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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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Im Nachtquartiere trafs sichs für den Edel-
mann sehr glücklich, daß in die Fenster der nahe
Gottesacker mit getünchten und vergoldeten
Grabmählern glänzte, von Obstbäumen mit
Zauberschatten und vom Mond mit Zauberlich-
tern geschmückt. Es wurd' ihm bisher neben
Theoda immer wohler und voller ums Herz;
gerade ihr Scherz und ihr Ungestüm, womit ihre
Gefühle wie noch mit einer Puppen-Hülse aus-
flogen, überraschten den Ueberfeinerten und
Verwöhnten; und die Nähe eines entgegengesetz-
ten Vaters hob mit Schlagschatten ihre Lichter;
denn er mußte denken: wem hat sie ihr Herz zu
danken, als allein ihrem Herzen? -- Hätte er
die Erfahrung der Soldaten und Dichter nicht
gehabt, zu siegen wie Cäsar, wenn er käme,
und -- gesehen würde, oder gar gehört, --
wie denn schon am Himmel der Liebesstern
sich nie so weit vom dichterischen Sonnen-
gott
verliert, daß er in Gegenschein oder Ent-
gegensetzung mit ihm geriethe --; wäre dies
nicht gewesen, Nieß würde anders prangen in
dieser Geschichte.

Im Nachtquartiere trafs ſichs fuͤr den Edel-
mann ſehr gluͤcklich, daß in die Fenſter der nahe
Gottesacker mit getuͤnchten und vergoldeten
Grabmaͤhlern glaͤnzte, von Obſtbaͤumen mit
Zauberſchatten und vom Mond mit Zauberlich-
tern geſchmuͤckt. Es wurd’ ihm bisher neben
Theoda immer wohler und voller ums Herz;
gerade ihr Scherz und ihr Ungeſtuͤm, womit ihre
Gefuͤhle wie noch mit einer Puppen-Huͤlſe aus-
flogen, uͤberraſchten den Ueberfeinerten und
Verwoͤhnten; und die Naͤhe eines entgegengeſetz-
ten Vaters hob mit Schlagſchatten ihre Lichter;
denn er mußte denken: wem hat ſie ihr Herz zu
danken, als allein ihrem Herzen? — Haͤtte er
die Erfahrung der Soldaten und Dichter nicht
gehabt, zu ſiegen wie Caͤſar, wenn er kaͤme,
und — geſehen wuͤrde, oder gar gehoͤrt, —
wie denn ſchon am Himmel der Liebesſtern
ſich nie ſo weit vom dichteriſchen Sonnen-
gott
verliert, daß er in Gegenſchein oder Ent-
gegenſetzung mit ihm geriethe —; waͤre dies
nicht geweſen, Nieß wuͤrde anders prangen in
dieſer Geſchichte.

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[109/0127] Im Nachtquartiere trafs ſichs fuͤr den Edel- mann ſehr gluͤcklich, daß in die Fenſter der nahe Gottesacker mit getuͤnchten und vergoldeten Grabmaͤhlern glaͤnzte, von Obſtbaͤumen mit Zauberſchatten und vom Mond mit Zauberlich- tern geſchmuͤckt. Es wurd’ ihm bisher neben Theoda immer wohler und voller ums Herz; gerade ihr Scherz und ihr Ungeſtuͤm, womit ihre Gefuͤhle wie noch mit einer Puppen-Huͤlſe aus- flogen, uͤberraſchten den Ueberfeinerten und Verwoͤhnten; und die Naͤhe eines entgegengeſetz- ten Vaters hob mit Schlagſchatten ihre Lichter; denn er mußte denken: wem hat ſie ihr Herz zu danken, als allein ihrem Herzen? — Haͤtte er die Erfahrung der Soldaten und Dichter nicht gehabt, zu ſiegen wie Caͤſar, wenn er kaͤme, und — geſehen wuͤrde, oder gar gehoͤrt, — wie denn ſchon am Himmel der Liebesſtern ſich nie ſo weit vom dichteriſchen Sonnen- gott verliert, daß er in Gegenſchein oder Ent- gegenſetzung mit ihm geriethe —; waͤre dies nicht geweſen, Nieß wuͤrde anders prangen in dieſer Geſchichte.

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/127>, abgerufen am 29.03.2024.