lings-Herz ihm selber unbemerkt. Vielleicht gibt es keinen pikantern Gegenschein der Gestalt und des Geschäfts als der eines Jünglings ist, welcher mit seinen Rosenwangen und Augen-Blitzen des Auges und versteckten Donnermonaten der brausenden Brust, sich hinsetzt und eine Feder nimmt, und dann keine andere Auflösung sucht und sieht, als eine -- algebraische. "Gott! sa- gen dann die Weiber mit besonderem Feuer, er hat ja noch das ganze Herz, und jede will sei- nem gern so viel geben, als sie übrig hat von ihrem. Dieser Hauptmann hatte nun auf seiner Reise durch das Fürstenthum Großpolei zufällig in der Zeitung gelesen: der durch seine Schrif- ten bekannte Theudobach werde das Maulbron- ner Bad besuchen. "Das ich doch nicht wüßte?" sagte der Hauptmann, weil er von sich gespro- chen glaubte, indem er mehrere kriegsmathema- tische Werkchen geschrieben. Von Nießens Namensvetterschaft und Dichtkunst wußt' er kein Wort. Unter allen Wissenschaften bauet keine ihre Priester so sehr gegen andere Wissenschaften ein, als die sich selber genügsame Meßkunst, in-
lings-Herz ihm ſelber unbemerkt. Vielleicht gibt es keinen pikantern Gegenſchein der Geſtalt und des Geſchaͤfts als der eines Juͤnglings iſt, welcher mit ſeinen Roſenwangen und Augen-Blitzen des Auges und verſteckten Donnermonaten der brauſenden Bruſt, ſich hinſetzt und eine Feder nimmt, und dann keine andere Aufloͤſung ſucht und ſieht, als eine — algebraiſche. „Gott! ſa- gen dann die Weiber mit beſonderem Feuer, er hat ja noch das ganze Herz, und jede will ſei- nem gern ſo viel geben, als ſie uͤbrig hat von ihrem. Dieſer Hauptmann hatte nun auf ſeiner Reiſe durch das Fuͤrſtenthum Großpolei zufaͤllig in der Zeitung geleſen: der durch ſeine Schrif- ten bekannte Theudobach werde das Maulbron- ner Bad beſuchen. „Das ich doch nicht wuͤßte?” ſagte der Hauptmann, weil er von ſich geſpro- chen glaubte, indem er mehrere kriegsmathema- tiſche Werkchen geſchrieben. Von Nießens Namensvetterſchaft und Dichtkunſt wußt’ er kein Wort. Unter allen Wiſſenſchaften bauet keine ihre Prieſter ſo ſehr gegen andere Wiſſenſchaften ein, als die ſich ſelber genuͤgſame Meßkunſt, in-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0176"n="158"/>
lings-Herz ihm ſelber unbemerkt. Vielleicht gibt<lb/>
es keinen pikantern Gegenſchein der Geſtalt und<lb/>
des Geſchaͤfts als der eines Juͤnglings iſt, welcher<lb/>
mit ſeinen Roſenwangen und Augen-Blitzen<lb/>
des Auges und verſteckten Donnermonaten der<lb/>
brauſenden Bruſt, ſich hinſetzt und eine Feder<lb/>
nimmt, und dann keine andere Aufloͤſung ſucht<lb/>
und ſieht, als eine — algebraiſche. „Gott! ſa-<lb/>
gen dann die Weiber mit beſonderem Feuer, er<lb/>
hat ja noch das ganze Herz, und jede will ſei-<lb/>
nem gern ſo viel geben, als ſie uͤbrig hat von<lb/>
ihrem. Dieſer Hauptmann hatte nun auf ſeiner<lb/>
Reiſe durch das Fuͤrſtenthum Großpolei zufaͤllig<lb/>
in der Zeitung geleſen: der durch ſeine Schrif-<lb/>
ten bekannte Theudobach werde das Maulbron-<lb/>
ner Bad beſuchen. „Das ich doch nicht wuͤßte?”<lb/>ſagte der Hauptmann, weil er von ſich geſpro-<lb/>
chen glaubte, indem er mehrere kriegsmathema-<lb/>
tiſche Werkchen geſchrieben. Von Nießens<lb/>
Namensvetterſchaft und Dichtkunſt wußt’ er kein<lb/>
Wort. Unter allen Wiſſenſchaften bauet keine<lb/>
ihre Prieſter ſo ſehr gegen andere Wiſſenſchaften<lb/>
ein, als die ſich ſelber genuͤgſame Meßkunſt, in-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[158/0176]
lings-Herz ihm ſelber unbemerkt. Vielleicht gibt
es keinen pikantern Gegenſchein der Geſtalt und
des Geſchaͤfts als der eines Juͤnglings iſt, welcher
mit ſeinen Roſenwangen und Augen-Blitzen
des Auges und verſteckten Donnermonaten der
brauſenden Bruſt, ſich hinſetzt und eine Feder
nimmt, und dann keine andere Aufloͤſung ſucht
und ſieht, als eine — algebraiſche. „Gott! ſa-
gen dann die Weiber mit beſonderem Feuer, er
hat ja noch das ganze Herz, und jede will ſei-
nem gern ſo viel geben, als ſie uͤbrig hat von
ihrem. Dieſer Hauptmann hatte nun auf ſeiner
Reiſe durch das Fuͤrſtenthum Großpolei zufaͤllig
in der Zeitung geleſen: der durch ſeine Schrif-
ten bekannte Theudobach werde das Maulbron-
ner Bad beſuchen. „Das ich doch nicht wuͤßte?”
ſagte der Hauptmann, weil er von ſich geſpro-
chen glaubte, indem er mehrere kriegsmathema-
tiſche Werkchen geſchrieben. Von Nießens
Namensvetterſchaft und Dichtkunſt wußt’ er kein
Wort. Unter allen Wiſſenſchaften bauet keine
ihre Prieſter ſo ſehr gegen andere Wiſſenſchaften
ein, als die ſich ſelber genuͤgſame Meßkunſt, in-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/176>, abgerufen am 19.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.