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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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Die Treulosigkeit.

Dem treuen Mädchen brach das Herz, nach-
dem sie den Treulosen geliebt. Ach, sagte sie,
warum bricht es zu spät? Der Demant zer-
springt schon, wenn ein treuloses Herz nur
annaht, und warnt das treue.


Die Verkannte.

Unglückliche, Du trägst die Dornenkrone
auf dem blutigen Haupte, doch ewige Rosen
blühen in Deiner Brust.


Die Zeiten.

Die Vergangenheit und die Zukunft ver-
hüllen sich uns; aber jene trägt den Wittwen-
Schleyer und diese den jungfräulichen.


Der Dichter.

Der Dichter gleicht der Saite, er selber
macht sich unsichtbar, wenn er sich schwingt
und Wohllaut gibt.


Das Leben.

Ihr nennt das Leben mit Recht, die Bühne.
Den Geistern, die uns zuschauen, sind unsere
trüben Versenkungen, und frohen Aufflüge auf
der Bühne, keine von beyden, sondern nur
unser Spielen.

Die Treuloſigkeit.

Dem treuen Maͤdchen brach das Herz, nach-
dem ſie den Treuloſen geliebt. Ach, ſagte ſie,
warum bricht es zu ſpaͤt? Der Demant zer-
ſpringt ſchon, wenn ein treuloſes Herz nur
annaht, und warnt das treue.


Die Verkannte.

Ungluͤckliche, Du traͤgſt die Dornenkrone
auf dem blutigen Haupte, doch ewige Roſen
bluͤhen in Deiner Bruſt.


Die Zeiten.

Die Vergangenheit und die Zukunft ver-
huͤllen ſich uns; aber jene traͤgt den Wittwen-
Schleyer und dieſe den jungfraͤulichen.


Der Dichter.

Der Dichter gleicht der Saite, er ſelber
macht ſich unſichtbar, wenn er ſich ſchwingt
und Wohllaut gibt.


Das Leben.

Ihr nennt das Leben mit Recht, die Buͤhne.
Den Geiſtern, die uns zuſchauen, ſind unſere
truͤben Verſenkungen, und frohen Auffluͤge auf
der Buͤhne, keine von beyden, ſondern nur
unſer Spielen.

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[285/0291] Die Treuloſigkeit. Dem treuen Maͤdchen brach das Herz, nach- dem ſie den Treuloſen geliebt. Ach, ſagte ſie, warum bricht es zu ſpaͤt? Der Demant zer- ſpringt ſchon, wenn ein treuloſes Herz nur annaht, und warnt das treue. Die Verkannte. Ungluͤckliche, Du traͤgſt die Dornenkrone auf dem blutigen Haupte, doch ewige Roſen bluͤhen in Deiner Bruſt. Die Zeiten. Die Vergangenheit und die Zukunft ver- huͤllen ſich uns; aber jene traͤgt den Wittwen- Schleyer und dieſe den jungfraͤulichen. Der Dichter. Der Dichter gleicht der Saite, er ſelber macht ſich unſichtbar, wenn er ſich ſchwingt und Wohllaut gibt. Das Leben. Ihr nennt das Leben mit Recht, die Buͤhne. Den Geiſtern, die uns zuſchauen, ſind unſere truͤben Verſenkungen, und frohen Auffluͤge auf der Buͤhne, keine von beyden, ſondern nur unſer Spielen.

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/291>, abgerufen am 29.03.2024.