mahlbrod jedes Jahrhundert, leichter und dün¬ ner bricht: sondern sie liebten sich innig mit den Augen, mit den Lippen, mit dem Herzen, wie zwei gute Engel. Und wenn vorher die Freude ihren Ärntekranz nahm und ihn für sie zum Trauring der Freundschaft machte: so versuchte jetzt der Gram mit seinem Stachelgür¬ tel dasselbe. -- Ihr guten Seelen! mir ist es ganz leicht denklich, wie ein so reiner glänzen¬ der Seelenbund das Herz eueres Freundes Al¬ bano zugleich peinlich ausdehnt und seelig er¬ hebt, wie die ärostatische Kugel zugleich zer¬ stöhrend schwillt und steigt. Für Lianens Ein¬ zug standen ohnehin schon geschmückte Ehren¬ pforten in seinem Innern in die Höhe!
Inzwischen hätte ein Fremder ohne diese meine Feder, oder auch ich ohne den Lehn¬ probst Hafenreffer, nichts am sprechenden Gra¬ fen merken können, als ein irres Glühen im Gesicht und schnelle Worte.
31. Zykel.
Auf einmal tritt in diese Schilderungen und Genüsse der Thronfolger, oder vielmehr
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mahlbrod jedes Jahrhundert, leichter und dün¬ ner bricht: ſondern ſie liebten ſich innig mit den Augen, mit den Lippen, mit dem Herzen, wie zwei gute Engel. Und wenn vorher die Freude ihren Ärntekranz nahm und ihn für ſie zum Trauring der Freundſchaft machte: ſo verſuchte jetzt der Gram mit ſeinem Stachelgür¬ tel daſſelbe. — Ihr guten Seelen! mir iſt es ganz leicht denklich, wie ein ſo reiner glänzen¬ der Seelenbund das Herz eueres Freundes Al¬ bano zugleich peinlich ausdehnt und ſeelig er¬ hebt, wie die äroſtatiſche Kugel zugleich zer¬ ſtöhrend ſchwillt und ſteigt. Für Lianens Ein¬ zug ſtanden ohnehin ſchon geſchmückte Ehren¬ pforten in ſeinem Innern in die Höhe!
Inzwiſchen hätte ein Fremder ohne dieſe meine Feder, oder auch ich ohne den Lehn¬ probſt Hafenreffer, nichts am ſprechenden Gra¬ fen merken können, als ein irres Glühen im Geſicht und ſchnelle Worte.
31. Zykel.
Auf einmal tritt in dieſe Schilderungen und Genüſſe der Thronfolger, oder vielmehr
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mahlbrod jedes Jahrhundert, leichter und dün¬
ner bricht: ſondern ſie liebten ſich innig mit
den Augen, mit den Lippen, mit dem Herzen,
wie zwei gute Engel. Und wenn vorher die
Freude ihren Ärntekranz nahm und ihn für
ſie zum Trauring der Freundſchaft machte: ſo
verſuchte jetzt der Gram mit ſeinem Stachelgür¬
tel daſſelbe. — Ihr guten Seelen! mir iſt es
ganz leicht denklich, wie ein ſo reiner glänzen¬
der Seelenbund das Herz eueres Freundes Al¬
bano zugleich peinlich ausdehnt und ſeelig er¬
hebt, wie die äroſtatiſche Kugel zugleich zer¬
ſtöhrend ſchwillt und ſteigt. Für Lianens Ein¬
zug ſtanden ohnehin ſchon geſchmückte Ehren¬
pforten in ſeinem Innern in die Höhe!
Inzwiſchen hätte ein Fremder ohne dieſe
meine Feder, oder auch ich ohne den Lehn¬
probſt Hafenreffer, nichts am ſprechenden Gra¬
fen merken können, als ein irres Glühen im
Geſicht und ſchnelle Worte.
31. Zykel.
Auf einmal tritt in dieſe Schilderungen
und Genüſſe der Thronfolger, oder vielmehr
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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/311>, abgerufen am 24.04.2024.
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