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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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Bestand derselben. Denn gieng es länger so
fort und kam der Kronleuchter in seinem Tem¬
pel durch innere Erdstöße in immer größere
Schwankungen: so konnt' am Ende keine
Kerze mehr darauf fortbrennen. Welche Reichs¬
tags-Beschwerden führen nicht schon Wehrfriz
und Hafenreffer verbunden darüber, daß der
Schiffspatron Blanchard in Blumenbühl mit
seinen ärostatischen Seifenblasen aufstieg und
daß Zesara beinahe durch den ganzen Despo¬
tismus des Direktors kaum von dem Einschif¬
fen abzuhalten war? Und wie göttlich stellt'
er sich es nicht vor, nicht nur der Erde ihre
Eisenringe und Haftbefehle herunterzuwerfen
und über alle ihre Markthaufen und Gränz¬
bäume und Herkulessäulen steilrecht wegzuflie¬
gen und als ein Sternbild um sie zu ziehen,
sondern auch über dem magischen Lilar und der
plombirten Lindenstadt mit verschlingenden Au¬
gen zu schweben und eine ganze schwere volle
Welt an der Handhabe Eines Blicks zum dur¬
stigen Herzen zu heben? --

Aber das Schicksal brach den Fall dieses
schnellen Stroms. Es wollte nämlich zum

Beſtand derſelben. Denn gieng es länger ſo
fort und kam der Kronleuchter in ſeinem Tem¬
pel durch innere Erdſtöße in immer größere
Schwankungen: ſo konnt' am Ende keine
Kerze mehr darauf fortbrennen. Welche Reichs¬
tags-Beſchwerden führen nicht ſchon Wehrfriz
und Hafenreffer verbunden darüber, daß der
Schiffspatron Blanchard in Blumenbühl mit
ſeinen äroſtatiſchen Seifenblaſen aufſtieg und
daß Zeſara beinahe durch den ganzen Deſpo¬
tismus des Direktors kaum von dem Einſchif¬
fen abzuhalten war? Und wie göttlich ſtellt'
er ſich es nicht vor, nicht nur der Erde ihre
Eiſenringe und Haftbefehle herunterzuwerfen
und über alle ihre Markthaufen und Gränz¬
bäume und Herkulesſäulen ſteilrecht wegzuflie¬
gen und als ein Sternbild um ſie zu ziehen,
ſondern auch über dem magiſchen Lilar und der
plombirten Lindenſtadt mit verſchlingenden Au¬
gen zu ſchweben und eine ganze ſchwere volle
Welt an der Handhabe Eines Blicks zum dur¬
ſtigen Herzen zu heben? —

Aber das Schickſal brach den Fall dieſes
ſchnellen Stroms. Es wollte nämlich zum

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[242/0262] Beſtand derſelben. Denn gieng es länger ſo fort und kam der Kronleuchter in ſeinem Tem¬ pel durch innere Erdſtöße in immer größere Schwankungen: ſo konnt' am Ende keine Kerze mehr darauf fortbrennen. Welche Reichs¬ tags-Beſchwerden führen nicht ſchon Wehrfriz und Hafenreffer verbunden darüber, daß der Schiffspatron Blanchard in Blumenbühl mit ſeinen äroſtatiſchen Seifenblaſen aufſtieg und daß Zeſara beinahe durch den ganzen Deſpo¬ tismus des Direktors kaum von dem Einſchif¬ fen abzuhalten war? Und wie göttlich ſtellt' er ſich es nicht vor, nicht nur der Erde ihre Eiſenringe und Haftbefehle herunterzuwerfen und über alle ihre Markthaufen und Gränz¬ bäume und Herkulesſäulen ſteilrecht wegzuflie¬ gen und als ein Sternbild um ſie zu ziehen, ſondern auch über dem magiſchen Lilar und der plombirten Lindenſtadt mit verſchlingenden Au¬ gen zu ſchweben und eine ganze ſchwere volle Welt an der Handhabe Eines Blicks zum dur¬ ſtigen Herzen zu heben? — Aber das Schickſal brach den Fall dieſes ſchnellen Stroms. Es wollte nämlich zum

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/262>, abgerufen am 19.04.2024.