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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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recht herzlich lachte. Er fragte, ob denn ko-
mische Darstellung so schwer sey, da man in Frank-
reich im 17 Jahrhundert die ernstesten biblischen
Geschichten*) in burlesken Versen begehrte und
bekam, wie er denn überhaupt wünsche, daß
ernste Dinge z. B. Manifeste, Todesurtheile etc.
öfter im gefälligen Gewand, nämlich burlesk,
vorgetragen würden. Er berief sich noch auf
die sonst im Trauerspiel so ernsten Franzosen,
denen Noverre die tragischen Horazier Corneille's
als einen pantomimischen Tanz gegeben; folglich
in Sprüngen, welches schön an den griechischen
Namen der Tragödie, nämlich Bocksspiel erin-
nere; sogar er selber getraue sich, seinen stärk-
sten Schmerz über einen Verlust z. B. seines
Freundes Strykius durch bloßes Tanzen aus-
zudrücken in einem Schäferballet oder in einem
Hopstanz oder im Fondango."

"Also hätt' ich, beschloß er, die entkräftende
Empfindsamkeit, die man uns auf den Thränen-
wagen des Meibomischen Drüsen, der Thränen-

*) Flögels Geschichte der komischen Literatur.

recht herzlich lachte. Er fragte, ob denn ko-
miſche Darſtellung ſo ſchwer ſey, da man in Frank-
reich im 17 Jahrhundert die ernſteſten bibliſchen
Geſchichten*) in burlesken Verſen begehrte und
bekam, wie er denn uͤberhaupt wuͤnſche, daß
ernſte Dinge z. B. Manifeſte, Todesurtheile ꝛc.
oͤfter im gefaͤlligen Gewand, naͤmlich burlesk,
vorgetragen wuͤrden. Er berief ſich noch auf
die ſonſt im Trauerſpiel ſo ernſten Franzoſen,
denen Noverre die tragiſchen Horazier Corneille’s
als einen pantomimiſchen Tanz gegeben; folglich
in Spruͤngen, welches ſchön an den griechiſchen
Namen der Tragoͤdie, naͤmlich Bocksſpiel erin-
nere; ſogar er ſelber getraue ſich, ſeinen ſtaͤrk-
ſten Schmerz uͤber einen Verluſt z. B. ſeines
Freundes Strykius durch bloßes Tanzen aus-
zudruͤcken in einem Schaͤferballet oder in einem
Hopstanz oder im Fondango.”

„Alſo haͤtt’ ich, beſchloß er, die entkraͤftende
Empfindſamkeit, die man uns auf den Thraͤnen-
wagen des Meibomiſchen Druͤſen, der Thraͤnen-

*) Flögels Geſchichte der komiſchen Literatur.
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[34/0040] recht herzlich lachte. Er fragte, ob denn ko- miſche Darſtellung ſo ſchwer ſey, da man in Frank- reich im 17 Jahrhundert die ernſteſten bibliſchen Geſchichten *) in burlesken Verſen begehrte und bekam, wie er denn uͤberhaupt wuͤnſche, daß ernſte Dinge z. B. Manifeſte, Todesurtheile ꝛc. oͤfter im gefaͤlligen Gewand, naͤmlich burlesk, vorgetragen wuͤrden. Er berief ſich noch auf die ſonſt im Trauerſpiel ſo ernſten Franzoſen, denen Noverre die tragiſchen Horazier Corneille’s als einen pantomimiſchen Tanz gegeben; folglich in Spruͤngen, welches ſchön an den griechiſchen Namen der Tragoͤdie, naͤmlich Bocksſpiel erin- nere; ſogar er ſelber getraue ſich, ſeinen ſtaͤrk- ſten Schmerz uͤber einen Verluſt z. B. ſeines Freundes Strykius durch bloßes Tanzen aus- zudruͤcken in einem Schaͤferballet oder in einem Hopstanz oder im Fondango.” „Alſo haͤtt’ ich, beſchloß er, die entkraͤftende Empfindſamkeit, die man uns auf den Thraͤnen- wagen des Meibomiſchen Druͤſen, der Thraͤnen- *) Flögels Geſchichte der komiſchen Literatur.

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/40>, abgerufen am 28.03.2024.