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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

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10. Hundsposttag.

Zeidler -- Oszilliren Zeusels -- Ankunft der Prinzessin.


Seit einem Posttage schläft der Held. Die deut¬
schen Rezensoren sollten mir den Gefallen thun,
ihn anfzuschreien. -- --

Aber Schelme sind sie, diese Nachrichter und
Maskopeibrüder der Zensoren: sie wecken weder Leser
noch Fürsten, nur homerische Schäfer auf. Die
Sonne steht schon tief und guckt gerade wagrecht in
sein D. Grahams-Bette und er glüht noch vor
ihr. . . .

-- Das Schafvieh mußt' es thun durch Blöcken
und Glocken. Als in seine aufgehenden Ohren die
Thurmglocke aus Groß-Kusseviz, unter dem Akkom¬
pagnement der Schafglocken, mit einem in Musik
gesetzten Abendgebet eindrang -- als in seine auf¬
gehenden Augen der rothe Schattenriß der ver¬
gangnen Sonne, die seine heutigen Paradiese beschie¬
nen hatte, und das Abendroth einfiel, dessen Gold¬
blätgen der Abendwind den Wolken anhauchte --
als die wie sein Blumenstrauß bethauete Luft seine
Brust erfrischte: so war der heutige schwüle Nach¬

10. Hundspoſttag.

Zeidler — Oszilliren Zeuſels — Ankunft der Prinzeſſin.


Seit einem Poſttage ſchlaͤft der Held. Die deut¬
ſchen Rezenſoren ſollten mir den Gefallen thun,
ihn anfzuſchreien. — —

Aber Schelme ſind ſie, dieſe Nachrichter und
Maſkopeibruͤder der Zenſoren: ſie wecken weder Leſer
noch Fuͤrſten, nur homeriſche Schaͤfer auf. Die
Sonne ſteht ſchon tief und guckt gerade wagrecht in
ſein D. Grahams-Bette und er gluͤht noch vor
ihr. . . .

— Das Schafvieh mußt' es thun durch Bloͤcken
und Glocken. Als in ſeine aufgehenden Ohren die
Thurmglocke aus Groß-Kuſſeviz, unter dem Akkom¬
pagnement der Schafglocken, mit einem in Muſik
geſetzten Abendgebet eindrang — als in ſeine auf¬
gehenden Augen der rothe Schattenriß der ver¬
gangnen Sonne, die ſeine heutigen Paradieſe beſchie¬
nen hatte, und das Abendroth einfiel, deſſen Gold¬
blaͤtgen der Abendwind den Wolken anhauchte —
als die wie ſein Blumenſtrauß bethauete Luft ſeine
Bruſt erfriſchte: ſo war der heutige ſchwuͤle Nach¬

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[229/0240] 10. Hundspoſttag. Zeidler — Oszilliren Zeuſels — Ankunft der Prinzeſſin. Seit einem Poſttage ſchlaͤft der Held. Die deut¬ ſchen Rezenſoren ſollten mir den Gefallen thun, ihn anfzuſchreien. — — Aber Schelme ſind ſie, dieſe Nachrichter und Maſkopeibruͤder der Zenſoren: ſie wecken weder Leſer noch Fuͤrſten, nur homeriſche Schaͤfer auf. Die Sonne ſteht ſchon tief und guckt gerade wagrecht in ſein D. Grahams-Bette und er gluͤht noch vor ihr. . . . — Das Schafvieh mußt' es thun durch Bloͤcken und Glocken. Als in ſeine aufgehenden Ohren die Thurmglocke aus Groß-Kuſſeviz, unter dem Akkom¬ pagnement der Schafglocken, mit einem in Muſik geſetzten Abendgebet eindrang — als in ſeine auf¬ gehenden Augen der rothe Schattenriß der ver¬ gangnen Sonne, die ſeine heutigen Paradieſe beſchie¬ nen hatte, und das Abendroth einfiel, deſſen Gold¬ blaͤtgen der Abendwind den Wolken anhauchte — als die wie ſein Blumenſtrauß bethauete Luft ſeine Bruſt erfriſchte: ſo war der heutige ſchwuͤle Nach¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/240>, abgerufen am 24.04.2024.