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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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Jetzt in dieser Minute muß unter allen
Adamsenkeln, welche ein freudiges Gesicht zum
Himmel aufhoben und ihm einen noch schönern
darauf nachspiegelten, irgend einer gewesen
seyn, der den größten hatte, ein Allerseeligster. --
Ach freilich muß auch unter allen tragenden
Wesen auf dieser Kugel, die unser kurzer Lauf
zur Ebene macht, eines das unglücklichste ge¬
wesen seyn und möge der Arme schon im
Schlafe liegen unter, nicht auf seinem steinigen
Wege. -- Ob ichs gleich wünschte, daß Albano
nicht jener Allerglücklichste gewesen wäre --
damit es noch einen höheren Himmel über sei¬
nem gäbe -- so ist doch wahrscheinlich, daß er
am Morgen nach der heiligsten Nacht, im
jetzigen Traume vom reichsten Traume, tief in
den dreifachen Blüthen, der Jugend, der Natur
und der Zukunft stehend, den weitesten Himmel
in sich trug, den die enge Menschenbrust um¬
spannen kann.

Er sah aus seinem Donnerhäuschen, die¬
sem kleinen Tempel, an dessen Wänden noch
der Schimmer der Göttinn stand, die ihm darin
sichtbar geworden, auf die neugestalteten Berge

Jetzt in dieſer Minute muß unter allen
Adamsenkeln, welche ein freudiges Geſicht zum
Himmel aufhoben und ihm einen noch ſchönern
darauf nachſpiegelten, irgend einer geweſen
ſeyn, der den größten hatte, ein Allerſeeligſter. —
Ach freilich muß auch unter allen tragenden
Weſen auf dieſer Kugel, die unſer kurzer Lauf
zur Ebene macht, eines das unglücklichſte ge¬
weſen ſeyn und möge der Arme ſchon im
Schlafe liegen unter, nicht auf ſeinem ſteinigen
Wege. — Ob ichs gleich wünſchte, daß Albano
nicht jener Allerglücklichſte geweſen wäre —
damit es noch einen höheren Himmel über ſei¬
nem gäbe — ſo iſt doch wahrſcheinlich, daß er
am Morgen nach der heiligſten Nacht, im
jetzigen Traume vom reichſten Traume, tief in
den dreifachen Blüthen, der Jugend, der Natur
und der Zukunft ſtehend, den weiteſten Himmel
in ſich trug, den die enge Menſchenbruſt um¬
ſpannen kann.

Er ſah aus ſeinem Donnerhäuschen, die¬
ſem kleinen Tempel, an deſſen Wänden noch
der Schimmer der Göttinn ſtand, die ihm darin
ſichtbar geworden, auf die neugeſtalteten Berge

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[2/0014] Jetzt in dieſer Minute muß unter allen Adamsenkeln, welche ein freudiges Geſicht zum Himmel aufhoben und ihm einen noch ſchönern darauf nachſpiegelten, irgend einer geweſen ſeyn, der den größten hatte, ein Allerſeeligſter. — Ach freilich muß auch unter allen tragenden Weſen auf dieſer Kugel, die unſer kurzer Lauf zur Ebene macht, eines das unglücklichſte ge¬ weſen ſeyn und möge der Arme ſchon im Schlafe liegen unter, nicht auf ſeinem ſteinigen Wege. — Ob ichs gleich wünſchte, daß Albano nicht jener Allerglücklichſte geweſen wäre — damit es noch einen höheren Himmel über ſei¬ nem gäbe — ſo iſt doch wahrſcheinlich, daß er am Morgen nach der heiligſten Nacht, im jetzigen Traume vom reichſten Traume, tief in den dreifachen Blüthen, der Jugend, der Natur und der Zukunft ſtehend, den weiteſten Himmel in ſich trug, den die enge Menſchenbruſt um¬ ſpannen kann. Er ſah aus ſeinem Donnerhäuschen, die¬ ſem kleinen Tempel, an deſſen Wänden noch der Schimmer der Göttinn ſtand, die ihm darin ſichtbar geworden, auf die neugeſtalteten Berge

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/14>, abgerufen am 29.03.2024.