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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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"chen und nichts recht bedenken -- Vater, ich
"besuche alle -- ich werde mich über die Men¬
"schen hinausreißen -- aber ich verschmähe den
"schmutzigen Weg des Ziels -- ich will im Welt¬
"meer wie ein Lebendiger durch Schwimmen
"aufsteigen, aber nicht wie ein Ertrunkner
"durch Verwesen -- Ja Vater, das Schick¬
"sal werfe einen Grabstein auf diese Brust und
"zermalme sie, wenn sie die Tugend und die
"Gottheit und ihr Herz verloren hat."

Albano sprach darum so warm, weil er
einer unaussprechlichen Verehrung für die kraft¬
volle Seele des Ritters nicht entsagen konnte;
er stellte sich immer die Qualen und das lange
Sterben eines so starken Lebens, den scharfen
Rauch eines so großen, kalt ausgegossenen
Feuers vor, und schloß aus den Regungen sei¬
ner eignen lebendigen Seele auf die der väter¬
lichen, die nach seiner Meinung nur langsam
auf einer breiten Unterlage schwarzer kalter
Menschen so zerfallen war, wie man Diaman¬
ten nicht anders verflüchtigt als auf einer Un¬
terlage von ausgebrannten todten Schmiedte¬
kohlen. -- --

„chen und nichts recht bedenken — Vater, ich
„beſuche alle — ich werde mich über die Men¬
„ſchen hinausreißen — aber ich verſchmähe den
„ſchmutzigen Weg des Ziels — ich will im Welt¬
„meer wie ein Lebendiger durch Schwimmen
„aufſteigen, aber nicht wie ein Ertrunkner
„durch Verweſen — Ja Vater, das Schick¬
„ſal werfe einen Grabſtein auf dieſe Bruſt und
„zermalme ſie, wenn ſie die Tugend und die
„Gottheit und ihr Herz verloren hat.“

Albano ſprach darum ſo warm, weil er
einer unausſprechlichen Verehrung für die kraft¬
volle Seele des Ritters nicht entſagen konnte;
er ſtellte ſich immer die Qualen und das lange
Sterben eines ſo ſtarken Lebens, den ſcharfen
Rauch eines ſo großen, kalt ausgegoſſenen
Feuers vor, und ſchloß aus den Regungen ſei¬
ner eignen lebendigen Seele auf die der väter¬
lichen, die nach ſeiner Meinung nur langſam
auf einer breiten Unterlage ſchwarzer kalter
Menſchen ſo zerfallen war, wie man Diaman¬
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[66/0086] „chen und nichts recht bedenken — Vater, ich „beſuche alle — ich werde mich über die Men¬ „ſchen hinausreißen — aber ich verſchmähe den „ſchmutzigen Weg des Ziels — ich will im Welt¬ „meer wie ein Lebendiger durch Schwimmen „aufſteigen, aber nicht wie ein Ertrunkner „durch Verweſen — Ja Vater, das Schick¬ „ſal werfe einen Grabſtein auf dieſe Bruſt und „zermalme ſie, wenn ſie die Tugend und die „Gottheit und ihr Herz verloren hat.“ Albano ſprach darum ſo warm, weil er einer unausſprechlichen Verehrung für die kraft¬ volle Seele des Ritters nicht entſagen konnte; er ſtellte ſich immer die Qualen und das lange Sterben eines ſo ſtarken Lebens, den ſcharfen Rauch eines ſo großen, kalt ausgegoſſenen Feuers vor, und ſchloß aus den Regungen ſei¬ ner eignen lebendigen Seele auf die der väter¬ lichen, die nach ſeiner Meinung nur langſam auf einer breiten Unterlage ſchwarzer kalter Menſchen ſo zerfallen war, wie man Diaman¬ ten nicht anders verflüchtigt als auf einer Un¬ terlage von ausgebrannten todten Schmiedte¬ kohlen. — —

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/86>, abgerufen am 29.03.2024.