Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

daß wohl ein sanftes, stilles, frommes Betra¬
gen und Gebet bei dem Sterbebette dieser herr¬
lichen Braut Christi, von deren Tod jeder wün¬
schen wird: Herr, mein Tod sey wie dieser Ge¬
rechten! nicht aber grausame weltliche Trauer
sich gebühre und gezieme, der ich mit sonder¬
barem Respekte verharre

Ew. Hochgeboren Gnaden

Unterthäniger
Joachim Spener
Hofprediger.

P. S. Kommen Dieselben nicht sogleich
mit dem Erpressen: so bitte sehr um einige Zei¬
len Antwort."


Albano sagte kein Wort -- gab das Blatt
seinem Freunde -- drückte leise dessen Hand --
nahm den Hut -- und gieng langsam und mit
trocknen Augen auf die Gasse hinaus, auf den
Weg nach dem Bergschloß.

96. Zykel.

Schaudernd lief er draußen um die Stelle

daß wohl ein ſanftes, ſtilles, frommes Betra¬
gen und Gebet bei dem Sterbebette dieſer herr¬
lichen Braut Chriſti, von deren Tod jeder wün¬
ſchen wird: Herr, mein Tod ſey wie dieſer Ge¬
rechten! nicht aber grauſame weltliche Trauer
ſich gebühre und gezieme, der ich mit ſonder¬
barem Reſpekte verharre

Ew. Hochgeboren Gnaden

Unterthäniger
Joachim Spener
Hofprediger.

P. S. Kommen Dieſelben nicht ſogleich
mit dem Erpreſſen: ſo bitte ſehr um einige Zei¬
len Antwort.“


Albano ſagte kein Wort — gab das Blatt
ſeinem Freunde — drückte leiſe deſſen Hand —
nahm den Hut — und gieng langſam und mit
trocknen Augen auf die Gaſſe hinaus, auf den
Weg nach dem Bergſchloß.

96. Zykel.

Schaudernd lief er draußen um die Stelle

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0388" n="376"/>
daß wohl ein &#x017F;anftes, &#x017F;tilles, frommes Betra¬<lb/>
gen und Gebet bei dem Sterbebette die&#x017F;er herr¬<lb/>
lichen Braut Chri&#x017F;ti, von deren Tod jeder wün¬<lb/>
&#x017F;chen wird: Herr, mein Tod &#x017F;ey wie die&#x017F;er Ge¬<lb/>
rechten! nicht aber grau&#x017F;ame weltliche Trauer<lb/>
&#x017F;ich gebühre und gezieme, der ich mit &#x017F;onder¬<lb/>
barem Re&#x017F;pekte verharre</p><lb/>
          <p rendition="#c">Ew. Hochgeboren Gnaden</p><lb/>
          <p rendition="#right">Unterthäniger<lb/><hi rendition="#g">Joachim Spener</hi><lb/>
Hofprediger.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq #g">P. S.</hi> Kommen Die&#x017F;elben nicht &#x017F;ogleich<lb/>
mit dem Erpre&#x017F;&#x017F;en: &#x017F;o bitte &#x017F;ehr um einige Zei¬<lb/>
len Antwort.&#x201C;</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Albano &#x017F;agte kein Wort &#x2014; gab das Blatt<lb/>
&#x017F;einem Freunde &#x2014; drückte lei&#x017F;e de&#x017F;&#x017F;en Hand &#x2014;<lb/>
nahm den Hut &#x2014; und gieng lang&#x017F;am und mit<lb/>
trocknen Augen auf die Ga&#x017F;&#x017F;e hinaus, auf den<lb/>
Weg nach dem Berg&#x017F;chloß.</p><lb/>
        </div>
        <div n="2">
          <head>96. <hi rendition="#g">Zykel.</hi><lb/></head>
          <p>Schaudernd lief er draußen um die Stelle<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[376/0388] daß wohl ein ſanftes, ſtilles, frommes Betra¬ gen und Gebet bei dem Sterbebette dieſer herr¬ lichen Braut Chriſti, von deren Tod jeder wün¬ ſchen wird: Herr, mein Tod ſey wie dieſer Ge¬ rechten! nicht aber grauſame weltliche Trauer ſich gebühre und gezieme, der ich mit ſonder¬ barem Reſpekte verharre Ew. Hochgeboren Gnaden Unterthäniger Joachim Spener Hofprediger. P. S. Kommen Dieſelben nicht ſogleich mit dem Erpreſſen: ſo bitte ſehr um einige Zei¬ len Antwort.“ Albano ſagte kein Wort — gab das Blatt ſeinem Freunde — drückte leiſe deſſen Hand — nahm den Hut — und gieng langſam und mit trocknen Augen auf die Gaſſe hinaus, auf den Weg nach dem Bergſchloß. 96. Zykel. Schaudernd lief er draußen um die Stelle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/388
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/388>, abgerufen am 24.04.2024.