen auf Erden u. Wasser beruht, die
thierische Existenz wiederum Pflanzen voraus
setzt. Jn dem geographische Lagerungen finden
wir, daß das erste Aufkeimen in der Urwelt
die Pflanzenwelt war. Ehe wir Versteinerun-
gen von Molusken, Korallen etc. finden, finden

wir

Länder, die eine gleiche Quant. Species haben,
aber in den einzelnen Species verſchieden ſind
iſt eine Species 1/7 ſo iſt ſie dort 1/6 u. iſt
ſie hier 1/18 ſo dort 1/17. Würde es mit der
Jndividualität der Pflanzen zuſam̃enhängen,
wie Zb. Raubvögel im Verhältn. zu andern Thieren
leben, ſo köñte man dies leichter erklären.
So leben Zb. in Europa 400 Vögel u.
80 Säugethiere = 5 : 1. Daſſelbe Verhältn.
iſt mit den Syngeneſyſten u. Zapfenbäumen.
Sämtl. Säugethiere ſind 900, ſämtl. Vögel
der Erde 5000, wiederum das Verhältniß
wie 1 : 5,5.

58. Vorlesung, 22. April 1828

Jn der heutigen Stunde treten wir deñ in die
Sphäre des thieriſchen Lebens, mehr erkeñbar an
den Aparaten des Lebens, die ſo viel Aehnlichkeit mit
uns haben u. dadurch Gegenſtand unſerer Auf-
merkſamkeit u. unſeres Mitgefühls mehr gewor-
den ſind. Schwarz iſt der Character des thieriſchen
Lebens u. Durchlaufen wir die Stufenleiter
ſo vorkündigt uns die Stärke der Leiden
die höhere Organiſation. Wir ſchätzen
den Schmerz nach dem uns ähnlich bekañten Leiden.
So haben die Nautilusarten u. Muſcheln nach
den Beobachtungen Cuviers u. Anderer, Gehirn,
Augen u. Ohren, u. deñoch glauben wir ſie wie
die Blüthen der Pflanzen ohne Gefühl u. be-
halten nur Mitgefühl für den thieriſchen Schmerz
der höhern Ordnung. Es iſt dies das Criterium
welches die Menſchheit ehrt, dies Mitgefühl
verwandten Leiden. Wie die Pflanzen, folgen
die Theorie den Klimatiſchen Verhältniſſen u.
mit Recht ſagt Linnée, daß wie die Exiſtenz der
Pflanzen auf Erden u. Waſſer beruht, die
thieriſche Exiſtenz wiederum Pflanzen voraus
ſetzt. Jn dem geographiſche Lagerungen finden
wir, daß das erſte Aufkeimen in der Urwelt
die Pflanzenwelt war. Ehe wir Verſteinerun-
gen von Molusken, Korallen etc. finden, finden

wir
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div xml:id="Ms_germ_fol_842" prev="#Ms_germ_fol_841">
        <div type="session" n="57">
          <p><pb facs="#f0380" n="363."/>
Länder, die eine gleiche Quant. Species haben,<lb/>
aber in den einzelnen <hi rendition="#aq">Species</hi> ver&#x017F;chieden &#x017F;ind<lb/>
i&#x017F;t eine <hi rendition="#aq">Species</hi> <hi rendition="#sup">1</hi>/<hi rendition="#sub">7</hi> &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;ie dort <hi rendition="#sup">1</hi>/<hi rendition="#sub">6</hi> u. i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ie hier <hi rendition="#sup">1</hi>/<hi rendition="#sub">18</hi> &#x017F;o dort <hi rendition="#sup">1</hi>/<hi rendition="#sub">17</hi>. Würde es mit der<lb/>
Jndividualität der <choice><abbr>Pflanz&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">Pflanzen</expan></choice> zu&#x017F;am&#x0303;enhängen,<lb/><unclear reason="illegible" cert="high" resp="#BF">wie</unclear> Zb. Raubvögel im Verhältn. zu andern <choice><abbr>Thier&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">Thieren</expan></choice><lb/>
leben, &#x017F;o kön&#x0303;te man dies leichter erklären.<lb/>
So leben Zb. in Europa 400 Vögel u.<lb/>
80 Säugethiere = 5 : 1. Da&#x017F;&#x017F;elbe Verhältn.<lb/>
i&#x017F;t mit den <choice><abbr>Syngene&#x017F;y&#x017F;t&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">Syngene&#x017F;y&#x017F;ten</expan></choice> u. Zapfenbäumen.<lb/>
Sämtl. Säugethiere &#x017F;ind 900, &#x017F;ämtl. Vögel<lb/>
der Erde 5000, wiederum das Verhältniß<lb/>
wie 1 : 5,5.</p>
        </div><lb/>
        <div type="session" n="58">
          <head type="leftMargin">
            <choice>
              <orig>D. 22 <hi rendition="#aq">April</hi>.</orig>
              <reg resp="#BF">58. Vorlesung, <ref target="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/gliederung"><date when="1828-04-22">22. April 1828</date></ref></reg>
            </choice>
          </head><lb/>
          <p>Jn der heutigen Stunde treten wir den&#x0303; in die<lb/>
Sphäre des thieri&#x017F;chen Lebens, mehr erken&#x0303;bar an<lb/>
den Aparaten des Lebens, die &#x017F;o viel Aehnlichkeit mit<lb/>
uns haben u. dadurch Gegen&#x017F;tand un&#x017F;erer Auf-<lb/>
merk&#x017F;amkeit u. un&#x017F;eres Mitgefühls mehr gewor-<lb/>
den &#x017F;ind. Schwarz i&#x017F;t der Character des thieri&#x017F;chen<lb/>
Lebens u. Durchlaufen wir die Stufenleiter<lb/>
&#x017F;o vorkündigt uns die Stärke der Leiden<lb/>
die höhere Organi&#x017F;ation. Wir &#x017F;chätzen<lb/>
den Schmerz nach dem uns ähnlich bekan&#x0303;ten Leiden.<lb/>
So haben die Nautilusarten u. Mu&#x017F;cheln nach<lb/>
den Beobachtungen <hi rendition="#aq"><persName resp="#BF" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118677578 http://d-nb.info/gnd/118677578">Cuvier</persName>s</hi> u. Anderer, Gehirn,<lb/>
Augen u. Ohren, u. den&#x0303;och glauben wir &#x017F;ie wie<lb/>
die Blüthen der Pflanzen ohne Gefühl u. be-<lb/>
halten nur Mitgefühl für den thieri&#x017F;chen Schmerz<lb/>
der höhern Ordnung. Es i&#x017F;t dies das <hi rendition="#aq">Criterium</hi><lb/>
welches die Men&#x017F;chheit ehrt, dies Mitgefühl<lb/>
verwandten Leiden. Wie die Pflanzen, folgen<lb/>
die Theorie den Klimati&#x017F;chen Verhältni&#x017F;&#x017F;en u.<lb/>
mit Recht &#x017F;agt <hi rendition="#aq"><persName resp="#BF" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118573349 http://d-nb.info/gnd/118573349">Linnée</persName></hi>, daß wie die Exi&#x017F;tenz der<lb/>
Pflanzen auf Erden u. Wa&#x017F;&#x017F;er beruht, die<lb/>
thieri&#x017F;che Exi&#x017F;tenz wiederum Pflanzen voraus<lb/>
&#x017F;etzt. Jn dem geographi&#x017F;che Lagerungen finden<lb/>
wir, daß das er&#x017F;te Aufkeimen in der Urwelt<lb/>
die Pflanzenwelt war. Ehe wir Ver&#x017F;teinerun-<lb/>
gen von Molusken, Korallen <choice><orig><hi rendition="#aq">p</hi></orig><reg resp="#BF"><hi rendition="#aq">etc</hi>.</reg></choice> finden, finden<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wir</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[363./0380] Länder, die eine gleiche Quant. Species haben, aber in den einzelnen Species verſchieden ſind iſt eine Species 1/7 ſo iſt ſie dort 1/6 u. iſt ſie hier 1/18 ſo dort 1/17. Würde es mit der Jndividualität der Pflanz zuſam̃enhängen, wie Zb. Raubvögel im Verhältn. zu andern Thier leben, ſo köñte man dies leichter erklären. So leben Zb. in Europa 400 Vögel u. 80 Säugethiere = 5 : 1. Daſſelbe Verhältn. iſt mit den Syngeneſyſt u. Zapfenbäumen. Sämtl. Säugethiere ſind 900, ſämtl. Vögel der Erde 5000, wiederum das Verhältniß wie 1 : 5,5. D. 22 April. Jn der heutigen Stunde treten wir deñ in die Sphäre des thieriſchen Lebens, mehr erkeñbar an den Aparaten des Lebens, die ſo viel Aehnlichkeit mit uns haben u. dadurch Gegenſtand unſerer Auf- merkſamkeit u. unſeres Mitgefühls mehr gewor- den ſind. Schwarz iſt der Character des thieriſchen Lebens u. Durchlaufen wir die Stufenleiter ſo vorkündigt uns die Stärke der Leiden die höhere Organiſation. Wir ſchätzen den Schmerz nach dem uns ähnlich bekañten Leiden. So haben die Nautilusarten u. Muſcheln nach den Beobachtungen Cuviers u. Anderer, Gehirn, Augen u. Ohren, u. deñoch glauben wir ſie wie die Blüthen der Pflanzen ohne Gefühl u. be- halten nur Mitgefühl für den thieriſchen Schmerz der höhern Ordnung. Es iſt dies das Criterium welches die Menſchheit ehrt, dies Mitgefühl verwandten Leiden. Wie die Pflanzen, folgen die Theorie den Klimatiſchen Verhältniſſen u. mit Recht ſagt Linnée, daß wie die Exiſtenz der Pflanzen auf Erden u. Waſſer beruht, die thieriſche Exiſtenz wiederum Pflanzen voraus ſetzt. Jn dem geographiſche Lagerungen finden wir, daß das erſte Aufkeimen in der Urwelt die Pflanzenwelt war. Ehe wir Verſteinerun- gen von Molusken, Korallen p finden, finden wir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/380
Zitationshilfe: Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 363.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/380>, abgerufen am 29.03.2024.