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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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stadt) in das Thal. Es war Mittag und keine
Wolke am Himmel; in der Mittagszeit steht
eine Stadt mit voller blanker Scheibe da, in¬
deß ein Dörfchen erst abends aus dem ersten
Viertel ins Volllicht tritt. Sie war gut forti¬
fizirt, nicht von Rimpler oder Vauban, son¬
dern von einem wachsenden Pfahlwerke aus
Linden. Oben leuchtete unserm Alban die lange
Wand der Palläste der Bergstadt entgegen und
die Statuen auf ihren welschen Dächern richte¬
ten sich wie Wegweiser und Ausrufer der
Freude gegen ihn -- über alle Palläste zog
sich das eiserne Gebälke der Ableiter als ein
Throngerüst des Donners mit goldnen Scepter¬
spitzen -- seitwärts hinab lagerte sich die Thal¬
stadt neben den Fluß zwischen Alleenschatten,
mit den bunten Fassaden gegen die Gassen und
mit dem weißen Rücken gegen die Natur ge¬
wandt -- die Zimmerleute klopften wie Ham¬
merwerke auf dem Anger unter abgeschäälten
Stämmen und die Kinder klatschten mit den
Rinden -- die Tuchmacher spannten grüne Tü¬
cher wie Vogelwände gegen die Sonne aus --
aus der Ferne zogen weißbedeckte Fuhrmanns¬

ſtadt) in das Thal. Es war Mittag und keine
Wolke am Himmel; in der Mittagszeit ſteht
eine Stadt mit voller blanker Scheibe da, in¬
deß ein Dörfchen erſt abends aus dem erſten
Viertel ins Volllicht tritt. Sie war gut forti¬
fizirt, nicht von Rimpler oder Vauban, ſon¬
dern von einem wachſenden Pfahlwerke aus
Linden. Oben leuchtete unſerm Alban die lange
Wand der Palläſte der Bergſtadt entgegen und
die Statuen auf ihren welſchen Dächern richte¬
ten ſich wie Wegweiſer und Ausrufer der
Freude gegen ihn — über alle Palläſte zog
ſich das eiſerne Gebälke der Ableiter als ein
Throngerüſt des Donners mit goldnen Scepter¬
ſpitzen — ſeitwärts hinab lagerte ſich die Thal¬
ſtadt neben den Fluß zwiſchen Alleenſchatten,
mit den bunten Faſſaden gegen die Gaſſen und
mit dem weißen Rücken gegen die Natur ge¬
wandt — die Zimmerleute klopften wie Ham¬
merwerke auf dem Anger unter abgeſchäälten
Stämmen und die Kinder klatſchten mit den
Rinden — die Tuchmacher ſpannten grüne Tü¬
cher wie Vogelwände gegen die Sonne aus —
aus der Ferne zogen weißbedeckte Fuhrmanns¬

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[270/0290] ſtadt) in das Thal. Es war Mittag und keine Wolke am Himmel; in der Mittagszeit ſteht eine Stadt mit voller blanker Scheibe da, in¬ deß ein Dörfchen erſt abends aus dem erſten Viertel ins Volllicht tritt. Sie war gut forti¬ fizirt, nicht von Rimpler oder Vauban, ſon¬ dern von einem wachſenden Pfahlwerke aus Linden. Oben leuchtete unſerm Alban die lange Wand der Palläſte der Bergſtadt entgegen und die Statuen auf ihren welſchen Dächern richte¬ ten ſich wie Wegweiſer und Ausrufer der Freude gegen ihn — über alle Palläſte zog ſich das eiſerne Gebälke der Ableiter als ein Throngerüſt des Donners mit goldnen Scepter¬ ſpitzen — ſeitwärts hinab lagerte ſich die Thal¬ ſtadt neben den Fluß zwiſchen Alleenſchatten, mit den bunten Faſſaden gegen die Gaſſen und mit dem weißen Rücken gegen die Natur ge¬ wandt — die Zimmerleute klopften wie Ham¬ merwerke auf dem Anger unter abgeſchäälten Stämmen und die Kinder klatſchten mit den Rinden — die Tuchmacher ſpannten grüne Tü¬ cher wie Vogelwände gegen die Sonne aus — aus der Ferne zogen weißbedeckte Fuhrmanns¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/290>, abgerufen am 18.04.2024.