Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Froulay'sche Wasserhäuschen magisch zu um¬
kreisen wie einer, der das Feuerbesprechen
will, das sich ihm nachschlängelt -- aus den
beiden Blaselöchern, womit sentimentale Wall¬
fische sich öffentlich ausweinen in Buchläden,
hab' er beträchtliche Ströme aufgespritzt --
übrigens hab' er kein Buch mehr angesehen
(ausgenommen einige Bogen im Buche der
Natur) und keinen Menschen mehr (einen blin¬
den ausgenommen) -- -- "und unter diesen
"meinen Wundzettel erotischer Wundfieber
"(würd' ich am Schlusse meiner Lüge sagen)
"setzt wohl offenbar die Natur ihr Sekrets-
"Insiegel."

Das thut sie nicht, sagt Hafenreffer; --
nichts wie verdammte Lügen sinds; die Sache
ist vielmehr so:

Zesara schlich kein zweitesmal mehr in
Froulay's Garten; eine stolze Schaamröthe
überflog ihn schon bei dem Gedanken an die
peinliche, mit der er das erstemal einem mi߬
trauischen oder fragenden Auge aufgestoßen
wäre.

Aber auf diese Weise blieb ihm vor der

Froulay'ſche Waſſerhäuschen magiſch zu um¬
kreiſen wie einer, der das Feuerbeſprechen
will, das ſich ihm nachſchlängelt — aus den
beiden Blaſelöchern, womit ſentimentale Wall¬
fiſche ſich öffentlich ausweinen in Buchläden,
hab' er beträchtliche Ströme aufgeſpritzt —
übrigens hab' er kein Buch mehr angeſehen
(ausgenommen einige Bogen im Buche der
Natur) und keinen Menſchen mehr (einen blin¬
den ausgenommen) — — „und unter dieſen
„meinen Wundzettel erotiſcher Wundfieber
„(würd' ich am Schluſſe meiner Lüge ſagen)
„ſetzt wohl offenbar die Natur ihr Sekrets-
„Inſiegel.“

Das thut ſie nicht, ſagt Hafenreffer; —
nichts wie verdammte Lügen ſinds; die Sache
iſt vielmehr ſo:

Zeſara ſchlich kein zweitesmal mehr in
Froulay's Garten; eine ſtolze Schaamröthe
überflog ihn ſchon bei dem Gedanken an die
peinliche, mit der er das erſtemal einem mi߬
trauiſchen oder fragenden Auge aufgeſtoßen
wäre.

Aber auf dieſe Weiſe blieb ihm vor der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0379" n="359"/>
Froulay'&#x017F;che Wa&#x017F;&#x017F;erhäuschen magi&#x017F;ch zu um¬<lb/>
krei&#x017F;en wie einer, der das <hi rendition="#g">Feuerbe&#x017F;prechen</hi><lb/>
will, das &#x017F;ich ihm nach&#x017F;chlängelt &#x2014; aus den<lb/>
beiden Bla&#x017F;elöchern, womit &#x017F;entimentale Wall¬<lb/>
fi&#x017F;che &#x017F;ich öffentlich ausweinen in Buchläden,<lb/>
hab' er beträchtliche Ströme aufge&#x017F;pritzt &#x2014;<lb/>
übrigens hab' er kein Buch mehr ange&#x017F;ehen<lb/>
(ausgenommen einige Bogen im Buche der<lb/>
Natur) und keinen Men&#x017F;chen mehr (einen blin¬<lb/>
den ausgenommen) &#x2014; &#x2014; &#x201E;und unter die&#x017F;en<lb/>
&#x201E;meinen Wundzettel eroti&#x017F;cher Wundfieber<lb/>
&#x201E;(würd' ich am Schlu&#x017F;&#x017F;e meiner Lüge &#x017F;agen)<lb/>
&#x201E;&#x017F;etzt wohl offenbar die Natur ihr Sekrets-<lb/>
&#x201E;In&#x017F;iegel.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Das thut &#x017F;ie nicht, &#x017F;agt Hafenreffer; &#x2014;<lb/>
nichts wie verdammte Lügen &#x017F;inds; die Sache<lb/>
i&#x017F;t vielmehr &#x017F;o:</p><lb/>
          <p>Ze&#x017F;ara &#x017F;chlich kein zweitesmal mehr in<lb/>
Froulay's Garten; eine &#x017F;tolze Schaamröthe<lb/>
überflog ihn &#x017F;chon bei dem Gedanken an die<lb/>
peinliche, mit der er das er&#x017F;temal einem mi߬<lb/>
traui&#x017F;chen oder fragenden Auge aufge&#x017F;toßen<lb/>
wäre.</p><lb/>
          <p>Aber auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e blieb ihm vor der<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[359/0379] Froulay'ſche Waſſerhäuschen magiſch zu um¬ kreiſen wie einer, der das Feuerbeſprechen will, das ſich ihm nachſchlängelt — aus den beiden Blaſelöchern, womit ſentimentale Wall¬ fiſche ſich öffentlich ausweinen in Buchläden, hab' er beträchtliche Ströme aufgeſpritzt — übrigens hab' er kein Buch mehr angeſehen (ausgenommen einige Bogen im Buche der Natur) und keinen Menſchen mehr (einen blin¬ den ausgenommen) — — „und unter dieſen „meinen Wundzettel erotiſcher Wundfieber „(würd' ich am Schluſſe meiner Lüge ſagen) „ſetzt wohl offenbar die Natur ihr Sekrets- „Inſiegel.“ Das thut ſie nicht, ſagt Hafenreffer; — nichts wie verdammte Lügen ſinds; die Sache iſt vielmehr ſo: Zeſara ſchlich kein zweitesmal mehr in Froulay's Garten; eine ſtolze Schaamröthe überflog ihn ſchon bei dem Gedanken an die peinliche, mit der er das erſtemal einem mi߬ trauiſchen oder fragenden Auge aufgeſtoßen wäre. Aber auf dieſe Weiſe blieb ihm vor der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/379
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/379>, abgerufen am 20.04.2024.