Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

nur acht bis neun Sprachen u. nur etwa
drei Grundsprachen kennen, oder 3. Sprachstämme
das baskische, germanische u. finnische.
Alle Europ. Sprachen haben Aehnlichkeit in ih-
ren grammatischen Formen, wenn auch Verschie-
denheit in ihren Wurzeln. Das erstere ist
dabei offenbar das wichtigste. Obwohl
das Baskische jetzt nur noch in Europa von
etwa 700000 Köpfen gesprochen wird, so
ist es doch sehr wichtig, da diese Völker frü-
her das ganze Becken des Mittelmeers
scheinen umwohnt zu haben, wie dies die
Namen in vielen Ländern noch andeuten
Zb. Ahtora, Ort an den pontinischen Sümpfen.
Sehen wir auf die Europ. Sprachfamilien
so ist zu zählen: 1., Das Baskische. Diese
Nation ist früher von hoher Kultur gewe-
sen u. eine ganze Litteratur ist hier unter-
gegangen. 2., Das Keltische. Wird jetzt
im Schottland u. Jrland von noch 81/2 Mill.
Menschen gesprochen 3., Germanische Spro-
chen reden 60 Mill. Menschen 4, Zu slavi-
schen Stämmen gehören 70-72 Mill. Sie haben
sich künstlich über Ost-Europa, Nordasien
u. über das Westl. Amerika verbreitet.
5., Der lettische Stamm, der verschieden
von den Slaven auch Liever ist, welche
finnisch reden. Es sind die Litthauer u.
Altpreußen, die mit ihrer Sprache aus
der Sanscritt herstammen 6., die sechste
Familie sind die Tzuden. Zur 7te gehört
die Lateinische Sprache von 75 Mill. Menschen
noch jetzt geredet, u. welche daher am
zahlreichsten ist. Es ist beinahe erwiesen
daß das jetzige Albanische der älteste
griechische Dialekt ist. 8., Die Reste
der Hellenische u. 9 der punischen oder semitischen

Sprache

nur acht bis neun Sprachen u. nur etwa
drei Grundſprachen keñen, oder 3. Sprachſtäm̃e
das baskiſche, germaniſche u. fiñiſche.
Alle Europ. Sprachen haben Aehnlichkeit in ih-
ren gram̃atiſchen Formen, weñ auch Verſchie-
denheit in ihren Wurzeln. Das erſtere iſt
dabei offenbar das wichtigſte. Obwohl
das Baskiſche jetzt nur noch in Europa von
etwa 700000 Köpfen geſprochen wird, ſo
iſt es doch ſehr wichtig, da dieſe Völker frü-
her das ganze Becken des Mittelmeers
ſcheinen umwohnt zu haben, wie dies die
Namen in vielen Ländern noch andeuten
Zb. Ahtora, Ort an den pontiniſchen Sümpfen.
Sehen wir auf die Europ. Sprachfamilien
ſo iſt zu zählen: 1., Das Baskiſche. Dieſe
Nation iſt früher von hoher Kultur gewe-
ſen u. eine ganze Litteratur iſt hier unter-
gegangen. 2., Das Keltiſche. Wird jetzt
im Schottland u. Jrland von noch 8½ Mill.
Menſchen geſprochen 3., Germaniſche Spro-
chen reden 60 Mill. Menſchen 4, Zu ſlavi-
ſchen Stäm̃en gehören 70–72 Mill. Sie haben
ſich künſtlich über Oſt-Europa, Nordaſien
u. über das Weſtl. Amerika verbreitet.
5., Der lettiſche Stam̃, der verſchieden
von den Slaven auch Liever iſt, welche
fiñiſch reden. Es ſind die Litthauer u.
Altpreußen, die mit ihrer Sprache aus
der Sanſcritt herſtam̃en 6., die ſechſte
Familie ſind die Tzuden. Zur 7te gehört
die Lateiniſche Sprache von 75 Mill. Menſchen
noch jetzt geredet, u. welche daher am
zahlreichſten iſt. Es iſt beinahe erwieſen
daß das jetzige Albaniſche der älteſte
griechiſche Dialekt iſt. 8., Die Reſte
der Helleniſche u. 9 der puniſchen oder ſemitiſchen

Sprache
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div xml:id="Ms_germ_fol_842" prev="#Ms_germ_fol_841">
        <div type="session" n="62">
          <p><pb facs="#f0404" n="387."/>
nur acht bis neun Sprachen u. nur etwa<lb/>
drei Grund&#x017F;prachen ken&#x0303;en, oder <add place="superlinear"><metamark/>3. </add>Sprach&#x017F;täm&#x0303;e<lb/>
das baski&#x017F;che, germani&#x017F;che u. fin&#x0303;i&#x017F;che.<lb/>
Alle Europ. Sprachen haben Aehnlichkeit in ih-<lb/>
ren gram&#x0303;ati&#x017F;chen Formen, wen&#x0303; auch Ver&#x017F;chie-<lb/>
denheit in ihren Wurzeln. Das er&#x017F;tere i&#x017F;t<lb/>
dabei offenbar das wichtig&#x017F;te. Obwohl<lb/>
das Baski&#x017F;che jetzt nur noch in Europa von<lb/>
etwa 700000 Köpfen ge&#x017F;prochen wird, &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t es doch &#x017F;ehr wichtig, da die&#x017F;e Völker frü-<lb/>
her das ganze Becken des Mittelmeers<lb/>
&#x017F;cheinen umwohnt zu haben, wie dies die<lb/>
Namen in vielen Ländern noch andeuten<lb/>
Zb. <hi rendition="#aq">Ahtora</hi>, Ort an den pontini&#x017F;chen Sümpfen.<lb/>
Sehen wir auf die Europ. Sprachfamilien<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t zu zählen: 1., Das Baski&#x017F;che. Die&#x017F;e<lb/>
Nation i&#x017F;t früher von hoher Kultur gewe-<lb/>
&#x017F;en u. eine ganze Litteratur i&#x017F;t hier unter-<lb/>
gegangen. 2., Das Kelti&#x017F;che. Wird jetzt<lb/>
im Schottland u. Jrland von noch 8½ Mill.<lb/>
Men&#x017F;chen ge&#x017F;prochen 3., Germani&#x017F;che Spro-<lb/>
chen reden 60 Mill. Men&#x017F;chen 4, Zu &#x017F;lavi-<lb/>
&#x017F;chen Stäm&#x0303;en gehören 70&#x2013;72 Mill. Sie haben<lb/>
&#x017F;ich kün&#x017F;tlich über O&#x017F;t-Europa, <unclear reason="illegible" cert="high" resp="#BF">Nor</unclear>da&#x017F;ien<lb/>
u. über das We&#x017F;tl. Amerika verbreitet.<lb/>
5., Der letti&#x017F;che Stam&#x0303;, der ver&#x017F;chieden<lb/>
von den Slaven auch <unclear reason="illegible" cert="low" resp="#BF">Liever</unclear> i&#x017F;t, welche<lb/>
fin&#x0303;i&#x017F;ch reden. Es &#x017F;ind die Litthauer u.<lb/>
Altpreußen, die mit ihrer Sprache aus<lb/>
der San&#x017F;critt her&#x017F;tam&#x0303;en 6., die &#x017F;ech&#x017F;te<lb/>
Familie &#x017F;ind die Tzuden. Zur 7te gehört<lb/>
die Lateini&#x017F;che Sprache von 75 Mill. Men&#x017F;chen<lb/>
noch jetzt geredet, u. welche daher am<lb/>
zahlreich&#x017F;ten i&#x017F;t. Es i&#x017F;t beinahe erwie&#x017F;en<lb/>
daß das jetzige Albani&#x017F;che der älte&#x017F;te<lb/>
griechi&#x017F;che Dialekt i&#x017F;t. 8., Die Re&#x017F;te<lb/>
der Helleni&#x017F;che u. 9 der puni&#x017F;chen oder <choice><abbr>&#x017F;emiti&#x017F;ch&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">&#x017F;emiti&#x017F;chen</expan></choice><lb/>
<fw type="catch" place="bottom">Sprache</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[387./0404] nur acht bis neun Sprachen u. nur etwa drei Grundſprachen keñen, oder 3. Sprachſtäm̃e das baskiſche, germaniſche u. fiñiſche. Alle Europ. Sprachen haben Aehnlichkeit in ih- ren gram̃atiſchen Formen, weñ auch Verſchie- denheit in ihren Wurzeln. Das erſtere iſt dabei offenbar das wichtigſte. Obwohl das Baskiſche jetzt nur noch in Europa von etwa 700000 Köpfen geſprochen wird, ſo iſt es doch ſehr wichtig, da dieſe Völker frü- her das ganze Becken des Mittelmeers ſcheinen umwohnt zu haben, wie dies die Namen in vielen Ländern noch andeuten Zb. Ahtora, Ort an den pontiniſchen Sümpfen. Sehen wir auf die Europ. Sprachfamilien ſo iſt zu zählen: 1., Das Baskiſche. Dieſe Nation iſt früher von hoher Kultur gewe- ſen u. eine ganze Litteratur iſt hier unter- gegangen. 2., Das Keltiſche. Wird jetzt im Schottland u. Jrland von noch 8½ Mill. Menſchen geſprochen 3., Germaniſche Spro- chen reden 60 Mill. Menſchen 4, Zu ſlavi- ſchen Stäm̃en gehören 70–72 Mill. Sie haben ſich künſtlich über Oſt-Europa, Nordaſien u. über das Weſtl. Amerika verbreitet. 5., Der lettiſche Stam̃, der verſchieden von den Slaven auch Liever iſt, welche fiñiſch reden. Es ſind die Litthauer u. Altpreußen, die mit ihrer Sprache aus der Sanſcritt herſtam̃en 6., die ſechſte Familie ſind die Tzuden. Zur 7te gehört die Lateiniſche Sprache von 75 Mill. Menſchen noch jetzt geredet, u. welche daher am zahlreichſten iſt. Es iſt beinahe erwieſen daß das jetzige Albaniſche der älteſte griechiſche Dialekt iſt. 8., Die Reſte der Helleniſche u. 9 der puniſchen oder ſemitiſch Sprache

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/404
Zitationshilfe: Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 387.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/404>, abgerufen am 18.04.2024.