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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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genwasser geführten Schwibbogen verbrau¬
chen. -- Ja, o Gott, du wirst und kannst
uns einmal eine Wirklichkeit geben, die unsre
hiesigen Ideale verkörpert und verdoppelt und
befriedigt -- wie du es uns ja schon in der
hiesigen Liebe bewiesen hast, die uns mit Mi¬
nuten berauscht, wo das Innere das Äußere
wird und das Ideal die Wirklichkeit -- aber
dann -- nein, über das Dann des Jenseits
hat dieses kleine Jetzt keine Stimme; aber
wenn hienieden sag' ich das Dichten Leben
würde und unsre Schäferwelt eine Schäferei
und jeder Traum ein Tag: o so würde das
unsere Wünsche nur erhöhen, nicht erfüllen,
die höhere Wirklichkeit würde nur eine höhere

Empfindung des Personales selber, das im Ti¬
tan
handelt, ob es nicht in meinem Buche --
wenn es anders darüber geräth -- an den abge¬
malten Szenen, die doch seine eignen sind,
einen höhern Zauber findet, der den wirklichen
abgieng, und ders freilich machen könnte --
aber ganz mit Unrecht --, daß das Personale
wünscht, sein eignes Leben zu -- erleben.

genwaſſer geführten Schwibbogen verbrau¬
chen. — Ja, o Gott, du wirſt und kannſt
uns einmal eine Wirklichkeit geben, die unſre
hieſigen Ideale verkörpert und verdoppelt und
befriedigt — wie du es uns ja ſchon in der
hieſigen Liebe bewieſen haſt, die uns mit Mi¬
nuten berauſcht, wo das Innere das Äußere
wird und das Ideal die Wirklichkeit — aber
dann — nein, über das Dann des Jenſeits
hat dieſes kleine Jetzt keine Stimme; aber
wenn hienieden ſag' ich das Dichten Leben
würde und unſre Schäferwelt eine Schäferei
und jeder Traum ein Tag: o ſo würde das
unſere Wünſche nur erhöhen, nicht erfüllen,
die höhere Wirklichkeit würde nur eine höhere

Empfindung des Perſonales ſelber, das im Ti¬
tan
handelt, ob es nicht in meinem Buche —
wenn es anders darüber geräth — an den abge¬
malten Szenen, die doch ſeine eignen ſind,
einen höhern Zauber findet, der den wirklichen
abgieng, und ders freilich machen könnte —
aber ganz mit Unrecht —, daß das Perſonale
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[444/0464] genwaſſer geführten Schwibbogen verbrau¬ chen. — Ja, o Gott, du wirſt und kannſt uns einmal eine Wirklichkeit geben, die unſre hieſigen Ideale verkörpert und verdoppelt und befriedigt — wie du es uns ja ſchon in der hieſigen Liebe bewieſen haſt, die uns mit Mi¬ nuten berauſcht, wo das Innere das Äußere wird und das Ideal die Wirklichkeit — aber dann — nein, über das Dann des Jenſeits hat dieſes kleine Jetzt keine Stimme; aber wenn hienieden ſag' ich das Dichten Leben würde und unſre Schäferwelt eine Schäferei und jeder Traum ein Tag: o ſo würde das unſere Wünſche nur erhöhen, nicht erfüllen, die höhere Wirklichkeit würde nur eine höhere *) *) Empfindung des Perſonales ſelber, das im Ti¬ tan handelt, ob es nicht in meinem Buche — wenn es anders darüber geräth — an den abge¬ malten Szenen, die doch ſeine eignen ſind, einen höhern Zauber findet, der den wirklichen abgieng, und ders freilich machen könnte — aber ganz mit Unrecht —, daß das Perſonale wünſcht, ſein eignes Leben zu — erleben.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/464>, abgerufen am 19.04.2024.