Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

Leider freilich: denn so lang' er noch ein Zimmer
oder einen Pferdestand ohne animalischen Kubik-In¬
halt weiß: so hängt er seine Angelruthe nach Gä¬
sten ein. Er ist wie die jezigen Weiber nirgends
gesund als im gesellschaftlichen Orkan und Visiten-
Dickigt -- er und diese Weiber steigen aus einem
solchen lebendigen Menschen-Bad so verjüngt
und neugeboren wie aus einem Ameisen- und
Schnecken-Bad. Er kann sich nie schmeicheln,
hier nur die geringste Aehnlichkeit, (geschweige
mehr) mit dem Kommerzien-Agenten Röper zu
haben, der in der Einsamkeit eines Weisen und
Rentierers stille denkt über Hausprozesse und rück¬
ständige Zinsen und der es weiß, daß sein Schloß
nur Schenk- und Kruggerechtigkeit besitzt und also
niemand über Nacht beherbergen darf. -- Falken¬
berg! hör' auf den Biographen! ziehe Deinen
Beutel, Dein Schloßthor und Dein Herz zuwei¬
len zu! glaube mir, das Schicksal wird Deine
großmüthige Seele nicht schonen, das rennende
Glück wird Dein weiches Herz mit seinem Rade
überfahren und zerschneiden, um sein Lottorad
hinter seiner Binde vor einem Röper auszuladen!
O Freund! es wird Dir alles nehmen was Du

Leider freilich: denn ſo lang' er noch ein Zimmer
oder einen Pferdeſtand ohne animaliſchen Kubik-In¬
halt weiß: ſo haͤngt er ſeine Angelruthe nach Gaͤ¬
ſten ein. Er iſt wie die jezigen Weiber nirgends
geſund als im geſellſchaftlichen Orkan und Viſiten-
Dickigt — er und dieſe Weiber ſteigen aus einem
ſolchen lebendigen Menſchen-Bad ſo verjuͤngt
und neugeboren wie aus einem Ameiſen- und
Schnecken-Bad. Er kann ſich nie ſchmeicheln,
hier nur die geringſte Aehnlichkeit, (geſchweige
mehr) mit dem Kommerzien-Agenten Roͤper zu
haben, der in der Einſamkeit eines Weiſen und
Rentierers ſtille denkt uͤber Hausprozeſſe und ruͤck¬
ſtaͤndige Zinſen und der es weiß, daß ſein Schloß
nur Schenk- und Kruggerechtigkeit beſitzt und alſo
niemand uͤber Nacht beherbergen darf. — Falken¬
berg! hoͤr' auf den Biographen! ziehe Deinen
Beutel, Dein Schloßthor und Dein Herz zuwei¬
len zu! glaube mir, das Schickſal wird Deine
großmuͤthige Seele nicht ſchonen, das rennende
Gluͤck wird Dein weiches Herz mit ſeinem Rade
uͤberfahren und zerſchneiden, um ſein Lottorad
hinter ſeiner Binde vor einem Roͤper auszuladen!
O Freund! es wird Dir alles nehmen was Du

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0294" n="258"/>
          <p>Leider freilich: denn &#x017F;o lang' er noch ein Zimmer<lb/>
oder einen Pferde&#x017F;tand ohne animali&#x017F;chen Kubik-In¬<lb/>
halt weiß: &#x017F;o ha&#x0364;ngt er &#x017F;eine Angelruthe nach Ga&#x0364;¬<lb/>
&#x017F;ten ein. Er i&#x017F;t wie die jezigen Weiber nirgends<lb/>
ge&#x017F;und als im ge&#x017F;ell&#x017F;chaftlichen Orkan und Vi&#x017F;iten-<lb/>
Dickigt &#x2014; er und die&#x017F;e Weiber &#x017F;teigen aus einem<lb/>
&#x017F;olchen lebendigen <hi rendition="#g">Men&#x017F;chen-Bad</hi> &#x017F;o verju&#x0364;ngt<lb/>
und neugeboren wie aus einem <hi rendition="#g">Amei&#x017F;en</hi>- und<lb/><hi rendition="#g">Schnecken-Bad</hi>. Er kann &#x017F;ich nie &#x017F;chmeicheln,<lb/>
hier nur die gering&#x017F;te Aehnlichkeit, (ge&#x017F;chweige<lb/>
mehr) mit dem Kommerzien-Agenten Ro&#x0364;per zu<lb/>
haben, der in der Ein&#x017F;amkeit eines Wei&#x017F;en und<lb/>
Rentierers &#x017F;tille denkt u&#x0364;ber Hausproze&#x017F;&#x017F;e und ru&#x0364;ck¬<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndige Zin&#x017F;en und der es weiß, daß &#x017F;ein Schloß<lb/>
nur Schenk- und Kruggerechtigkeit be&#x017F;itzt und al&#x017F;o<lb/>
niemand u&#x0364;ber Nacht beherbergen darf. &#x2014; Falken¬<lb/>
berg! ho&#x0364;r' auf den Biographen! ziehe Deinen<lb/>
Beutel, Dein Schloßthor und Dein Herz zuwei¬<lb/>
len zu! glaube mir, das Schick&#x017F;al wird Deine<lb/>
großmu&#x0364;thige Seele nicht &#x017F;chonen, das rennende<lb/>
Glu&#x0364;ck wird Dein weiches Herz mit &#x017F;einem Rade<lb/>
u&#x0364;berfahren und zer&#x017F;chneiden, um &#x017F;ein Lottorad<lb/>
hinter &#x017F;einer Binde vor einem Ro&#x0364;per auszuladen!<lb/>
O Freund! es wird Dir alles nehmen was Du<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/0294] Leider freilich: denn ſo lang' er noch ein Zimmer oder einen Pferdeſtand ohne animaliſchen Kubik-In¬ halt weiß: ſo haͤngt er ſeine Angelruthe nach Gaͤ¬ ſten ein. Er iſt wie die jezigen Weiber nirgends geſund als im geſellſchaftlichen Orkan und Viſiten- Dickigt — er und dieſe Weiber ſteigen aus einem ſolchen lebendigen Menſchen-Bad ſo verjuͤngt und neugeboren wie aus einem Ameiſen- und Schnecken-Bad. Er kann ſich nie ſchmeicheln, hier nur die geringſte Aehnlichkeit, (geſchweige mehr) mit dem Kommerzien-Agenten Roͤper zu haben, der in der Einſamkeit eines Weiſen und Rentierers ſtille denkt uͤber Hausprozeſſe und ruͤck¬ ſtaͤndige Zinſen und der es weiß, daß ſein Schloß nur Schenk- und Kruggerechtigkeit beſitzt und alſo niemand uͤber Nacht beherbergen darf. — Falken¬ berg! hoͤr' auf den Biographen! ziehe Deinen Beutel, Dein Schloßthor und Dein Herz zuwei¬ len zu! glaube mir, das Schickſal wird Deine großmuͤthige Seele nicht ſchonen, das rennende Gluͤck wird Dein weiches Herz mit ſeinem Rade uͤberfahren und zerſchneiden, um ſein Lottorad hinter ſeiner Binde vor einem Roͤper auszuladen! O Freund! es wird Dir alles nehmen was Du

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/294
Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/294>, abgerufen am 19.04.2024.