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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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so führte auch jetzt der leere Trauerkasten, die
Flöre der Pferde, die Wappen-Schabaracken
derselben, des Fürsten Verachtung des schwer¬
fälligen deutschen Zeremoniels und die ganze
herzlose Mummerei, alles das führte ihn auf
eine Anhöhe, wohin ihn immer das Anschauen
vieler Menschen auf einmal trieb und wo er
mit einer schwer zu malenden Erhebung Er¬
grimmung und lachenden Kümmerniß ansah
den ewigen, zwingenden, kleinlichen, von Zwek¬
ken und Freuden verirrten, betäubten schweren
Wahnsinn des Menschengeschlechts; -- und
seinen dazu.

Plötzlich durchbrach die schwarze Kette ein
bunter glänzender Ritter, Roquairol auf dem
paradirenden Freudenpferde und erschütterte
unsre zwei Menschen, und keinen weiter. Ein
blasses eingestürztes Angesicht, vom langen in¬
nern Feuer verglaset, von allen Jugendrosen
entblößet, aus den Demantgruben der Augen
unter dem schwarzen Augenbraunen-Überhange
blitzend, ritt in einer tragischen Lustigkeit
daher, deren Linien-Geäder sich unter den frü¬
hen Runzeln der Leidenschaft verdoppelte.

ſo führte auch jetzt der leere Trauerkaſten, die
Flöre der Pferde, die Wappen-Schabaracken
derſelben, des Fürſten Verachtung des ſchwer¬
fälligen deutſchen Zeremoniels und die ganze
herzloſe Mummerei, alles das führte ihn auf
eine Anhöhe, wohin ihn immer das Anſchauen
vieler Menſchen auf einmal trieb und wo er
mit einer ſchwer zu malenden Erhebung Er¬
grimmung und lachenden Kümmerniß anſah
den ewigen, zwingenden, kleinlichen, von Zwek¬
ken und Freuden verirrten, betäubten ſchweren
Wahnſinn des Menſchengeſchlechts; — und
ſeinen dazu.

Plötzlich durchbrach die ſchwarze Kette ein
bunter glänzender Ritter, Roquairol auf dem
paradirenden Freudenpferde und erſchütterte
unſre zwei Menſchen, und keinen weiter. Ein
blaſſes eingeſtürztes Angeſicht, vom langen in¬
nern Feuer verglaſet, von allen Jugendroſen
entblößet, aus den Demantgruben der Augen
unter dem ſchwarzen Augenbraunen-Überhange
blitzend, ritt in einer tragiſchen Luſtigkeit
daher, deren Linien-Geäder ſich unter den frü¬
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[459/0479] ſo führte auch jetzt der leere Trauerkaſten, die Flöre der Pferde, die Wappen-Schabaracken derſelben, des Fürſten Verachtung des ſchwer¬ fälligen deutſchen Zeremoniels und die ganze herzloſe Mummerei, alles das führte ihn auf eine Anhöhe, wohin ihn immer das Anſchauen vieler Menſchen auf einmal trieb und wo er mit einer ſchwer zu malenden Erhebung Er¬ grimmung und lachenden Kümmerniß anſah den ewigen, zwingenden, kleinlichen, von Zwek¬ ken und Freuden verirrten, betäubten ſchweren Wahnſinn des Menſchengeſchlechts; — und ſeinen dazu. Plötzlich durchbrach die ſchwarze Kette ein bunter glänzender Ritter, Roquairol auf dem paradirenden Freudenpferde und erſchütterte unſre zwei Menſchen, und keinen weiter. Ein blaſſes eingeſtürztes Angeſicht, vom langen in¬ nern Feuer verglaſet, von allen Jugendroſen entblößet, aus den Demantgruben der Augen unter dem ſchwarzen Augenbraunen-Überhange blitzend, ritt in einer tragiſchen Luſtigkeit daher, deren Linien-Geäder ſich unter den frü¬ hen Runzeln der Leidenſchaft verdoppelte.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/479>, abgerufen am 28.03.2024.